Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BG.2009.27

Entscheid vom 2. Oktober 2009 I. Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Emanuel Hochstrasser, Vorsitz, Tito Ponti und Alex Staub , Gerichtsschreiber Stefan Graf

Parteien

Kanton Thurgau, Staatsanwaltschaft,

Gesuchsteller

gegen

1. Kanton Aargau, Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau,

2. Kanton Glarus, Verhöramt des Kantons Glarus,

Gesuchsgegner

Gegenstand

Örtlicher Gerichtsstand (Art. 279 Abs. 1 BStP i.V.m. Art. 345 StGB)

Sachverhalt:

A. A. zog am 1. November 2006 zusammen mit seinem damals knapp sechsjährigen Sohn B. vom Ausland in die Schweiz und nahm in Z. (Kanton Thurgau) Wohnsitz. Am 19. Februar 2008 verlegte er seinen Wohnsitz nach Y. (Kanton Aargau). Am 10. Mai 2008 wurde A. in Y. wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs u. a. seines Sohnes festgenommen. Am darauf folgenden Tag wurde ihm vom Bezirksamt Zurzach die Haft eröffnet (act. 1.1, S. 10). Mit Schreiben vom 21. Mai 2008 gelangte das Bezirksamt Zurzach an das kantonale Untersuchungsrichteramt des Kantons Thurgau und führte aus, gestützt auf die seinerzeitigen Erkenntnisse hätten im Kanton Aargau keine strafbaren Handlungen stattgefunden. Der Beschuldigte habe anlässlich von Befragungen wiederholt festgehalten, dass die ihm vorgeworfenen Handlungen allesamt an seinem vorherigen Wohnort in Z. erfolgt seien. Das Bezirksamt Zurzach erachtete daher die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Thurgau als zuständig (act. 1.10). Das kantonale Untersuchungsrichteramt des Kantons Thurgau bestätigte am 21. Mai 2008 die Übernahme des Strafverfahrens gegen A. (act. 1.11). Im Verlaufe dieser Untersuchung bezeichnete A. offenbar C. als seinen Mittäter, worauf der polizeiliche Sachbearbeiter im Kanton Thurgau die Kantonspolizei des Kantons Glarus über die Belastung gegen den im Kanton Glarus wohnhaften C. informierte. Gestützt auf diese Information leiteten die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Glarus gegen C. wegen des Verdachts sexueller Handlungen mit Kindern und weiterer Delikte Ermittlungen ein (vgl. hierzu act. 4.1, S. 1).

B. Mit Schreiben vom 5. August 2009 gelangte das Verhöramt des Kantons Glarus an die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau und ersuchte diese, die Anerkennung des Gerichtsstandes für C. zu prüfen (act. 1.2). Nach Einholung einer Vernehmlassung des kantonalen Untersuchungsrichteramtes (act. 1.3) wies die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau das kantonale Untersuchungsrichteramt des Kantons Thurgau am 26. August 2009 an, unverzüglich mit den Strafverfolgungsbehörden des Kantons Aargau Gerichtsstandsverhandlungen betreffend die Angeschuldigten A. und C. aufzunehmen (act. 1.4). Das kantonale Untersuchungsrichteramt des Kantons Thurgau gelangte am 31. August 2009 „in Sachen A.“ an die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau und ersuchte diese um Stellungnahme zur Gerichtsstandsfrage bzw. Entscheid betreffend Verfahrensübernahme (act. 1.5). Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau wies dieses Ersuchen am 8. September 2009 ab (act. 1.6).

C. Mit Gesuch vom 15. September 2009 betreffend Gerichtsstandsbestimmung für A. und C. gelangte die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau an die I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und beantragte was folgt (act. 1):

1. Die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Aargau seien berechtigt und verpflichtet zu erklären, die Strafverfolgung gegen A. und C. durchzuführen und abzuschliessen;

2. Allenfalls seien die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Thurgau berechtigt und verpflichtet zu erklären, die Strafverfolgung gegen A. durchzuführen und abzuschliessen, und die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Glarus, subeventuell diejenigen des Kantons Aargau, seien berechtigt und verpflichtet zu erklären, die Strafverfolgung gegen C. durchzuführen und abzuschliessen.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau schloss in ihrer Gesuchsantwort vom 23. September 2009 auf Abweisung der Anträge, wonach der Kanton Aargau zur Strafverfolgung von A. und C. berechtigt und verpflichtet zu erklären sei (act. 3).

Das Verhöramt des Kantons Glarus ersuchte in seiner Gesuchsantwort vom 25. September 2009, das Eventualbegehren der Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, den Kanton Glarus berechtigt und verpflichtet zu erklären, die Strafverfolgung gegen C. durchzuführen, abzulehnen (act. 4).

Die Gesuchsantworten wurden den Parteien am 28. September 2009 wechselseitig zur Kenntnis gebracht (act. 5, 6 und 7).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den folgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die I. Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Die Zuständigkeit der I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zum Entscheid über Gerichtsstandsstreitigkeiten ergibt sich aus Art. 345 StGB i.V.m. Art. 279 Abs. 1 BStP, Art. 28 Abs. 1 lit. g SGG und Art. 9 Abs. 2 des Reglements vom 20. Juni 2006 für das Bundesstrafgericht (SR 173.710). Voraussetzung für die Anrufung der I. Beschwerdekammer ist allerdings, dass ein Streit über einen interkantonalen Gerichtsstand vorliegt und dass die Kantone über diesen Streit einen Meinungsaustausch durchgeführt haben (Schweri/Bänziger, Interkantonale Gerichtsstandsbestimmung in Strafsachen, 2. Aufl., Bern 2004, N. 599). Die Behörden, welche berechtigt sind, ihren Kanton im Meinungsaustausch und im Verfahren vor der I. Beschwerdekammer zu vertreten, bestimmen sich nach dem jeweiligen kantonalen Recht (Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 564; Guidon/Bänziger, Die aktuelle Rechtsprechung des Bundesstrafgerichts zum interkantonalen Gerichtsstand in Strafsachen, in: Jusletter 21. Mai 2007, [Rz 12] in fine). Eine Frist für die Anrufung der I. Beschwerdekammer besteht für die Kantone nicht (Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 623).

1.2 Die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau ist praxisgemäss berechtigt, den Gesuchsteller bei interkantonalen Gerichtsstandskonflikten vor der I. Beschwerdekammer zu vertreten (Schweri/Bänziger, a.a.O., Anhang II; vgl. zuletzt Entscheid des Bundesstrafgerichts BG.2009.21 vom 7. September 2009, E. 1.2). Bezüglich der Gesuchsgegner steht diese Befugnis der Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (§ 33 Abs. 2 des Gesetzes über die Strafrechtspflege des Kantons Aargau vom 11. November 1958 [Strafprozessordnung, StPO/AG; SAR 251.100]) bzw. praxisgemäss dem Verhöramt des Kantons Glarus zu (Schweri/Bänziger, a.a.O., Anhang II; vgl. zuletzt Entscheid des Bundesstrafgerichts BG.2006.17 vom 14. August 2006, E. 1.1). Bezüglich des durchgeführten Meinungsaustausches ist an dieser Stelle zu bemerken, dass der Gesuchsteller sein Ersuchen um Verfahrensübernahme an den Gesuchsgegner 1 nur betreffend A. stellte (act. 1.5). Im vorliegenden Verfahren beantragt er nun jedoch die Übernahme der Verfahren gegen A. und C. (act. 1). Der Meinungsaustausch erweist sich somit als nicht vollständig, hatte der Gesuchsgegner 1 bisher doch keine Möglichkeit, sich zur Übernahme des Verfahrens betreffend C. zu äussern. Erweist sich ein Meinungsaustausch als unvollständig, so kann die I. Beschwerdekammer auf ein nachfolgendes, an sie gerichtetes Ersuchen um Bestimmung des Gerichtsstandes nicht eintreten (Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 599 in fine). Im vorliegenden Fall – die beiden Beschuldigten befinden sich in Untersuchungshaft bzw. im vorzeitigen Strafvollzug – ist jedoch aufgrund des besonders zu beachtenden Beschleunigungsgebotes von der Fällung eines Nichteintretensentscheides abzusehen, zumal gemäss den nachfolgenden Erwägungen das Gesuch ohnehin abzuweisen ist.

2.

2.1 Im vorliegenden Fall erübrigen sich ausführliche Weiterungen zum gesetzlichen Gerichtsstand. Den beiden Beschuldigten wird u. a. vorgeworfen, sich in Mittäterschaft zwischen Juni/Juli 2007 und 10. Mai 2008 vorab in Z. und Y. mehrfach der qualifizierten sexuellen Nötigung gemäss Art. 189 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 189 - 1 Wer eine Person zur Duldung einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung nötigt, namentlich indem er sie bedroht, Gewalt anwendet, sie unter psychischen Druck setzt oder zum Widerstand unfähig macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine Person zur Duldung einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung nötigt, namentlich indem er sie bedroht, Gewalt anwendet, sie unter psychischen Druck setzt oder zum Widerstand unfähig macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    ...263
3    Handelt der Täter grausam, verwendet er namentlich eine gefährliche Waffe oder einen anderen gefährlichen Gegenstand, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.264
StGB bzw. der Schändung gemäss Art. 191
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 191 - Wer eine urteilsunfähige oder eine zum Widerstand unfähige Person in Kenntnis ihres Zustandes zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung missbraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB schuldig gemacht zu haben (vgl. act. 1.1, S. 104 f.). Hierbei handelt es sich um die mit der schwersten Strafe bedrohten Taten im Sinne von Art. 344 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 191 - Wer eine urteilsunfähige oder eine zum Widerstand unfähige Person in Kenntnis ihres Zustandes zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung missbraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB. Zuerst angehoben wurde die Untersuchung gegen A. offenbar durch die aargauischen Strafverfolgungsbehörden, weshalb sich der gesetzliche Gerichtsstand vorliegend im Kanton Aargau befindet (Art. 344 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 191 - Wer eine urteilsunfähige oder eine zum Widerstand unfähige Person in Kenntnis ihres Zustandes zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung missbraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Satz 2 StGB). Dies ist auch unter den Parteien nicht umstritten. Der Gesuchsgegner 1 bringt dagegen vor, der Gesuchsteller habe seine Zuständigkeit zur Verfolgung und Beurteilung der A. zur Last gelegten Straftaten ohne Vorbehalt anerkannt (mit Hinweis auf act. 1.11).

2.2 Die I. Beschwerdekammer kann die Zuständigkeit beim Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen anders als in Art. 344
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 191 - Wer eine urteilsunfähige oder eine zum Widerstand unfähige Person in Kenntnis ihres Zustandes zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung missbraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB bestimmen (Art. 263 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 191 - Wer eine urteilsunfähige oder eine zum Widerstand unfähige Person in Kenntnis ihres Zustandes zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung missbraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft.
BStP), mithin vom gesetzlichen Gerichtsstand abweichen. Ein Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand ist zulässig, sofern im Kanton, dessen Gerichtsstand bejaht wird, ein örtlicher Anknüpfungspunkt besteht und auch durch Vereinbarung unter den Kantonen möglich. Die nachträgliche Änderung eines von einem Kanton (ausdrücklich oder konkludent) anerkannten Gerichtsstandes ist jedoch nur noch aus triftigen Gründen zulässig; sie muss die Ausnahme bilden und sich wegen veränderter Verhältnisse aufdrängen, sei es im Interesse der Prozessökonomie oder zur Wahrung anderer neu ins Gewicht fallender Interessen (Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 429). Ein anerkennender Kanton ist somit auf seiner Erklärung zu behaften, es sei denn die Anerkennung beruhe auf einem offensichtlichen Versehen oder auf offensichtlich falschen rechtlichen Gesichtspunkten (Entscheid des Bundesstrafgerichts BG.2008.2 vom 25. Januar 2008, E. 3.2 m.w.H.). Ein späterer Gerichtsstandsstreit kann nicht losgelöst von einer früheren Übernahmeerklärung entschieden werden (vgl. zum Ganzen Guidon/Bänziger, a.a.O., [Rz 44] m.w.H.). Ein triftiger Grund für das Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand liegt weiter im Schwergewicht der deliktischen Tätigkeit von Beschuldigten (vgl. hierzu Guidon/Bänziger, a.a.O., [Rz 46] m.w.H.).

2.3 Der Gesuchsteller hat seine Zuständigkeit zur Verfolgung und Beurteilung von A. am 21. Mai 2008, mithin elf Tage nach Inhaftierung des Beschuldigten, anerkannt (act. 1.11). Die Anerkennung erfolgte ohne jeglichen Vorbehalt. Dennoch geht aus dem dieser Anerkennung vorangehenden Schriftenwechsel hervor, dass die Anerkennung auf der Annahme basierte, A. habe im Kanton Aargau keinerlei strafbare Handlungen begangen. Diese Annahme hat sich anhand der weiteren Ermittlungserkenntnisse zwar als unzutreffend herausgestellt, dennoch ist vorliegend aufgrund der nachfolgenden Überlegungen von einer erneuten Änderung des Gerichtsstandes abzusehen. So besteht im Gebiet des Gesuchstellers ein konkreter Anknüpfungspunkt hinsichtlich der A. vorgeworfenen deliktischen Handlungen, sollen diese doch zwischen Juni/Juli 2007 bis 19. Februar 2008 hauptsächlich in seiner Wohnung in Z. (Kanton Thurgau) vorgenommen worden sein. Ebenso befassen sich die Strafverfolgungsbehörden des Gesuchstellers seit dem 21. Mai 2008, mithin seit über 16 Monaten, mit dem Beschuldigten A., weshalb ein erneuter Wechsel des Gerichtsstandes gerade aufgrund des in Haftfällen besonders zu beachtenden Beschleunigungsgebotes aus prozessökonomischer Sicht zu grosse Nachteile mit sich bringen würde. Weiter erscheint der Einwand des Gesuchsgegners 1 plausibel, wonach sich ein Schwergewicht der A. vorgeworfenen Straftaten in Z. und damit auf dem Gebiet des Gesuchstellers abgespielt habe (A. war dort während ca. zehn bis elf Monaten wohnhaft und dort angeblich deliktisch tätig, wohingegen er nur während knapp drei Monaten in Y. wohnhaft und dort deliktisch tätig war), auch wenn diesbezüglich hinreichende konkrete Angaben hinsichtlich der genauen Anzahl der an beiden Tatorten begangenen Delikte fehlen. Die Annahme des Gesuchstellers, wonach A. in Y. nicht delinquiert habe, was die Grundlage seiner Anerkennung des Gerichtsstandes bildete, erwies sich nachträglich zwar als falsch. Insgesamt aber vermögen die neuen Erkenntnisse keine erheblich ins Gewicht fallenden Interessen für eine erneute Änderung des Gerichtsstandes zu begründen. Im Gegensatz zum im Entscheid des Bundesstrafgerichts BG.2008.2 vom 25. Januar 2008 beurteilten Fall ist die irrige Annahme des Gesuchstellers bei der Anerkennung des Gerichtsstandes hier auch nicht von den Strafverfolgungsbehörden des anderen betroffenen Kantons verschuldet worden (vgl. dort E. 3.3), weshalb der Gesuchsteller vorliegend auf seiner Anerkennung zu behaften ist.

2.4 Nachdem A. im Verlaufe des Verfahrens C. als seinen Mittäter bezeichnet hat, haben die Strafverfolgungsbehörden gestützt auf Art. 343 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 191 - Wer eine urteilsunfähige oder eine zum Widerstand unfähige Person in Kenntnis ihres Zustandes zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung missbraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB auch das gegen C. gerichtete Verfahren zu übernehmen. Die vom Gesuchsteller pauschal vorgetragenen Argumente für eine getrennte Beurteilung der beiden Beschuldigten (vgl. act. 1, S. 8 f.) vermögen nicht zu überzeugen, sind doch mehrere Mittäter grundsätzlich gemeinsam zu verfolgen und zu beurteilen (vgl. Guidon/Bänziger, a.a.O., [Rz 35] m.w.H.).

2.5 Nach dem Gesagten ist das Gesuch abzuweisen und es sind die Strafverfolgungsbehörden des Gesuchstellers für berechtigt und verpflichtet zu erklären, die A. und C. zur Last gelegten Straftaten zu verfolgen und zu beurteilen.

3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 245 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 191 - Wer eine urteilsunfähige oder eine zum Widerstand unfähige Person in Kenntnis ihres Zustandes zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung missbraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft.
BStP i.V.m. Art. 66 Abs. 4
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt die I. Beschwerdekammer:

1. Die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Thurgau sind berechtigt und verpflichtet, die A. und C. zur Last gelegten Straftaten zu verfolgen und zu beurteilen.

2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Bellinzona, 2. Oktober 2009

Im Namen der I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

i.V. Alex Staub,

Bundesstrafrichter

Zustellung an

- Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau (mitsamt Akten)

- Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau

- Verhöramt des Kantons Glarus

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.

Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : BG.2009.27
Datum : 02. Oktober 2009
Publiziert : 20. Oktober 2009
Quelle : Bundesstrafgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Beschwerdekammer: Strafverfahren
Gegenstand : Örtlicher Gerichtsstand (Art. 279 Abs. 1 BStP i.V.m. Art. 345 StGB).


Gesetzesregister
BGG: 66
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BStP: 245  263  279
SGG: 28
StGB: 189 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 189 - 1 Wer eine Person zur Duldung einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung nötigt, namentlich indem er sie bedroht, Gewalt anwendet, sie unter psychischen Druck setzt oder zum Widerstand unfähig macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine Person zur Duldung einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung nötigt, namentlich indem er sie bedroht, Gewalt anwendet, sie unter psychischen Druck setzt oder zum Widerstand unfähig macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    ...263
3    Handelt der Täter grausam, verwendet er namentlich eine gefährliche Waffe oder einen anderen gefährlichen Gegenstand, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.264
191 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 191 - Wer eine urteilsunfähige oder eine zum Widerstand unfähige Person in Kenntnis ihres Zustandes zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung missbraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft.
343  344  345
Stichwortregister
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Entscheide BstGer
BG.2009.27 • BG.2006.17 • BG.2008.2 • BG.2009.21