Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung IV
D-5013/2011
Urteil vom 21. August 2012
Richter Fulvio Haefeli (Vorsitz),
Besetzung Richter Kurt Gysi, Richter Walter Lang,
Gerichtsschreiber Gert Winter.
A._______,geboren (...),
alias A._______, geboren (...),
alias A._______, geboren (...),
Parteien Sri Lanka,
vertreten durch lic. iur. Dominik Löhrer,
(...),
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Vollzug der Wegweisung;
Gegenstand
Verfügung des BFM vom 24. August 2011 / N .
Sachverhalt:
A.
A.a Eigenen Angaben zufolge verliess der Beschwerdeführer - ein sri-lankischer Staatsangehöriger tamilischer Herkunft - seinen Heimatstaat am 15. März 2009 von Colombo aus auf dem Luftweg und gelangte am 6. April 2009 via Italien und unkontrolliert in die Schweiz. Anlässlich der Befragung vom 14. April 2009 zur Person (BzP) im Empfangs- und Verfahrenszentrum (EVZ) M._______ sowie der Direktanhörung vom 22. April 2009 durch das BFM machte der Beschwerdeführer zur Begründung seines Asylgesuchs im Wesentlichen geltend, er stamme aus N._______ im Jaffna District. Nach seinem Studium habe er von 1999 bis 2000 in Colombo und danach in N._______ gearbeitet. Anschliessend sei er bis im Mai 2007 als Minenräumer im Einsatz gewesen. Er habe auf verschiedene Weise die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) unterstützt, insbesondere nachdem er von Mai bis August 2004 ein Training absolviert habe. Die sri-lankische Armee habe ihn von August 2001 bis März 2002 im Camp von O._______ unter dem Verdacht, die LTTE zu unterstützen, festgehalten. Im Oktober 2006 hätten ihn die Sicherheitskräfte zwei Tage lang eingesperrt und misshandelt, weil er die Leiche eines Arbeitskollegen und Mitglieds der LTTE habe abholen müssen. Danach habe er nicht mehr zu Hause, sondern bei einer Tante in Jaffna Town gewohnt Er sei gesucht worden, was er unter anderem von einem Kollegen, der verhaftet und später wieder freigelassen worden sei, erfahren habe. Am 24. August 2008 seien zwei Freunde, mit denen er das Training der LTTE absolviert habe, festgenommen bzw. verschleppt worden. Im Oktober des gleichen Jahres hätten die Sicherheitskräfte im Tempel von N._______ Waffen der LTTE gefunden. Er sei der Präsident der Jugendgruppe dieses Tempels gewesen. Festgenommene Leute hätten den Sicherheitskräften angegeben, dass er für das Waffendepot verantwortlich gewesen sei. Aus diesen Gründen sei er gezwungen gewesen, sein Heimatland zu verlassen. Er habe sich nach Colombo begeben und sei am 15. März 2009 aus Sri Lanka ausgereist.
A.b Zur Untermauerung seiner Vorbringen reichte der Beschwerdeführer ein Schreiben des Unternehmers B._______ vom 4. Juli 2007 sowie ein Arztzeugnis vom 29. Oktober 2006 zu den Akten.
B.
Mit Verfügung vom 24. August 2011 - eröffnet am 27. August 2011 - lehnte das BFM das Asylgesuch des Beschwerdeführers vom 6. April 2009 ab, wies ihn aus der Schweiz weg und ordnete den Wegweisungsvollzug an. Zur Begründung machte das BFM im Wesentlichen geltend, der Beschwerdeführer habe sich in zahlreiche Ungereimtheiten verstrickt, zumal er wesentliche Vorbringen ohne zwingenden Grund erst im späteren Verlauf des Verfahrens geltend gemacht habe. Bezeichnenderweise sei er auch nicht in der Lage gewesen, sich konzis und kohärent zum Grund für den Wegzug von N._______ nach P._______ am 20. August 2008 zu äussern. So habe er beispielsweise im Verfahrenszentrum angegeben, er habe Sri Lanka verlassen, weil zwei seiner LTTE-Kollegen am 24. August 2008 festgenommen worden seien und er danach Angst gehabt habe. Schleierhalft sei in diesem Zusammenhang aber, warum er mit der Ausreise bis im März 2009 zugewartet habe. Er habe sich in diesem Zusammenhang auch widersprochen, indem er im EVZ gesagt habe, Unbekannte hätten am 24. August 2008 zwei seiner Freunde verschleppt, während er demgegenüber bei der einlässlichen Anhörung festgehalten habe, diese seien an diesem Datum von der Armee verhaftet worden. Im Weiteren sei erfahrungswidrig, dass er trotz der angeblichen Suche nach ihm seit Oktober 2006 ausgerechnet bei seiner Tante in Jaffna Town gelebt habe, wo es ein Leichtes gewesen wäre, ihn ausfindig zu machen. Die zahlreichen Ungereimtheiten in zentralen Bereichen führten zum Schluss, dass die Vorbringen des Beschwerdeführers unglaubhaft seien und den Anforderungen von Art. 7


Abs. 1


C.
Mit Eingabe vom 12. September 2011 liess der Beschwerdeführer gegen diese Verfügung Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erheben und die nachfolgend aufgeführten Rechtsbegehren stellen: Die angefochtene Verfügung vom 24. August 2011 sei in den Dispositivziffern 4 und 5 aufzuheben und zur Neubeurteilung der Sache an das BFM zurückzuweisen. Das BFM sei anzuweisen, sämtliche Herkunftsländerinformationen, auf welche es seinen Entscheid stütze, mittels Quellenangaben offenzulegen. Eventualiter sei die Unzumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung festzustellen und die vorläufige Aufnahme anzuordnen. Schliesslich sei auf die Erhebung eines Kostenvorschusses zu verzichten und dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren.
Auf die Begründung wird, soweit wesentlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
D.
D.a Mit Zwischenverfügung vom 15. September 2011 teilte der Instruktionsrichter des Bundesverwaltungsgerichts dem Beschwerdeführer mit, er dürfe sich bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens in der Schweiz aufhalten, und über die weiteren Anträge werde zu einem späteren Zeitpunkt befunden. Gleichzeitig stellte er fest, in casu bilde lediglich der Vollzug der Wegweisung Gegenstand des Verfahrens.
D.b Mit Zwischenverfügung vom 21. März 2012 räumte der Instruktionsrichter dem Beschwerdeführer die Möglichkeit ein, sich bis am 5. April 2012 zum vorinstanzlichen Länderbericht zu Sri Lanka vernehmen zu lassen.
D.c Der Beschwerdeführer reichte mit Eingabe vom 30. März 2012 die entsprechende Stellungnahme zu den Akten.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31







1.2 Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37


1.3 Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105




2.
Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1

3.
Die Abteilungen des Bundesverwaltungsgerichts entscheiden in der Regel in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen (Spruchkörper: vgl. Art. 21


4.
Die durch den Rechtsanwalt des Beschwerdeführers formulierte Beschwerde richtet sich gemäss den Rechtsbegehren ausschliesslich gegen den Vollzug der von der Vorinstanz verfügten Wegweisung. Die Verfügung des BFM vom 24. August 2011 ist, soweit sie die Frage der Flüchtlingseigenschaft und der Asylgewährung betrifft (Ziffer 1 und 2 des Dispositivs der vorinstanzlichen Verfügung), in Rechtskraft erwachsen, und auch die Anordnung der Wegweisung (Ziffer 3 des Dispositivs) ist nicht mehr zu überprüfen (vgl. Entscheidungen und Mitteilungen der [vormaligen] Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2001 Nr. 21). Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet somit lediglich die Frage, ob das Bundesamt den Vollzug der Wegweisung zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich erachtet hat oder, ob an seiner Stelle die vorläufige Aufnahme anzuordnen ist.
5.
5.1 Das BFM führt zur Begründung des Wegweisungsvollzugs in der angefochtenen Verfügung aus, der bewaffnete Konflikt zwischen der sri-lankischen Regierung und den separatistischen LTTE sei im Mai 2009 mit deren Niederlage zu Ende gegangen. Seither befinde sich das gesamte Land wieder unter Regierungskontrolle und es sei zu keinen terroristischen Aktivitäten der LTTE mehr gekommen. Die Vorinstanz verfolge die Entwicklung der Lage in Sri Lanka laufend und sorgfältig. Nach eingehender Prüfung und insbesondere auch in Berücksichtigung der UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs sri-lankischer Asylsuchender vom 5. Juli 2010 sei das BFM zum Schluss gekommen, dass sich die allgemeine Sicherheitslage in Sri Lanka seit Mai 2009 deutlich entspannt habe. Ebenfalls sei festgestellt worden, dass sich die Lebensbedingungen soweit verbessert hätten, dass eine Rückkehr auch in den Norden und Osten Sri Lankas grundsätzlich wieder zumutbar sei. So sei die Bewegungsfreiheit heute praktisch im ganzen Land gewährleistet. In der Ostprovinz sei der bewaffnete Konflikt bereits 2007 zu Ende gegangen und die Lebensumstände verbesserten sich seither kontinuierlich. Im Norden des Landes seien die Lebensbedingungen gebietsweise sehr unterschiedlich. In den Gebieten, die bereits seit längerer Zeit unter Regierungskontrolle stünden, zum Beispiel auf der Halbinsel von Jaffna oder in den südlichen Teilen der Distrikte Vavuniya und Mannar, herrsche weitgehend ein normales Alltagsleben. Im ehemals von der LTTE kontrollierten Vanni-Gebiet hingegen seien die Lebensbedingungen nach wie vor als sehr schwierig einzustufen. Der Beschwerdeführer stamme aus N._______ im Jaffna District. In Anbetracht der obigen Ausführungen erachte das BFM den Vollzug der Wegweisung in den Heimatstaat somit als zumutbar, da weder die vor Ort herrschende Sicherheitslage noch individuelle Gründe gegen einen Wegweisungsvollzug sprächen. Der Beschwerdeführer habe den grössten Teil seines Lebens in Sri Lanka verbracht, eine gute Schuldbildung genossen und verfüge über Berufserfahrung. Angeblich habe er auch rund ein Jahr lang in Colombo gelebt und verfüge in seinem Heimatstaat über ein soziales und familiäres Beziehungsnetz. Ausserdem sei der Vollzug der Wegweisung technisch möglich und praktisch durchführbar.
5.2 Der Beschwerdeführer macht demgegenüber in seiner Beschwerde im Wesentlichen geltend, die Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts unterscheide sich klar von derjenigen des BFM und verweist zur Begründung auf das Grundsatzurteil BVGE 2008/2 E. 7 ff. S. 8 ff. sowie das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts D-5453/2010 vom 4. April 2011 E. 4.3. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich kürzlich im Urteil
E-5929/2006 zur Frage geäussert, wie sich das BFM zu verhalten habe, wenn es eine gefestigte Länderpraxis des Bundesverwaltungsgerichts für anpassungsbedürftig halte. Diesfalls sei im Rahmen eines Asylverfahrens unter Bezugnahme auf die geltende Praxis und mit einlässlicher Begründung unmissverständlich klarzustellen, dass es sich um ein sogenanntes Pilotverfahren handle, bei dem bewusst von der publizierten Praxis des Gerichts abgewichen werde (a.a.O. E. 9.2.1). Demgegenüber habe es das BFM unterlassen, sich in der angefochtenen Verfügung mit der langjährigen Praxis des Bundesverwaltungsgerichts auseinanderzusetzen. Gleichzeitig werde aber ins Feld geführt, dass sich die neue Einschätzung insbesondere auf den Bericht des UNHCR vom 5. Juli 2010 stütze, also nicht, wie angegeben, auf die eigene Überprüfung. Das BFM habe es somit unterlassen, die Praxisänderung zu begründen, womit es seine Begründungspflicht und das rechtliche Gehör verletzt habe. Aus diesem Grund sei die angefochtene Verfügung aufzuheben und an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Die humanitäre Situation in Sri Lanka bleibe ungeachtet der Beendigung der Kampfhandlungen nämlich äusserst schwierig. Die Auswirkungen dieser Ereignisse könnten heute noch nicht abgeschätzt werden. Dementsprechend sei der Wegweisungsvollzug von Tamilen in den Norden nach wie vor unzumutbar. Die rechtliche Folge davon sei die vorläufige Aufnahme des Beschwerdeführers in der Schweiz. Was den vorinstanzlichen Länderbericht vom 22. Dezember 2011 anbelange, so sei dieser in jeder Hinsicht oberflächlich gehalten. Sämtliche zitierten Informationsquellen könnten allesamt höchst eingeschränkt, wenn überhaupt, Auskunft zur aktuellen Sicherheitslage in Sri Lanka geben. Der Bericht enthalte zudem zahlreiche Informationen, die ihrerseits auf eine fortdauernde Gefährdung des Beschwerdeführers hinwiesen. So sei gemäss Aussagen des Berichts die politische Lage nach wie vor bedenklich. Von einer substantiell verbesserten Menschenrechtslage könne nicht gesprochen werden. Die Situation bezüglich der Anwendung von Folter in Gefängnissen habe sich lediglich gebessert. Bezüglich der Menschenrechtslage allgemein werde weiter festgehalten, dass die Schutzmöglichkeiten in Sri Lanka ungenügend seien. Schwere Verstösse gegen die Menschenrechte seien zurückgegangen. E contrario gebe es also noch immer schwere Verstösse gegen die Menschenrechte.
5.3
5.3.1 Wie sich aus dem nachstehend erwähnten Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts BVGE 2011/24 entnehmen lässt, widerspiegeln das Grundsatzurteil BVGE 2008/2 vom 14. Februar 2008 sowie das Urteil D-5453/2010 vom 4. April 2011 (seit Monaten) nicht mehr die aktuelle Lagebeurteilung des Bundesverwaltungsgerichts in Bezug auf Sri Lanka, weshalb es offensichtlich keinen Anlass gibt, die angefochtene Verfügung im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 111 Bst. e


5.3.2 Des Weiteren lässt der Beschwerdeführer geltend machen, das BFM habe es unterlassen, die Praxisänderung zu begründen und dadurch seine Begründungspflicht wie auch das rechtliche Gehör verletzt, zumal sich die neue Einschätzung insbesondere auf den Bericht des UNHCR vom 5. Juli 2010 stütze, also nicht wie in der Verfügung angegeben, auf die eigene Überprüfung. In Bezug auf den Bericht des UNHCR ist zunächst anzumerken, dass dieser öffentlich zugänglich ist, weshalb keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegt, wenn er nicht ediert wurde. Im Hinblick auf die Rüge der fehlenden eigenen Überprüfung wurde dem Beschwerdeführer mit Zwischenverfügung vom 21. März 2012 zudem der Bericht des BFM vom 22. Dezember 2011 (in Kopie) zur Stellungnahme zugesandt. Da sich die angefochtene Verfügung indessen nicht expressis verbis auf diesen Bericht abstützte, stellt die unterlassene Edition gleichfalls keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. In analoger Weise gibt es auch keine allgemeine Offenlegungspflicht für beliebige Informationen, die bei der Vorinstanz vorhanden sind oder auf die sie grundsätzlich zugreifen kann, auf die sie jedoch ihren Entscheid nicht abstützt. Nach dem Gesagten liegt in casu keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor.
5.3.3 Hinsichtlich der weiteren Rüge der Verletzung der Begründungspflicht ist Folgendes festzuhalten: Das BFM zeigte in der angefochtenen Verfügung nachvollziehbar und im Einzelnen hinreichend differenziert auf, weshalb es zum Schluss gelangt, dass sich die allgemeine Sicherheitslage in Sri Lanka nach Ende des bewaffneten Konfliktes zwischen der sri-lankischen Regierung und den LTTE im Mai 2009 deutlich entspannt habe und sich die Lebensbedingungen insoweit verbessert hätten, dass eine Rückkehr auch in den Norden und Osten Sri Lankas grundsätzlich wieder zumutbar sei, während im ehemals von den LTTE kontrollierten Vanni-Gebiet die Lebensbedingungen nach wie vor als sehr schwierig einzustufen seien. Das BFM muss sich als Vorinstanz zwar auch hinsichtlich der Frage der generellen Zumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung in Herkunftsländer abgewiesener Asylsuchender an die Praxis des Bundesverwaltungsgerichts halten, es ist aber sehr wohl befugt, mit einlässlicher Begründung von einer bestehenden Praxis abzuweichen, wenn es diese als anpassungsbedürftig erachtet (vgl. BVGE 2010/54 E. 9.2.1 S. 801 f.). Dass das BFM den Vollzug der Wegweisung in die Nord- und Ostprovinz Sri Lankas aufgrund der jüngsten Entwicklungen in Sri Lanka aus den in der Verfügung dargelegten Gründen als zumutbar einschätzt, ist daher nicht zu bestanden. Das Bundesverwaltungsgericht äusserte sich im Übrigen kurz nach Erlass der angefochtenen Verfügung in seinem Urteil E-6220/2011 vom 27. Oktober 2011 (vgl. BVGE 2011/24) zur aktuellen Situation in Sri Lanka und nahm eine Anpassung seiner in BVGE 2008/2 publizierten Praxis vor, welche mit derjenigen des BFM im Ergebnis weitgehend übereinstimmt. Inwiefern das BFM mit seinem Vorgehen die Begründungspflicht verletzt haben soll, ist in Anbetracht der insgesamt ausgewogenen und differenzierten Erwägungen in der angefochtenen Verfügung ohnehin nicht ersichtlich. Es besteht folglich auch in diesem Zusammenhang kein Grund, die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das BFM zurückzuweisen (vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts D-4745/2011 vom 31. Juli 2012 E. 4.1.4 und D-5494/2011 vom 20. Juli 2012 E. 5.3.2).
6.
6.1 Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so regelt das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern (Art. 44 Abs. 2


Bezüglich der Geltendmachung von Wegweisungshindernissen gilt gemäss ständiger Praxis des Bundesverwaltungsgerichts und seiner Vorgängerorganisation ARK der gleiche Beweisstandard wie bei der Flüchtlingseigenschaft, das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. Walter Stöckli, Asyl, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, 2. Aufl., Basel 2009, Rz. 11.148).
6.2 Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3

So darf keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1



Gemäss Art. 25 Abs. 3


Die Vorinstanz wies in ihrer angefochtenen Verfügung zutreffend darauf hin, dass das Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Non-Refoulement nur Personen schützt, die die Flüchtlingseigenschaft erfüllen. Da rechtskräftig feststeht, dass der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllt, kann der in Art. 5


Sodann ergeben sich weder aus den Aussagen des Beschwerdeführers noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass er für den Fall einer Ausschaffung in den Heimatstaat dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach Art. 3

6.3 Gemäss Art. 83 Abs. 4


6.3.1 Das Bundesverwaltungsgericht hat im seinem Urteil BVGE 2011/24 eine neue Beurteilung der allgemeinen Lage sowie der Nord- und Ostprovinzen Sri Lankas unter dem Sicherheitsaspekt vorgenommen und dazu im Wesentlichen folgendes festgehalten:
Seit Beendigung des bewaffneten Konflikts zwischen der sri-lankischen Armee und den LTTE im Mai 2009 hat sich die allgemeine Lage in Sri Lanka erheblich verbessert (vgl. a.a.O. E. 7.6). Die LTTE wurden militärisch vernichtend geschlagen; von den LTTE geht heute keine Verfolgung mehr aus. Die Situation in der Ostprovinz hat sich weitgehend stabilisiert und normalisiert, so dass der Wegweisungsvollzug in das gesamte Gebiet der Ostprovinz als grundsätzlich zumutbar zu erachten ist (vgl. a.a.O. E. 13.1). Die Lage in der Nordprovinz ist indes gebietsweise sehr unterschiedlich. So ist in den Gebieten, die bereits seit längerer Zeit unter Regierungskontrolle stehen, das heisst in den Distrikten Jaffna und in den südlichen Teilen der Distrikte Vavuniya und Mannar, weitestgehend der Alltag eingekehrt. Die Lage in Jaffna hat sich namentlich nach der Öffnung der Verbindungsstrasse A9 (Hauptverkehrsachse zwischen Kandy in der Zentralprovinz nach Jaffna) im November 2009 deutlich gebessert und die Versorgungslage ist entspannt. Die Militärpräsenz in Jaffna hat zwar abgenommen, ist aber nach wie vor praktisch auf jeder Strasse sichtbar. Gleichzeitig haben die Polizei- und Zivilbehörden ihre Funktionen und Tätigkeiten aufgenommen beziehungsweise von den Militärbehörden übernommen. Gemäss UNOCHA (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs) hat die UNO guten Zugang zu den Rückkehrgebieten im Norden ("return areas"). Der Fortschritt in diesen Gebieten soll beeindruckend sein. Einige Schulen sind wieder eröffnet und Spitäler wieder eingerichtet worden, wobei noch Lücken innerhalb des Basisdienstleistungsangebots feststellbar sind und die wirtschaftlichen Aktivitäten limitiert bleiben. Das UNHCR betont, dass der Zugang zu Land und Wohnraum für die Rückkehrer ein massgebliches Problem darstellt; das UNHCR und andere Organisationen in Mannar, Jaffna, Vavuniya, Batticaloa und Trincomalee stellen unentgeltlichen Rechtsbeistand zur Verfügung, um die Rückkehrer in rechtlichen Angelegenheiten zu unterstützen, wobei nicht alle Regionen abgedeckt sind. In den genannten Gebieten (Distrikt Jaffna und die südlichen Teile der Distrikte Vavuniya und Mannar, mit anderen Worten: die Nordprovinz unter Ausschluss des sogenannten "Vanni-Gebietes") herrscht keine Situation allgemeiner Gewalt und die dortige politische Lage ist nicht dermassen angespannt, dass eine Rückkehr dorthin als generell unzumutbar eingestuft werden müsste. Angesichts der im humanitären und wirtschaftlichen Bereich nach wie vor fragilen Lage drängt sich aber beim Wegweisungsvollzug in dieses Gebiet eine sorgfältige, zurückhaltende Beurteilung der individuellen Zumutbarkeitskriterien auf. Nebst der allgemeinen Zumutbarkeit (u.a. sozio-ökonomische und
medizinische Aspekte, Kindeswohl etc.), ist dabei auch dem zeitlichen Element gebührend Rechnung zu tragen. Liegt der letzte Aufenthalt der betreffenden Person in der Nordprovinz längere Zeit zurück (vor Beendigung des Bürgerkrieges im Mai 2009) oder gehen konkrete Umstände aus den Verfahrensakten hervor, dass sich die Lebensumstände seit der Ausreise massgeblich verändert haben können, sind die aktuell vorliegenden Lebens- und Wohnverhältnisse sorgfältig abzuklären und auf die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzuges hin zu überprüfen. In diesem Zusammenhang erscheinen namentlich die Existenz eines tragfähigen Beziehungsnetzes und die konkreten Möglichkeiten der Sicherung des Existenzminimums und der Wohnsituation als massgebliche Faktoren. Falls solche begünstigende Faktoren in der Nordprovinz nicht vorliegen, ist die Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Aufenthaltsalternative im übrigen Staatsgebiet, namentlich im Grossraum Colombo zu prüfen (vgl. a.a.O. E. 13.2.1).
6.3.2 Der Beschwerdeführer ist eigenen Angaben zufolge in N._______ (Jaffna) geboren, wo er bis im Jahre 2006 und danach zumeist bei einer Tante in Jaffna Town gelebt habe. Am 20. August 2008 sei er nach P._______ gegangen, wo er bis zu seiner Abreise nach Colombo am 15. März 2009 bei einem Freund gewohnt habe (vgl. A7/18 F15 - F20 S. 4 und 5). Folglich wuchs er im Jaffna Distrikt (ausserhalb des Vanni-Gebiets) auf, weshalb er mit der dort herrschenden Kultur und Lebensweise bestens vertraut sein dürfte. Ausserdem kann er in Jaffna auf ein tragfähiges soziales Netz, bestehend aus seinen Eltern sowie einem verheirateten Bruder zurückgreifen. Sollte dies nicht genügen, kann er sich gegebenenfalls auch noch von einer in der Schweiz lebenden Schwester unterstützen lassen (vgl. A1/14 Ziff. 12 S. 3 und 4). Wie sich aus den Akten ergibt, war der Beschwerdeführer in der Vergangenheit durchaus in der Lage, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, z.B. als Minenräumer oder Mitarbeiter in einem Telefonladen (A1/14 Ziff. 8 S. 2 und 3). Derartigen Aktivitäten kann er auch nach seiner Rückkehr in den Heimatstaat nachgehen. Es bestehen somit keine konkreten Anhaltspunkte, aufgrund derer allenfalls geschlossen werden könnte, der Beschwerdeführer geriete im Falle der Rückkehr in seinen Heimatstaat aus individuellen Gründen wirtschaftlicher, sozialer oder gesundheitlicher Natur in eine existenzbedrohende Situation, selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er vor dem Ende des Bürgerkrieges ausgereist ist. Weder die allgemeine Lage vor Ort noch individuelle Gründe lassen auf eine konkrete Gefährdung im Falle einer Rückkehr schliessen, weshalb der Vollzug der Wegweisung vorliegend insgesamt als zumutbar zu erachten ist. Der Beschwerdeführer vermag mit seinen Beschwerdevorbringen und den eingereichten Beweismitteln zu keiner anderen Betrachtungsweise zu führen, weshalb es sich erübrigt, weiter darauf einzugehen.
6.4 Schliesslich obliegt es dem Beschwerdeführer, sich bei der zuständigen Vertretung des Heimatstaates die für eine Rückkehr notwendigen Reisedokumente zu beschaffen (vgl. Art. 8 Abs. 4


6.5 Zusammenfassend hat die Vorinstanz den Wegweisungsvollzug zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich erachtet. Nach dem Gesagten fällt eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1


7.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 106

8.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wären die Kosten dem mit seinen Begehren unterlegenen Beschwerdeführer zu überbinden (Art. 63 Abs. 1


BGE 125 II 265 E. 4b S. 275). Aus den Akten ergibt sich, dass der Beschwerdeführer seit seiner Einreise in der Schweiz nicht erwerbstätig gewesen ist und über kein Einkommen verfügt. Damit sind beide kumulativ erforderlichen Voraussetzungen von Art. 65 Abs. 1

(Dispositiv nächste Seite)
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1

3.
Es werden keine Verfahrenskosten gesprochen.
4.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das BFM und die zuständige kantonale Behörde.
Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
Fulvio Haefeli Gert Winter