Urteilskopf

99 IV 146

30. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 1. Oktober 1973 i.S. Lustenberger gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 146

BGE 99 IV 146 S. 146

Aus den Erwägungen:
Der Beschwerdeführer macht geltend, das Obergericht habe ihn zu Unrecht wegen Verstrickungsbruchs und Vernachlässigung von Unterstützungspflichten in der Höhe der vom Betreibungsamt für die Privatklägerin Lustenberger gepfändeten und von ihm nicht abgelieferten Beträge schuldig gesprochen. Der Verstrickungsbruch werde insoweit durch die Vernachlässigung von Unterstützungspflichten konsumiert. Art. 169
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 169 - Wer eigenmächtig zum Schaden der Gläubiger über einen Vermögenswert verfügt, der
StGB schütze nämlich die Gläubigerrechte im allgemeinen, Art. 217 die Gläubigerrechte jener Personen, deren Ansprüche
BGE 99 IV 146 S. 147

auf einem familienrechtlichen Grundverhältnis beruhten. Art. 169
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 169 - Wer eigenmächtig zum Schaden der Gläubiger über einen Vermögenswert verfügt, der
müsse demnach zu Art. 217
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben.
StGB im Verhältnis von lex generalis zu lex specialis stehen, mit der Folge, dass einzig die letztere Bestimmung anzuwenden sei. Diese erfasse allein schon den Unrechts- und Schuldgehalt des inkriminierten Verhaltens nach allen Richtungen. Er sei daher vom Vorwurf des Verstrickungsbruchs insoweit freizusprechen, als er über Einkommen verfügt haben solle, das zugunsten der Privatklägerin gepfändet worden sei (Fr. 600.--). Ein Verstrickungsbruch falle ihm nur im Umfang von Fr. 178.-- zur Last, was ebenfalls zu einer Herabsetzung der Strafe führen müsse. Wie die Staatsanwaltschaft demgegenüber zutreffend feststellt, geht Art. 169
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 169 - Wer eigenmächtig zum Schaden der Gläubiger über einen Vermögenswert verfügt, der
StGB in Art. 217
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben.
StGB nicht auf. Während die letztere Bestimmung ausschliesslich Gläubiger und auch unter diesen nur bestimmte Kategorien von Gläubigern schützt, geht es bei Art. 169
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StGB Art. 169 - Wer eigenmächtig zum Schaden der Gläubiger über einen Vermögenswert verfügt, der
StGB ausser um den Schutz von Gläubigern schlechthin zusätzlich um die Wahrung der Interessen der Zwangsvollstreckung als eines Bestandteils der Rechtspflege, mit andern Worten, um den Schutz der staatlichen Autorität (BGE 75 IV 174; HAFTER, Bes. Teil S. 735; LOGOZ, N. 2 zu Art. 169
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 169 - Wer eigenmächtig zum Schaden der Gläubiger über einen Vermögenswert verfügt, der
StGB; STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Bes. Teil I, S. 288; THORMANN/v. OVERBECK, N. 1 der Vorbemerkungen zu den Art. 163
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 163 - 1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen zum Scheine vermindert, namentlich
1    Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen zum Scheine vermindert, namentlich
2    Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Gläubiger eine solche Handlung vornimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
-172
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 172
StGB). Decken sich aber die beiden Tatbestände hinsichtlich des von ihnen geschützten Rechtsgutes nicht, dann würde mit der ausschliesslich nach Art. 217
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StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben.
StGB erfolgenden Bestrafung des Beschwerdeführers dessen Ungehorsam gegen den Amtsakt einer behördlichen Beschlagnahme nicht abgegolten. Die konkurrierende Anwendung beider Bestimmungen durch die Vorinstanz war somit auch in dem Masse begründet, als die Lohnpfändung zugunsten von Unterhaltsberechtigten im Sinne des Art. 217
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StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben.
StGB angeordnet worden war.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 99 IV 146
Datum : 01. Oktober 1973
Publiziert : 31. Dezember 1974
Quelle : Bundesgericht
Status : 99 IV 146
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Art. 169, 217 StGB. Verhältnis dieser Bestimmungen zueinander.


Gesetzesregister
StGB: 163 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 163 - 1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen zum Scheine vermindert, namentlich
1    Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen zum Scheine vermindert, namentlich
2    Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Gläubiger eine solche Handlung vornimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
169 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 169 - Wer eigenmächtig zum Schaden der Gläubiger über einen Vermögenswert verfügt, der
172 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 172
217
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben.
BGE Register
75-IV-174 • 99-IV-146
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
verstrickungsbruch • geschütztes rechtsgut • vorinstanz • bestandteil • mass • kategorie • kassationshof • zwangsvollstreckung • verhalten • betreibungsamt