92 I 310
55. Urteil vom 3. Juni 1966 i.S. Lauchenauer und Soguel gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft.
Regeste (de):
- Einspruch gegen Liegenschaftskauf.
- Der Tatbestand des Art. 19 Abs. 1 lit. c
EGG ist gegeben (Erw. 1). Wichtige Gründe in der Person des Verkäufers rechtfertigen es jedoch, das landwirtschaftliche Gewerbe aufzuheben (Erw. 2).
Regeste (fr):
- Opposition à la vente d'une exploitation agricole.
- Cas où les conditions de l'art. 19 al. 1 lettre c LPR sont réalisées (consid. 1). Justes motifs dans la personne du vendeur justifiant cependant la suppression de l'exploitation (consid. 2).
Regesto (it):
- Opposizione alla vendita di un'azienda agricola.
- Caso in cui è adempiuta la fattispecie dell'art. 19 cpv. 1 lett. c LPF (consid. 1). Tuttavia, gravi motivi nella persona del venditore giustificano la soppressione dell'azienda (consid. 2).
Sachverhalt ab Seite 310
BGE 92 I 310 S. 310
A.- Der 1918 geborene Karl Soguel ist teilinvalid und bezieht als sog. Ölpatient eine Rente von der Eidg. Militärversicherung. Er erwarb im Jahre 1947 das landwirtschaftliche Heimwesen "Brunnhöfli" im Halte von 224,76 a in Seltisberg (Kt. Basel-Landschaft). Bis zum August 1961 war er als Fabrikarbeiter tätig. Seither bewirtschaftet er sein Hofgut zusammen mit 335 a hinzugepachtetem Land. Im Jahre 1964 betrug sein Bruttoeinkommen Fr. 6'110.--. das Nettoeinkommen Fr.
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3'100.--, Einem Total der Aktiven von Fr. 38'875.-- stehen nach den Erhebungen der Landwirtschaftsdirektion Passiven von Fr. 51'495.-- gegenüber. Soguel möchte seinen Landwirtschaftsbetrieb an die Aerztin Dr. Lauchenauer verkaufen, die in Basel wohnt und in Liestal ein Röntgeninstitut betreibt. Die Vertragsparteien meldeten den Vertrag, der einen Kaufpreis von Fr. 270'000.-- vorsieht, bei der Bezirksschreiberei Liestal zur Beurkundung an. Als Erwerbsmotiv nannten sie "Selbstbewirtschaftung", als Verkaufsgrund "Krankheit der Ehefrau des Verkäufers". Am 22. Juli 1965 erhob die Landwirtschaftsdirektion des Kantons Basel-Landschaft gegen diesen Verkauf Einspruch auf Grund von Art. 19 lit. a
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B.- Dr. Lauchenauer und Soguel haben innert Frist Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben und beantragen, den Entscheid des Regierungsrats und damit verbunden die Einsprache gegen den Verkauf aufzuheben. Sie machen geltend, das Heimwesen verschaffe Soguel keine ausreichende Existenz. Er sei teilinvalid, beim Melken und andern Arbeiten behindert und habe deshalb seinen Viehbestand herabsetzen müssen. Seiner Ehefrau sei die frühere Mithilfe durch ein Rückenleiden verunmöglicht. Söhne habe er keine, und die Töchter wollten nichts von der Landwirtschaft wissen; sie gingen anderen Berufen nach. Eine fremde Hilfskraft würde mehr kosten, als er aus dem Betrieb ziehe. Er sei aus allen diesen Gründen gezwungen, das Heimwesen zu verkaufen. Ein Landwirt vermöchte bei weitem nicht den
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von Dr. Lauchenauer gebotenen Kaufpreis zu zahlen; auf seine Inserate hin habe sich auch keiner gemeldet. Beim Verkauf an einen Landwirt könnte er bestenfalls die bestehende Grundpfandschuld abwälzen; er müsse aber angesichts seines Gesundheitszustandes und desjenigen seiner Frau für die Zukunft vorsorgen. Auch bei Frau Dr. Lauchenauer lägen beachtliche Gründe vor. Es gehe ihr darum, in der Nähe ihres Arbeitsortes eine Wohnung zu finden, wo sie vorläufig wenigstens über den Mittag weilen und selbst ihre notwendige Diätküche besorgen könne; vor allem vermöchte sie mit dem Kauf der Liegenschaft das Problem der Archivierung ihrer vielen Röntgenfilme auf längere Sicht und mit tragbarem Aufwand zu lösen. Im Hinblick auf ihren Gesundheitszustand und ihren gesundheitsgefährdenden Beruf suche sie in möglichst gesunder Umgebung und so zu wohnen, dass ihr eine Nebenbeschäftigung im Freien möglich sei.
C.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft und das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement beantragen, die Beschwerde abzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Liegenschaft, die Soguel an Dr. Lauchenauer verkaufen möchte, umfasst Wohn- und Wirtschaftsgebäude für den Landwirtschaftsbetrieb und 224,76 a Land. Die Beschwerdeführer bestreiten mit Recht nicht, dass dieses Gut ein landwirtschaftliches Heimwesen im Sinne des Gesetzes ist; denn Artikel 19
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Wohnen; in der Hauptsache wolle sie aber darin ihr Filmarchiv unterbringen und auf dem Land als Freizeitbeschäftigung Zwergobstbäume ziehen. Damit ist der Tatbestand von Art. 19 lit. c
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2. Art. 19 lit. c
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 4 - Wo das Gesetz das Gericht auf sein Ermessen oder auf die Würdigung der Umstände oder auf wichtige Gründe verweist, hat es seine Entscheidung nach Recht und Billigkeit zu treffen. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 4 - Wo das Gesetz das Gericht auf sein Ermessen oder auf die Würdigung der Umstände oder auf wichtige Gründe verweist, hat es seine Entscheidung nach Recht und Billigkeit zu treffen. |
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verhilft ihm der vorgesehene Verkauf des Landes an Frau Dr. Lauchenauer zum Preise von Fr. 270'000.--. Einer solchen Veräusserung steht das öffentliche Interesse an der Erhaltung des landwirtschaftlichen Betriebes gegenüber. Dieses wiegt hier jedoch nicht besonders schwer, weil das umstrittene Gut ein ausgesprochenes Kleinheimwesen von nur 2,24 ha Fläche darstellt, das dem Eigentümer, trotzdem er noch beträchtliches Pachtland mitbewirtschaften kann, eine kärgliche Existenz bietet; sein Nettoeinkommen wird in der Steuererklärung mit Fr. 3'100.-- angegeben. Werden die sich widersprechenden Interessen des Verkäufers und der Allgemeinheit abgewogen, so ergibt sich, dass die Gründe, die für die Durchbrechung der gesetzlichen Regel sprechen, überwiegen. Der Verkäufer Soguel soll nicht gezwungen werden, das Heimwesen trotz eigener Invalidität und Gebrechen seiner Ehefrau weiterzuführen und abzuwarten, ob sich ein Käufer findet, der bereit ist, die äusserst bescheidene Existenz auf dem Kleinheimwesen fortzuführen. Der Einspruch erweist sich daher als unbegründet, ohne dass die Interessen der Käuferin Dr. Lauchenauer an der Aufrechterhaltung des Vertrages zu prüfen wären.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid des Regierungsrates des Kantons Basel-Landschaft vom 25. Januar 1966 wird aufgehoben und der Einspruch für unbegründet erklärt.