Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

8C 235/2023

Urteil vom 14. November 2023

IV. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterinnen Heine, Viscione, Bundesrichter Métral,
Gerichtsschreiber Walther.

Verfahrensbeteiligte
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Schaffhauser,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 22. Februar 2023 (UV 2022/10).

Sachverhalt:

A.
Die 1987 geborene A.________ war über die Kantonale Arbeitslosenkasse St. Gallen bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) unfallversichert, als sie am 29. Mai 2018 zu Hause mit dem linken Fuss gegen die Glasscheibe einer Türe trat, nachdem ihr damaliger Lebenspartner sie eingeschlossen hatte. Dabei zog sie sich eine partielle Achillessehnenruptur und eine Verletzung des Nervus tibialis zu. Am 29. Juni 2018 teilte die Suva der Versicherten mit, dass sie für das Ereignis vom 29. Mai 2018 die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung; Taggeld) erbringe. Mit Verfügung vom 24. August 2018 kürzte sie die Geldleistungen um 50 %, weil das bewusste Zertrümmern von Glas nach der Rechtsprechung als Wagnis gelte. Am 27. Januar 2021 teilte sie A.________ sodann mit, dass sie den Fall abschliesse und die Heilkosten- sowie Taggeldleistungen per 28. Februar 2021 einstelle. Mit Verfügung vom 12. Februar 2021 sprach die Suva der Versicherten mit Wirkung ab 1. März 2021 eine um 50 % gekürzte Invalidenrente von monatlich Fr. 512.85 zu, basierend auf einem Invaliditätsgrad von 26 %. Ausgehend von einer Integritätseinbusse von 20 % gewährte sie ihr zudem eine - ebenfalls um 50 % gekürzte - Integritätsentschädigung von Fr. 14'820.-. Auf
Einsprache der A.________ hielt sie an ihrer Verfügung fest (Einspracheentscheid vom 17. Dezember 2021).

B.
Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hiess die dagegen von A.________ erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 22. Februar 2023 insoweit gut, als es ihr ab 1. März 2021 eine Rente aufgrund eines Invaliditätsgrades von 29 % zusprach. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.

C.
Die Suva führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, in Aufhebung des kantonalen Entscheids sei ihr Einspracheentscheid zu bestätigen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Zudem ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Die Vorinstanz und das Bundesamt für Gesundheit verzichten auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2 mit Hinweis).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
Streitig ist vor Bundesgericht einzig, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie der Beschwerdegegnerin eine Invalidenrente der Unfallversicherung basierend auf einem Invaliditätsgrad von 29 % statt 26 % zusprach.

3.

3.1. Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze betreffend den Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 18 Abs. 1 UVG) zutreffend dargelegt. Richtig sind auch seine Ausführungen zur Bestimmung des Invaliditätsgrades bei Erwerbstätigen nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG), insbesondere zur Ermittlung der hypothetisch erzielbaren Vergleichseinkommen ohne Invalidität (Valideneinkommen: BGE 144 I 103 E. 5.3; 134 V 322 E. 4.1) und mit Invalidität (Invalideneinkommen: BGE 143 V 295 E. 2.2; zur Kürzung des anhand statistischer Lohndaten ermittelten Invalideneinkommens [Tabellenlohnabzug] vgl. BGE 148 V 174 E. 6.3). Darauf kann ebenso verwiesen werden wie auf die Ausführungen zum Beweiswert von Arztberichten im Allgemeinen (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a), zum Beweiswert von Berichten und Gutachten versicherungsinterner Ärzte im Besonderen (BGE 145 V 97 E. 8.5 in fine; 139 V 225 E. 5.2; 135 V 465 E. 4.4) und zum Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c ATSG).

3.2. Nach der Rechtsprechung sind für den Einkommensvergleich die Verhältnisse im Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns massgebend, wobei allfällige rentenwirksame Änderungen der Vergleichseinkommen bis zum Verfügungszeitpunkt zu berücksichtigen sind (vgl. Urteil 8C 715/2020 vom 21. Januar 2022 E. 3.4.1). Werden zur Ermittlung der beiden Vergleichseinkommen die Tabellenlöhne der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) des Bundesamts für Statistik (BFS) herangezogen (für das Valideneinkommen vgl. Urteil 8C 396/2022 vom 21. April 2023 E. 3.2.1; für das Invalideneinkommen vgl. BGE 148 V 174 E. 6.2), sind grundsätzlich die aktuellsten statistischen Daten zu verwenden. Im Bereich der Unfallversicherung ist diesbezüglich der Zeitpunkt des Einspracheentscheids massgebend, was auch für das gerichtliche Beschwerdeverfahren gilt (BGE 143 V 295 E. 2.3, 4.1.3 und 4.1.4; Urteile 8C 64/2019 vom 27. November 2019 E. 6.2.1; 9C 664/2015 vom 2. Mai 2016 E. 5.3; vgl. bereits Urteil 8C 78/2015 vom 10. Juli 2015 E. 4).

4.
Die Vorinstanz hielt fest, die medizinische Situation und Arbeitsfähigkeit der Beschwerdegegnerin erscheine aufgrund der Akten der involvierten Ärzte und der Beurteilung des Kreisarztes Dr. med. B.________ vom 16. Juni 2020 hinreichend abgeklärt. Demnach sei die Leistungsfähigkeit der Beschwerdegegnerin in leidensangepassten Tätigkeiten um zwei Stunden pro Tag vermindert. Ausgehend von der betriebsüblichen Wochenarbeitszeit von 41.7 Stunden entspreche dies zwar rechnerisch der von der Suva zugestandenen Einschränkung von 24 %. Da eine Arbeitsstelle in einem Pensum von 76 % aber unrealistisch erscheine und sich Dr. med. B.________ de facto für eine Leistungsfähigkeit von 75 % ausgesprochen habe, sei bei der Bemessung des Invaliditätsgrades von letzterer Einschätzung auszugehen. Hinsichtlich der beruflichen Auswirkungen des Gesundheitsschadens stellte das kantonale Gericht wie bereits die Suva auf die LSE-Tabellenlöhne des BFS ab. Im Gegensatz zur Suva, welche die Vergleichseinkommen auf der Basis der Tabelle TA1 der LSE 2018 berechnet hatte, zog es jedoch die Tabelle TA1 der LSE 2020 heran. Zudem wich es vom Einspracheentscheid insofern ab, als es das Valideneinkommen nicht mit dem Zentralwert der Wirtschaftszweige 10-33
(Verarbeitendes Gewerbe/Herstellung von Waren) der Tabelle TA1 (Frauen, Kompetenzniveau 1), sondern mit dem Mittelwert der Wirtschaftszweige 10-33, 47 (Detailhandel) und 86-88 (Gesundheits- und Sozialwesen) berechnete. Angepasst an die Nominallohnentwicklung gemäss der Medienmitteilung des BFS vom 1. Juni 2022 von -0.2 % und den Durchschnitt der betriebsüblichen Wochenarbeitszeit der genannten Wirtschaftszweige 10-33, 47 und 86-88 ergab sich für das Jahr 2021 ein Valideneinkommen von Fr. 56'485.-. Verglichen mit dem - anhand des Totalwerts der Tabelle TA1 (Frauen, Kompetenzniveau 1) - ermittelten Invalideneinkommen von Fr. 40'040.- resultierte eine Einkommenseinbusse von Fr. 16'445.- und damit ein Invaliditätsgrad von (gerundet) 29 %.

5.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Suva gegen die vorinstanzliche Bemessung des Invaliditätsgrades. Dieser betrage richtigerweise 26 %.

5.1. Soweit sie als bundesrechtswidrig beanstandet, dass das kantonale Gericht für die Berechnung der beiden Vergleichseinkommen die statistischen Werte der im Zeitpunkt des Einspracheentscheids noch nicht publizierten LSE 2020 anstelle jener der LSE 2018 verwendet hat, ist ihre Beschwerde begründet. Wie bereits dargelegt, sind die im Zeitpunkt des Einspracheentscheids aktuellsten statistischen Daten zu verwenden, was auch für das Beschwerdeverfahren gilt (vgl. vorne E. 3.2). Gründe, weshalb hier davon abzuweichen wäre, zeigt die Vorinstanz keine auf. Da der Einspracheentscheid vom 17. Dezember 2021 datiert, die LSE 2020 aber erst am 23. August 2022 veröffentlicht wurde (https://www.bfs.admin.ch/news/de/2022-0666, besucht am 11. September 2023), hätte die Vorinstanz für die Berechnung der Vergleichseinkommen demnach auf die Zentralwerte der LSE 2018 abstellen müssen.

5.2. Ebenso stichhaltig ist die Rüge der Suva, die Vorinstanz hätte bei der Berechnung des Valideneinkommens nicht auf den Durchschnittswert der Zentralwerte dreier verschiedener Branchen der Tabelle TA1 abstellen dürfen, da einem solchen Wert keine statistisch zuverlässige Aussagekraft zukomme (vgl. Urteil 8C 132/2022 vom 14. Februar 2023 E. 4.3 mit zahlreichen Hinweisen). Soweit die Suva im Einspracheentscheid aufgrund der bisher hauptsächlich ausgeübten Tätigkeiten als Hilfsarbeiterin in Metzgereien und als Produktionsmitarbeiterin in verschiedenen Betrieben zum Schluss gelangte, dass die Beschwerdegegnerin als Gesunde weiterhin in dieser Branche tätig gewesen wäre, so ist diese Annahme ebenso wenig zu beanstanden wie die darauf gestützte Anwendung des Zentralwerts des Wirtschaftszweigs 10-33. Angepasst an die unumstrittene betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit dieses Wirtschaftszweigs von 41.3 Stunden und die Nominallohnentwicklung gemäss den im Zeitpunkt des Einspracheentscheids verfügbaren Daten gemäss der am 30. April 2021 publizierten Tabelle T1.2.15 des BFS bzw. der am 26. November 2021 publizierten dritten Quartalsschätzung des BFS (2019: +1.6 %; 2020: +0.1 %; 2021: +0.1 %), abrufbar unter
- https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kataloge-datenbanken.assetdetail.16904723.html bzw.
- https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/aktuell/neue-veroeffentlichungen.assetdetail.19807706.html (beide besucht am 11. September 2023),
ergibt sich das von der Suva im Einspracheentscheid berechnete Valideneinkommen von Fr. 57'000.10.

5.3.

5.3.1. Nicht gefolgt werden kann hingegen der Rüge der Suva, das kantonale Gericht hätte bei der Berechnung des Invalideneinkommens nicht von einer Arbeitsfähigkeit von 75 %, sondern von einer solchen von 76 % ausgehen müssen. Dr. med. B.________ führte in seiner - sowohl von der Suva als auch von der Vorinstanz als beweiskräftig erachteten - Stellungnahme vom 16. Juni 2020 aus, die Beschwerdegegnerin sei in einer leidensadaptierten Tätigkeit "vollschichtig einsetzbar, wobei ihr zusätzliche Pausen von jeweils einer Stunde vormittags und nachmittags [...] zu gewähren sind". Sogleich fügte er hinzu, dass dies de facto einer 75 %igen Arbeitsfähigkeit in der angepassten Tätigkeit entspreche. Richtig ist, dass der zusätzliche Pausenbedarf von zwei Stunden pro Tag bei der betriebsüblichen Wochenarbeitszeit in leidensangepassten Tätigkeiten von 41.7 Stunden nicht mit der Arbeitsfähigkeit von 75 % übereinstimmt, sondern einer solchen von 76 % entspricht. Umgekehrt entspricht die von Dr. med. B.________ postulierte Arbeitsfähigkeit von 75 % bei einer Wochenarbeitszeit von 41.7 Stunden nicht dem attestierten Pausenbedarf von zwei Stunden pro Tag, sondern einem solchen von zwei Stunden und etwa fünf Minuten. Entgegen der Auffassung der Suva
kann aus dieser Diskrepanz jedoch nicht zwingend geschlossen werden, dass der Kreisarzt bei seinen Einschätzungen irrtümlich von einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden ausging, so dass bei der Ermittlung des Invalideneinkommens die Arbeitsfähigkeitsschätzung von 75 % ausser Acht zu lassen und einzig der attestierte Pausenbedarf von zwei Stunden zu berücksichtigen wäre. Vielmehr kann die Stellungnahme des Dr. med. B.________ auch so verstanden werden, dass er sich letztlich auf eine Arbeitsfähigkeit von 75 % festlegte, ohne dass er es für notwendig erachtet hätte, auf die daraus resultierende marginale Abweichung vom ebenfalls postulierten Pausenbedarf explizit einzugehen. Soweit die Vorinstanz im Rahmen ihrer Beweiswürdigung zu letzterem Ergebnis gelangte, erscheint dies jedenfalls nicht bundesrechtswidrig.

5.3.2. Ausgehend von der vorinstanzlich festgestellten Arbeitsfähigkeit von 75 % und den im Zeitpunkt des Einspracheentscheids aktuellsten statistischen Werten der LSE 2018 (Fr. 4'371.- gemäss Tabelle TA1, Total, Frauen, Kompetenzniveau 1) ergibt sich für das Jahr 2021 ein an die betriebsübliche Wochenarbeitszeit von 41.7 Stunden und die Nominallohnentwicklung (2019: +1.0 %; 2020: +0.9 %; 2021: +0.1 % gemäss der vorne in E. 5.2 genannten Tabelle T1.2.15 bzw. der dritten Quartalsschätzung) angepasstes Invalideneinkommen von Fr. 41'835.60.

5.3.3. Entgegen der letztinstanzlich wiederholten Auffassung der Beschwerdegegnerin ist ein leidensbedingter Abzug von diesem Invalideneinkommen nicht angezeigt. Bereits die Vorinstanz wies zutreffend darauf hin, dass den schmerzbedingten Beeinträchtigungen und den deshalb zusätzlich notwendigen Pausen bereits bei der Bemessung der Arbeitsfähigkeit Rechnung getragen wurde und der zumutbare Beschäftigungsgrad von 75 % bei Frauen ohne Kaderfunktion nicht zu Lohnnachteilen führt. Darauf wird verwiesen. Auch im Hinblick auf die weiteren - pauschal angeführten - Umstände ist ein Abzug gesamthaft nicht angezeigt: Soweit die in der Schweiz geborene und aufgewachsene Beschwerdegegnerin auf ihre (nord-) mazedonische Staatsangehörigkeit verweist, legt sie nicht dar und ist auch nicht ersichtlich, welchen Ausländerstatus sie besitzt. Mangels Relevanz kann dies jedoch dahingestellt bleiben, da Frauen ohne Kaderfunktion sowohl mit Niederlassungsbewilligung C als auch mit Aufenthaltsbewilligung B zwar weniger verdienen als Schweizerinnen (vgl. LSE 2018, Tabelle T12 b), aber mehr als den für die Invaliditätsbemessung herangezogenen Zentralwert von Fr. 4'371.- nach Tabelle TA1 der LSE 2018. Der notwendigen Einarbeitung in ein neues
Betätigungsfeld und der fehlenden Ausbildung wird bereits bei der Wahl des Kompetenzniveaus Rechnung getragen (vgl. Urteil 8C 549/2019 vom 26. November 2019 E. 7.7). Dem Vorbringen der Beschwerdegegnerin, ihre Wohnregion sei eher strukturschwach, ist entgegenzuhalten, dass der für die Invaliditätsbemessung massgebende ausgeglichene Arbeitsmarkt (Art. 16 ATSG) die konkrete Arbeitsmarktlage nicht berücksichtigt (BGE 148 V 174 E. 9.1 mit Hinweisen) und sie ihre Restarbeitsfähigkeit auch ausserhalb dieser Region verwerten kann.

5.4. Der Vergleich des Invalideneinkommens von Fr. 41'835.60 mit dem Valideneinkommen von Fr. 57'000.10 ergibt eine Einkommenseinbusse von Fr. 15'164.50 und damit einen Invaliditätsgrad von gerundet 27 %. Soweit die Vorinstanz der Beschwerdegegnerin eine Invalidenrente basierend auf einem Invaliditätsgrad von 29 % zugesprochen hat, ist die Beschwerde der Suva begründet und damit teilweise gutzuheissen.

6.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend rechtfertigt es sich, die Gerichtskosten zu zwei Dritteln der Beschwerdegegnerin und zu einem Drittel der Suva aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat Anspruch auf eine reduzierte Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 BGG). Das Gesuch der Beschwerdegegnerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege erweist sich in dem Umfang, in welchem sie durchdringt, als gegenstandslos. Im Übrigen kann diesem stattgegeben werden, da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 64 Abs. 1 BGG). Es wird jedoch ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu in der Lage ist. Hinsichtlich der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens wird beim gegebenen Verfahrensausgang von Weiterungen abgesehen (vgl. Art. 68 Abs. 5 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 22. Februar 2023 und der Einspracheentscheid der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) vom 17. Dezember 2021 werden insofern abgeändert, als festgestellt wird, dass die Beschwerdegegnerin ab 1. März 2021 Anspruch auf eine Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 27 % hat. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden zu Fr. 270.- der Beschwerdeführerin und zu Fr. 530.- der Beschwerdegegnerin auferlegt. Der Anteil der Beschwerdegegnerin wird vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.

4.
Die Beschwerdeführerin hat den Rechtsvertreter der Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 930.- zu entschädigen.

5.
Rechtsanwalt Urs Schaffhauser wird als unentgeltlicher Rechtsanwalt der Beschwerdegegnerin bestellt und ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'870.- ausgerichtet.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 14. November 2023

Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Wirthlin

Der Gerichtsschreiber: Walther
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 8C_235/2023
Date : 14 novembre 2023
Publié : 06 décembre 2023
Source : Tribunal fédéral
Statut : Non publié
Domaine : Assurance-accidents
Objet : Unfallversicherung (Invalidenrente)


Répertoire des lois
LAA: 18
LPGA: 16  61
LTF: 42  64  66  68  95  96  97  105  106
Répertoire ATF
125-V-351 • 134-V-231 • 134-V-322 • 135-V-465 • 139-V-225 • 143-V-295 • 144-I-103 • 145-V-57 • 145-V-97 • 148-V-174
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