Urteilskopf

98 Ia 340

55. Auszug aus dem Urteil vom 27. September 1972 i.S. X. gegen Obergericht des Kantons Luzern.
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 340

BGE 98 Ia 340 S. 340

A.- Mit Klage vom 22. August 1970 verlangte Frau X. beim Amtsgericht Y. gestützt auf Art. 137 und 142 ZGB die Ehescheidung. Hinsichtlich der Nebenfolgen beantragte sie unter anderem, die vier Kinder unter ihre elterliche Gewalt zu stellen und den Ehemann zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von Fr. 200.-- für sie selbst und von je Fr. 150.-- für die vier Kinder zu verurteilen. Ihr Ehemann beantragte die Abweisung dieser Begehren und verlangte seinerseits gestützt auf Art. 137 und 142 ZGB die Scheidung. Mit Entscheid vom 31. März 1970 war der Ehefrau vom Amtsgerichtspräsidenten Y. im Verfahren nach Art. 169 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 169 - 1 Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
1    Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
2    Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen.
. ZGB gestattet worden, einen eigenen Haushalt zu führen. Dabei waren die vier Kinder unter ihre Obhut gestellt und der Ehemann
BGE 98 Ia 340 S. 341

zur Leistung von monatlichen Unterhaltsbeiträgen von insgesamt Fr. 550.-- (Fr. 150.-- an die Ehefrau, Fr. 100.--je Kind) verhalten worden. Nachdem der Amtsgerichtspräsident diese Entscheidung im Verfahren nach Art. 145
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 169 - 1 Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
1    Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
2    Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen.
ZGB bestätigt hatte, setzte das Obergericht des Kantons Luzern die für die Dauer des Scheidungsprozesses geschuldeten Unterhaltsbeiträge am 23. März 1971 auf Rekurs des Ehemannes hin auf insgesamt Fr. 400.-- (Fr. 80.- für die Ehefrau und Fr. 80.- je Kind) fest.
B.- Mit Urteil vom 7. September 1971 hiess das Amtsgericht Y. die Klage der Ehefrau gut und sprach die Scheidung aus. Es auferlegte dem Ehemann ein Eheverbot für die Dauer eines Jahres, stellte die vier Kinder unter die elterliche Gewalt der Mutter und bezeichnete diese als schuldlos im Sinne von Art. 151
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 169 - 1 Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
1    Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
2    Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen.
und 152
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 169 - 1 Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
1    Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
2    Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen.
ZGB. Gleichzeitig verurteilte es den Beklagten, der Klägerin einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 80.- und für die vier Kinder einen solchen von je Fr. 80.- zu leisten, wobei es insoweit auf die Begründung des erwähnten obergerichtlichen Rekursentscheids vom 23. März 1971 verwies. Die Begehren der Klägerin um Zusprechung einer Genugtuung und eines Vorschlagsanteils wies das Amtsgericht jedoch ab.
C.- Die Klägerin, die - wie ihr Ehemann - im Armenrecht prozessierte, erklärte gegen dieses Urteil die Appellation. Dabei beantragte sie, die monatlichen Unterhaltsbeiträge für sie selbst auf Fr. 150.-- und jene für die vier Kinder auf je Fr. 120.-- festzusetzen. Der Beklagte erklärte die Anschlussappellation mit dem Begehren, die vom Amtsgericht zugesprochenen Unterhaltsbeiträge auf die Dauer von 8 Jahren zu beschränken. Mit Entscheid vom 11. November 1971 entzog das Obergericht der Klägerin das Armenrecht mit der Begründung, die Appellation sei aussichtslos. Gleichzeitig forderte es die Klägerin auf, innert 10 Tagen einen erhöhten Gerichtskostenvorschuss von Fr. 350.-- zu leisten.
D.- Frau X. führt gegen diesen Entscheid staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV.
E.- Das Obergericht beantragt die Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Wie das Bundesgericht aus Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV abgeleitet hat, kann eine bedürftige Partei in einem für sie nicht aussichtslosen Zivilprozess verlangen, dass der Richter für sie ohne Hinterlegung
BGE 98 Ia 340 S. 342

oder Sicherstellung von Kosten tätig wird und dass ihr ein unentgeltlicher Rechtsbeistand ernannt wird, wenn sie eines solchen zur gehörigen Wahrung ihrer Interessen bedarf. Ob ein Prozess aussichtslos ist, prüft das Bundesgericht in diesem Zusammenhang grundsätzlich frei. Als aussichtlos gelten dabei Prozessbegehren, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen hat ein Begehren nicht als aussichtslos zu gelten, wenn die Gewinnaussichten und die Verlustgefahren sich ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese (BGE 95 I 415, BGE 89 I 2 ff. und 161 mit Verweisungen). Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung dieses bundesrechtlichen Armenrechtsanspruchs. Das Bundesgericht hat demnach aufgrund der soeben dargestellten Grundsätze zu entscheiden, ob der angefochtene Entzug des Rechts zur unentgeltlichen Prozessführung im Appellationsverfahren gegen die Verfassung verstösst.
2. Das Obergericht hält das Appellationsbegehren der Beschwerdeführerin um Erhöhung der Unterhaltsbeiträge für aussichtslos. Es führt gestützt auf seinen Rekursentscheid vom 23. März 1971 aus, der Beklagte verdiene als Landwirt schätzungsweise Fr. 735.-- pro Monat oder Fr. 8800.-- im Jahr; eine Erhöhung der vom Amtsgericht zugesprochenen Unterhaltsbeiträge sei angesichts dieser "prekären Einkommensverhältnisse" nicht möglich, zumal dem Beklagten ein dem betreibungsrechtlichen Notbedarf entsprechender Teil seines Einkommens belassen werden müsse. Was die Unterhaltsbeiträge für die Beschwerdeführerin selber anbelange, so müsse sich diese wegen ihres eigenen Ehebruchs mindestens eine Kürzung gefallen lassen. Wie im folgenden näher auszuführen ist, reicht diese Begründung nicht aus, um das Begehren um Erhöhung der Unterhaltsbeiträge als aussichtslos erscheinen zu lassen. a) Unterhaltsbeiträge im Sinne von Art. 156 Abs. 2 ZGB sind unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Pflichtigen festzusetzen. Bei der Beurteilung der Einkommensverhältnisse des unterhaltspflichtigen Ehemannes stützt sich das Obergericht ausschliesslich auf Schätzungen, die es im Verfahren nach Art. 145
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 169 - 1 Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
1    Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
2    Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen.
ZGB d.h. im Rahmen vorsorglicher Massnahmen für die Dauer des Scheidungsprozesses aufgrund
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der Verhältnisse im Jahre 1970 angestellt hat. Dieses Vorgehen erscheint schon deshalb als fragwürdig, weil die Unterhaltsbeiträge nach den finanziellen Verhältnissen im Zeitpunkt der Ehescheidung bemessen werden müssen und weder im Scheidungsurteil des Amtsgerichts vom 7. September 1971 noch im angefochtenen Entscheid Ausführungen darüber enthalten sind, ob sich die Einkommensverhältnisse des beklagten Ehemanns seit 1970, d.h. seit Durchführung der Verfahren nach Art. 169 ff
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ZGB Art. 169 - 1 Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
1    Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
2    Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen.
. bzw. 145 ZGB verändert haben. Hinzu kommt, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen möglichst genau anhand schlüssiger Unterlagen ermittelt werden muss und nur insoweit auf Schätzungen abgestellt werden soll, als keine andere Möglichkeit besteht, um die massgebenden Einkommensverhältnisse zuverlässig festzustellen. In diesem Zusammenhang lässt sich aufgrund der Akten durchaus die Auffassung vertreten, die tatsächlichen Verhältnisse seien noch nicht hinreichend abgeklärt. So erscheint insbesondere die Zusammenstellung im erwähnten Rekursentscheid vom 23. März 1971 als unvollständig, da offenbar noch nicht ermittelt wurde, - wie sich die teilweise Selbstversorgung aus dem Landwirtschaftsbetrieb einkommensmässig auswirkt, - für welche Schulden der Beklagte Zinsen im Betrage von jährlich Fr. 2000.-- zu entrichten haben soll, - ob die Erfüllung der Schleissverpflichtung den Beklagten tatsächlich mit Fr. 1000.-- belastet. Mit Rücksicht darauf steht nicht zum vorneherein fest, dass bei der Festsetzung der Unterhaltsbeiträge im Sinne von Art. 156 Abs. 2 ZGB ohne weiteres von einem Jahreseinkommen von Fr. 8800.-- ausgegangen werden darf. Die Appellation der Beschwerdeführerin kann mithin bereits aus diesem Grunde nicht als aussichtslos bezeichnet werden. b) Selbst wenn eine sorgfältige Abklärung der finanziellen Verhältnisse des Beklagten kein wesentlich anderes Ergebnis zeitigen sollte, fiele indessen eine Erhöhung der Unterhaltsbeiträge nicht von vorneherein ausser Betracht, denn dass dem nach Art. 156 Abs. 2 ZGB unterhaltspflichtigen Ehegatten unter allen Umständen ein dem betreibungsrechtlichen Notbedarf entsprechender Anteil seines Einkommens erhalten bleiben muss, ist entgegen der Auffassung des Obergerichts keineswegs klares Recht. Wie ein Teil der Lehre annimmt, sind
BGE 98 Ia 340 S. 344

vielmehr Fälle denkbar, in denen auch der Ehemann einen Abstrich am Lebensnotwendigen zu dulden hat (vgl. LEMP, N. 21 und 26 zu Art. 160
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 160 - 1 Jeder Ehegatte behält seinen Namen.
1    Jeder Ehegatte behält seinen Namen.
2    Die Verlobten können aber gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass sie einen ihrer Ledignamen als gemeinsamen Familiennamen tragen wollen.221
3    Behalten die Verlobten ihren Namen, so bestimmen sie, welchen ihrer Ledignamen ihre Kinder tragen sollen. In begründeten Fällen kann die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte die Verlobten von dieser Pflicht befreien.222
ZGB; HINDERLING, Das schweizerische Ehescheidungsrecht, 3. Aufl., S. 162 oben; vgl. im übrigen auch die Urteile 89 III 66, 84 III 31 und 71 III 177 zu Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
4    Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205
SchKG, wonach Alimentenschulden Drittgläubigern gegenüber unter Umständen notbedarfserhöhend wirken). Dass im Falle einer Erhöhung der Unterhaltsbeiträge gegebenenfalls in den betreibungsrechtlichen Notbedarf des Beklagten eingegriffen werden müsste, genügt demnach nicht, um die entsprechenden Begehren der Beschwerdeführerin zum vorneherein als aussichtslos erscheinen zu lassen. c) Das Amtsgericht hat die Beschwerdeführerin im Scheidungsurteil vom 7. September 1971 als schuldlosen Ehegatten im Sinne von Art. 151
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 169 - 1 Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
1    Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
2    Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen.
und 152
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 169 - 1 Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
1    Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
2    Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen.
ZGB bezeichnet und ihr gestützt auf diese Vorschriften persönliche Unterhaltsbeiträgevon monatlich Fr. 80.- zugesprochen. Es hat erkannt, die einmalige Verfehlung der Beschwerdeführerin sei für die Zerrüttung weder kausal gewesen, noch könne sie im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung als schwer gelten. Trifft dies zu, so besteht - entgegen der Auffassung des Obergerichts - keine Veranlassung, den Unterhaltsanspruch der Beschwerdeführerin zu verkürzen (vgl. BGE 95 II 289, BGE 93 II 287). Was die Bedürftigkeitsrente im Sinne von Art. 152
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 169 - 1 Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
1    Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
2    Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen.
ZGB anbelangt, so ist im übrigen darauf hinzuweisen, dass eine solche nach der neuesten Rechtsprechung selbst dann vollumfänglich zugesprochen werden könnte, wenn das Verhalten der Beschwerdeführerin bei der Zerrüttung eine gewisse, wenn auch untergeordnete Rolle gespielt hätte und ihr deshalb in diesem Zusammenhang ein leichtes Verschulden zur Last zu legen wäre (vgl. BGE 98 II 9 ff.). d) Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Begehren um Erhöhung der Unterhaltsbeiträge entgegen der Ansicht des Obergerichts nicht als aussichtslos bezeichnet werden können. Die Beschwerdeführerin hat deshalb auch im Appellationsverfahren Anspruch auf die unentgeltliche Rechtspflege.
3. ...

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der angefochtene Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern vom 11. November 1971 aufgehoben.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 98 IA 340
Date : 27. September 1972
Published : 31. Dezember 1972
Source : Bundesgericht
Status : 98 IA 340
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : Art. 4 BV; unentgeltliche Rechtspflege im Scheidungsprozess. Ein im kantonalen Rechtsmittelverfahren gestelltes Begehren


Legislation register
BV: 4
SchKG: 93
ZGB: 137  142  145  151  152  156  160  169
BGE-register
71-III-174 • 84-III-29 • 89-I-1 • 89-III-65 • 93-II-287 • 95-I-414 • 95-II-289 • 98-IA-340 • 98-II-9
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