99 II 359
50. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 8. November 1973 i.S. Frei gegen Frei
Regeste (de):
- Vereinbarung über die Nebenfolgen der Scheidung; Art. 158 Ziff. 5 ZGB.
- 1. Eine Scheidungskonvention, in welcher Grundeigentum übertragen wird, bedarf nicht der öffentlichen Beurkundung (Erw. 3a).
- 2. Eine Scheidungskonvention kann auch vor der richterlichen Genehmigung nicht einseitig widerrufen werden (Erw. 3b).
- 3. Voraussetzungen, unter denen einer Vereinbarung über die rein vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung die Genehmigung zu versagen ist (Erw. 3c).
Regeste (fr):
- Convention sur les effets accessoires du divorce; art. 158 ch. 5 CC.
- 1. Une convention, relative aux effets accessoires du divorce, comprenant un transfert de la propriété du sol, n'a pas besoin d'être établie par acte notarié (consid. 3a).
- 2. Une convention sur les effets accessoires du divorce ne peut être révoquée unilatéralement même avant la ratification judiciaire (consid. 3b).
- 3. Conditions auxquelles il y a lieu de refuser la ratification d'une convention portant sur les suites purement pécuniaires du divorce (consid. 3c).
Regesto (it):
- Convenzione sulle conseguenze accessorie del divorzio; art. 158 num. 5 CC.
- 1. Una convenzione sulle conseguenze accessorie del divorzio, nella quale è disposto il trasferimento di proprietà fondiaria, non necessita di documentazione notarile (consid. 3a).
- 2. La convenzione sulle consequenze accessorie del divorzio non può essere revocata unilateralmente, neppure prima dell'approvazione giudiziaria (consid. 3b).
- 3. Motivi per i quali ad una convenzione su conseguenze meramente patrimoniali del divorzio deve negarsi l'approvazione (consid. 3c).
Sachverhalt ab Seite 359
BGE 99 II 359 S. 359
Aus dem Tatbestand:
Am 27. Juni 1970 reichte Margrith Frei beim Amtsgericht Sursee Scheidungsklage ein. Der Beklagte Ernst Frei verlangte widerklageweise ebenfalls die Scheidung. Am 25. November 1970 schlossen die Parteien eine Vereinbarung, die sie als "Teilvergleich betreffend die güterrechtliche Auseinandersetzung" bezeichneten. In dieser Vereinbarung verpflichtete sich der Beklagte insbesondere, der Klägerin die Liegenschaft Schlottermilch in Sursee - ein Einfamilienhaus mit Fabrikationshalle - zu Eigentum zu übertragen. Am 1. Dezember 1971 liess der Beklagte dem Amtsgericht
BGE 99 II 359 S. 360
Sursee mitteilen, er widerrufe seine Zustimmung zum güterrechtlichen Teilvergleich, weil sich die tatsächlichen Verhältnisse grundlegend geändert hätten. Die Firma Stöckli AG, von welcher er bisher seine Produkte bezogen habe, habe ihm die Weiterlieferung gekündigt, so dass er eine neue Fabrikationsstätte benötige. Er sehe sich bei dieser Situation gezwungen, die Fabrikationsräume in seiner Liegenschaft Schlottermilch wieder zu beanspruchen. Die Klägerin widersetzte sich diesem Ansinnen und hielt an der Vereinbarung fest. Mit Urteil vom 16. Dezember 1971 schied das Amtsgericht Sursee die Ehe der Parteien und genehmigte den Teilvergleich vom 25. November 1970. Dieses Urteil wurde vom Obergericht des Kantons Luzern am 17. Mai 1973 bestätigt. Mit der vorliegenden Berufung ans Bundesgericht beantragt der Beklagte unter anderem, der Teilvergleich sei nicht zu genehmigen.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. Der Beklagte ist der Meinung, er habe den Teilvergleich über die güterrechtliche Auseinandersetzung deswegen frei widerrufen können, weil die Vereinbarung weder öffentlich beurkundet noch gerichtlich genehmigt gewesen sei. Er will damit offenbar geltend machen, eine Scheidungskonvention, die die Übertragung von Grundeigentum zum Gegenstand habe, sei vor der gerichtlichen Genehmigung ohne öffentliche Beurkundung für die Parteien unverbindlich. a) Nach Art. 657 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 657 - 1 Der Vertrag auf Eigentumsübertragung bedarf zu seiner Verbindlichkeit der öffentlichen Beurkundung. |
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1 | Der Vertrag auf Eigentumsübertragung bedarf zu seiner Verbindlichkeit der öffentlichen Beurkundung. |
2 | Die Verfügung von Todes wegen und der Ehevertrag bedürfen der im Erbrecht und im ehelichen Güterrecht vorgeschriebenen Formen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 657 - 1 Der Vertrag auf Eigentumsübertragung bedarf zu seiner Verbindlichkeit der öffentlichen Beurkundung. |
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1 | Der Vertrag auf Eigentumsübertragung bedarf zu seiner Verbindlichkeit der öffentlichen Beurkundung. |
2 | Die Verfügung von Todes wegen und der Ehevertrag bedürfen der im Erbrecht und im ehelichen Güterrecht vorgeschriebenen Formen. |
BGE 99 II 359 S. 361
1943, S. 43). Dem gerichtlichen Vergleich, mit dem die Scheidungskonvention in verschiedener Hinsicht verwandt ist, der aber vom Richter inhaltlich nicht überprüft wird, spricht die herrschende Lehre sogenannt formersetzende Wirkung zu (ZR 1945 Nr. 111; MEIER-HAYOZ, N. 53 zu Art. 657
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 657 - 1 Der Vertrag auf Eigentumsübertragung bedarf zu seiner Verbindlichkeit der öffentlichen Beurkundung. |
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1 | Der Vertrag auf Eigentumsübertragung bedarf zu seiner Verbindlichkeit der öffentlichen Beurkundung. |
2 | Die Verfügung von Todes wegen und der Ehevertrag bedürfen der im Erbrecht und im ehelichen Güterrecht vorgeschriebenen Formen. |
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 152 Recht auf Beweis - 1 Jede Partei hat das Recht, dass das Gericht die von ihr form- und fristgerecht angebotenen tauglichen Beweismittel abnimmt. |
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1 | Jede Partei hat das Recht, dass das Gericht die von ihr form- und fristgerecht angebotenen tauglichen Beweismittel abnimmt. |
2 | Rechtswidrig beschaffte Beweismittel werden nur berücksichtigt, wenn das Interesse an der Wahrheitsfindung überwiegt. |
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 397 Fristen - 1 Das Revisionsgesuch ist innert 90 Tagen seit Entdeckung des Revisionsgrundes einzureichen. |
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1 | Das Revisionsgesuch ist innert 90 Tagen seit Entdeckung des Revisionsgrundes einzureichen. |
2 | Nach Ablauf von zehn Jahren seit Eintritt der Rechtskraft des Schiedsspruches kann die Revision nicht mehr verlangt werden, ausser im Fall von Artikel 396 Absatz 1 Buchstabe b. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 963 - 1 Die Eintragungen erfolgen auf Grund einer schriftlichen Erklärung des Eigentümers des Grundstückes, auf das sich die Verfügung bezieht. |
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1 | Die Eintragungen erfolgen auf Grund einer schriftlichen Erklärung des Eigentümers des Grundstückes, auf das sich die Verfügung bezieht. |
2 | Keiner Erklärung des Eigentümers bedarf es, wenn der Erwerber sich auf eine Gesetzesvorschrift, auf ein rechtskräftiges Urteil oder eine dem Urteil gleichwertige Urkunde zu berufen vermag. |
3 | Die mit der öffentlichen Beurkundung beauftragten Beamten können durch die Kantone angewiesen werden, die von ihnen beurkundeten Geschäfte zur Eintragung anzumelden. |
BGE 99 II 359 S. 362
Teilvergleich vor dem 1. Juli 1971 richterlich genehmigt und der Eigentumsübergang im Grundbuch eingetragen werde; statt dessen habe sich der Streit bis Ende November 1971 auf weitere Gebiete ausgedehnt und die Belastung des Grundstücks habe sich geändert, so dass der von den Parteien der Vereinbarung zugrundegelegte Sachverhalt weggefallen sei. Das Obergericht hat jedoch das Vorliegen eines Willensmangels mit guten Gründen verneint, und der Beklagte legt nicht dar, inwiefern es dadurch Bundesrecht verletzt habe (Art. 55 Abs. 1 lit. c
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 963 - 1 Die Eintragungen erfolgen auf Grund einer schriftlichen Erklärung des Eigentümers des Grundstückes, auf das sich die Verfügung bezieht. |
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1 | Die Eintragungen erfolgen auf Grund einer schriftlichen Erklärung des Eigentümers des Grundstückes, auf das sich die Verfügung bezieht. |
2 | Keiner Erklärung des Eigentümers bedarf es, wenn der Erwerber sich auf eine Gesetzesvorschrift, auf ein rechtskräftiges Urteil oder eine dem Urteil gleichwertige Urkunde zu berufen vermag. |
3 | Die mit der öffentlichen Beurkundung beauftragten Beamten können durch die Kantone angewiesen werden, die von ihnen beurkundeten Geschäfte zur Eintragung anzumelden. |
BGE 99 II 359 S. 363
in der Liegenschaft Schlottermilch angewiesen sein würde. Wenn er trotz dieses Risikos auf die Liegenschaft verzichtete, so kann er heute nicht geltend machen, die Vereinbarung dürfe wegen wesentlicher Veränderung der Verhältnisse nicht genehmigt werden. Andere Gründe, die zu einer Nichtgenehmigung der Konvention Anlass geben könnten, ruft der Beklagte nicht an. Er macht insbesondere nicht geltend, die im Teilvergleich getroffene Lösung weiche in einer durch Billigkeitserwägungen nicht zu rechtfertigenden Weise von der gesetzlichen Regelung ab. Die Berufung ist daher auch in diesem Punkt abzuweisen.