S. 75 / Nr. 14 Doppelbesteuerung (d)

BGE 72 I 75

14. Urteil vom 8. April 1946 i. S. Martin du Pan gegen Basel-Stadt.


Seite: 75
Regeste:
Art. 46 Abs. 2 BV; Art. 84 und 89 OG.
Die Behörde, die das Eintreten auf ein Gesuch ablehnt, mit dem verlangt wird,
dass der Wegfall der Steuerpflicht zufolge Wegzuges des Pflichtigen in einen
andern Kanton berücksichtigt werde, verletzt Art. 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BV, gleichgültig,
ob das Veranlagungsverfahren schon abgeschlossen ist oder nicht.
Die staatsrechtliche Beschwerde aus Art. 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BV ist gegenüber einem
derartigen Entscheid zulässig (Erw. 1).
Der Grundsatz, dass für periodische Steuern auf dem Vermögen die Steuerhoheit
im interkantonalen Verhältnis dem Wohnsitzkanton zusteht, gilt auch für
Sondersteuern, die zusätzlich zur allgemeinen Vermögenssteuer erhoben werden,
wie dies beim baselstädtischen Krisenopfer der Fall ist.
Die Anwendung einer kantonalen Vorschrift, wonach eine periodische Steuer
schon mit dem Eintritt der Abgabepflicht in vollem Umfang geschuldet ist, auch
auf Personen, die nur während eines Teils der Steuerperiode im Kanton wohnen
verletzt Art. 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BV; ebenso eine Bestimmung, nach der die ganze Steuer
oder der noch geschuldete Teilbetrag sofort fällig wird, wenn der Pflichtige
den Wohnsitz im Kanton aufgibt (Erw. 2).
Art. 46 al. 2 CF; art. 84 et 89 OJ.
L'autorité qui refuse d'entrer en matière sur une requête par laquelle un
contribuable demande d'être libéré de l'assujettissement à un impôt en raison
de son départ pour un autre canton, viole l'art. 46 al. 2 CF, peu importe que
la procédure de taxation soit ou non déjà terminée.
Le recours de droit public fondé sur l'art. 46 al. 2 CF est recevable contre
une telle décision (consid. 1).
Le principe que, pour les impôts périodiques sur la fortune, la souveraineté
fiscale appartient dans les rapports entre cantons, au canton de domicile,
s'applique aussi aux impôts spéciaux qui sont prélevés sous la forme d'un
supplément à l'impôt général sur la fortune, comme c'est le cas pour le
«sacrifice de crise,» du canton de Bâle-Ville.
L'application aux personnes qui n'habitent le canton que durant une partie de
la période fiscale d'une disposition cantonale selon laquelle un impôt
périodique est dû en plein sitôt que l'obligation fiscale a pris naissance,
viole l'art. 46 al. 2 CF; il en est de même pour une disposition qui prévoit
que l'impôt tout entier ou la quote-part restant due devient exigible au

Seite: 76
moment même où le contribuable abandonne son domicile dans le canton (consid.
2).
Art. 46, cp. 2 CF, art. 84 e 89 OGF.
L'autorità che rifiuta d'esaminare nel merito un'istanza con cui il
contribuente chiede d'essere liberato dall'assoggettamento ad un'imposta,
perchè si è trasferito in un altro Cantone, viola l'art. 46 cp. 2 CF, nulla
importando che la procedura di tassazione sin già terminata o no.
Contro un siffatto rifiuto è ammissibile il ricorso di diritto pubblico basato
sull'art. 46 cp. 2 CF (consid. 1).
Il principio che, per le imposte periodiche sulla sostanza, la sovranità
fiscale spetta, nei rapporti intercantonali al cantone di domicilio, si
applica anche alle imposte speciali riscosse, sotto la forma di un supplemento
all'imposta generale sulla sostanza, come avviene pel «sacrificio di crisi»
nel Cantone di Basilea-città.
L'applicazione alle persone, che abitano nel cantone solo durante una parte
del periodo fiscale, d'una disposizione cantonale, secondo cui un'imposta
periodica è dovuta in pieno tosto che l'obbligo fiscale è sorto, viola l'art.
46 cp. 2 CF; lo stesso vale per una disposizione, secondo cui l'intera imposta
o la quota restante diventa esigibile allorchè il contribuente abbandona il
suo domicilio nel Cantone (consid. 2).

A. ­ Das baselstädtische Gesetz vom 11. März 1937 über die Erhebung eines
Krisenopfers auf dem Kapital sowie einer Ausgleichsabgabe auf Pensionen und
Renten zur Verbesserung des Staatshaushaltes bestimmt in
§ 1. Der Kanton Basel-Stadt erhebt ein ausserordentliches Krisenopfer auf dem
Kapital, um die mit dem Gesetz über Massnahmen zur Verbesserung des
Staatshaushaltes vom 12. März 1936 eingeleitete Sanierung des Finanzhaushaltes
weiterzuführen.
§ 2. Das Krisenopfer wird in zweijährigen Perioden erhoben. Die erste Periode
beginnt am 1. Januar 1037.
§ 3. Dem Krisenopfer unterliegen mit ihrem Vermögen die natürlichen und die
juristischen Personen im Sinne von § 20 des Gesetzes betreffend die direkten
Steuern.....
§ 8. Die Steuerpflicht für das Krisenopfer gemäss § 3 beginnt jeweilen mit dem
1. Januar des ersten Jahres der zweijährigen Periode. Physische und
juristische Personen, welche innerhalb einer Periode in die Steuerpflicht
eintreten, sind erst vom Beginn der nächsten Periode an abgabepflichtig.
§ 13. Abs. 3. Massgebend für die Berechnung des Krisenopfers ist der jeweilige
Stand des Vermögens am 31. Dezember des der Abgabeperiode vorangehenden
Jahres.....
§ 16. Das Krisenopfer, das in vollem Umfange mit Eintritt der Abgabepflicht
geschuldet wird, ist in zwei gleichen Jahresraten zu bezahlen.

Seite: 77
§ 22. Wenn ein Abgabepflichtiger oder sein Rechtsnachfolger seinen Wohnsitz im
Kanton Basel-Stadt aufgibt, so wird das ganze Krisenopfer oder der noch
schuldige Teilbetrag fällig am Tage vor seinem Wegzug.
§ 25; Dieses Gesetz tritt mit Rückwirkung auf den 1. Januar 1937 in Kraft.
Es tritt mit dem Gesetz über dringliche Massnahmen zur Milderung der
Wirtschaftskrise im Kanton Basel-Stadt, spätestens jedoch am 31. Dezember 1946
ausser Kraft.
B. ­ Dem in Basel wohnhaft gewesenen Beschwerdeführer wurde am 5. November
1945 eröffnet, dass die erste Rate des Krisenopfers für die Periode 1945/46
fällig geworden sei. Er entrichtete die eingeforderte Steuer. Als er im
Dezember gleichen Jahres nach Genf übersiedelte, wurde er am 19. Dezember 1945
aufgefordert, auch die Rate für 1946 zu bezahlen. Martin bestritt, für 1946 in
Basel noch steuerpflichtig zu sein und hielt hieran mit Zuschrift vom 11.
Januar 1946 fest. Er ersuchte die Steuerverwaltung bis zum 15. Januar um ihren
Entscheid, weil er gegebenenfalls eine staatsrechtliche Beschwerde erheben
würde, für die die Frist am 18. Januar 1946 ablaufe. Darauf stellte die
Verwaltung dem Pflichtigen einen Entscheid in Aussicht, an den die Beschwerde
an die Steuerkommission, eventuell eine staatsrechtliche Beschwerde
angeschlossen werden könne. Im Einspracheentscheid, den die Verwaltung am 21.
Januar erliess, wird dann aber ausgeführt, dass Martin die Veranlagung vom 5.
November 1945 nicht angefochten habe, dass die Aufforderung vom 19. Dezember
eine blosse Vollzugsmassnahme sei, die weder bei der Steuerkommission, noch
mit einer Doppelbesteuerungsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten und dass
aus diesem Grunde auf die Einsprache nicht eingetreten werden könne. Übrigens
bestünde für die Verwaltung auch bei materieller Behandlung keine Möglichkeit,
auf die zweite Rate des Krisenopfers zu verzichten. Es handle sich dabei nicht
um eine ordentliche Vermögenssteuer, sondern um eine in zwei Jahresraten zu
tilgende Vermögensabgabe.
Martin hat gegen diesen Entscheid staatsrechtliche

Seite: 78
Beschwerde erhoben mit dem Antrag, festzustellen, dass er für 1946 in Basel
kein kantonales Krisenopfer zu entrichten habe. Er werde für dieses Jahr im
Kanton Genf besteuert. Wenn Basel-Stadt befugt wäre, von ihm das Krisenopfer
für die ganze Periode 1945/46 zu erheben, obwohl er sich schon Ende Dezember
1945 in Genf niedergelassen habe, würde er für dasselbe Vermögen und dieselbe
Steuerperiode in zwei Kantonen der Steuerpflicht unterworfen, was gegen das
bundesrechtliche Verbot der Doppelbesteuerung verstosse.
D. ­ Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt beantragt, auf die Beschwerde
nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Der erste Antrag wird damit
begründet, dass die Doppelbesteuerungsbeschwerde nur an eine kantonale
Verfügung in der Sache selbst, nicht an einen Nichteintretensentscheid
angeknüpft werden könne. Trete die kantonale - Behörde auf die materielle
Behandlung einer Einsprache nicht ein, weil die Einsprachefrist verwirkt sei,
so könne die Verfassungsmässigkeit dieses Entscheides nur unter dem
Gesichtspunkt von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV überprüft werden, wofür es hier an der Erschöpfung
des kantonalen Instanzeuzuges fehle. Eventuell sei auch nicht dargetan, dass
der Beschwerdeführer im Kanton Genf eine mit der im Kanton Basel erhobenen
Steuer kollidierende Steuerauflage erhalten habe. Materiell wäre die
Beschwerde unbegründet, weil das Krisenopfer nach § 16 des Gesetzes mit dem
Eintritt der Abgabepflicht in vollem Umfang geschuldet sei und nach § 22 bei
Wegzug des Pflichtigen innerhalb der Steuerperiode auch der noch geschuldete
Teilbetrag sofort fällig werde. Daraus ergebe sich, dass das Krisenopfer als
Vermögensabgabe gedacht sei, und dass sie daher nach dem Vermögensstand an
einem bestimmten Stichtag bemessen werden müsse. Das Vorgehen der
Steuerverwaltung entspreche übrigens der bisherigen Praxis, wonach von während
der Steuerperiode wegziehenden Pflichtigen stets die ganze Abgabe verlangt und
entrichtet worden sei.

Seite: 79
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ­ Die Steuer ist, was ihre zeitliche Entstehung anbelangt, nach der Art des
Steuerobjektes entweder einmalig, so, wenn sie wie die Verkehrssteuer einen in
sich abgeschlossenen äussern Vorgang trifft, oder aber eine periodische. Das
ist sie insbesondere bei der Personal-, Vermögens- und Besitzsteuer, deren
Objekte ihrer Natur nach fortdauern, wiederholt besteuert und daher für
bestimmte Steuerperioden veranlagt werden können. Die Veranlagung zu einer
periodischen Steuer setzt aber grundsätzlich die steuerrechtliche
Zugehörigkeit des Pflichtigen zum steuerfordernden Gemeinwesen voraus. Intern
kann zwar der Gesetzgeber vorsehen, dass die Steuer voll geschuldet sei, auch
wenn die steuerrechtliche Zugehörigkeit während der Steuerperiode ihr Ende
findet (§§ 7 und 20 des Gesetzes). Im interkantonalen Verhältnis dagegen hat
die Periodizität der Steuer zur Folge, dass die Steuerpflicht nur besteht,
wenn und solange dem Verband die Steuerhoheit über den Pflichtigen zusteht.
Fällt sie weg, so entfällt auch die Steuerpflicht. In diesem Wegfall der
steuerrechtlichen Zugehörigkeit liegt für den Pflichtigen eine neue Tatsache,
eine Änderung der massgebenden tatsächlichen Verhältnisse, die von der
Steuerbehörde nicht nur berücksichtigt werden muss, wenn die Veranlagung erst
nachfolgen würde (BGE 40 I 219), sondern auch bei Eintritt der Änderung nach
durchgeführtem Veranlagangsverfahren. Lehnt sie es ab, auf ein bezügliches
Begehren des Pflichtigen einzutreten, so weigert sie sich damit, die
Grundsätze über das Verbot interkantonaler Doppelbesteuerung anzuwenden und
verletzt damit diese Grundsätze, sodass die staatsrechtliche Beschwerde aus
Art. 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BV schon an einen derartigen Nichteintretensentscheid muss
angeschlossen werden können; dies auch deswegen, weil die Abgrenzung der
Steuerhoheit absolut wirkt, d. h. ohne Rücksicht darauf, ob im Einzelfall eine
tatsächliche Doppelbesteuerung vorliegt oder

Seite: 80
nicht (BGE 38 I 482 Erw. 2, 41 I 70 Erw. 1, 43 I 202), der Pflichtige also die
Veranlagung im neuen Wohnsitzkanton nicht abzuwarten braucht. Das
Bundesgericht hat denn auch bereits festgestellt, dass auch ein
Nichteintretens(Unzuständigkeits-) Entscheid einer kantonalen Behörde einem
Pflichtigen nicht entgegengehalten werden kann, falls ein anderer Weg, auf dem
über den streitigen Punkt ein materieller Entscheid hätte erwirkt werden
können, nicht gezeigt zu werden vermöge (BGE 48 I 360).
Wenn das im Kanton Basel-Stadt erhobene Krisenopfer eine periodische Steuer
ist, was unter 2) hienach auszuführen sein wird, so durfte die
Steuerverwaltung aus dem angegebenen Grunde das Eintreten auf die bei ihr
erhobene Einsprache nicht ablehnen. Wie sich aus dem angefochtenen Entscheid
ergibt, konnte sie es auch gar nicht tun, ohne zugleich die Frage zu
entscheiden, ob die Abgabe eine einmalige oder eine periodisch geschuldete
Vermögenssteuer sei, sodass ihr Beschluss nur formell einen
Nichteintretensentscheid darstellt. Das Eintreten hätte übrigens von der
Steuerverwaltung auch nicht abgelehnt werden dürfen wegen der Zusicherungen,
die sie dem Beschwerdeführer gegeben hatte. Denn darüber, dass die
staatsrechtliche Beschwerde im Anschluss an die Verfügung vom 19. Dezember
1945 hätte erhoben werden können, ist entgegen der Auffassung der
Steuerverwaltung (die in diesem Punkt den Entscheid richtigerweise dem
Bundesgericht überlassen hätte) kein Zweifel möglich. Indem die
Steuerverwaltung dem Pflichtigen eröffnete, dass die Steuer trotz seines noch
vor Beginn der 2. Hälfte der Steuerperiode erfolgten Wegzuges aus dem Kanton
geschuldet sei, traf sie eine Verfügung in der Frage der Steuerhoheit für das
Jahr 1946. Der Beschwerdeführer hätte, wie aus seiner Zuschrift vom 11. Januar
1946 an die Steuerverwaltung hervorgeht, die Doppelbesteuerungsbeschwerde
fristgemäss daran angeschlossen, wenn ihm die Verwaltung nicht auf die
Kundgabe dieser Absicht hin erklärt hätte, sie werde nunmehr einen

Seite: 81
Einspracheentscheid fällen, an den, sei es die kantonale Beschwerde, sei es
der staatsrechtliche Rekurs an das Bundesgericht wegen unzulässiger
Doppelbesteuerung angeschlossen werden könne. Das konnte vom Beschwerdeführer
nicht anders verstanden werden, als dass sie einen materiellen Entscheid
fällen werde, der die Grundlage für das weitere Verfahren abgeben solle. Dass
sie in der Folge auf die Einsprache nicht eintreten zu können erklärte, lässt
sich mit den Grundsätzen von Treu und Glauben, die auch für die Steuerbehörden
gelten, nicht wohl vereinbaren, sodass die Beschwerde im Anschluss an den
Nichteintretensentscheid nach Massgabe der Grundsätze, die für die
Wiederherstellung gegen Fristversäumnis sprechen, auch deswegen zugelassen
werden muss.
2. ­ Das baselstädtische Krisenopfer ist keine einmalige, an ein bestimmtes
äusseres Ereignis anknüpfende Abgabe, sondern nach dem Objekt wie der ganzen
Ausgestaltung eine periodische Steuer, die den Pflichtigen in Form einer
zusätzlichen Vermögenssteuer auferlegt wird. Sie wird in zweijährigen Perioden
erhoben, von denen die erste am 1. Januar 1937 begann, die letzte am 31.
Dezember 1946 zu Ende geht (§§ 2 und 25 des Gesetzes). Dass für die Berechnung
der Steuer auf einen Stichtag abgestellt wird, den Vermögensstand am 31.
Dezember des der Abgabeperiode vorangehenden Jahres (§ 13 Abs. 3), hat
lediglich Bedeutung für die rechnerische Ermittlung der Steuer
(Momentbemessung) und entspricht für die Vermögensbesteuerung einer
allgemeinen Regel, spricht also keineswegs gegen den periodischen Charakter
der Abgabe. Auch § 8 des Gesetzes spricht ausdrücklich vom Beginn der
Steuerpflicht, während bei einer einmaligen Abgabe richtigerweise vom
Zeitpunkt des Eintrittes der Steuerpflicht gesprochen werden sollte.
Für periodische Steuern auf dem Vermögen steht aber, ebenso wie für solche auf
dem Ertrag daraus und auf persönlicher Tätigkeit, die Steuerhoheit im
interkantonalen Verhältnis dem Kanton des Wohnsitzes als des allgemeinen

Seite: 82
Steuerdomizils des Pflichtigen zu. Nicht anders kann es sich natürlich bei
Sondersteuern auf dem Vermögen verhalten, die zusätzlich zur allgemeinen
Vermögenssteuer erhoben werden. Sowenig ein Kanton bei Wohnsitzwechsel des
Pflichtigen auf Vermögen oder Einkommen zurückgreifen kann, das dieser besass,
solange er in einem andern Kanton wohnte (BGE 50 I 113), sowenig darf er nach
dem Wegzug des Pflichtigen Vermögen weiterbesteuern, das dieser während seines
Wohnsitzes im besteuernden Gemeinwesen besessen hat. Vielmehr haben sich der
Kanton des bisherigen und derjenige des neuen Wohnsitzes pro rata temporis in
die Steuerhoheit zu teilen (BGE 40 I 220 Erw. 2, 44 I 16, 50 I 113, 57 I 6,
SARASIN, Praxis der interkantonalen Doppelbesteuerung S. 46). Der kantonale
Gesetzgeber ist nicht befugt, diesen Grundsätzen widersprechende Vorschriften
aufzustellen (BGE 34 I 667, 48 I 267 Erw. 2). Er tut das mit einer Bestimmung,
die vorsieht, dass eine periodische Steuer schon mit Eintritt der
Abgabepflicht in vollem Umfang geschuldet wird, wenn und soweit er sie auf
Personen anwendet, die nur während eines Teils der Steuerperiode im Kanton
wohnten, und sofern damit ein Rückforderungsanspruch ausgeschlossen werden
soll, und ferner, wenn er bestimmt, dass dann, wenn der Pflichtige oder sein
Rechtsnachfolger den bisherigen Wohnsitz im Kanton aufgibt, die ganze Steuer
oder der noch schuldige Teilbetrag derselben sofort fällig werde. Die §§ 16
Abs. 1 und 22 des baslerischen Gesetzes halten daher insoweit vor dem
Bundesrecht, wie es in der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11

BV seinen Ausdruck findet, nicht stand. Dass § 8 des Gesetzes die
Steuerforderung gegenüber demjenigen Pflichtigen, der erst im Laufe der
Steuerperiode in die Steuerpflicht eintritt, weiter beschränkt, als dies aus
dem Grundsatz der Besteuerung pro rata temporis folgen würde, vermag hieran
nichts zu ändern, d. h. vermöchte nicht zu rechtfertigen, Personen, die aus
dem Kanton während der Steuerperiode wegziehen, bis zu deren Ablauf weiterhin

Seite: 83
als steuerpflichtig zu erklären. Ebenso unerheblich ist nach dem bereits
erwähnten Grundsatz der absoluten Wirkung der Abgrenzung der Steuerhoheit, ob
der neue Wohnsitzkanton eine dem Rechte des bisherigen Wohnsitzkantons
entsprechende zusätzliche Vermögenssteuer kenne oder nicht, und ob er den neu
zugezogenen Pflichtigen dazu oder doch zur allgemeinen Vermögenssteuer bereits
veranlagt oder ihn in ein Veranlagungsverfahren einbezogen hat. Auch kommt
nichts darauf an, dass das Vorgehen der Steuerbehörde gegenüber dem
Beschwerdeführer der bisherigen Praxis im Kanton entspricht und dass die
betroffenen Pflichtigen sich dagegen nicht zur Wehr gesetzt haben.
Nachdem der Beschwerdeführer unbestrittenermassen am 19. Dezember 1945 nach
Genf übersiedelt ist, durfte er nach seinem Wegzug aus Basel, bzw. da die
dortige Steuerhoheit nur für die Zeit nach dem 31. Dezember 1945 bestritten
ist, für das Jahr 1946 nicht mehr als krisenopferpflichtig erklärt werden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid der Steuerverwaltung von
Basel-Stadt vom 21. Januar 1 946 aufgehoben.