Urteilskopf

95 IV 97

24. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 13. Juni 1969 i.S. Meili gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 97

BGE 95 IV 97 S. 97

A.- Meili führte am 7. Mai 1968 um 0.55 Uhr mit einer Alkoholkonzentration von mindestens 2,5 Gewichtspromille im Blute einen Personenwagen über den Bürkliplatz in Zürich. Auf dem Fussgängerstreifen des westlichen Brückenkopfes der Quaibrücke fuhr er die beiden Fussgänger Glass und Alberti an, welche die Fahrbahn von links nach rechts überquerten. Meili nahm den Zusammenstoss nicht wahr und hielt nicht an. Die Fussgänger erlitten Quetschungen, Glass zudem eine Rissquetschwunde am Kopf.
BGE 95 IV 97 S. 98

B.- Das Bezirksgericht Zürich verurteilte Meili am 27. September 1968 wegen Fahrens in angetrunkenem Zustande (Art. 91 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer:
SVG), grober Verletzung des Vortrittsrechtes der Fussgänger (Art. 33 Abs. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 33 - 1 Den Fussgängern ist das Überqueren der Fahrbahn in angemessener Weise zu ermöglichen.113
, 90 Ziff. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 90 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
SVG) und pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall (Art. 92 Abs. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 92 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer bei einem Unfall die Pflichten verletzt, die ihm dieses Gesetz auferlegt.
SVG) zu drei Monaten Gefängnis. Die Strafanträge wegen fahrlässiger Körperverletzung hatten die beiden Fussgänger zurückgezogen. Der bedingte Strafvollzug wurde dem Verurteilten nicht gewährt.
Auf Berufung von Meili hob das Obergericht des Kantons Zürich am 23. Januar 1969 die Bestrafung wegen pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall auf, mit der Begründung, es fehle an einem strafrechtlich genügenden Beweis für die Wahrnehmung des Zusammenstosses durch den Angeklagten. In den übrigen Anklagepunkten bestätigte das Obergericht das erstinstanzliche Urteil und hielt die dreimonatige Gefängnisstrafe unter Verweigerung des bedingten Vollzuges aufrecht.
C.- Meili führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Herabsetzung der Strafe und zur Gewährung des bedingten Vollzuges an die Vorinstanz zurückzuweisen. - Der Kassationshof weist die Beschwerde ab.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Der Beschwerdeführer rügt, das Obergericht des Kantons Zürich lasse das Verschulden des betrunkenen Fahrzeugführers linear und schematisch mit zunehmender Alkoholisierung ansteigen, während doch Trunkenheit gleichzeitig die Zurechnungsfähigkeit herabsetze. Damit will der Beschwerdeführer Art. 11
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
2    Pflichtwidrig untätig bleibt, wer die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtstellung dazu verpflichtet ist, namentlich auf Grund:
a  des Gesetzes;
b  eines Vertrages;
c  einer freiwillig eingegangenen Gefahrengemeinschaft; oder
d  der Schaffung einer Gefahr.
3    Wer pflichtwidrig untätig bleibt, ist gestützt auf den entsprechenden Tatbestand nur dann strafbar, wenn ihm nach den Umständen der Tat derselbe Vorwurf gemacht werden kann, wie wenn er die Tat durch ein aktives Tun begangen hätte.
4    Das Gericht kann die Strafe mildern.
StGB auf den Tatbestand des Art. 91 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer:
SVG zur Anwendung bringen. Das ist verfehlt. Unbestreitbar ist die Angetrunkenheit geeignet, die Zurechnungsfähigkeit des Täters im Sinne von Art. 11
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
2    Pflichtwidrig untätig bleibt, wer die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtstellung dazu verpflichtet ist, namentlich auf Grund:
a  des Gesetzes;
b  eines Vertrages;
c  einer freiwillig eingegangenen Gefahrengemeinschaft; oder
d  der Schaffung einer Gefahr.
3    Wer pflichtwidrig untätig bleibt, ist gestützt auf den entsprechenden Tatbestand nur dann strafbar, wenn ihm nach den Umständen der Tat derselbe Vorwurf gemacht werden kann, wie wenn er die Tat durch ein aktives Tun begangen hätte.
4    Das Gericht kann die Strafe mildern.
StGB zu vermindern, indem sie das Bewusstsein beeinträchtigt und damit die Einsicht in die dadurch bewirkte Verkehrsgefährdung herabsetzt. Allein wenn das Gesetz die Angetrunkenheit um dieser Gefährdung willen unter Strafe stellt, so kann nicht die gleichzeitig mit ihr verbundene Verminderung der Zurechnungsfähigkeit die strafrechtliche Verantwortlichkeit herabsetzen. Durch die Strafmilderung würde sich Art. 91 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer:
SVG um so mehr erübrigen, je mehr sein Tatbestand zuträfe; mit steigender Angetrunkenheit nähme

BGE 95 IV 97 S. 99

die Strafe ab statt zu, wie es nach dem Sinn der Bestimmung unzweifelhaft der Fall sein soll (vgl. SCHULTZ, Die Strafbestimmungen des BG über den Strassenverkehr, S. 188).
3. Bundesrecht hat die Vorinstanz auch nicht insofern verletzt, als sie die Strafe, welche das Bezirksgericht auf drei Monate Gefängnis bemessen hatte, nach Wegfall des Tatbestandes der Führerflucht nicht verringerte (vgl. BGE 80 IV 158 E. 8). Sie sah - wie sie im angefochtenen Entscheid ausdrücklich erklärt - deswegen davon ab, weil die Zurechnungsfähigkeit bei der Führerflucht erheblich herabgesetzt gewesen wäre und das weit überwiegende Verschulden ohnehin im Fahren in angetrunkenem Zustande liegt.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 95 IV 97
Datum : 13. Juni 1969
Publiziert : 31. Dezember 1970
Quelle : Bundesgericht
Status : 95 IV 97
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Art. 91 Abs. 1 SVG, Art. 11 StGB. Die mit der Angetrunkenheit verbundene Verminderung der Zurechnungsfähigkeit setzt die


Gesetzesregister
SVG: 33 
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 33 - 1 Den Fussgängern ist das Überqueren der Fahrbahn in angemessener Weise zu ermöglichen.113
90 
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 90 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
91 
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer:
92
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 92 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer bei einem Unfall die Pflichten verletzt, die ihm dieses Gesetz auferlegt.
StGB: 11
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
2    Pflichtwidrig untätig bleibt, wer die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtstellung dazu verpflichtet ist, namentlich auf Grund:
a  des Gesetzes;
b  eines Vertrages;
c  einer freiwillig eingegangenen Gefahrengemeinschaft; oder
d  der Schaffung einer Gefahr.
3    Wer pflichtwidrig untätig bleibt, ist gestützt auf den entsprechenden Tatbestand nur dann strafbar, wenn ihm nach den Umständen der Tat derselbe Vorwurf gemacht werden kann, wie wenn er die Tat durch ein aktives Tun begangen hätte.
4    Das Gericht kann die Strafe mildern.
BGE Register
80-IV-156 • 95-IV-97
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
vorinstanz • fahren in angetrunkenem zustand • monat • wille • kassationshof • pflichtwidriges verhalten bei unfall • verurteilter • sachverhalt • trunkenheit • entscheid • strassenverkehrsgesetz • begründung des entscheids • strasse • ermässigung • kantonales rechtsmittel • weiler • uhr • bedingter strafvollzug