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Auszug aus dem Urteil der Abteilung I
i. S. X. gegen Eidgenössische Steuerverwaltung
A-629/2010 vom 29. April 2011

Verrechnungssteuer. Geldwerte Leistung. Beweislast. Präzisierung der Rechtsprechung.

Art. 20 Abs. 1
SR 642.211 Verordnung vom 19. Dezember 1966 über die Verrechnungssteuer (Verrechnungssteuerverordnung, VStV) - Verrechnungssteuerverordnung
VStV Art. 20 - 1 Steuerbarer Ertrag von Aktien, Stammanteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaftsanteilen ist jede geldwerte Leistung der Gesellschaft oder Genossenschaft an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte oder an ihnen nahestehende Dritte, die sich nicht als Rückzahlung der im Zeitpunkt der Leistung bestehenden Anteile am einbezahlten Grund- oder Stammkapital darstellt (Dividenden, Boni, Gratisaktien, Gratis-Partizipationsscheine, Liquidationsüberschüsse und dergleichen).25
1    Steuerbarer Ertrag von Aktien, Stammanteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaftsanteilen ist jede geldwerte Leistung der Gesellschaft oder Genossenschaft an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte oder an ihnen nahestehende Dritte, die sich nicht als Rückzahlung der im Zeitpunkt der Leistung bestehenden Anteile am einbezahlten Grund- oder Stammkapital darstellt (Dividenden, Boni, Gratisaktien, Gratis-Partizipationsscheine, Liquidationsüberschüsse und dergleichen).25
2    Steuerbarer Ertrag von Partizipations-, Genuss- und Beteiligungsscheinen ist jede geldwerte Leistung an den Inhaber des Partizipations-, Genuss- oder Beteiligungsscheins; die Rückzahlung des Nennwertes von unentgeltlich ausgegebenen Partizipationsscheinen oder Beteiligungsscheinen bildet nicht Bestandteil des steuerbaren Ertrags, wenn die Gesellschaft oder die Genossenschaftsbank nachweist, dass sie die Verrechnungssteuer auf dem Nennwert bei der Ausgabe der Titel entrichtet hat.26
3    ...27
VStV.

Der Beweis für das Vorliegen der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen einer geldwerten Leistung obliegt der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) (E. 4.1). Kein negatives Tatbestandselement ist das aus dem Recht der direkten Steuern stammende Kriterium der « geschäftsmässigen Begründetheit ». Mittels dessen Nachweises kann allerdings dem Steuerpflichtigen (regelmässig) der Gegenbeweis gelingen, wenn die ESTV von einer geldwerten Leistung ausgehen durfte (E. 4.3.2.2).

Impôt anticipé. Prestation appréciable en argent. Fardeau de la preuve. Précision de la jurisprudence.

Art. 20 al. 1 OIA.

La preuve de la réalisation des différentes conditions constitutives d'une prestation appréciable en argent (consid. 4.1) incombe à l'Administration fédérale des contributions (AFC). La « justification par l'usage commercial », critère utilisé en matière d'impôt direct, n'est pas un élément constitutif négatif d'une prestation appréciable en argent. Toutefois, lorsque l'AFC estime qu'une prestation appréciable en argent est établie, le contribuable peut (normalement) apporter la preuve contraire, en démontrant cette justification (consid. 4.3.2.2).

Imposta preventiva. Prestazione valutabile in denaro. Onere della prova. Precisazione della giurisprudenza.

Art. 20 cpv. 1 OIPrev.

La prova dell'esistenza dei vari elementi costitutivi di una prestazione valutabile in denaro (consid. 4.1) incombe all'Amministrazione federale delle contribuzioni (AFC). Il criterio della prestazione « giustificata dall'uso commerciale », applicato in materia di imposte dirette, non è un elemento costitutivo negativo di una prestazione valutabile in denaro. Se l'AFC ritiene che sussista una prestazione valutabile in denaro, il contribuente può però (normalmente) addurre la controprova dimostrando l'adempimento di tale criterio (consid. 4.3.2.2).


Aus den Erwägungen:


4.

4.1 Der Bund erhebt eine Verrechnungssteuer auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens (Art. 1 Abs. 1
SR 642.21 Bundesgesetz vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (Verrechnungssteuergesetz, VStG) - Verrechnungssteuergesetz
VStG Art. 1 - 1 Der Bund erhebt eine Verrechnungssteuer auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens, auf Gewinnen aus Geldspielen im Sinne des Geldspielgesetzes vom 29. September 20175 (BGS), auf Gewinnen aus Lotterien und Geschicklichkeitsspielen zur Verkaufsförderung, die nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben d und e BGS diesem nicht unterstehen, und auf Versicherungsleistungen; wo es das Gesetz vorsieht, tritt anstelle der Steuerentrichtung die Meldung der steuerbaren Leistung.6
1    Der Bund erhebt eine Verrechnungssteuer auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens, auf Gewinnen aus Geldspielen im Sinne des Geldspielgesetzes vom 29. September 20175 (BGS), auf Gewinnen aus Lotterien und Geschicklichkeitsspielen zur Verkaufsförderung, die nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben d und e BGS diesem nicht unterstehen, und auf Versicherungsleistungen; wo es das Gesetz vorsieht, tritt anstelle der Steuerentrichtung die Meldung der steuerbaren Leistung.6
2    Die Verrechnungssteuer wird dem Empfänger der um die Steuer gekürzten Leistung nach Massgabe dieses Gesetzes vom Bund oder vom Kanton zu Lasten des Bundes zurückerstattet.
des Bundesgesetzes vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer [VStG, SR 642.21]), Gegenstand der Verrechnungssteuer sind unter anderem Erträge der von einem Inländer ausgegebenen Aktien (Art. 4 Abs. 1 Bst. b
SR 642.21 Bundesgesetz vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (Verrechnungssteuergesetz, VStG) - Verrechnungssteuergesetz
VStG Art. 4 - 1 Gegenstand der Verrechnungssteuer auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens sind die Zinsen, Renten, Gewinnanteile und sonstigen Erträge:
1    Gegenstand der Verrechnungssteuer auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens sind die Zinsen, Renten, Gewinnanteile und sonstigen Erträge:
a  der von einem Inländer ausgegebenen Obligationen, Serienschuldbriefe, Seriengülten und Schuldbuchguthaben;
b  der von einem Inländer ausgegebenen Aktien, Stammanteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaftsanteile, Beteiligungsscheine von Genossenschaftsbanken, Partizipationsscheine und Genussscheine;
c  der von einem Inländer oder von einem Ausländer in Verbindung mit einem Inländer ausgegebenen Anteile an einer kollektiven Kapitalanlage gemäss Kollektivanlagengesetz vom 23. Juni 200612 (KAG);
d  der Kundenguthaben bei inländischen Banken und Sparkassen.
2    Die Verlegung des Sitzes einer Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Genossenschaft ins Ausland steht steuerlich der Liquidation der Gesellschaft oder Genossenschaft gleich; diese Bestimmung findet auf kollektive Kapitalanlagen gemäss KAG sinngemässe Anwendung.13
VStG). Zu den steuerbaren Erträgen gehört grundsätzlich jede geldwerte Leistung der Gesellschaft an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte oder ihnen nahestehende Dritte (Art. 20 Abs. 1
SR 642.211 Verordnung vom 19. Dezember 1966 über die Verrechnungssteuer (Verrechnungssteuerverordnung, VStV) - Verrechnungssteuerverordnung
VStV Art. 20 - 1 Steuerbarer Ertrag von Aktien, Stammanteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaftsanteilen ist jede geldwerte Leistung der Gesellschaft oder Genossenschaft an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte oder an ihnen nahestehende Dritte, die sich nicht als Rückzahlung der im Zeitpunkt der Leistung bestehenden Anteile am einbezahlten Grund- oder Stammkapital darstellt (Dividenden, Boni, Gratisaktien, Gratis-Partizipationsscheine, Liquidationsüberschüsse und dergleichen).25
1    Steuerbarer Ertrag von Aktien, Stammanteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaftsanteilen ist jede geldwerte Leistung der Gesellschaft oder Genossenschaft an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte oder an ihnen nahestehende Dritte, die sich nicht als Rückzahlung der im Zeitpunkt der Leistung bestehenden Anteile am einbezahlten Grund- oder Stammkapital darstellt (Dividenden, Boni, Gratisaktien, Gratis-Partizipationsscheine, Liquidationsüberschüsse und dergleichen).25
2    Steuerbarer Ertrag von Partizipations-, Genuss- und Beteiligungsscheinen ist jede geldwerte Leistung an den Inhaber des Partizipations-, Genuss- oder Beteiligungsscheins; die Rückzahlung des Nennwertes von unentgeltlich ausgegebenen Partizipationsscheinen oder Beteiligungsscheinen bildet nicht Bestandteil des steuerbaren Ertrags, wenn die Gesellschaft oder die Genossenschaftsbank nachweist, dass sie die Verrechnungssteuer auf dem Nennwert bei der Ausgabe der Titel entrichtet hat.26
3    ...27
der Verrechnungssteuerverordnung vom 19. Dezember 1966 [VStV, SR 642.211]).

Zu den geldwerten Leistungen in diesem Sinne gehören die sogenannten verdeckten Gewinnausschüttungen, welche Folgendes voraussetzen: 1) Eine Leistung wird ohne jegliche Gegenleistung oder ohne gleichwertige Gegenleistung erbracht. 2) Die Leistung wird einem Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte direkt oder indirekt (z. B. über eine ihm nahestehende Person oder Unternehmung) zugewendet und hat ihren Rechtsgrund im Beteiligungsverhältnis. Die Leistung wäre aussenstehenden Dritten nicht oder zumindest nicht im gleichen Mass gewährt worden. Sie erscheint also insofern als ungewöhnlich. 3) Der ungewöhnliche Charakter der Leistung beziehungsweise das Missverhältnis zwischen der gewährten Leistung und der erhaltenen Gegenleistung war für die Organe der Gesellschaft erkennbar (statt vieler: Archiv für schweizerisches Abgaberecht [ASA] 68 S. 596 E. 2; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1542/2006 vom 30. Juni 2008 E. 2.1.2 f., Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1898/2009 vom 26. August 2010 E. 3.4; Entscheid der Eidgenössischen Steuerrekurskommission [SRK] vom 8. März 2004 veröffentlicht in Verwaltungspraxis der Bundesbehörden [VPB] 68.98 E. 3b, alle mit zahlreichen Hinweisen).

4.2 Nahestehende Personen sind vorab dem Aktionär verwandtschaftlich verbundene natürliche Personen oder vom gleichen Aktionär beherrschte juristische Personen. Nach der Rechtsprechung gelten auch Personen als nahestehend, zu denen der Aktionär wirtschaftliche oder persönliche Beziehungen unterhält, welche nach den gesamten Umständen als eigentlicher Grund für die Leistung an den Dritten betrachtet werden müssen (statt vieler: ASA 68 S. 596 E. 2, 3, ASA 65 S. 401 E. 2a, ASA 60 S. 558 E. 1a; Urteil des Bundesgerichts 2C_377/2009 vom 9. September 2009 E. 2.2; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1542/2006 vom 30. Juni 2008 E. 2.1.3).

Als nahestehend werden vom Bundesgericht aber auch Personen bezeichnet, denen der Aktionär erlaubt, die Gesellschaft wie eine eigene zu benützen (ASA 68 S. 596 E. 3, ASA 68 S. 746 E. 2a; Urteil des Bundesgerichts 2A.457/2002 vom 19. März 2003 E. 3.1, Urteil des Bundesgerichts 2A.79/2002 vom 27. Januar 2003 E. 1, Urteil des Bundesgerichts 2C_377/2009 vom 9. September 2009 E. 2.2 mit Hinweisen; siehe auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-4313/2007 vom 7. Mai 2009 E. 2.3). So wurde erkannt, dass auch eine Gesellschaft, zu welcher ausschliesslich ein Kundenverhältnis besteht, eine nahestehende Person sein könne. Es müsse aber ein regelrechtes Beherrschungsverhältnis bestehen, das dem Kunden erlaube, die Gesellschaft wie seine eigene zu benutzen (ASA 68 S. 596 E. 3). Diese Rechtsprechung wird kritisiert, weil dadurch auch Personen erfasst werden, die nicht im vorstehend erläuterten Sinn einem Aktionär nahestehen beziehungsweise Leistungen erfasst werden, die ohne Bezug zu Beteiligungsrechten sind und damit keinen « Ertrag aus Aktien » im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Bst. b
SR 642.21 Bundesgesetz vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (Verrechnungssteuergesetz, VStG) - Verrechnungssteuergesetz
VStG Art. 4 - 1 Gegenstand der Verrechnungssteuer auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens sind die Zinsen, Renten, Gewinnanteile und sonstigen Erträge:
1    Gegenstand der Verrechnungssteuer auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens sind die Zinsen, Renten, Gewinnanteile und sonstigen Erträge:
a  der von einem Inländer ausgegebenen Obligationen, Serienschuldbriefe, Seriengülten und Schuldbuchguthaben;
b  der von einem Inländer ausgegebenen Aktien, Stammanteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaftsanteile, Beteiligungsscheine von Genossenschaftsbanken, Partizipationsscheine und Genussscheine;
c  der von einem Inländer oder von einem Ausländer in Verbindung mit einem Inländer ausgegebenen Anteile an einer kollektiven Kapitalanlage gemäss Kollektivanlagengesetz vom 23. Juni 200612 (KAG);
d  der Kundenguthaben bei inländischen Banken und Sparkassen.
2    Die Verlegung des Sitzes einer Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Genossenschaft ins Ausland steht steuerlich der Liquidation der Gesellschaft oder Genossenschaft gleich; diese Bestimmung findet auf kollektive Kapitalanlagen gemäss KAG sinngemässe Anwendung.13
VStG darstellen (vgl. Marco Duss/Julia von Ah, in: Martin Zweifel/Peter Athanas/Maja Bauer-Balmelli [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht Bd. II/2,
Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer [VStG], Basel 2005, N. 133f. zu Art. 4; Thomas Gehrig, Der Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung an einen nahestehenden Dritten, Bern/Stuttgart/Wien 1998, S. 209ff., 221 f.).

4.3 Zum Nachweis der einzelnen Voraussetzungen einer geldwerten Leistung hat sich das Bundesgericht zudem wie folgt geäussert:

4.3.1 In Bezug auf die zweite Voraussetzung der geldwerten Leistung (E. 4.1) hat es Folgendes präzisiert: Es werde kein direkter Beweis vorausgesetzt, dass die Leistung den Aktionären oder nahestehenden Dritten zugekommen sei. Eine der Verrechnungssteuer unterliegende geldwerte Leistung könne vielmehr auch dann vorliegen, wenn sich die Annahme, die Leistung sei den Aktionären oder diesen nahestehenden Personen zugekommen, gebieterisch beziehungsweise zwingend aufdränge und eine andere Erklärung für die Vorgänge (im Zusammenhang mit der ungewöhnlichen Leistung) nicht zu finden sei (BGE 119 Ib 431 E. 3b, BGE 115 Ib 279 E. 9b; ASA 32 S. 102 E. 6, ASA 61 S. 537 E. 4; Urteil des Bundesgerichts 2C_377/2009 vom 9. September 2009 E. 3.4).

Es stellt sich die Frage, ob damit eine eigentliche Beweiserleichterung eingeführt wurde. Zunächst wird durch die Aussage, dass kein direkter Beweis verlangt werde, der Indizienbeweis zugelassen (so schon das Bundesgericht in ASA 25 S. 194 E. 2), was grundsätzlich weder das Beweismass noch die Beweislastverteilung tangiert (...). Auch in den weiteren Aussagen (etwa, dass sich der Schluss « gebieterisch » beziehungsweise « zwingend aufdrängen » müsse) kann nichts anderes als der Vollbeweis (...) erblickt werden. Beim Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit hingegen wäre die Möglichkeit, dass es sich anders verhält, nicht ganz ausgeschlossen (vgl. BGE 132 III 715 E. 3.1, BGE 130 III 321 E. 3.3), was für das Bundesgericht nicht zu genügen scheint, wenn es festhält, eine andere Erklärung dürfe nicht zu finden sein. Aus dieser Rechtsprechung ergeben sich also soweit ersichtlich keine Besonderheiten gegenüber den allgemeingültigen Regeln der Beweiswürdigung und des Beweismasses, und schon gar nicht der Beweislast (...).

4.3.2.1 Weiter befindet sich in zahlreichen Urteilen des Bundesgerichts betreffend geldwerte Leistungen folgende Passage: Die steuerpflichtige Gesellschaft habe den Nachweis des Aufwandcharakters von Leistungen zu erbringen. Diese sei nach Art. 39
SR 642.21 Bundesgesetz vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (Verrechnungssteuergesetz, VStG) - Verrechnungssteuergesetz
VStG Art. 39 - 1 Der Steuerpflichtige hat der ESTV über alle Tatsachen, die für die Steuerpflicht oder für die Steuerbemessung von Bedeutung sein können, nach bestem Wissen und Gewissen Auskunft zu erteilen; er hat insbesondere:
1    Der Steuerpflichtige hat der ESTV über alle Tatsachen, die für die Steuerpflicht oder für die Steuerbemessung von Bedeutung sein können, nach bestem Wissen und Gewissen Auskunft zu erteilen; er hat insbesondere:
a  Steuerabrechnungen, Steuererklärungen und Fragebogen vollständig und genau auszufüllen;
b  seine Geschäftsbücher ordnungsgemäss zu führen und sie, die Belege und andere Urkunden auf Verlangen beizubringen.
2    Die Bestreitung der Pflicht, die Verrechnungssteuer zu entrichten oder eine an ihre Stelle tretende Meldung zu erstatten, entbindet nicht von der Auskunftspflicht.
3    Wird die Auskunftspflicht bestritten, so trifft die ESTV eine Verfügung.94
VStG verpflichtet, der ESTV alle nötigen und zumutbaren Auskünfte zu erteilen und ihr Einblick in die Geschäftsbücher sowie weitere Belege und Urkunden zu gewähren. Es obliege mithin der steuerpflichtigen Gesellschaft zu beweisen, dass eine fragliche Leistung geschäftsmässig begründet sei. Die Steuerbehörde müsse sichergehen können, dass ausschliesslich geschäftliche Gründe - und nicht die engen persönlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Gesellschaft und Leistungsempfänger - für eine bestimmte Leistung ausschlaggebend gewesen seien. Wer Zahlungen leiste, die weder buchhalterisch erfasst noch belegt sind, habe die Folgen einer solchen Beweislosigkeit zu tragen, das heisst, seine Zahlungen würden als geldwerte Leistungen betrachtet (BGE 119 Ib 431 E. 2c; ASA 68 S. 246 E. 3b, ASA 65 S. 397 E. 2b, ASA 56 S. 436 E. 4a; Urteil des Bundesgerichts 2C_377/2009 vom 9. September 2009 E. 2.3, Urteil des Bundesgerichts 2C_502/2008 vom 18. Dezember 2008 E. 3.3, Urteil des
Bundesgerichts 2A.72/2006 vom 9. Juni 2006 E. 2.2, Urteil des Bundesgerichts 2A.342/2005 vom 9. Mai 2006 E. 2.3, Urteil des Bundesgerichts 2A.237/2000 vom 6. September 2000 E. 3c).

Diese Rechtsprechung wurde auch vom Bundesverwaltungsgericht und zuvor von der SRK aufgenommen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1898/2009 vom 26. August 2010 E. 3.6, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-4313/2007 E. 2.4, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1542/2006 vom 30. Juni 2008 E. 3.2.2, 5.3, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-5927/2007 vom 3. September 2010 E. 3.2 mit Hinweisen; Entscheid der SRK vom 8. Juni 2006 veröffentlicht in VPB 70.85 E. 2e, Entscheid der SRK vom 17. Juli 2000 veröffentlicht in VPB 66.60 E. 2a/cc, Entscheid der SRK vom 11. Juni 2004, veröffentlicht in VPB 68.163 E. 2, Entscheid der SRK 2004-009 vom 23. September 2004 E. 2c, veröffentlicht in: Steuer Revue 2005/3 S. 254f.).

4.3.2.2 Es steht jedoch fest, dass die Beweislast für das Vorliegen eines Steuerobjekts als steuerbegründende Tatsache und damit auch für das Bestehen einer geldwerten Leistung der ESTV obliegt (so auch Urteil des Bundesgerichts 2C_377/2009 vom 9. September 2009 E. 3.4; ebenso Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-5927/2007 vom 3. September 2010 E. 3.2; ferner E. 4.2.2). Diese Beweislast der ESTV gilt für alle drei Elemente einer geldwerten Leistung (vgl. soeben zitierte Urteile). Daran ändert auch nichts, dass diese teilweise negative Tatsachen betreffen (...). Folglich kann die fragliche Rechtsprechung nach Dafürhalten des Bundesverwaltungsgerichts nicht so verstanden werden, dass der Steuerpflichtige von vornherein die Beweislast dafür tragen würde, dass keine geldwerte Leistung gegeben ist. Das Bundesgericht hat denn auch nie explizit erkannt, dass mit dieser Rechtsprechung die normale Beweislastverteilung in Bezug auf steuerbegründende Tatsachen umgekehrt werden sollte. Der Steuerpflichtige muss damit nicht (von vornherein) beweisen, dass die eine oder andere Voraussetzung nicht erfüllt ist. Ebenso wenig muss er im Übrigen die « geschäftsmässige Begründetheit » beweisen (hierzu sogleich). Erst wenn die ESTV das
Vorliegen der drei Elemente der geldwerten Leistung aufzuzeigen vermochte, ist es am Steuerpflichtigen, diesen Beweis mit einem Gegenbeweis zu entkräften.

Die in den Urteilen erwähnte « geschäftsmässige Begründetheit » stammt im Übrigen aus dem Recht der direkten Steuern und ist kein - auch kein negatives - Tatbestandselement der geldwerten Leistung. Immerhin wird aber bei Vorliegen einer (nach direktsteuerlicher Umschreibung) geschäftsmässig begründeten Aufwendung auch bei der Verrechnungssteuer regelmässig keine geldwerte Leistung gegeben sein. Sollte also die ESTV die geldwerte Leistung bewiesen haben und der Steuerpflichtige den Gegenbeweis zu führen haben, wäre dieser unter anderem mit dem Beweis der (direktsteuerlichen) geschäftsmässigen Begründetheit denkbar.

Von der Beweislast abzugrenzen ist die Pflicht des Steuerpflichtigen, bei der Beweisführung durch die ESTV mitzuwirken (...). Art. 39
SR 642.21 Bundesgesetz vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (Verrechnungssteuergesetz, VStG) - Verrechnungssteuergesetz
VStG Art. 39 - 1 Der Steuerpflichtige hat der ESTV über alle Tatsachen, die für die Steuerpflicht oder für die Steuerbemessung von Bedeutung sein können, nach bestem Wissen und Gewissen Auskunft zu erteilen; er hat insbesondere:
1    Der Steuerpflichtige hat der ESTV über alle Tatsachen, die für die Steuerpflicht oder für die Steuerbemessung von Bedeutung sein können, nach bestem Wissen und Gewissen Auskunft zu erteilen; er hat insbesondere:
a  Steuerabrechnungen, Steuererklärungen und Fragebogen vollständig und genau auszufüllen;
b  seine Geschäftsbücher ordnungsgemäss zu führen und sie, die Belege und andere Urkunden auf Verlangen beizubringen.
2    Die Bestreitung der Pflicht, die Verrechnungssteuer zu entrichten oder eine an ihre Stelle tretende Meldung zu erstatten, entbindet nicht von der Auskunftspflicht.
3    Wird die Auskunftspflicht bestritten, so trifft die ESTV eine Verfügung.94
VStG ändert grundsätzlich nichts an der Beweislastverteilung. Jedoch könnte eine Verletzung der Mitwirkungspflicht mit der Folge einer Beweisnot der ESTV - je nach Ansicht - zu einer Umkehr der Beweislast führen (...).

4.3.2.3 In einigen Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts und der SRK wurde im Übrigen Folgendes ausgeführt: Sei bezüglich einer allfälligen verdeckten Gewinnausschüttung streitig, ob einer Leistung der steuerpflichtigen Gesellschaft überhaupt eine Gegenleistung des Aktionärs beziehungsweise Gesellschafters gegenüberstehe, trage nach der Grundregel zur Beweislast die Gesellschaft die Beweislast für das Vorhandensein einer solchen Gegenleistung, sei doch diese Leistung nur dann geschäftsmässig begründet und damit steuermindernd, wenn ihr eine Gegenleistung entspreche (Verweis auf Martin Zweifel, Die Sachverhaltsermittlung im Steuerveranlagungsverfahren, Zürich 1989, S. 109f., 111 f.). Nach weiteren Ausführungen gestützt auf Zweifel wird geschlossen, diese im Recht der direkten Bundessteuer entwickelten Grundsätze über die Beweislastverteilung seien auch bei der Verrechnungssteuer sinngemäss anwendbar (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1542/2006 vom 30. Juni 2008 E. 3.2.2; Entscheid der SRK vom 8. Juni 2006 veröffentlicht in VPB 70.85 E. 2e, nicht publizierter Entscheid der SRK 1998-061 vom 21. Mai 1999 E. 4a; vgl. auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-2605/2008 vom 29. April 2010 E. 2.6.2; vgl.
ferner auch Urteil des Bundesgerichts 2C_557/2010 vom 4. November 2010 E. 3.2.3).

Diesem Rückgriff auf die direktsteuerlichen Ausführungen von Zweifel (a. a.O., S. 111f.) ist jedoch Zweierlei entgegenzuhalten:

Erstens stützt sich Zweifel auf die Annahme, dass die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Gewinnsteuer für die leistende Gesellschaft eine steuermindernde Tatsache betrifft. Folglich können diese Überlegungen nicht auf die Verrechnungssteuer umgelegt werden, bei welcher es bei der Frage, ob eine geldwerte Leistung vorliegt oder nicht, klarerweise um das Steuerobjekt und damit eine steuerbegründende Tatsache geht (schon soeben E. 4.3.2.2). Das Gleiche ist für die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen der geldwerten Leistung, etwa dass die Leistung ohne Gegenleistung erbracht wurde, zu sagen.

Zweitens ist umstritten, ob bei der Gewinnsteuer die verdeckte Gewinnausschüttung in Bezug auf die leistende Gesellschaft eine steuerbegründende oder (wovon Zweifel ausgeht) eine steuermindernde Tatsache ist, und ebenso strittig ist folglich, wem dafür die Beweislast obliegt (ausführlich: Daniel Schär, Grundsätze der Beweislastverteilung im Steuerrecht, Bern 1998, S. 99f.; für steuerbegründende Tatsache und Beweislast der Steuerbehörde: Urs R. Behnisch/Andrea Opel, Die steuerrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2009, Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins 2010, S. 446ff., 477; Peter Locher, Kommentar zum DBG: Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, II. Teil, Therwil/Basel 2004, N. 169f. zu Art. 58 und N. 40 zu Art. 59 mit Hinweisen; wie Zweifel für Beweislast des Steuerpflichtigen: Peter Brülisauer/Flurin Poltera, Martin Zweifel/Peter Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht Bd. I/2a, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [DBG], Basel 2008, N. 90 zu Art. 58). In zwei neueren Urteilen erkannte das Bundesgericht etwa, die geldwerte Leistung sei bei den direkten Steuern eine steuerbegründende Tatsache, wofür die Steuerbehörde die Beweislast trage. Es sei grundsätzlich
an der Steuerbehörde, den Nachweis zu erbringen, dass einer Leistung der Gesellschaft keine oder keine angemessene Gegenleistung gegenübersteht. Gelinge ihr dies nicht, so trage sie die Folgen der Beweislosigkeit (Urteil des Bundesgerichts 2C_76/2009 vom 23. Juli 2009 E. 2.2 und Urteil des Bundesgerichts 2C_265/2009 vom 1. September 2009 E. 2.4, ebenso Urteil des Bundesgerichts vom 21. Juni 1985, veröffentlicht in: Steuer Revue 1986 S. 488 E. 8). Wollte man also auf die Rechtslage bei den direkten Steuern Rückgriff nehmen, müsste wenn schon - da bei der Verrechnungssteuer die geldwerte Leistung zweifellos eine steuerbegründende Tatsache ist - auf jene Ansicht abgestellt werden, die in der verdeckten Gewinnausschüttung auch bei der Gewinnsteuer eine steuerbegründende Tatsache sieht, und folglich der ESTV die Beweislast für eine geldwerte Leistung, und namentlich für die Voraussetzung, dass die Leistung gegenleistungslos erbracht wurde, zuweist.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 2011/45
Date : 29. April 2011
Published : 15. Januar 2014
Source : Bundesverwaltungsgericht
Status : 2011/45
Subject area : Abteilung I (Infrastruktur, Umwelt, Abgaben, Personal)
Subject : Verrechnungssteuer
Classification : Präzisierung der Rechtsprechung


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VStG: 1  4  39
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Weitere Urteile ab 2000
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