Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung VI

F-2036/2018

Urteil vom 6. März 2019

Richterin Regula Schenker Senn (Vorsitz),

Besetzung Richter Daniele Cattaneo, Richter Martin Kayser,

Gerichtsschreiberin Mirjam Angehrn.

Gemeindeverwaltung X._______
Parteien
Beschwerdeführerin,

gegen

Y._______,

Beschwerdegegner,

Staatssekretariat für Migration SEM,

Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Erleichterte Einbürgerung.

Sachverhalt:

A.
Y._______, geboren [...] in der Schweiz, z.________ Staatsangehöriger mit Niederlassungsbewilligung C, verheiratete sich am [...] 2014 in A._______ mit einer Schweizerin mitJahrgang [...]. Er studiert berufsbegleitend Informatik und arbeitet seit 2012 mit einem Arbeitspensum von [ ] im IT-Support der Firma B._______ (Akten der Vorinstanz [SEM-act.] 1 und 3).

B.
Gestützt auf seine Ehe richtete Y._______ am 4. Juli 2017 (Posteingang SEM) ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung an das SEM. Dieses ersuchte die zuständige kantonale Behörde - den Zivilstands- und Bürgerrechtsdienst des Kantons Bern - mit Schreiben vom 9. August 2017 um die Erstellung eines Erhebungsberichts (SEM-act.-1 und 2). Die kantonale Behörde holte daraufhin einen Bericht bei der Regionalpolizei Mittelland - Emmental - Oberaargau ein (SEM-act. 3). Nach dessen Eingang ersuchte das SEM das Amt für Gemeinden, Zivilstand und Bürgerrecht des Kantons Solothurn um einen Antrag im Sinne von Art. 25 resp. 32 des Bürgerrechtsgesetzes vom 29. September 1952 (aBüG, AS 1952 1087; aufgehoben am 1. Januar 2018; AS 2016 2561) (SEM-act. 4).

C.
Das Amt für Gemeinden, Zivilstand und Bürgerrecht des Kantons Solothurn teilte dem SEM mit Schreiben vom 29. Januar 2018 mit, dass gegen die erleichterte Einbürgerung von Y.________ nichts einzuwenden sei (SEM-act. 5).

D.
Mit Schreiben vom 22. Februar 2018 forderte das SEM den Gesuchsteller auf, eine Erklärung betreffend Beachtung der Rechtsordnung (datiert und unterzeichnet) sowie eine zweite Erklärung hinsichtlich eheliche Gemeinschaft (datiert und von ihm und seiner Ehefrau unterzeichnet) einzureichen (SEM-act. 6). Beide Erklärungen gingen am 6. März 2018 beim SEM ein (SEM-act. 7).

E.
Mit Verfügung vom 6. März 2018 wurde Y._______ erleichtert eingebürgert. Neben dem Schweizer Bürgerrecht erwarb er gleichzeitig das Bürgerrecht der solothurnischen Gemeinde X._______ (SEM-act.8).

F.
Gegen diese Verfügung erhob die Bürgergemeinde X._______ am 6. April 2018, handelnd durch ihren Präsidenten, Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. In der Beschwerde wird beanstandet, dass aus der Verfügung nicht ersichtlich sei, wie die erleichterte Einbürgerung zustande gekommen sei "(Heirat,...?)" und wer die Ehepartnerin sei. Dieses Anliegen habe die Bürgergemeinde bereits mehrmals beim SEM telefonisch deponiert und jeweils eine ablehnende Antwort erhalten. Grundsätzlich sei der Rat offen für erleichterte Einbürgerungen; allerdings trage dieser bei Einbürgerungen gegenüber den Bürgern von X._______ die Verantwortung. Der Rat sei deshalb nicht bereit, den Anträgen ohne die von ihm geforderten Angaben stattzugeben. Sobald die Informationen schriftlich vorlägen, würde der Einbürgerungsantrag genehmigt (Akten des Bundesverwaltungsgerichts [BVGer-act.] 1).

G.
Mit Vernehmlassung vom 11. Mai 2018 beantragte die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde. Eventualiter sei auf diese nicht einzutreten. Sie führte zur Begründung aus, wie dem Entscheid entnommen werde könne, sei der Beschwerdegegner gestützt auf Art. 27 aBüG erleichtert eingebürgert worden. Dass diese Einbürgerungsart infolge Heirat mit einer Schweizer Bürgerin oder einem Schweizer Bürger erfolge, ergebe sich klar aus dem Bürgerrechtsgesetz. Der gesetzliche Hintergrund für die Einbürgerung - der Gesetzesartikel - sei auf dem Einbürgerungsentscheid auch aufgeführt. Demzufolge sei der Einwand, aus dem Entscheid gehe nicht hervor, wie die Einbürgerung zustande gekommen sei, unbegründet. Aus prozessökonomischen Gründen nicht auf dem Entscheid erwähnt würden seit Herbst 2015 jedoch die Personalien der Personen, von welchen sich das Bürgerrecht ableite. Die Beschwerdeführerin sei telefonisch darauf hingewiesen worden, dass sie die fehlenden Angaben im vorliegenden Verfahren jederzeit beim Amt für Gemeinden des Kantons Solothurn einholen könne. Mit der Praxisänderung der Abteilung Bürgerrecht des SEM vom Herbst 2015 würden keine Verfahrens- oder Formvorschriften verletzt. Die Eingabe der Beschwerdeführerin erwecke den Eindruck, dass es sich mehr um ein persönliches und administratives Anliegen handle, als um eine rechtliche Überprüfung des Einbürgerungsentscheides. Aus diesem Grund stelle sich neben der Frage der Legitimation des Präsidenten der Bürgergemeinde Y._______ zur Erhebung einer Beschwerde auch die Frage, ob überhaupt ein Beschwerdegrund vorliege und auf die Beschwerde einzutreten sei (BVGer-act. 3).

H.
In der Replik vom 13. Juni 2018 teilt die Beschwerdeführerin mit, sie würde sich nicht zum Vornherein gegen Einbürgerungen zur Wehr setzen, sondern wolle im Zusammenhang mit den erleichterten Einbürgerungen lediglich aus den Personalien nachvollziehen können, von welchem Bürger bzw. welcher Bürgerin sich diese ableite, was mit der neuen Praxis des SEM nicht mehr möglich sei. Nach Auffassung der Gemeinde würden die Personalien der Person, von welcher sich das Bürgerrecht ableite, zum zwingenden rechtserheblichen Sachverhalt einer Verfügung über die erleichterte Einbürgerung gehören. Die Verfügung sei somit nicht ausreichend begründet. Es könne nicht angehen, dass sich eine Bürgergemeinde jedes Mal selber bei der entsprechenden kantonalen Stelle nach dem Namen erkundigen müsse. Dies sei alles andere als prozessökonomisch. Zusammenfassend gebe es keinen sachlichen Grund, weshalb das SEM die Personalien nicht mehr vollständig erfasse.

I.
Die unterzeichnende Richterin hat anfangs Dezember 2018 vorliegendes Verfahren übernommen, nachdem der vormals zuständige Richter aus dem Bundesverwaltungsgericht ausgetreten ist.

J.
Am 31. Januar 2019 erhielt der Beschwerdegegner die Gelegenheit, zur Beschwerdeschrift, Vernehmlassung und Replik bis zum 19. Februar Stellung zu nehmen. Er hat davon keinen Gebrauch gemacht.

K.
Auf den weiteren Akteninhalt wird, soweit rechtserheblich, in den Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Verfügungen des SEM betreffend erleichterte Einbürgerungen unterliegen der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (Art. 47 Abs. 1 des Bürgerrechtsgesetzes vom 20. Juni 2014 [BüG, SR 141.0], Art. 31 ff . VGG).

1.2 Das Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG, vgl. auch Art. 2 Abs. 4 VwVG).

1.3 Gemäss Art. 6 VwVG gelten als Parteien Personen, deren Rechte oder Pflichten die Verfügung berühren soll, und andere Personen, Organisationen oder Behörden, denen ein Rechtsmittel gegen die Verfügung zusteht. Im Weiteren legt Art. 48 Abs. 2 VwVG fest, dass Personen, Organisationen und Behörden, denen ein anderes Bundesgesetz ein Beschwerderecht einräumt, zur Beschwerde berechtigt sind. Das Bürgerrechtsgesetz regelt in Art. 47 Abs. 2 die Beschwerdelegitimation der betroffenen Kantone und Gemeinden. Aus Art. 6 VwVG i.V.m. Art. 48 Abs. 2 VwVG bzw. i.V.m. Art. 47 Abs. 2 BüG ergibt sich sowohl die Parteistellung als auch die Beschwerdelegitimation der Bürgergemeinde Y._______ im vorliegenden Verfahren. Ihre prozessuale Vertretung obliegt dem Präsidenten als oberstem Exekutivorgan (zur Vertretungsbefugnis eines Gemeinwesens vgl. BGE 137 V 143 E. 1.1 S. 145 m.H.). Auf die frist- und formgerechte Beschwerde ist somit einzutreten (Art. 48 ff . VwVG).

2.
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes und - soweit nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt seines Entscheides (vgl. BVGE 2014/1 E. 2 m.H.).

3.
Am 1. Januar 2018 traten das neue Bürgerrechtsgesetz vom 20. Juni 2014 zusammen mit der Bürgerrechtsverordnung vom 17. Juni 2016 (BüV, SR 141.01) in Kraft, die das bisher geltende Bürgerrechtsgesetz vom 29. September 1952 ablösten. Das neue Recht stellt in Art. 50 BüG eine übergangsrechtliche Ordnung auf, welche die Nachwirkung des alten Rechts auf unter seiner Geltung verwirklichte Tatbestände festschreibt (Abs. 1) und des Weiteren vorsieht, dass vor seinem Inkrafttreten eingereichte Gesuche bis zum Entscheid über das Gesuch nach den Bestimmungen des bisherigen Rechts behandelt werden (Abs. 2). Die vorliegende Streitsache ist daher nach altem Recht zu beurteilen.

4.
4.1. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, die angefochtene Verfügung sei nicht ausreichend begründet. Die Personalien der Person, von welcher sich das Bürgerrecht ableite, würden fehlen. Somit wird eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht.

4.2 Der Anspruch auf rechtliches Gehör im Sinn von Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 29 ff . VwVG umfasst verschiedene verfassungsrechtliche Garantien. Eine davon ist die Begründungspflicht gemäss Art. 35 VwVG. Nach Art. 35 Abs. 3 VwVG kann die verfügende Behörde auf eine (schriftliche) Begründung und Rechtsmittelbelehrung verzichten, wenn sie den Begehren der Parteien voll entspricht und keine Partei eine Begründung verlangt. Diese als Ausnahme konzipierte Regelung soll der Behörde Verwaltungsaufwand ersparen, wenn sie - so wie bei Verfügungen, die keine oder wenig Aussenwirkung zeigen - damit rechnen kann, dass eine Anfechtung unterbleibt. Räumt demgegenüber eine Spezialgesetzgebung bestimmten Personen, Organisationen oder Behörden ein Beschwerderecht ein (Art. 48 Abs. 2 VwVG), so ist davon auszugehen, dass der Verfügung Widerstand erwachsen könnte. In diesem Fall sind beschwerdeberechtigte Dritte auf die Kenntnis der Entscheidgründe angewiesen, und es ist bei dieser Konstellation geboten, dass die Behörde auch Verfügungen, die dem Gesuch einer Partei entsprechen, begründet (Verwaltungspraxis des Bundes [VPB 47 1983 Nr. 16, E. II.2; vgl. zum Ganzen Felix Uhlmann/Alexandra Schilling-Schwank, in: Bernhard Waldmann/ Philippe Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar VwVG, 2. Auflage 2016, Art. 35 N 37 f. sowie Lorenz Kneubühler, in: Christoph Auer/Markus Müller/Benjamin Schindler [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], Zürich/ St. Gallen 2019, Art. 35 N 29).

4.3 Die Begründung einer Verfügung besteht in der Regel aus der Darstellung des Sachverhalts und dessen anschliessender Subsumtion unter die einschlägigen Rechtsnormen. Dabei muss die Begründung einer Verfügung - im Sinne einer Minimalanforderung - jedenfalls so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über deren Tragweite Rechenschaft geben und sie sachgerecht anfechten kann. Es sind wenigstens kurz die Überlegungen zu nennen, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 138 I 232 E. 5.1; Alfred Kölz/Isabelle Häner/Martin Bertschi, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, Rz. 629 f; BGE 141 V 557 E. 3.2.1; 136 I 229 E. 5.2; Urteile des BGer 2D_14/2018 vom 13. August 2018 E. 3.1 sowie 2C_633/2017 vom 2. Mai 2018 E. 3.2 je m.H.).

4.4 Die Anforderungen an die Begründung sind umso höher zu stellen, je grösser der Entscheidungsspielraum der Behörde ist und je stärker ein Entscheid in die individuellen Rechte des Betroffenen eingreift (BGE 129 I 232 E. 3.3; Urteil des BVGer A-3935/2018 vom 10. Oktober 2018 E. 1.5.1; Kölz/Häner/Bertschi, a.a.O., Rz. 631 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Dasselbe gilt, wenn sich in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht komplexe Fragen stellen (vgl. BGE 129 I 232 E. 3.3). Umgekehrt vermag eine minimale Begründung zu genügen, wenn der Entscheid die Interessen des Betroffenen nur am Rande tangiert oder wenn die Gründe für den Entscheid offensichtlich sind (Lorenz Kneubühler, Die Begründungspflicht, 1998, S. 30 und 181). Auch in diesem Fall muss sich der Betroffene jedoch über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn sachgerecht anfechten können. Die Behörde darf sich daher in der Regel nicht damit begnügen, die anwendbare Rechtsnorm wiederzugeben, sondern hat in erkennbarer Weise aufzuzeigen, aus welchen Gründen sie den Sachverhalt der anwendbaren Norm unterstellt. Einzig bei klarer Sachlage und bestimmten Normen kann der Hinweis auf die Rechtsgrundlage(n) genügen (BVGE 2017I/4 E. 4.2; Uhlmann/Schilling-Schwank, in: Praxiskommentar VwVG, Art. 35 N 15 m.H; Gerold Steinmann, in: St. Galler Kommentar zur BV, 3. Aufl. 2014, Art. 29 Rz. 49; Kölz/Häner/Bertschi, a.a.O., Rz. 632 f.; René Wiederkehr, Die Begründungspflicht nach Art. 29 Abs. 2 BV und die Heilung bei Verletzung, in: Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht [ZBl], 2010, S. 489 m.H.).

4.5 Wie bereits in einem früheren Urteil festgehalten wurde, wäre das SEM folglich verpflichtet gewesen, alle Verfahrensbeteiligten - im Sinne eines Minimalstandards - auf die Möglichkeit hinzuweisen, innert laufender Rechtsmittelfrist ein Gesuch um Begründung stellen zu können. Für die zukünftige Praxis im Bereich der Einbürgerung bedeutet dies, dass eine positive Verfügung zumindest mit einem entsprechenden Hinweis ergänzt werden muss, um den Ansprüchen der Begründungspflicht gemäss Art. 35 Abs. 3 VwVG zu genügen (vgl. BVGer C-2466/2008 vom 27. Juni 2011 E. 3.3 m.H.). Sollte ein solches Gesuch um Begründung der verfügten Einbürgerung von einem Verfahrensbeteiligten gestellt werden, wäre die Vor-instanz verpflichtet, eine nachvollziehbare Begründung ihres Einbürgerungsentscheides, welche die wesentlichen Entscheidmotive enthält, der gesuchstellenden Partei nachzureichen.

Vorliegend hat die Beschwerdeführerin jedoch keine konkreten Einwände gegen die erleichterte Einbürgerung des Beschwerdegegners dargetan, weshalb sich an und für sich eine weitergehende Begründung als der Hinweis auf die Verheiratung mit einer Schweizer Bürgerin (vgl. Art. 27 und 28 aBüG) erübrigt.

4.6 Die Beschwerdeführerin ersucht um Bekanntgabe der Personalien der Ehefrau des Beschwerdegegners. Insofern wurde sinngemäss ein Gesuch um Akteneinsicht gestellt. Diesem gab das SEM - unter Hinweis auf prozessökonomische Gründe - nicht statt. Aus den Akten ist ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin telefonisch darauf hingewiesen wurde, dass die fehlenden Angaben im vorliegenden Verfahren jederzeit beim Amt für Gemeinden des Kantons Solothurn eingeholt werden könnten (vgl. BVGer-act. 3: Beilage zur Vernehmlassung).

4.7 Der in Art. 29 Abs. 2 BV verankerte und in Art. 29 ff . VwVG konkretisierte Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst namentlich auch das Recht der Parteien auf Akteneinsicht (Art. 26 ff . VwVG). Demnach besteht zumindest ein Anspruch darauf, alle als Beweismittel dienenden Aktenstücke am Sitz der verfügenden oder einer durch diese zu bezeichnenden kantonalen Behörde einzusehen (Art. 26 Abs. 1 Bst. b VwVG). Aus Inhalt und Funktion des Akteneinsichtsrechts folgt nach der Rechtsprechung, dass grundsätzlich sämtliche beweiserheblichen Akten den Beteiligten gezeigt werden müssen, sofern in der sie unmittelbar betreffenden Verfügung darauf abgestellt wird. Die betroffene Partei kann sich nämlich nur dann wirksam zur Sache äussern und geeignete Beweise führen oder bezeichnen, wenn ihr die Möglichkeit eingeräumt wird, die Unterlagen einzusehen, auf welche sich die Behörde bei ihrer Verfügung gestützt hat (Urteil des BVGer A-6754/2016 vom 10. September 2018 E. 7.1 m.H.).

Aus dem Akteneinsichtsrecht kann - zumindest gemäss Lehre - grundsätzlich kein Anspruch auf Zustellung der Originalakten oder Kopien abgeleitet werden (vgl. Bernhard Waldmann/Magnus Oeschger, in: Praxiskommentar VwVG, Art. 26 N 85 m.H.). Die Beschwerdeführerin hat aber immerhin ein Recht darauf, die Akten beim SEM oder allenfalls bei einer von diesem bestimmten kantonalen Behörde einzusehen. Indem die Vor-instanz der Beschwerdeführerin aber weder Kopien der der Akteneinsicht unterliegenden Akten zugestellt hat noch die Möglichkeit zur Akteneneinsicht an ihrem Sitz angeboten hat, sondern diese lediglich an das Amt für Gemeinden des Kantons Solothurn verwiesen hat, hat sie deren Recht auf Akteneinsicht missachtet.

4.8 Es liegt somit eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehörs vor. Die Verletzung von Verfahrensrechten erscheint im vorliegenden Fall insgesamt schwer. So wurde von der Vorinstanz nicht auf die Möglichkeit hingewiesen, eine Begründung zu verlangen (vorn E. 4.5) und die Beschwerdeführerin betreffend die Personalien der Ehefrau des Beschwerdegegners lediglich an eine kantonale Stelle verwiesen (vorn E. 4.6). Erschwerend kommt sodann hinzu, dass das SEM auch auf Beschwerde hin keinerlei Hand zu einem Kompromiss bot. Das Beschwerdeverfahren hätte seitens des SEM relativ leicht vermieden werden können. Das Bundesverwaltungsgericht prüft das vorliegende Verfahren zwar mit der gleichen Kognition wie die Vorinstanz, es kann aber aufgrund der Ausgangslage nicht dem Gericht obliegen, selber rechtliches Gehör zu gewähren und die Verletzung der Verfahrensrechte zu heilen. Eine Heilung der Gehörsverletzung ist überdies bereits aufgrund der Schwere der Verletzung ausgeschlossen (vgl. BGE 137 I 195 E. 2.3.2 sowie BVGE 2012/24 E. 3.4 je. m.H.).

5.
Zusammenfassend verletzt die angefochtene Verfügung Bundesrecht (vgl. Art. 49 Bst. b VwVG). Die Beschwerde ist daher gutzuheissen und die angefochtene Verfügung aufzuheben. Die Sache ist zu einem neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.

6.
In Anwendung von Art. 63 Abs. 1 VwVG ist auf die Auferlegung von Verfahrenskosten zu verzichten. Mangels (substantiellen) Aufwands haben weder der Beschwerdegegner noch die Beschwerdeführerin Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 7 Abs. 3 und 4 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und die angefochtene Verfügung aufgehoben.

2.
Die Sache wird zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen.

3.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

4.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

5.
Dieses Urteil geht an:

- die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)

- den Beschwerdegegner (Gerichtsurkunde)

- die Vorinstanz (Ref-Nr. K [...])

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Regula Schenker Senn Mirjam Angehrn

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff ., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

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Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : F-2036/2018
Data : 06. marzo 2019
Pubblicato : 17. giugno 2019
Sorgente : Tribunale amministrativo federale
Stato : Inedito
Ramo giuridico : Cittadinanza e diritto degli stranieri
Oggetto : Erleichterte Einbürgerung


Registro di legislazione
Cost: 29
LCit: 47  50
LTAF: 31  37
LTF: 42  82
PA: 2  6  26  29  35  47  48  49  62  63
TS-TAF: 7
Registro DTF
129-I-232 • 136-I-229 • 137-I-195 • 137-V-143 • 138-I-232 • 141-V-557
Weitere Urteile ab 2000
2C_633/2017 • 2D_14/2018
Parole chiave
Elenca secondo la frequenza o in ordine alfabetico
adulto • allegato • assegnato • atto di ricorso • atto giudiziario • autorità cantonale • autorità giudiziaria • autorità inferiore • celebrazione del matrimonio • cittadinanza svizzera • comune • comunicazione • coniuge • conoscenza • consultazione degli atti • copia • d'ufficio • decisione • direttore • diritto costituzionale • diritto di essere sentito • domanda indirizzata all'autorità • donatore • entrata in vigore • estensione • etichettatura • fattispecie • firma • forma e contenuto • funzione • giorno • incombenza • indicazione dei rimedi giuridici • informatica • intimato • istante • legge federale su l'acquisto e la perdita della cittadinanza svizzera • legge federale sulla procedura amministrativa • legittimazione • legittimazione ricorsuale • lingua ufficiale • losanna • matrimonio • mezzo di prova • motivazione dell'istanza • motivazione della decisione • motivo di ricorso • naturalizzazione agevolata • norma • notificazione della decisione • obbligo di informazione • organizzazione dello stato e amministrazione • parte alla procedura • parte interessata • permesso di domicilio • pittore • posto • potere d'apprezzamento • prassi giudiziaria e amministrativa • proposta di contratto • quesito • reiezione della domanda • replica • ricorso al tribunale amministrativo federale • ricorso in materia di diritto pubblico • rimedio giuridico • risposta al ricorso • risposta • scritto • soletta • spese di procedura • stato civile • telefono • termine • tribunale amministrativo federale • tribunale federale • unione coniugale
BVGE
2014/1 • 2012/24
BVGer
A-3935/2018 • A-6754/2016 • C-2466/2008 • F-2036/2018
AS
AS 2016/2561 • AS 1952/1087