95 I 184
28. Auszug aus dem Urteil vom 31. Januar 1969 i.S. Studer und Thommen & Co. gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft.
Regeste (de):
- Einspruch gegen Liegenschaftsverkauf: Fall einer Kollektivgesellschaft, welche ein landwirtschaftliches Heimwesen kauft, nachdem ein Gesellschafter, der sie beherrscht, bereits ein anderes solches Heimwesen für sich erworben hat.
- 1. Art. 19 Abs. 1 lit. a
EGG: Es liegt nicht offensichtlich Güteraufkauf vor, wenn die Gesellschaft vertretbare geschäftliche Gründe für den Kauf anführen kann (Erw. 3).
- 2. Art. 19 Abs. 1 lit. b
EGG:
- - Darunter kann auch ein von einer juristischen Person oder Kollektivgesellschaft abgeschlossener Zukauf fallen (Erw. 4).
- - Als wichtige Gründe, welche den Kaufvertrag rechtfertigen, kommen auch die persönlichen Verhältnisse des Verkäufers in Betracht (Erw. 5 und 6).
Regeste (fr):
- Opposition à la vente d'un bien-fonds: Cas d'une société en nom collectif qui achète un domaine agricole après qu'un des associés, qui la domine, a déjà acquis pour lui un autre domaine.
- 1. Art. 19 al. 1 litt. a LPR: il n'y a pas dessein évident d'accaparement lorsque la société peut faire valoir des arguments soutenables d'ordre commercial en faveur de l'achat (consid. 3).
- 2. Art. 19 al. 1 litt. b LPR:
- - cette disposition s'applique au nouvel achat effectué par une personne morale ou une société en nom collectif (consid. 4);
- - la situation personnelle du vendeur peut aussi constituer un juste motif commandant l'opération (consid. 5 et 6).
Regesto (it):
- Opposizione alla vendita di beni immobili: Caso di una società in nome collettivo che acquista un podere agricolo dopo che un socio, che la domina, ha già comperato per sè un altro simile podere.
- 1. Art. 19 cpv. 1 lett. a LPF: Non c'è intenzione evidente di accaparramento quando la società può addurre argomenti commerciali sostenibili in favore dell'acquisto (consid. 3).
- 2. Art. 19 cpv. 1 lett. b LPF:
- - Cade in questa disposizione anche la nuova compera effettuata da una persona morale o da una società in nome collettivo (consid. 4);
- - La situazione personale del venditore può egualmente costituire un grave motivo giustificante l'alienazione (consid. 5 e 6).
Sachverhalt ab Seite 185
BGE 95 I 184 S. 185
A.- Max Studerli-Bitter, geb. 1901, dipl. Bücherexperte und bis 1961 Bundesbeamter, kaufte im Jahre 1951 den Liegenschaftskomplex Bad Maisprach (Basel-Landschaft), zu dem das Badhotel (Gebäude Nr. 88), ein Wohn- und Ökonomiegebäude (Nr. 89, "Dépendance" genannt) und gegen 15 ha land- und forstwirtschaftliche Grundstücke gehörten. Gestützt auf den damals noch geltenden BRB vom 19. Januar 1940/7. November 1941 über Massnahmen gegen die Bodenspekulation und die Überschuldung sowie zum Schutze der Pächter genehmigte die Direktion des Inneren des Kantons Basel-Landschaft den Verkauf ausnahmsweise, mit der Auflage, dass der Käufer das ganze Hofgut vom Jahre 1954 an, nach Ablauf des bestehenden Pachtvertrages, selbst zu bewirtschaften habe. Im Jahre 1954 verkaufte Max Studer das Kurhaus mit wenig Umschwung. Sein Gesuch um Bewilligung des Verkaufs der landwirtschaftlichen Grundstücke vor Ablauf der zehnjährigen Sperrfrist (Art. 218

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 218 - Für die Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken gilt zudem das Bundesgesetz vom 4. Oktober 199184 über das bäuerliche Bodenrecht. |
BGE 95 I 184 S. 186
Der Seniorchef dieser Firma, Gustav Thommen, der mit 70% am Gesellschaftsvermögen beteiligt ist, besitzt bereits den Bauernhof "Untergrath" in Dürrenroth (Bern) im Halte von 10,8 ha, den er um das Jahr 1958 gekauft hatte. Er verbringt dort das Wochenende; den Landwirtschaftsbetrieb hat er einem Bauern verpachtet.
B.- Die Landwirtschaftsdirektion des Kantons Basel-Landschaft erhob gestützt auf Art. 19 Abs. 1 lit. a und b BG über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes vom 12. Juni 1951 (EGG) Einspruch gegen den Kaufvertrag vom 30. März 1968, weil sie annahm, es liege ein Güteraufkauf vor. Auf Beschwerde der Vertragsparteien hin bestätigte der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft den Einspruch mit Entscheid vom 27. August 1968. Er führte aus, zwar trete die Kollektivgesellschaft Thommen & Co. als Käuferin auf, doch werde sie lediglich vorgeschoben; Käufer sei in Wirklichkeit Gustav Thommen, der die Gesellschaft beherrsche; da er bereits Eigentümer eines Hofes in Dürrenroth sei, habe man es mit Güteraufkauf zu tun. Selbst wenn wichtige Gründe auf Seiten des Verkäufers Max Studer einen Verkauf seines Grundbesitzes unter Umständen zu rechtfertigen vermöchten, dürfe dieser doch nicht an einen Güteraufkäufer veräussert werden.
C.- Max Studer und die Firma Thommen & Co. erheben in getrennten Eingaben Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Regierungsrates sei aufzuheben und der Einspruch für unbegründet zu erklären. a) Max Studer macht geltend, seine Besitzung sei nicht ein landwirtschaftliches Heimwesen im Sinne des Art. 19

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BGE 95 I 184 S. 187
Gründe zum Erwerb der Grundstücke in Maisprach. Diese lägen nahe bei ihrem Betrieb in Kaiseraugst und dienten ihr daher nicht nur als Kapitalanlage, sondern besonders auch als Landreserve, die ihr ermöglichen werde, Boden in Kaiseraugst, den sie für ihren Betrieb benötige, von Landwirten gegen Realersatz zu erwerben. Zudem beabsichtige sie, in dem Wohngebäude Wohnungen und Zimmer für eigene Arbeiter einzurichten. Es sei merkwürdig, dass ihr die kantonalen Behörden den Erwerb der streitigen Grundstücke auch für den Fall verwehren wollten, dass Gustav Thommen den Hof in Dürrenroth seinem Schwiegersohn, der nicht Teilhaber der Kollektivgesellschaft sei, verkaufen würde. Würde angenommen, dass Art. 19 Abs. 1 lit. b

D.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt, die Beschwerden seien abzuweisen, weil der Einspruch nach Art. 19 Abs. 1 lit. a

E.- Das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement beantragt Gutheissung der Beschwerden.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. (Die Besitzung Max Studers ist ein landwirtschaftliches Heimwesen im Sinne des Art. 19

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2. (Zu prüfen ist, ob der Einspruch nach Art. 19 Abs. 1 lit. a

3. Nach Art. 19 Abs. 1 lit. a

BGE 95 I 184 S. 188
Zweck des EGG, den bäuerlichen Grundbesitz zu erhalten, in ähnlicher Weise wie die Spekulation mit landwirtschaftlichen Gütern. Zwar will der Güteraufkäufer nicht unbedingt in absehbarer Zeit einen Gewinn erzielen, wie dies der Bodenspekulant beabsichtigt. Aber er möchte so viel Geld wie möglich in Grundstücken anlegen, die zu landwirtschaftlichen Heimwesen gehören, wobei er sich von der Annahme leiten lässt, eine solche Kapitalanlage biete mehr Sicherheit und sei auf lange Frist günstiger als eine andere. Nach Art. 19 Abs. 1 lit. a


BGE 95 I 184 S. 189
zusammenkauft. Im vorliegenden Fall rechtfertigen indessen die Tatsachen, dass Gustav Thommen bereits - seit zehn Jahren - Eigentümer eines Bauernhofes ist, dass er die Kollektivgesellschaft Thommen & Co. beherrscht und dass diese nun einen Kaufvertrag über ein zweites landwirtschaftliches Heimwesen abgeschlossen hat, die Annahme noch nicht, dass der genannte Gesellschafter "sicher" über seinen Bedarf hinaus möglichst viele landwirtschaftliche Güter aufkaufen will. Ein offensichtlicher Güteraufkauf ist auf jeden Fall zu verneinen, wenn die Kollektivgesellschaft vertretbare geschäftliche Gründe für den Ankauf der Besitzung in Maisprach anführen kann. Solche Gründe macht aber die Gesellschaft gerade geltend. Vor allem weist sie darauf hin, dass sie für ihren Betrieb in Kaiseraugst, der nahe bei jener Besitzung liege, weiteres Land benötige und daher den Bauern, von denen sie es erwerben würde, Realersatz müsse anbieten können. Der Regierungsrat wendet ein, diese Ausführungen erschienen als "wenig konkret und nicht zwingend". Sie sind aber jedenfalls nicht geradezu unglaubwürdig. Es ist keineswegs unwahrscheinlich, dass die Firma Thommen & Co. in absehbarer Zeit für ihren Betrieb - für die Lagerung von Baumaschinen und Baumaterialien usw. - mehr Land haben muss. Allerdings wäre es für diesen Zweck wohl nicht unbedingt nötig, eine Besitzung von 13 ha samt Wohn- und Wirtschaftsgebäude zu kaufen. Indessen muss die Firma Thommen & Co. damit rechnen, dass sie in Kaiseraugst weiteren Boden nur erhält, wenn sie dort ein ganzes landwirtschaftliches Heimwesen erwirbt und einen entsprechenden Realersatz dafür anbieten kann. Es ist auch verständlich, dass Max Studer seinerseits das Gut in Maisprach als Ganzes veräussern will. Zudem erklärt die Kollektivgesellschaft, dass sie in dem dortigen Wohngebäude eigene Arbeiter unterbringen wolle, was ebenfalls nicht ganz unwahrscheinlich ist. Erscheint es somit nicht von vorneherein als ausgeschlossen, dass die Gesellschaft aus geschäftlichen Gründen am Kauf der Besitzung in Maisprach interessiert ist, so kann nicht gesagt werden, dass ein offensichtlicher Güteraufkauf im Sinne des Gesetzes vorliegt.
4. Art. 19 Abs. 1 lit. b

BGE 95 I 184 S. 190
Gewerbes zu ermöglichen, oder er lasse sich aus anderen wichtigen Gründen rechtfertigen". Diese Bestimmung ist nach ihrem Wortlaut auf Käufer zugeschnitten, welche natürliche Personen sind, nämlich auf Landwirte, die bereits Eigentümer eines landwirtschaftlichen Heimwesens sind und dieses selbst bewirtschaften. Sie richtet sich dagegen, dass solche Bauern ihren Grundbesitz durch Zukauf über das Mass hinaus ausdehnen, das ihnen und ihrer Familie eine auskömmliche Existenz gewährleistet (BGE 93 I 685). Darin erschöpft sich jedoch der Zweck der Vorschrift nicht. Sie soll überhaupt verhindern, dass irgendein Eigentümer eines Landguts, das einer Bauernfamilie eine auskömmliche Existenz zu bieten vermag, weitere zu einem landwirtschaftlichen Heimwesen gehörende Liegenschaften hinzukauft. Sie ist daher - soweit ihr Zweck es erfordert - auch auf Käufe anwendbar, die von juristischen Personen oder von Handelsgesellschaften ohne juristische Persönlichkeit abgeschlossen werden. Sie ist denn auch vom Bundesgericht bereits in einem Urteil vom 15. Juli 1966 auf eine juristische Person (Emser Werke AG) angewandt worden (BGE 92 I 322 Erw. 4). Das Gericht hat dort ausgeführt, entscheidend sei, wieviel landwirtschaftlichen Boden die juristische Person "in volkswirtschaftlich vertretbarer Weise für die Erfüllung ihrer rechtmässigen Zwecke benötigt"; ein Kauf, für den ein diesen Anforderungen genügendes Bedürfnis bestehe, liesse sich "auf jeden Fall" durch einen wichtigen Grund im Sinne des Schlusssatzes von Art. 19 Abs. 1 lit. b


BGE 95 I 184 S. 191
Gewerbes zu ermöglichen", kommen nur "andere wichtige Gründe" in Frage.
5. Nach der Meinung des Regierungsrates müssten die wichtigen Gründe auf der Seite des Käufers gegeben sein, könnten also die persönlichen Verhältnisse des Verkäufers nicht berücksichtigt werden. Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden. Auch Art. 19 Abs. 1 lit. c

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 218 - Für die Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken gilt zudem das Bundesgesetz vom 4. Oktober 199184 über das bäuerliche Bodenrecht. |

BGE 95 I 184 S. 192
6. (Die Würdigung aller Umstände ergibt, dass wichtige Gründe auf Seiten des Verkäufers Max Studer - Alter, Gesundheitszustand, Vermögensverhältnisse - den Verkauf zu rechtfertigen vermögen.)
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerden werden gutgeheissen. Der angefochtene Entscheid wird aufgehoben und der Einspruch für unbegründet erklärt.