Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung II

B-2642/2012

Urteil vom 7. Mai 2013

Richterin Vera Marantelli (Vorsitz),

Besetzung Richterin Maria Amgwerd, Richter David Aschmann,

Gerichtsschreiber Lukas Abegg.

Festina Lotus, S.A.,

Via Layetana, 20 4a, ES-08003 Barcelona,

Parteien vertreten durch

A.W. Metz & Co. AG, Hottingerstrasse 14, 8024 Zürich,

Beschwerdeführerin,

gegen

Caridar Watches (HK) Co. Limited,

Flat/RM 2606B 26/F, WELL FUNG IND BLDG, KWAI CHUNG, 68 TA CHUEN PING STREET, HK- HONG KONG,

vertreten durch

reuteler & cie SA, Chemin de la Vuarpillière 29, 1260 Nyon,

Beschwerdegegnerin,

Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum IGE, Stauffacherstrasse 65/59g, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Verfügung vom 29. März 2012 betreffend Widerspruchsverfahren Nr. 11900 LOTUS (fig.)/LOTUSMAN (fig.).

Sachverhalt:

A.
Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der kombinierten Wort-/Bildmarke CH 556'117 Lotus (fig.), welche für folgende Waren Schutz beansprucht:

Klasse 14: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente.

Die Marke hat folgendes Aussehen:

Die kombinierte Wort-/Bildmarke CH 615'246 Lotusman (fig.) der Beschwerdegegnerin wurde am 12. Mai 2011 auf Swissreg veröffentlicht. Sie ist für folgende Waren eingetragen:

Klasse 14: Montres-bracelets; horloges; mouvements d'horlogerie; montres; coffrets à bijoux; métaux précieux bruts ou mi-ouvrés; parures (bijouterie); breloques; colliers (bijouterie); bagues (bijouterie).

Die Marke hat folgendes Aussehen:

Gegen diese Eintragung erhob die Beschwerdeführerin am 11. August 2011 Widerspruch. Der Widerspruch richtete sich gegen alle Waren, für welche die angefochtene Marke eingetragen ist. Die Beschwerdeführerin begründete den Widerspruch mit dem Bestehen von Verwechslungsgefahr.

Die Widerspruchsgegnerin reichte dazu keine Stellungnahme ein.

B.
Mit Verfügung vom 29. März 2012 wies die Vorinstanz den Widerspruch teilweise ab. Die Vorinstanz stellte in ihrem Entscheid fest, dass beide Marken für gleiche oder gleichartige Waren registriert seien, dass insbesondere aufgrund des gemeinsamen Elements "Lotus" Zeichenähnlichkeit bestehe und dass die übrigen Wort- und Grafikelemente der angefochtenen Marke diese Zeichenähnlichkeit nicht aufhöben. Dennoch bestehe für einen Teil der eingetragenen Warenkategorien keine Verwechslungsgefahr. So könnten die Waren montres-bracelets; horloges; montres; parures (bijouterie); breloques; colliers (bijouterie); bagues (bijouterie) die Form einer Lotusblume bzw. einen Lotus als schmückendes Motiv haben, womit das Wortelement "Lotus" eine Sachbezeichnung oder Beschaffenheitsangabe darstelle. Entsprechend seien die Marken diesbezüglich nicht kennzeichnungskräftig und verfügten nur über einen sehr geringen Schutzumfang. Hingegen sei für die Waren mouvements d'horlogerie; coffrets à bijou eine blumenförmige Ausgestaltung sehr unüblich, und die Waren métaux précieux bruts ou mi-ouvrés seien unverarbeitete Rohwaren, weshalb die Marken hierfür durchschnittlich kennzeichnungskräftig seien. Entsprechend bestünde mit Bezug auf diese Waren eine Verwechslungsgefahr.

C.
Am 15. Mai 2012 erhob die Beschwerdeführerin gegen die Verfügung der Vorinstanz Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht mit den Rechtsbegehren:

"1. Die Verfügung der Vorinstanz vom 29. März 2012 sei insoweit aufzuheben, als der Widerspruch Nr. 11900 für die Waren "Montres-bracelets; horloges; montres; parures (bijouterie); breloques; colliers (bijouterie); bagues (bijouterie)" implizit abgewiesen wurde;

2. Der Widerspruch Nr. 11900 sei auch für die unter Ziffer 1. genannten Waren und damit vollumfänglich gutzuheissen;

3. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdegegnerin."

In der Beschwerdebegründung hält die Beschwerdeführerin fest, dass der Ansicht der Vorinstanz, wonach für die beiden Marken Warengleichartigkeit bestehe, beizupflichten sei, und dass die Erwägungen der Vorinstanz bezüglich der Zeichenähnlichkeit keines weiteren Kommentars bedürften. Auch geht die Beschwerdeführerin mit der Auffassung der Vorinstanz einig, wonach sich die streitgegenständlichen Waren an einen breiten Abnehmerkreis wendeten und daher bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr von einem durchschnittlich hohen Aufmerksamkeitsgrad auszugehen sei.

Hingegen widerspricht die Beschwerdeführerin der Einschätzung der Vorinstanz, dass die Widerspruchsmarke mit Bezug auf bestimmte Waren bloss über einen eingeschränkten Schutzumfang verfüge. Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass der Begriff "Lotus" ein Sachbegriff im Zusammenhang mit den fraglichen Waren sei. So seien insbesondere Uhren in Form einer Lotusblume nach allgemeiner Wahrnehmung und Erfahrung völlig unbekannt. Entsprechend sei das Wort "Lotus" für die fraglichen Waren als fantasievoll anzusehen und zumindest durchschnittlich kennzeichnungskräftig, was eine Verwechslungsgefahr mit der angefochtenen Marke nach sich zöge.

D.
Die Beschwerdegegnerin liess die ihr angesetzte Frist zur Einreichung einer Beschwerdeantwort unbenutzt verstreichen.

E.
Mit Vernehmlassung vom 20. August 2012 verzichtete die Vorinstanz auf eine Stellungnahme und beantragt unter Hinweis auf die Begründung der angefochtenen Verfügung, die Beschwerde unter Kostenfolge abzuweisen.

F.
Eine Parteiverhandlung wurde nicht durchgeführt (Art. 40 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]).

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Beurteilung von Beschwerden gegen Entscheide der Vorinstanz in Widerspruchssachen zuständig (Art. 31 f . und 33 Bst. e VGG). Die Beschwerde wurde in der gesetzlichen Frist von Art. 50 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021) am 14. Mai 2012 eingereicht und der verlangte Kostenvorschuss rechtzeitig geleistet. Als Adressatin der angefochtenen Verfügung ist die Beschwerdeführerin zur Beschwerde legitimiert (Art. 48 VwVG). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.

2.

2.1 Zeichen sind vom Markenschutz ausgeschlossen, wenn sie einer älteren Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen registriert sind, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt (Art. 3 Abs. 1 Bst. c des Markenschutzgesetzes vom 28. August 1992 ([MSchG, SR 232.11]).

2.2 Eine Verwechslungsgefahr besteht, wenn aufgrund der Ähnlichkeit der Marke Fehlzurechnungen zu befürchten sind, welche die Individualisierungsfunktion des besser berechtigten Zeichens schmälern (BGE 127 III 166 E. 2a Securitas).

Die Verwechslungsgefahr beurteilt sich nach der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, der Zeichenähnlichkeit sowie der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen für welche die Marken hinterlegt sind (Gallus Joller, in: Michael G. Noth/Gregor Bühler/Florent Thouvenin [Hrsg.], Markenschutzgesetz [MSchG], Bern 2009, Art. 3 N. 45). Zwischen der Zeichenähnlichkeit und der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen besteht dabei eine Wechselwirkung: An die Verschiedenheit der Zeichen sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je ähnlicher die Produkte sind, und umgekehrt (LucasDavid, in: Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Markenschutzgesetz/Muster- und Modellgesetz, 2. Aufl., Basel 1999, MSchG Art. 3 N. 8).

Für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit wird zudem auf den Gesamteindruck, den die Marken in der Erinnerung der angesprochenen Verkehrskreise hinterlassen, abgestellt (BGE 121 III 378 E. 2a Boss/Boks, 119 II 473 E. 2d Radion). Wie die Marke im tatsächlichen Gebrauch dargestellt und benutzt wird, ist dabei allerdings nicht entscheidend, relevant ist einzig die Eintragung, wie sie dem Register entnommen werden kann (Urteile des Bundesverwaltungsgerichts B-5325/2007 vom 12. November 2007 E. 3 Adwista mit Hinweisen, B-7475/2006 vom 20. Juni 2007 E. 5 Converse All Stars [fig.]/Army tex[fig.]).

2.3 Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt weiter auch vom Schutzumfang der Widerspruchsmarke ab (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-7017/2008 vom 11. Februar 20120 E. 2.4 Plus/Plusplus [fig.] mit Hinweisen). Der geschützte Ähnlichkeitsbereich für schwache Marken ist dabei kleiner als jener für starke Marken. Bei schwachen Marken genügen daher bereits geringere Abweichungen in der jüngeren Marke, um eine Verwechslungsgefahr auszuschliessen (BGE 122 II 382 E. 2a Kamillosan/Kamillon, Kamillan Gallus Joller, in: Michael Noth/Gregor Bühler/Florent Thouvenin [Hrsg.], Markenschutzgesetz [MSchG], Bern 2009, Art. 3 N. 74, mit Hinweisen). Schwach sind insbesondere Marken, deren prägende Elemente beschreibenden Charakter haben (BVGE 2010/32 E. 7.3.1 Pernaton/Pernadol 400, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-7492/2006 vom 12. Juli 2007 E. 5 Aromata/Aromathera). Dagegen sind starke Marken das Ergebnis einer schöpferischen Leistung oder langer Aufbauarbeit (BGE 122 III 382 E. 2a Kamillosan/Kamillon, Kamillan, mit Hinweisen; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-7475/2006 vom 20. Juni 2007 E. 7 Converse All Stars [fig.]/Army tex [fig.]; Eugen Marbach, in: Roland von Büren/Lucas David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. III/1, Markenrecht, 2. Aufl., Basel 2009, N. 979, mit Hinweisen).

2.4 Für die Beurteilung von Marken ist der Gesamteindruck der Marke massgebend. Bei kombinierten Wort-/Bildmarken sind die einzelnen Bestandteile nach ihrer Kennzeichnungskraft zu gewichten. Entscheidend für den Gesamteindruck sind die prägenden Wort- oder Bildelemente, während kennzeichnungsschwache Wort- oder Bildelemente diesen weniger beeinflussen. Enthält eine Marke sowohl charakteristische Wort- wie auch Bildelemente, so können diese den massgeblichen Erinnerungseindruck gleichermassen prägen (Urteile des Bundesverwaltungsgerichts B 4159/2009 vom 25. November 2009 E. 2.4 Efe [fig.]/Eve und B 7500/2006 vom 19. Dezember 2007 E. 6.4 Diva Cravatte [fig.]/DD Divo Diva [fig.], je mit weiteren Hinweisen).

2.5 Stimmen zwei Marken ausschliesslich in gemeinfreien Elementen überein, liegt keine markenrechtliche Zeichenähnlichkeit vor (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-3508/2008 vom 9. Februar 2008 E. 9.3 KaSa/Biocasa; Gallus Joller, in: Michael Noth/Gregor Bühler/Florent Thouvenin [Hrsg.], Markenschutzgesetz [MSchG], Bern 2009, Art. 3 N. 125 f., mit Hinweisen, Christoph Willi, Kommentar Markenschutzgesetz, Das schweizerische Markenrecht unter Berücksichtigung des europäischen und internationalen Markenrechts, Zürich 2002, Art. 3 N. 133 ff.).

3.
Als Erstes sind die massgeblichen Verkehrskreise für die beidseits beanspruchten Waren zu bestimmen.

Gemäss Rechtsprechung richten sich die Waren Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente der Klasse 14 regelmässig an das allgemeine Publikum (Urteile des Bundesverwaltungsgerichts B-5779/2007 vom 3. November 2008 E. 4 Lancaster, B 3052/2009 vom 16. Februar 2010 E. 4 DIAMONDS OF THE TSARS mit Hinweisen), d.h. an den Endverbraucher, welcher bei der Nachfrage der genannten Waren eine durchschnittliche Aufmerksamkeit aufwendet (Urteile des Bundesverwaltungsgerichts B-4260/2010 vom 21. Dezem-ber 2011 E. 7 Bally/BALU [fig.], B-5467/2011 vom 20. Februar 2013 E. 4.2 NAVITIMER/Maritimer).

4.
In einem nächsten Schritt gilt es zu prüfen, ob die beanspruchten Waren der sich gegenüberstehenden Marken aus Sicht der Abnehmerkreise gleichartig sind.

4.1 Gleichartigkeit liegt vor, wenn die angesprochenen Abnehmerkreise auf den Gedanken kommen können, die unter Verwendung identischer oder ähnlicher Marken angepriesenen Waren und Dienstleistungen würden angesichts ihrer üblichen Herstellungs- und Vertriebsstätten aus ein und demselben Unternehmen stammen oder doch wenigstens unter der Kontrolle des gemeinsamen Markeninhabers von verbundenen Unternehmen hergestellt werden (Lucas David, in: Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Markenschutzgesetz/Muster- und Modellgesetz, 2. Aufl., Basel 1999, MSchG Art. 3 N. 35). Für die Warengleichartigkeit sprechen unter anderem die gleiche gattungsmässige Zuordnung und die spezifischen Eigenschaften der Waren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-7437/2006 E. 4 Old Navy/Old Navy; Eugen Marbach, in: Roland von Büren/Lucas David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. III/1, Markenrecht, 2. Aufl., Basel 2009, N. 801).

4.2 Die Widerspruchsmarke ist hinterlegt für Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine sowie Uhren und Zeitmessinstrumente. Die angefochtene Marke ist für folgende Waren hinterlegt: Montres-bracelets; horloges; mouvements d'horlogerie; montres; coffrets à bijoux; métaux précieux bruts ou mi-ouvrés; parures (bijouterie); breloques; colliers (bijouterie); bagues (bijouterie).

Die Bezeichnung Uhren stellt die deutsche Übersetzung der französischen Bezeichnungen montres und horloges dar (Langenscheidt Handwörterbuch Französisch, Berlin/München/Wien/Zürich/New York, 2006, S. 1379) und die Bezeichnung Schmuckwaren kann im Französischen mit parure (bijouterie) widergegeben werden (Langenscheidt Handwörterbuch Französisch, Berlin/München/Wien/Zürich/New York, 2006, S. 1281). Diesbezüglich kann daher Warenidentität festgestellt werden.

Die übrigen Warengattungen der Widerspruchsmarke können als Oberbegriffe zu den für die angefochtene Marke hinterlegten Waren subsumiert werden. So bilden metaux précieux bruts ou mi-ouvrés eine Teilmenge der Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren; breloques, colliers (bijouterie), bagues (bijouterie) und coffrets à bijoux bilden Präzisierungen der Gattung Juwelierwaren und/oder Schmuckwaren; letztlich fallen montres-bracelets undmouvements d'horlogerie unter den Oberbegriff Uhren und Zeitmessinstrumente. Bei einer gattungsmässigen Zuordnung der Waren der angefochtenen Marke als Unterbegriffe der Waren der Widerspruchsmarke kann von Warengleichheit ausgegangen werden (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-1641/2007 vom 3. Oktober 2007 E. 3 Street Parade/Summer Parade; Gallus Joller, in: Michael G. Noth/Gregor Bühler/Florent Thouvenin [Hrsg.], Markenschutzgesetz [MSchG], Bern 2009, Art. 3 N. 242 ).

5.
Weiter ist zu klären, ob Zeichenähnlichkeit vorliegt.

5.1 Der Gesamteindruck von Wort-/Bildmarken bestimmt sich einerseits über den optischen und allenfalls begrifflichen Eindruck des Bildes, andererseits über den Wortklang, den Sinngehalt sowie das Schriftbild in der konkreten Ausgestaltung des Wortbestandteils (vgl. Gallus Joller , in: Michael G. Noth/Gregor Bühler/Florent Thouvenin [Hrsg.], Markenschutzgesetz [MSchG], Bern 2009, Art. 3 N. 196).

5.2 Die Widerspruchsmarke besteht einerseits aus dem Wortelement "Lotus", geschrieben in Grossbuchstaben in einer geometrischen, schnörkellosen Schriftart. Das Bildelement oberhalb der Schrift besteht aus einem Dreieck, welches bis ca. zur Mitte des Wortelements reicht sowie einer durchgezogenen Linie über die ganze Länge des Wortelements. Die angefochtene Marke ist ebenfalls eine kombinierte Wort-/Bildmarke bestehend aus dem Wortelement "Lotusman", welches auch in Grossbuchstaben und in einer geometrischen aber etwas runder gehaltenen Schriftart geschrieben ist. Das Bildelement befindet sich ebenfalls oberhalb des Schriftzugs und erinnert entfernt an einen Anker. Im Zusammenhang mit dem Wortelement "Lotus" kann das Bildelement die Assoziation mit einem vertikalen Querschnitt einer Blumenblüte hervorrufen.

5.3 Augenfällig ist die Wiederholung des ganzen Wortelements der Widerspruchsmarke in der angefochtenen Marke und der Ähnlichkeit der benützten Schriftart. Das in der angefochtenen Marke hinzugefügte englische Worte "man" entspricht dem deutschen "Mann", welches in allen Sprachregionen der Schweiz verstanden wird und als wenig prägender Begriff angesehen werden muss. Dieser Zusatz verändert das Wortelement der angefochtenen Marke nur wenig, zumindest aber nicht derart stark, dass dieses gegenüber dem Wortelement der Widerspruchsmarke eine gänzlich neue Individualität erhielte und der gemeinsame Wortteil "Lotus" nur noch als untergeordnet erscheinen liesse (vgl. Gallus Joller, in: Michael G. Noth/Gregor Bühler/Florent Thouvenin [Hrsg.], Markenschutzgesetz [MSchG], Bern 2009, Art. 3 N. 127 f. mit weiteren Hinweisen). Auch vermag der Zusatz "man" dem angefochtenen Zeichen keinen neuen Sinngehalt zu verleihen, welcher den benötigten Abstand zum älteren Zeichen herbeiführen könnte (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-5440/2008 E.7.4.2 jump [fig.]/JUMPMAN). Entsprechend ist in Bezug auf die Wortelemente eine starke Zeichenähnlichkeit gegeben.

Die Bildelemente befinden sich beide jeweils oberhalb der Wortelemente und stehen mehr ergänzend als dominierend zu den Wortelementen. Das Bildelement der angefochtenen Marke erscheint zu einem gewissen Grad fantasievoll und unterscheidet sich damit vom Bildelement der Widerspruchsmarke, welches aus eher banalen geometrischen Formen besteht. Mit dem unter E 5.2 erwähnten Anklang des Bildelements der angefochtenen Marke an eine Blüte nimmt dieses zudem lediglich das im Wortelement "Lotusman" bereits verwendete Motiv der Blume wieder auf. Insgesamt machen daher beide Bildelemente eher einen dekorativen als prägenden Eindruck.

Im Gesamtbild erscheinen somit die zu vergleichenden Zeichen trotz gewisser Unterschiede in den Bildelementen aufgrund der vollständigen Übernahme des Wortelements der Widerspruchsmarke in die angefochtene Marke als ähnlich.

6.
Im folgenden ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu prüfen.

6.1 Vorliegend sieht die Vorinstanz das Wortelement "Lotus" als beschreibend für die Warenan, welche

"[...] die Form einer Lotusblume bzw. einen Lotus als schmückendes Motiv haben können [...]",

und spricht daher dem für beide Marken dominierenden Wortelement "Lotus" die Kennzeichnungskraft in Bezug auf solche Waren ab. Entsprechend schliesst die Vorinstanz die Verwechslungsgefahr für einen Teil der Waren, für welche die angefochtene Marke hinterlegt wurde, aus. Die Beschwerdeführerin widerspricht dieser Einschätzung und bringt vor, dass das Wortelement "Lotus" kaum als beschreibend angesehen werden könne, da es sich beim Wort "Lotus" nicht um einen Sachbegriff im Zusammenhang mit der entsprechenden Ware handle.

6.1.1 In der Tat ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass beispielsweise Schmuck und Juwelierwaren in Form von Lotusblumen hergestellt werden und das Wort Lotus hernach für diese Waren beschreibend wirken kann. Es wäre allerdings zu kurz gegriffen, sämtliche Wörter, die Schmuck- und Juwelierwaren als Form dienen könnten, auch als für Schmuck- und Juwelierwaren beschreibend anzusehen. Die Folge davon wäre, dass für diese Art Waren nur noch Begriffe als kennzeichnungskräftige Marken dienen könnten, welche sich nicht gegenständlich darstellen lassen. Dies stellte eine überbordende Ausbreitung der Sphäre des Gemeingutes dar. Entsprechend muss ein Korrektiv die Begriffe, welche für die in Frage stehenden Warenkategorien als beschreibend gelten, begrenzen. So können nur Begriffe als beschreibend gelten, bei welchen zwischen der Marke und der äusseren Aufmachung der Ware eine sachliche Beziehung besteht, die ohne besondere Überlegungen ersichtlich ist (vgl. BGE 103 Ib 274 3a RED & WHITE). Diese Rechtsprechung wurde wiederholt angewandt in Fällen, bei welchen die Marke typischerweise die Form der in Frage stehenden Waren bestimmte bzw. die Marke charakteristisch für die entsprechenden Waren war (vgl. BGE 106 II 245 E. 2c Rotring und BGE 116 II 609 E. 2c Fioretto sowie Entscheid der RKGE vom 15. Juli 2005 E. 4 Käfer [fig.], veröffentlicht in sic! 2006 S. 31).

6.1.2 Dass Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren der Klasse 14, Uhren und Zeitmessinstrumente in Form von Lotusblumen oder mit Motiven derselbigen hergestellt werden, ist nicht gänzlich auszuschliessen, erscheint aber weder typisch noch charakteristisch. Entsprechend kann für diese Warenkategorie das Argument, die Marke sei beschreibend, ausgeschlossen und die Kennzeichnungskraft als mindestens durchschnittlich stark angesehen werden.

Auch für die Warenkategorien Juwelierwaren, Schmuckwaren und Edelsteine erscheinen die Form der Lotusblume bzw. die Lotusblume als Motiv weder typisch noch charakteristisch. Zwar sind allgemeine florale Muster und Motive tatsächlich sehr beliebt und unter Umständen sogar typisch für Juwelier- und Schmuckwaren. Es ist allerdings bereits begriffslogisch offensichtlich, dass "Lotus" nicht für jedwelches Blumenmotiv bzw. für alle möglichen Formen und Arten von Blumen als beschreibend gelten kann. Eingegrenzt auf die spezifische Form bzw. das konkrete Motiv der Lotusblume kann daher gesagt werden, dass bei Produkten dieser Warenkategorie mit höherer Wahrscheinlichkeit das Motiv der Lotusblume verwendet wird als bei vorgenannten Edelmetallen, Uhren und Zeitmessinstrumente. Dennoch erreicht auch diese Wahrscheinlichkeit nicht den Grad, welcher als typisch oder charakteristisch bezeichnet werden kann.

6.2 Weiter ist festzuhalten, dass der Begriff "Lotus" selber bereits mehrdeutig ist. Denn "Lotus" wird als Bezeichnung für verschiedene Arten von Pflanzen verwendet. So ist "Lotus" einerseits die lateinische Bezeichnung des Hornklee, andererseits wird "Lotus" im allgemeinen Sprachgebrauch auch als Synonym für die eigentlich als "Lotos" bezeichneten Blumen gebraucht, welche Seerosengewächse und Steinklee umfassen (vgl. Brockhaus, WAHRIG, Deutsches Wörterbuch, 2011 Gütersloh/München, 9. Auflage, S. 959).

Ein Begriff mit einem breitgefächerten Sinngehalt vermag zwischen einer diesen Begriff beinhaltenden Marke und der äusseren Aufmachung der Ware, für welche diese Marke hinterlegt ist, keine sachliche Beziehung herstellen, die ohne besondere Überlegung ersichtlich wäre (vgl. E. 6.1.1). Somit kann festgehalten werden, dass der Begriff "Lotus" entgegen der Auffassung der Vorinstanz für keine der streitgegenständlichen Waren beschreibend ist und die Widerspruchsmarke daher mindestens durchschnittliche Kennzeichnungskraft besitzt.

7.
In einer Gesamtbetrachtung ist daher festzuhalten, dass die streitgegenständlichen Marken für gleiche Waren hinterlegt sind und sich die Zeichen in hohem Masse ähneln. Zudem hat die Widerspruchsmarke eine durchschnittliche, nicht verminderte Kennzeichnungskraft für alle von ihr beanspruchten Warenkategorien. Daraus folgt, dass eine Verwechslungsgefahr nicht nur, wie die Vorinstanz annahm, für die Warenkategorien métaux précieux bruts ou mi-ouvrés; mouvements d'horlogerie sowie coffrets à bijou nicht auszuschliessen ist, sondern auch für die Warenkategorien montres-bracelets; horloges; montres; parures (bijouterie); breloques; colliers (bijouterie) sowie bagues (bijouterie) und somit für sämtliche Warenkategorien, für welche die angefochtene Marke hinterlegt ist. Entsprechend ist die Verfügung der Vorinstanz gemäss Rechtsbegehren aufzuheben und die Marke der Beschwerdegegnerin aus dem Register zu löschen.

8.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Als unterliegende Partei ist sie zudem zur Zahlung einer angemessenen Parteientschädigung an die Beschwerdeführerin zu verpflichten (Art. 64 Abs. 1 und Abs. 3 VwVG). Diese Verpflichtung trifft die Beschwerdegegnerin auch wenn sie keine Beschwerdeschrift mit eigenen Rechtsbegehren einreicht (vgl. BGE 128 II 90 E. 2b und E. 2c; Entscheide der Eidgenössischen Rekurskommission für geistiges Eigentum [RKGE] vom 11. Mai 2006 veröffentlicht in sic! 2006 S. 480 E. 10 Hero[fig.]/Hello[fig.] ).

9.
Die Gerichtsgebühr ist nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien festzusetzen (Art. 63 Abs. 4bis VwVG, Art. 2 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist dafür ein Streitwert zu veranschlagen (Art. 4 VGKE), wobei dafür im Widerspruchsbeschwerdeverfahren das Interesse der Widersprechenden an der Löschung, beziehungsweise der Widerspruchsgegnerin am Bestand der angefochtenen Marke zu veranschlagen ist. Es würde aber zu weit führen und könnte im Verhältnis zu den relativ geringen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens abschreckend wirken, wenn dafür im Einzelfall stets konkrete Aufwandsnachweise verlangt würden. Mangels anderer relevanter Angaben ist der Streitwert darum nach Erfahrungswerten auf Fr. 50'000.- bis Fr. 100'000.- festzulegen (BGE 133 III 492 E. 3.3 Turbinenfussmit Hinweisen). Von diesen Erfahrungswerten ist auch im vorliegenden Verfahren auszugehen. Es sprechen keine konkreten Anhaltspunkte für einen höheren oder niedrigeren Wert der strittigen Marke. Die Verfahrenskosten sind auf Fr. 3'500.- festzulegen. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten wurden auf Fr. 800.- festgelegt und von der Beschwerdeführerin vorgeleistet. Der Kostenvorschuss verbleibt bei der Vorinstanz. Diese erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden hiermit der unterliegenden Beschwerdegegnerin auferlegt.

10.
Die Parteientschädigung ist aufgrund der eingereichten Kostennote festzusetzen. Ist wie im vorliegenden Fall keine Kostennote eingereicht worden, setzt das Gericht die Entschädigung für die notwendigen erwachsenen Kosten aufgrund der vorliegenden Akten fest (Art. 14 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 VGKE). In Würdigung der massgeblichen Faktoren scheint eine Parteientschädigung der Beschwerdegegnerin an die Beschwerdeführerin von Fr. 2'000.- (exkl. MWST) für das Beschwerdeverfahren angemessen. Die Vorinstanz sprach für das erstinstanzliche Verfahren keiner der Parteien eine Entschädigung zu. In Abänderung davon setzt das Bundesverwaltungsgericht die Parteientschädigung für das erstinstanzliche Verfahren auf Fr. 1'000.- (exkl. MWST) zugunsten der Beschwerdeführerin fest. Die Mehrwertsteuer ist nur für entgeltliche Dienstleistungen im Inland geschuldet, nicht jedoch im vorliegenden Fall, in dem die obsiegende Beschwerdeführerin ihren Sitz im Ausland hat und die Dienstleistung ihrer Rechtsvertreterin somit nicht im Inland erbracht wurde (Art. 8 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer [Mehrwertsteuergesetz, MWSTG, SR 641.20] i.V.m. Art. 18 Abs 1 MWSTG und Art. 9 Abs. 1 Bst. c VGKE, siehe auch Art. 112 MWSTG).

11.
Gegen dieses Urteil steht keine Beschwerde an das Bundesgericht zur Verfügung (Art. 73 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Das Urteil ist daher rechtskräftig.

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Ziff. 1 des Entscheids des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum vom 29. März 2012 wird dahingehend abgeändert, dass der Widerspruch vollumfänglich gutgeheissen wird. Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum wird angewiesen, die Eintragung der CH-Marke Nr. 615 246 im Register zu widerrufen.

2.
Die Kosten des vorliegenden Verfahrens von Fr. 3'500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. Dieser Betrag ist innerhalb von 30 Tagen ab Eröffnung zu Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.

3.
Ziff. 3 des Entscheids des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum vom 29. März 2012 wird aufgehoben. Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das erstinstanzliche Verfahren und das Beschwerdeverfahren mit total Fr. 3'800.- (exkl. MWST) zu entschädigen.

4.
Der Beschwerdeführerin wird der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 3'500.- zurückerstattet.

5.
Dieses Urteil geht an:

- die Beschwerdeführerin (Einschreiben; Beilagen: Akten und Rück-erstattungsformular)

- die Beschwerdegegnerin (Einschreiben; Beilage: Einzahlungsschein)

- die Vorinstanz (Ref-Nr: Widerspruchsverfahren Nr. 11900; Einschreiben; Beilagen: Akten)

Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:

Vera Marantelli Lukas Abegg

Versand: 15. Mai 2013
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : B-2642/2012
Date : 07 mai 2013
Publié : 17 septembre 2013
Source : Tribunal administratif fédéral
Statut : Non publié
Domaine : protection des marques, du design et des variétés végétales
Objet : Verfügung vom 29. März 2012 betreffend Widerspruchsverfahren Nr. 11900 LOTUS (fig.)/LOTUSMAN (fig.)


Répertoire des lois
FITAF: 2  4  7  9  14
LPM: 3
LTAF: 31  40
LTF: 73
LTVA: 8  18  112
PA: 48  50  63  64
Répertoire ATF
103-IB-268 • 106-II-245 • 116-II-609 • 119-II-473 • 121-III-377 • 122-II-382 • 122-III-382 • 127-III-160 • 128-II-90 • 133-III-490
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
acte de recours • adulte • anglais • annexe • assigné • autorité inférieure • autorité judiciaire • avance de frais • bulletin de versement • caractère • caractéristique • commission de recours • conclusions • décision • délai • délai légal • désignation générique • effet • emploi • entreprise dépendante • fleur • force distinctive • frais de la procédure • greffier • homme • impression d'ensemble • inscription • institut fédéral de la propriété intellectuelle • jour • langage • langue • loi fédérale régissant la taxe sur la valeur ajoutée • loi fédérale sur la procédure administrative • loi fédérale sur la protection des marques et des indications de provenance • loi fédérale sur le tribunal fédéral • loi sur le tribunal administratif fédéral • marchandise • marque figurative • mesure • montre • motivation de la décision • métal précieux • opposition • parentèle • partie intégrante • pierre précieuse • poids • protection des marques • pré • question • rapport entre • risque de confusion • réponse au recours • répétition • siège à l'étranger • survivant • taxe sur la valeur ajoutée • tribunal administratif fédéral • tribunal fédéral • utilisation • valeur • valeur litigieuse • végétal • à l'intérieur • état de fait • étiquetage
BVGE
2010/32
BVGer
B-1641/2007 • B-2642/2012 • B-3052/2009 • B-3508/2008 • B-4159/2009 • B-4260/2010 • B-5325/2007 • B-5440/2008 • B-5467/2011 • B-5779/2007 • B-7017/2008 • B-7437/2006 • B-7475/2006 • B-7492/2006 • B-7500/2006
sic!
2006 S.31 • 2006 S.480