Urteilskopf

94 IV 72

20. Urteil des Kassationshofes vom 7. Juni 1968 i.S. Schmied gegen Generalprokurator des Kantons Bern.
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 72

BGE 94 IV 72 S. 72

A.- Schmied fuhr am 16. Oktober 1965, etwa um 14.40 Uhr, in Bern mit einem Personenwagen "Ford Corsair" über die Kornhausbrücke aufwärts gegen den Viktoriaplatz. Die Strasse weist auf dieser Strecke zwei Tramgeleise auf. Kurz nach der Brücke, wo die Fahrbahn sich auf 13,5 m verbreitert,
BGE 94 IV 72 S. 73

befindet sich eine Tramhaltestelle mit je einer 28 m langen und 1,25 m breiten Schutzinsel in jeder Strassenhälfte. Die Insel in der rechten Hälfte überragt die andere aufwärts um etwa 8 m. Links und rechts bis zum Strassenrand bleiben je 3 m, zwischen den Inseln, wo die Tramgeleise durchführen, noch 5 m frei für die Durchfahrt. Als Schmied sich der Haltestelle näherte, hielt dort ein aus der Gegenrichtung kommender Tramzug an. Auf dem obern Ende der rechten Schutzinsel stand die 72-jährige Frau Kohli, die zum Viktoriaplatz hinaufschaute. Einige Meter vor dieser Insel holte Schmied einen mit 20-30 km/Std fahrenden Personenwagen ein, der die Insel rechts umfuhr. Schmied dagegen, der eine Geschwindigkeit von 40 km/Std innehielt, fuhr zwischen der Insel und dem haltenden Tramzug durch. Dabei stiess er mit Frau Kohli zusammen, welche die Strasse von der Insel aus nach links überqueren wollte. Die Fussgängerin wurde zu Boden geworfen und verletzt, trug aber keinen bleibenden Nachteil davon.
B.- Frau Kohli liess gegen Schmied Strafklage einreichen. Der Gerichtspräsident VI von Bern sprach Schmied von der Anschuldigung der fahrlässigen Körperverletzung frei, das Obergericht des Kantons Bern erklärte ihn dagegen am 24. Oktober 1967 dieses Vergehens schuldig und verurteilte ihn in Anwendung des Art. 125 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 125 - 1 Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe182 bestraft.
1    Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe182 bestraft.
2    Ist die Schädigung schwer, so wird der Täter von Amtes wegen verfolgt.
StGB zu einer bedingt vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 100.--. C.-Der Verurteilte führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Freisprechung.
D.- Der Generalprokurator des Kantons Bern und die Strafklägerin halten die Beschwerde für unbegründet.
Erwägungen

Der Kassationshof zieht in Erwägung:

1. Nach Art. 7 Abs. 4
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 7
VRV ist die Durchfahrt zwischen Haltestelle-Inseln gestattet, wenn keine Strassenbahn sich dort befindet oder herannaht. a) Diese Bestimmung stellt nach ihrem eigenen Hinweis auf das Gesetz eine Ausführungsvorschrift zum Gebot des Rechtsfahrens dar. Soweit sie die Durchfahrt zwischen Traminseln gestattet, enthält sie eine Ausnahme vom Gebot, weicht also von der gesetzlichen Regelung ab. Das ist gemäss Art. 57 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 57 - 1 Der Bundesrat kann ergänzende Verkehrsvorschriften erlassen und für besondere Verhältnisse Ausnahmen von den Verkehrsregeln vorsehen, namentlich für das Militär und den Zivilschutz. Er kann solche Vorschriften auch für Einbahnstrassen erlassen.133
1    Der Bundesrat kann ergänzende Verkehrsvorschriften erlassen und für besondere Verhältnisse Ausnahmen von den Verkehrsregeln vorsehen, namentlich für das Militär und den Zivilschutz. Er kann solche Vorschriften auch für Einbahnstrassen erlassen.133
2    Er bezeichnet nach Anhören der Kantone die Hauptstrassen mit Vortrittsrecht.
3    Er erlässt Bestimmungen über:
a  die Zeichengebung durch die Polizei und, im Einvernehmen mit den Kantonen, die Kennzeichnung der Verkehrspolizei;
b  die Kontrolle der Fahrzeuge und ihrer Führer an der Landesgrenze;
c  die Kontrolle der Fahrzeuge des Bundes und ihrer Führer;
d  die Verkehrsregelung durch das Militär;
e  die Tatbestandsaufnahme bei Unfällen, an denen Militärmotorfahrzeuge beteiligt sind.
4    ...134
5    Der Bundesrat kann vorschreiben, dass:
a  Insassen von Motorwagen Rückhaltevorrichtungen (Sicherheitsgurten u. dgl.) benützen;
b  Führer und Mitfahrer von motorisierten Zweirädern sowie von Leicht-, Klein- und dreirädrigen Motorfahrzeugen Schutzhelme tragen.136
SVG zulässig, wenn die Verordnungsvorschrift besondere Verhältnisse betrifft; nur dann kann der Bundesrat Ausnahmen
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von den Verkehrsregeln vorsehen. Art. 7 Abs. 4
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 7
VRV erfüllt diese Voraussetzung. Die Bestimmung regelt bloss das Verhalten des Fahrzeugführers an Haltestelle-Inseln, bezieht sich somit im Vergleich zu Art. 34 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 34 - 1 Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken.
1    Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken.
2    Auf Strassen mit Sicherheitslinien ist immer rechts dieser Linien zu fahren.
3    Der Führer, der seine Fahrrichtung ändern will, wie zum Abbiegen, Überholen, Einspuren und Wechseln des Fahrstreifens, hat auf den Gegenverkehr und auf die ihm nachfolgenden Fahrzeuge Rücksicht zu nehmen.
4    Gegenüber allen Strassenbenützern ist ausreichender Abstand zu wahren, namentlich beim Kreuzen und Überholen sowie beim Neben- und Hintereinanderfahren.
SVG auf besondere Verhältnisse. Der Bundesrat konnte sich deshalb zum Erlass der Ausnahmevorschrift für befugt erachten, ohne die ihm vom Gesetz erteilte Ermächtigung zu überschreiten. Die Vorschrift steht übrigens mit der Entstehungsgeschichte des Gesetzes, das selber keine abschliessende Regelung enthält, im Einklang. Die Frage, ob den Fahrzeugführern die Durchfahrt zwischen Traminseln zu gestatten sei, war in den Beratungen des Gesetzesentwurfes sehr umstritten. Schliesslich setzte sich die Meinung durch, dass die Durchfahrt nicht allgemein verboten werden, es grundsätzlich vielmehr beim bisherigen Rechtszustand bleiben solle (vgl. insbes. Vernehmlassungen S. 81; Prot. Exp. Kom. S. 40 und 104; Prot. Kom. NR S. 130, StR S. 68; StenBull NR 1957 S. 186, StR 1958 S. 107). Der Bundesrat trug dem Rechnung, indem er die Durchfahrt zwischen den Inseln gestattete, wenn keine Strassenbahn sich dort befindet oder herannaht. Seine Vorschrift entspricht damit denn auch der Regel, die, wenn nicht wörtlich, so doch sinngemäss schon in Art. 61 Abs. 4
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 34 - 1 Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken.
1    Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken.
2    Auf Strassen mit Sicherheitslinien ist immer rechts dieser Linien zu fahren.
3    Der Führer, der seine Fahrrichtung ändern will, wie zum Abbiegen, Überholen, Einspuren und Wechseln des Fahrstreifens, hat auf den Gegenverkehr und auf die ihm nachfolgenden Fahrzeuge Rücksicht zu nehmen.
4    Gegenüber allen Strassenbenützern ist ausreichender Abstand zu wahren, namentlich beim Kreuzen und Überholen sowie beim Neben- und Hintereinanderfahren.
MFV enthalten war. b) Art. 7 Abs. 4
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 7
VRV gestattet dem Fahrzeugführer die Durchfahrt zwischen Schutzinseln ohne Rücksicht darauf, von welcher Seite er sich der Haltestelle nähert und ob er nach der Durchfahrt geradeaus weiterfahren oder nach links abbiegen will. Die Bestimmung frägt aber auch nicht danach, aufwelchem Geleise sich die Strassenbahn befinden oder nähern müsse, damit die Durchfahrt für den Fahrzeugführer verboten sei. Nach ihrem klaren Wortlaut genügt, dass eine Strassenbahn zwischen den Inseln hält oder sich der Haltestelle nähert, die Strassenmitte also nicht frei ist. Wollte man die Bestimmung auf die jeweilige Fahrtrichtung der Strassenbahn beschränken, so wäre sie praktisch überflüssig, da sich bereits aus dem Gesetz ergibt, wie der Fahrzeugführer sich im gleichgerichteten Verkehr der Strassenbahn gegenüber zu verhalten hat. Der fahrenden Strassenbahn, die sich ihm von hinten nähert, hat er das Geleise freizugeben (Art. 38 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 38 - 1 Der Strassenbahn ist das Geleise freizugeben und der Vortritt zu lassen.
1    Der Strassenbahn ist das Geleise freizugeben und der Vortritt zu lassen.
2    Die fahrende Strassenbahn wird rechts überholt. Wenn dies nicht möglich ist, darf sie links überholt werden.
3    Die haltende Strassenbahn darf nur in langsamer Fahrt gekreuzt und überholt werden. Sie wird, wo eine Schutzinsel vorhanden ist, rechts überholt, sonst nur links.
4    Der Fahrzeugführer hat nötigenfalls nach links auszuweichen, wenn ihm am rechten Strassenrand eine Strassenbahn entgegenkommt.
SVG), sei es, dass er die Fahrt beschleunigt oder bei langsamer Fahrt sich an den rechten Strassenrand hält (Art. 34 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 34 - 1 Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken.
1    Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken.
2    Auf Strassen mit Sicherheitslinien ist immer rechts dieser Linien zu fahren.
3    Der Führer, der seine Fahrrichtung ändern will, wie zum Abbiegen, Überholen, Einspuren und Wechseln des Fahrstreifens, hat auf den Gegenverkehr und auf die ihm nachfolgenden Fahrzeuge Rücksicht zu nehmen.
4    Gegenüber allen Strassenbenützern ist ausreichender Abstand zu wahren, namentlich beim Kreuzen und Überholen sowie beim Neben- und Hintereinanderfahren.
Satz 2 SVG). Die haltende Strassenbahn sodann hat er dort, wo eine Schutzinsel vorhanden
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ist, schon gemäss Art. 38 Abs. 3
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 38 - 1 Der Strassenbahn ist das Geleise freizugeben und der Vortritt zu lassen.
1    Der Strassenbahn ist das Geleise freizugeben und der Vortritt zu lassen.
2    Die fahrende Strassenbahn wird rechts überholt. Wenn dies nicht möglich ist, darf sie links überholt werden.
3    Die haltende Strassenbahn darf nur in langsamer Fahrt gekreuzt und überholt werden. Sie wird, wo eine Schutzinsel vorhanden ist, rechts überholt, sonst nur links.
4    Der Fahrzeugführer hat nötigenfalls nach links auszuweichen, wenn ihm am rechten Strassenrand eine Strassenbahn entgegenkommt.
Satz 2 SVG rechts zu überholen. Eine Beschränkung des Art. 7 Abs. 4
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 7
VRV auf den gleichgerichteten Verkehr wäre auch sachlich nicht gerechtfertigt, ganz abgesehen davon, dass die Bestimmung diesfalls noch weiter vom Gesetz abwiche, als ihr Wortlaut es zulässt. Die Gefahr, dass Fussgänger an einer Haltestelle die Strasse überschreiten und dabei dem übrigen Verkehr in die Quere kommen, wenn dort eine Strassenbahn eintrifft, anhält oder abfährt, besteht unbekümmert darum, ob die anderen Fahrzeuge in der gleichen Richtung wie die Strassenbahn oder in der Gegenrichtung verkehren. In Art. 7 Abs. 4
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 7
VRV wird denn auch beigefügt, dass an Haltestellen auf Fussgänger besonders Rücksicht zu nehmen ist (vgl. Art. 33 Abs. 3
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 33 - 1 Den Fussgängern ist das Überqueren der Fahrbahn in angemessener Weise zu ermöglichen.112
1    Den Fussgängern ist das Überqueren der Fahrbahn in angemessener Weise zu ermöglichen.112
2    Vor Fussgängerstreifen hat der Fahrzeugführer besonders vorsichtig zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, um den Fussgängern den Vortritt zu lassen, die sich schon auf dem Streifen befinden oder im Begriffe sind, ihn zu betreten.113
3    An den Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel ist auf ein- und aussteigende Personen Rücksicht zu nehmen.
SVG). Im gleichen Sinne bestimmt Art. 38 Abs. 3
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 38 - 1 Der Strassenbahn ist das Geleise freizugeben und der Vortritt zu lassen.
1    Der Strassenbahn ist das Geleise freizugeben und der Vortritt zu lassen.
2    Die fahrende Strassenbahn wird rechts überholt. Wenn dies nicht möglich ist, darf sie links überholt werden.
3    Die haltende Strassenbahn darf nur in langsamer Fahrt gekreuzt und überholt werden. Sie wird, wo eine Schutzinsel vorhanden ist, rechts überholt, sonst nur links.
4    Der Fahrzeugführer hat nötigenfalls nach links auszuweichen, wenn ihm am rechten Strassenrand eine Strassenbahn entgegenkommt.
Satz 1 SVG, dass die haltende Strassenbahn nur in langsamer Fahrt gekreuzt werden darf. Diesen Pflichten könnte der Fahrzeugführer aber nicht nachkommen, wenn er den Raum zwischen der sich auf dem linken Geleise befindenden Strassenbahn und der rechten Schutzinsel zum Überholen eines anderen Fahrzeuges benützen dürfte. Dazu kommt, dass der Verkehr in hohem Masse an einfachen und klaren Regeln interessiert ist, die nur dort durchbrochen werden sollen, wo besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen; Ausnahmen, die dem Verkehrsgefühl widersprechen, werden erfahrungsgemäss nur schwer begriffen und geben leicht zu Täuschungen oder Verwirrung Anlass, womit weder der Flüssigkeit noch der Sicherheit des Verkehrs gedient ist. Dieses Interesse besteht auch am Gebot des Rechtsfahrens, auf das sich der Verkehr, weil es zu den Grundregeln des Gesetzes gehÖrt, soll verlassen können. Das Linksfahren kann deshalb nur dann gestattet sein, wenn es durch eine Ausnahmeregel gedeckt wird.
2. Das war hier nicht der Fall. Das Obergericht hält für erwiesen, dass der aus der Gegenrichtung kommende Tramzug zwischen den Schutzinseln anhielt und selbst im Augenblick, als der Angeklagte mit Frau Kohli zusammenstiess, noch stillstand. Unter diesen Umständen hätte der Beschwerdeführer die Schutzinsel wie der ihm vorausfahrende Personenwagen rechts umfahren müssen. Indem er stattdessen zwischen der Insel und der haltenden Strassenbahn durchfuhr, hat er das in Art. 7 Abs. 4
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 7
VRV enthaltene Verbot missachtet. Dass er am
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Viktoriaplatz nach links abbiegen wollte, ändert nichts. Wie die Vorinstanz feststellt, beginnt die Vorsortierspur für die Linksabbieger erst 128 m oberhalb der Haltestelle. Diese Strecke hätte dem Beschwerdeführer hinreichend genügt, um gegen die Strassenmitte einzuspuren, zumal kein Fahrzeug folgte, das zur Hast genötigt hätte (vgl. BGE 93 IV 103 Erw. b am Ende). Er versucht das mit Recht nicht mehr zu widerlegen.
3. Der Beschwerdeführer bestreitet den rechtserheblichen Zusammenhang zwischen seiner Fahrweise und den Verletzungen der Strafklägerin. Er macht geltend, diese sei völlig überraschend und ohne sich vorher zu vergewissern, ob von unten ein Fahrzeug nahe, in seine Fahrbahn getreten. Angesichts einer solchen Unachtsamkeit könne aber die Tatsache, dass er zwischen dem Tramzug und der rechten Schutzinsel durchfuhr, nicht als adäquate Unfallursache angesehen werden. Ein pflichtwidriges Verhalten ist nach ständiger Rechtsprechung dann als adäquate Ursache zu betrachten, wenn es nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der Erfahrung des Lebens geeignet war, einen Erfolg von der Art des eingetretenen herbeizuführen, so dass der Eintritt des Erfolges durch die Pflichtwidrigkeit allgemein als begünstigt erscheint (statt vieler:BGE 64 II 204,BGE 73 IV 232, BGE 83 II 411, BGE 92 IV 25). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Vorschriften über das Verhalten des Fahrers an Haltestellen wollen Gefahren vorbeugen, denen Benützer der Strassenbahn auf dem Gang von und zu den Schutzinseln ausgesetzt sind. Das gilt auch vom Verbot, zwischen den Inseln durchzufahren, wenn dort eine Strassenbahn anhält. Die Fahrweise des Beschwerdeführers, der sich über dieses Verbot hinwegsetzte, war daher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge geeignet, einen Unfall herbeizuführen. Die Rechtserheblichkeit des Kausalzusammenhanges würde nur entfallen, wenn das Verhalten der Fussgängerin ausserhalb des normalen Geschehens läge. Das lässt sich nicht sagen. Gewiss hat Frau Kohli nicht nach links geschaut, bevor sie von der Schutzinsel auf die Fahrbahn trat. Die Erfahrung zeigt indes, dass Fussgänger den Halt der Strassenbahn nicht nur häufig dazu ausnützen, die Strasse zu überqueren, sondern sich dabei auch leicht der Meinung hingeben, der übrige Verkehr werde gerade wegen des Haltes der Strassenbahn vermehrt auf sie Rücksicht nehmen. Unter solchen Umständen kommt es immer wieder vor, dass Fussgänger sich voreilig oder unbedacht
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auf die Strasse begeben und deshalb überraschend vor Fahrzeugen auftauchen, welche die haltende Strassenbahn überholen oder kreuzen wollen. Im vorliegenden Fall kann übrigens von einem aussergewöhnlichen Verhalten der Fussgängerin umsoweniger die Rede sein, als die Beschwerde selber wiederholt davon ausgeht, Frau Kohli habe sich auf das Durchfahrtsverbot verlassen.
Dispositiv

Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 94 IV 72
Date : 07. Juni 1968
Published : 31. Dezember 1969
Source : Bundesgericht
Status : 94 IV 72
Subject area : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Subject : Art. 34 Abs. 1 SVG und Art. 7 Abs. 4 VRV. 1. Gesetzmässigkeit und Anwendungsbereich der Ausführungsvorschrift (Erw. 1).


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MFV: 61
SVG: 33  34  38  57
StGB: 125
VRV: 7
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