Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BB.2008.39 (Nebenverfahren: BP.2008.28 + BP.2008.30)

Entscheid vom 11. August 2008 I. Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Emanuel Hochstrasser, Vorsitz, Tito Ponti und Alex Staub , Gerichtsschreiberin Tanja Inniger

Parteien

A.,

Beschwerdeführer

gegen

Bundesanwaltschaft,

Beschwerdegegnerin

Gegenstand

Revision des Entscheides der I. Beschwerdekammer vom 7. April 2008 (BB.2008.32) (Art. 31 Abs. 1 SGG i.V.m. Art. 121 – 128 BGG)

Die I. Beschwerdekammer hält fest, dass

- sie auf die Beschwerde vom 28. März 2008 von A. gegen eine Nichtanhandnahmeverfügung gemäss Art. 100 Abs. 3 BStP der Bundesanwaltschaft mit Entscheid vom 7. April 2008 (BB.2008.32) nicht eintrat;

- A. mit Eingabe vom 22. April 2008 bei der I. Beschwerdekammer insbesondere die „Wiedererwägung“ bzw. Aufhebung des obgenannten Entscheides sowie die Behandlung der in der ursprünglichen Beschwerde gestellten Anträge beantragte (act. 1);

- die I. Beschwerdekammer A. mit Schreiben vom 24. April 2008 erstmals aufforderte, bis am 5. Mai 2008 einen Kostenvorschuss von Fr. 1'500.-- zu leisten (act. 2);

- A. gemäss seinem Schreiben vom 4. Mai 2008 die Leistung des Kostenvorschusses verweigerte mit der Begründung, dass in Zusammenhang mit Art. 62 BGG die Sicherstellungspflicht nicht gelte, wenn völkerrechtliche Verträge entgegenstehen, und die vorgenannte Kostenvorschussverfügung somit nichtig sei (act. 3);

- ihm die I. Beschwerdekammer mit Brief vom 6. Mai 2008 unter Hinweis auf die einschlägige Lehre und Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) eine Nachfrist bis am 16. Mai 2008 zur Bezahlung des Kostenvorschusses ansetzte (act. 4);

- A. sich in seiner Eingabe vom 17. Mai 2008 erneut weigerte, den Kostenvorschuss zu bezahlen, und gleichzeitig die unentgeltliche Prozessführung beantragte (BP.2008.28, act. 1);

- er mit Gesuch vom 29. Mai 2008 ebenfalls den Ausstand der bisher mit dem Verfahren beschäftigten Justizpersonen der I. Beschwerdekammer beantragte, was mit Entscheid vom 11. Juni 2008 (BP.2008.30) abgewiesen wurde;

- A. trotz der ihm insgesamt drei gewährten Fristen keinerlei Unterlagen einreichte und daher auf sein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege mit Entscheid vom 15. Juli 2008 (BP.2008.28) nicht eingetreten wurde (act. 5.1);

- ihm im vorgenannten Entscheid erneut bis am 28. Juli 2008 Frist zur Leistung des Kostenvorschusses in der Höhe von Fr. 1'500.-- gesetzt wurde (act. 5.1);

- A. innert dieser anberaumten Frist den Kostenvorschuss nicht einbezahlte;

- A. mit Eingabe vom 4. August 2008 erstens behauptete, er sei erst an diesem Tag von Übersee zurückgekehrt, und zweitens seine Auffassung wiederholte, dass unter Bezugnahme auf Art. 62 BGG die Sicherstellungspflicht nicht gelte, wenn völkerrechtliche Verträge entgegenstehen, was vorliegend zutreffe, und sich der Entscheid deshalb als nichtig erweise (act. 5).

Die I. Beschwerdekammer zieht in Erwägung, dass

- eine eingeschriebene Postsendung bei erfolglosem Zustellungsversuch in jenem Zeitpunkt als zugestellt gilt, in welchem sie aufgrund einer in den Briefkasten oder das Postfach des Empfängers gelegten Abholeinladung auf der Post abgeholt wird, spätestens jedoch am siebten Tag nach dem ersten erfolglosen Zustellungsversuch, sofern der Adressat mit der Zustellung hatte rechnen müssen (Art. 99 Abs. 1 BStP i.V.m. Art. 44 Abs. 2 BGG; BGE 134 V 49 E. 4 S. 51/52; BGE 127 I 31 E. 2a/aa S. 34; BGE 123 III 492 E. 1 S. 493; BGE 119 II 147 E. 2 S. 149; BGE 119 V 89 E. 4b/aa S. 94, je mit weiteren Hinweisen);

- gemäss den Sendungsinformationen der Schweizerischen Post die an den Beschwerdeführer adressierte, eingeschriebene Sendung, welche den Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege inklusive der auf den 28. Juli 2008 festgesetzten Frist zur Leistung des Kostenvorschusses enthielt, am 24. Juli 2008 um 08:31 Uhr bei der Poststelle Z. abgeholt wurde;

- der Entscheid daher seit der Abholung am 24. Juli 2008 als dem Beschwerdeführer zugestellt gilt und mithin der Kostenvorschuss fristgerecht hätte geleistet werden können;

- dem Beschwerdeführer bereits im Schreiben vom 6. Mai 2008 (act. 4) mitgeteilt wurde, dass entgegen seiner Auffassung eine Aufforderung zum Kostenvorschuss nicht nichtig sei, da die EMRK-Bestimmungen durch die Auflage eines Kostenvorschusses im Gerichtsverfahren eines Vertragsstaates grundsätzlich nicht verletzt werden (vgl. Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), 2. Aufl., Zürich 1999, S. 275, N. 433; Urteile des EGMR i.S. A. gegen Schweiz vom 17. Mai 1995, Nr. 22335/93, Ziff. 2a und 3, Nr. 23855/94, Ziff. 1a, Nrn. 24101/94 und 24440/94, Ziff. 2a), und diese Rechtsprechung daher spätestens ab diesem Zeitpunkt als bekannt vorausgesetzt werden darf;

- sich der Beschwerdeführer dessen jedoch bereits vorher bewusst gewesen sein muss, da er selbst in den diesbezüglich zitierten Urteilen des EGMR die unterliegende Partei war;

- dem Beschwerdeführer bereits im Schreiben vom 6. Mai 2008 angedroht wurde, dass bei Nichtleistung des Kostenvorschusses innert der Nachfrist auf seine Beschwerde nicht eingetreten werde (act. 4);

- ihm mittels Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege erneut eine Nachfrist zur Leistung des Kostenvorschusses von Fr. 1'500.-- bis am 28. Juli 2008 anberaumt wurde (act. 5.1);

- der Beschwerdeführer auch innerhalb dieser Nachfrist keinen Kostenvorschuss leistete, weshalb auf die Beschwerde androhungsgemäss sowie in Anwendung von Art. 245 Abs. 1 BStP i.V.m. Art. 62 Abs. 3 Satz 3 BGG nicht einzutreten ist;

- bei diesem Ausgang des Verfahrens der Beschwerdeführer die Kosten zu tragen hat (Art. 245 Abs. 1 BStP i.V.m. Art. 66 Abs. 1 BGG) und die Gerichtsgebühr für das vorliegende Verfahren sowie die Nebenverfahren betreffend Ausstand (BP.2008.30) und unentgeltliche Rechtspflege (BP.2008.28) auf insgesamt Fr. 1’100.-- festzusetzen ist (Art. 245 Abs. 2 BStP i.V.m. Art. 3 des Reglements vom 11. Februar 2004 über die Gerichtsgebühren vor dem Bundesstrafgericht, SR 173.711.32);

- sämtliche Eingaben sowie die Verhaltensweise des Beschwerdeführers während dieses Verfahrens geradezu trölerisch anmuten und sich die I. Beschwerdekammer deshalb vorbehält, weitere Eingaben in der vorliegenden Angelegenheit inskünftig ohne förmliche Behandlung abzulegen;

und erkennt:

1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'100.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

Bellinzona, 11. August 2008

Im Namen der I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Zustellung an

- A.

- Bundesanwaltschaft

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : BB.2008.39
Date : 11. August 2008
Published : 01. Juni 2009
Source : Bundesstrafgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Beschwerdekammer: Strafverfahren
Subject : Revision des Entscheides der I. Beschwerdekammer vom 7. April 2008 (BB.2008.32) (Art. 31 Abs. 1 SGG i.V.m. Art. 121 - 128 BGG)


Legislation register
BGG: 44  62  66  121
BStP: 99  100  245
SGG: 31
BGE-register
119-II-147 • 119-V-89 • 123-III-492 • 127-I-31 • 134-V-49
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