92 IV 20
7. Urteil des Kassationshofes vom 22. April 1966 i.S. Polentarutti gegen Meier und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
Regeste (de):
- 1. Art 277 ter Abs. 2
BStP, Art. 18 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 18 - 1 Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben.
1 Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben. 2 War dem Täter nicht zuzumuten, das gefährdete Gut preiszugeben, so handelt er nicht schuldhaft. - 2. Art. 33 Abs. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 33 - 1 Den Fussgängern ist das Überqueren der Fahrbahn in angemessener Weise zu ermöglichen.112
1 Den Fussgängern ist das Überqueren der Fahrbahn in angemessener Weise zu ermöglichen.112 2 Vor Fussgängerstreifen hat der Fahrzeugführer besonders vorsichtig zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, um den Fussgängern den Vortritt zu lassen, die sich schon auf dem Streifen befinden oder im Begriffe sind, ihn zu betreten.113 3 An den Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel ist auf ein- und aussteigende Personen Rücksicht zu nehmen. SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 6 - (Art. 33 SVG)
1 Vor Fussgängerstreifen ohne Verkehrsregelung muss der Fahrzeugführer jedem Fussgänger oder Benützer eines fahrzeugähnlichen Gerätes, der sich bereits auf dem Streifen befindet oder davor wartet und ersichtlich die Fahrbahn überqueren will, den Vortritt gewähren.60 Er muss die Geschwindigkeit rechtzeitig mässigen und nötigenfalls anhalten, damit er dieser Pflicht nachkommen kann.61 2 Bei Verzweigungen mit Verkehrsregelung haben abbiegende Fahrzeugführer den Fussgängern oder Benützern von fahrzeugähnlichen Geräten für das Überqueren der Querstrasse den Vortritt zu lassen.62 Dies gilt bei Lichtsignalen nicht, wenn die Fahrt durch einen grünen Pfeil freigegeben wird und kein gelbes Warnlicht blinkt. 3 Auf Strassen ohne Fussgängerstreifen hat der Fahrzeugführer im Kolonnenverkehr nötigenfalls zu halten, wenn Fussgänger oder Benützer von fahrzeugähnlichen Geräten darauf warten, die Fahrbahn zu überqueren.63 4 Unbegleiteten Blinden ist der Vortritt stets zu gewähren, wenn sie durch Hochhalten des weissen Stockes anzeigen, dass sie die Fahrbahn überqueren wollen. 5 Die Führer dürfen gekennzeichnete Schulbusse, die halten und die Warnblinklichter eingeschaltet haben (Art. 23 Abs. 3 Bst. a), nur langsam und besonders vorsichtig überholen; nötigenfalls müssen sie halten.64 SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 125 - 1 Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe183 bestraft.
1 Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe183 bestraft. 2 Ist die Schädigung schwer, so wird der Täter von Amtes wegen verfolgt.
Regeste (fr):
- 1. Art 277 ter al. 2 PPF, art 18 al. 3 CP. En déterminant, dans un arrêt de renvoi, avec quelle rapidité le conducteur devait réagir, la Cour de cassation fixe un point de droit et lie l'autorité cantonale. Une inattention du conducteur de moins d'une demi seconde ne constitue pas une négligence (consid. 2).
- 2. Art. 33 al. 2 LCR, art. 6 al. 1 OCR, art. 125 al. 1 CP. En règle générale, le piéton qui s'arrête sur un passage de sécurité ne doit pas être censé renoncer à son droit de priorité. Lien de causalité entre la violation du droit de priorité d'un piéton et les lésions corporelles causées à un autre piéton, qui, considéré isolément, n'aurait plus été prioritaire (consid. 3).
Regesto (it):
- 1. Art. 277 ter cpv. 2 PPF, art. 18 cpv. 3 CP. La Corte di cassazione, determinando in una sentenza di rinvio, con quale rapidità il conducente doveva reagire, ha fissato un punto di diritto, che vincola l'autorità cantonale. Una disattenzione del conducente dell'ordine di meno di mezzo secondo non costituisce negligenza (consid. 2).
- 2. Art. 33 cpv. 2 LCStr., art. 6 cpv. 1 OCStr., art. 125 cpv. 1 CP. Il fatto che un pedone si fermi su un passaggio pedonale non deve essere, in linea generale, interpretato come una rinuncia al diritto di precedenza. Nesso causale tra la violazione del diritto di precedenza d'un pedone e la lesione corporale di un terzo che, considerato da sè solo, non avrebbe più avuto il diritto di precedenza (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 21
BGE 92 IV 20 S. 21
A.- Polentarutti wurde am Nachmittag des 6. Dezember 1963 auf dem Fussgängerstreifen, der nach der Einmündung der Dübendorferstrasse über die 12 m breite Winterthurerstrasse führt, von einem Personenwagen, den Meier lenkte, angefahren und verletzt. Er stellte Strafantrag wegen fahrlässiger Körperverletzung. Das Obergericht des Kantons Zürich erklärte Meier am 8. Dezember 1964 wegen Übertretung des Art. 33 Abs. 2
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SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 33 - 1 Den Fussgängern ist das Überqueren der Fahrbahn in angemessener Weise zu ermöglichen.112 |
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1 | Den Fussgängern ist das Überqueren der Fahrbahn in angemessener Weise zu ermöglichen.112 |
2 | Vor Fussgängerstreifen hat der Fahrzeugführer besonders vorsichtig zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, um den Fussgängern den Vortritt zu lassen, die sich schon auf dem Streifen befinden oder im Begriffe sind, ihn zu betreten.113 |
3 | An den Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel ist auf ein- und aussteigende Personen Rücksicht zu nehmen. |
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SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV) VRV Art. 6 - (Art. 33 SVG) |
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1 | Vor Fussgängerstreifen ohne Verkehrsregelung muss der Fahrzeugführer jedem Fussgänger oder Benützer eines fahrzeugähnlichen Gerätes, der sich bereits auf dem Streifen befindet oder davor wartet und ersichtlich die Fahrbahn überqueren will, den Vortritt gewähren.60 Er muss die Geschwindigkeit rechtzeitig mässigen und nötigenfalls anhalten, damit er dieser Pflicht nachkommen kann.61 |
2 | Bei Verzweigungen mit Verkehrsregelung haben abbiegende Fahrzeugführer den Fussgängern oder Benützern von fahrzeugähnlichen Geräten für das Überqueren der Querstrasse den Vortritt zu lassen.62 Dies gilt bei Lichtsignalen nicht, wenn die Fahrt durch einen grünen Pfeil freigegeben wird und kein gelbes Warnlicht blinkt. |
3 | Auf Strassen ohne Fussgängerstreifen hat der Fahrzeugführer im Kolonnenverkehr nötigenfalls zu halten, wenn Fussgänger oder Benützer von fahrzeugähnlichen Geräten darauf warten, die Fahrbahn zu überqueren.63 |
4 | Unbegleiteten Blinden ist der Vortritt stets zu gewähren, wenn sie durch Hochhalten des weissen Stockes anzeigen, dass sie die Fahrbahn überqueren wollen. |
5 | Die Führer dürfen gekennzeichnete Schulbusse, die halten und die Warnblinklichter eingeschaltet haben (Art. 23 Abs. 3 Bst. a), nur langsam und besonders vorsichtig überholen; nötigenfalls müssen sie halten.64 |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 125 - 1 Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe183 bestraft. |
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1 | Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe183 bestraft. |
2 | Ist die Schädigung schwer, so wird der Täter von Amtes wegen verfolgt. |
B.- Der Kassationshof des Bundesgerichts hob am 9. April 1965 das Urteil des Obergerichts, gegen das Meier Nichtigkeitsbeschwerde führte, auf und wies die Sache zur Neubeurteilung zurück (BGE 91 IV 78). Der Kassationshof nahm im Gegensatz zum Obergericht an, Meier habe, als er sich bereits bis auf rund 6 m dem Fussgängerstreifen genähert hatte, nicht damit rechnen müssen, dass auf so kurze Entfernung noch ein Fussgänger den Streifen betreten werde, um die Strasse zu überqueren. Polentarutti sei somit nicht vortrittsberechtigt gewesen, und Meier, der mit einer Geschwindigkeit von 22,5 km/Std fuhr, habe daher weder gegen Art. 33 Abs. 2
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SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 33 - 1 Den Fussgängern ist das Überqueren der Fahrbahn in angemessener Weise zu ermöglichen.112 |
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1 | Den Fussgängern ist das Überqueren der Fahrbahn in angemessener Weise zu ermöglichen.112 |
2 | Vor Fussgängerstreifen hat der Fahrzeugführer besonders vorsichtig zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, um den Fussgängern den Vortritt zu lassen, die sich schon auf dem Streifen befinden oder im Begriffe sind, ihn zu betreten.113 |
3 | An den Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel ist auf ein- und aussteigende Personen Rücksicht zu nehmen. |
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SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV) VRV Art. 6 - (Art. 33 SVG) |
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1 | Vor Fussgängerstreifen ohne Verkehrsregelung muss der Fahrzeugführer jedem Fussgänger oder Benützer eines fahrzeugähnlichen Gerätes, der sich bereits auf dem Streifen befindet oder davor wartet und ersichtlich die Fahrbahn überqueren will, den Vortritt gewähren.60 Er muss die Geschwindigkeit rechtzeitig mässigen und nötigenfalls anhalten, damit er dieser Pflicht nachkommen kann.61 |
2 | Bei Verzweigungen mit Verkehrsregelung haben abbiegende Fahrzeugführer den Fussgängern oder Benützern von fahrzeugähnlichen Geräten für das Überqueren der Querstrasse den Vortritt zu lassen.62 Dies gilt bei Lichtsignalen nicht, wenn die Fahrt durch einen grünen Pfeil freigegeben wird und kein gelbes Warnlicht blinkt. |
3 | Auf Strassen ohne Fussgängerstreifen hat der Fahrzeugführer im Kolonnenverkehr nötigenfalls zu halten, wenn Fussgänger oder Benützer von fahrzeugähnlichen Geräten darauf warten, die Fahrbahn zu überqueren.63 |
4 | Unbegleiteten Blinden ist der Vortritt stets zu gewähren, wenn sie durch Hochhalten des weissen Stockes anzeigen, dass sie die Fahrbahn überqueren wollen. |
5 | Die Führer dürfen gekennzeichnete Schulbusse, die halten und die Warnblinklichter eingeschaltet haben (Art. 23 Abs. 3 Bst. a), nur langsam und besonders vorsichtig überholen; nötigenfalls müssen sie halten.64 |
BGE 92 IV 20 S. 22
spät gebremst und deshalb den Unfall durch Nichtbeherrschung des Fahrzeuges (Art. 31 Abs. 1
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SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 31 - 1 Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann. |
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1 | Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann. |
2 | Wer wegen Alkohol-, Betäubungsmittel- oder Arzneimitteleinfluss oder aus anderen Gründen nicht über die erforderliche körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfügt, gilt während dieser Zeit als fahrunfähig und darf kein Fahrzeug führen.103 |
2bis | Der Bundesrat kann folgenden Personengruppen das Fahren unter Alkoholeinfluss verbieten: |
a | Personen, die den konzessionierten oder den grenzüberschreitenden Personenverkehr auf der Strasse durchführen (Art. 8 Abs. 2 des Personenbeförderungsgesetzes vom 20. März 2009104 sowie Art. 3 Abs. 1 des BG vom 20. März 2009105 über die Zulassung als Strassentransportunternehmen); |
b | Personen, die berufsmässig Personentransporte oder mit schweren Motorwagen Gütertransporte durchführen oder die gefährliche Güter transportieren; |
c | Fahrlehrern; |
d | Inhabern des Lernfahrausweises; |
e | Personen, die Lernfahrten begleiten; |
f | Inhabern des Führerausweises auf Probe.106 |
2ter | Der Bundesrat legt fest, ab welcher Atemalkohol- und Blutalkoholkonzentration Fahren unter Alkoholeinfluss vorliegt.107 |
3 | Der Führer hat dafür zu sorgen, dass er weder durch die Ladung noch auf andere Weise behindert wird. Mitfahrende dürfen ihn nicht behindern oder stören. |
C.- Das Obergericht kam nach durchgeführter Beweisergänzung zum Ergebnis, dass Meier eine Nichtbeherrschung des Fahrzeuges nicht vorgeworfen werden könne und sprach ihn am 21. Dezember 1965 von der Anschuldigung der fahrlässigen Körperverletzung frei.
D.- Gegen dieses Urteil erhob Polentarutti Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, es sei aufzuheben und die Sache zur Verurteilung des Angeklagten an das Obergericht zurückzuweisen.
E.- Meier beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1. Nach dem Bericht der Chirurgischen Universitätsklinik erlitt der Beschwerdeführer neben leichten Schürfungen eine Hirnerschütterung, eine Schulterkollision und eine Fraktur des horizontalen Schambeinastes; bleibende Nachteile sind voraussichtlich nicht zu erwarten. Diese Verletzungen sind nicht schwere im Sinne des Art. 125 Abs. 2
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 125 - 1 Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe183 bestraft. |
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1 | Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe183 bestraft. |
2 | Ist die Schädigung schwer, so wird der Täter von Amtes wegen verfolgt. |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 125 - 1 Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe183 bestraft. |
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1 | Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe183 bestraft. |
2 | Ist die Schädigung schwer, so wird der Täter von Amtes wegen verfolgt. |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 125 - 1 Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe183 bestraft. |
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1 | Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe183 bestraft. |
2 | Ist die Schädigung schwer, so wird der Täter von Amtes wegen verfolgt. |
2. Das Obergericht stellt fest, der am Rande des Trottoirs stehende Beschwerdeführer habe sofort nach dem Handzeichen, das er gab, in einem raschen hastigen Gehschritt die Fahrbahn zu überqueren begonnen und für den fast 4,5 m messenden Weg bis zur Kollisionsstelle mindestens zwei Sekunden gebraucht. In dieser Zeit hätte der Angeklagte Meier noch knapp anhalten können, selbst wenn ihm eine volle Sekunde Reaktionszeit zugestanden werde, die ihm nach den Umständen auch zugebilligt werden müsse. Wenn es trotzdem zur Kollision gekommen sei, so könne diese nur damit erklärt werden, dass der Angeklagte während eines Sekundenbruchteils ausser acht gelassen habe, was am rechten Fahrbahnrand vor sich ging. Eine Unachtsamkeit von so geringer Dauer könne jedoch nicht als strafrechtlich
BGE 92 IV 20 S. 23
erhebliches, fahrlässiges Nichtbeherrschen des Fahrzeuges bezeichnet werden. In welcher Zeit ein Fahrzeugführer bei gebotener Aufmerksamkeit auf auftauchende Gefahren muss reagieren können, ist eine Rechtsfrage. Die im Rückweisungsentscheid dargelegte Auffassung des Kassationshofes, dass der Angeklagte auf Grund der Pflicht, vor Fussgängerstreifen, an denen sich Fussgänger bereit halten, besonders vorsichtig zu fahren (Art. 33 Abs. 2
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SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 33 - 1 Den Fussgängern ist das Überqueren der Fahrbahn in angemessener Weise zu ermöglichen.112 |
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1 | Den Fussgängern ist das Überqueren der Fahrbahn in angemessener Weise zu ermöglichen.112 |
2 | Vor Fussgängerstreifen hat der Fahrzeugführer besonders vorsichtig zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, um den Fussgängern den Vortritt zu lassen, die sich schon auf dem Streifen befinden oder im Begriffe sind, ihn zu betreten.113 |
3 | An den Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel ist auf ein- und aussteigende Personen Rücksicht zu nehmen. |
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BGE 92 IV 20 S. 24
3. Das Obergericht legte in seinem Urteil vom 8. Dezember 1964 der rechtlichen Beurteilung des Unfalles ausschliesslich die Vorgänge zugrunde, die sich auf der rechten Strassenseite abspielten, und dies veranlasste das Bundesgericht, bei der Überprüfung des Falles von den gleichen tatsächlichen Voraussetzungen auszugehen, unter Ausserachtlassung dessen, was sich auf der linken Strassenhälfte zutrug. Wird jedoch richtigerweise das Geschehen auf dem ganzen Fussgängerstreifen in Betracht gezogen, worauf hinzuweisen im Rückweisungsentscheid des Kassationshofes unterlassen wurde, so gelangt man auf Grund dieses Sachverhalts zu einer andern rechtlichen Würdigung. a) Frau Aimée Bühler, auf deren Aussagen das Obergericht im angefochtenen Urteil abstellt, hatte im Zeitpunkt, in dem sich die aus drei Wagen bestehende Autokolonne dem Fussgängerstreifen näherte, diesen mit ihrem dreijährigen Kind von der linken Strassenseite her bereits betreten und ungefähr die Strassenmitte erreicht, also etwa 6 m darauf zurückgelegt, als der erste der Wagen über den Streifen fuhr. Weil der zweite Wagen nicht anhielt, blieb sie in der Strassenmitte stehen, und dasselbe wiederholte sich, als der Wagen des Angeklagten, der nach den Angaben der Zeugin in einem Abstand von 20-25 m als dritter nachfolgte, mit unverminderter Geschwindigkeit dem Streifen zufuhr. Daraus ergibt sich, dass Frau Bühler in angemessener Entfernung vor dem Wagen des Angeklagten den Streifen betreten hat und somit vortrittsberechtigt war (Art. 49 Abs. 2
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SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 49 - 1 Fussgänger müssen die Trottoirs benützen. Wo solche fehlen, haben sie am Strassenrand und, wenn besondere Gefahren es erfordern, hintereinander zu gehen. Wenn nicht besondere Umstände entgegenstehen, haben sie sich an den linken Strassenrand zu halten, namentlich ausserorts in der Nacht. |
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1 | Fussgänger müssen die Trottoirs benützen. Wo solche fehlen, haben sie am Strassenrand und, wenn besondere Gefahren es erfordern, hintereinander zu gehen. Wenn nicht besondere Umstände entgegenstehen, haben sie sich an den linken Strassenrand zu halten, namentlich ausserorts in der Nacht. |
2 | Die Fussgänger haben die Fahrbahn vorsichtig und auf dem kürzesten Weg zu überschreiten, nach Möglichkeit auf einem Fussgängerstreifen. Sie haben den Vortritt auf diesem Streifen, dürfen ihn aber nicht überraschend betreten.119 |
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SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV) VRV Art. 47 Überschreiten der Fahrbahn - (Art. 49 Abs. 2 SVG) |
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1 | Die Fussgänger müssen, besonders vor und hinter haltenden Wagen, behutsam auf die Fahrbahn treten; sie haben die Strasse ungesäumt zu überschreiten. Sie müssen Fussgängerstreifen, Über- oder Unterführungen benützen, wenn diese weniger als 50 m entfernt sind. |
2 | Auf Fussgängerstreifen ohne Verkehrsregelung haben die Fussgänger den Vortritt, ausser gegenüber der Strassenbahn. Sie dürfen jedoch vom Vortrittsrecht nicht Gebrauch machen, wenn das Fahrzeug bereits so nahe ist, dass es nicht mehr rechtzeitig anhalten könnte.179 |
3 | Bei Fussgängerstreifen ohne Verkehrsregelung, die durch eine Verkehrsinsel unterteilt sind, gilt jeder Teil des Überganges als selbständiger Streifen.180 |
4 | ...181 |
5 | Ausserhalb von Fussgängerstreifen haben die Fussgänger den Fahrzeugen den Vortritt zu lassen. |
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SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 33 - 1 Den Fussgängern ist das Überqueren der Fahrbahn in angemessener Weise zu ermöglichen.112 |
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1 | Den Fussgängern ist das Überqueren der Fahrbahn in angemessener Weise zu ermöglichen.112 |
2 | Vor Fussgängerstreifen hat der Fahrzeugführer besonders vorsichtig zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, um den Fussgängern den Vortritt zu lassen, die sich schon auf dem Streifen befinden oder im Begriffe sind, ihn zu betreten.113 |
3 | An den Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel ist auf ein- und aussteigende Personen Rücksicht zu nehmen. |
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SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV) VRV Art. 6 - (Art. 33 SVG) |
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1 | Vor Fussgängerstreifen ohne Verkehrsregelung muss der Fahrzeugführer jedem Fussgänger oder Benützer eines fahrzeugähnlichen Gerätes, der sich bereits auf dem Streifen befindet oder davor wartet und ersichtlich die Fahrbahn überqueren will, den Vortritt gewähren.60 Er muss die Geschwindigkeit rechtzeitig mässigen und nötigenfalls anhalten, damit er dieser Pflicht nachkommen kann.61 |
2 | Bei Verzweigungen mit Verkehrsregelung haben abbiegende Fahrzeugführer den Fussgängern oder Benützern von fahrzeugähnlichen Geräten für das Überqueren der Querstrasse den Vortritt zu lassen.62 Dies gilt bei Lichtsignalen nicht, wenn die Fahrt durch einen grünen Pfeil freigegeben wird und kein gelbes Warnlicht blinkt. |
3 | Auf Strassen ohne Fussgängerstreifen hat der Fahrzeugführer im Kolonnenverkehr nötigenfalls zu halten, wenn Fussgänger oder Benützer von fahrzeugähnlichen Geräten darauf warten, die Fahrbahn zu überqueren.63 |
4 | Unbegleiteten Blinden ist der Vortritt stets zu gewähren, wenn sie durch Hochhalten des weissen Stockes anzeigen, dass sie die Fahrbahn überqueren wollen. |
5 | Die Führer dürfen gekennzeichnete Schulbusse, die halten und die Warnblinklichter eingeschaltet haben (Art. 23 Abs. 3 Bst. a), nur langsam und besonders vorsichtig überholen; nötigenfalls müssen sie halten.64 |
BGE 92 IV 20 S. 25
des Angeklagten nicht die Wahl, auf der rechten Strassenseite weiterzugehen oder stehen zu bleiben, wenn sie nicht für sich und das Kind Leib und Leben gefährden wollte. Eine derart erzwungene Nichtausübung des Vortrittsrechts ist kein Verzicht darauf. Der Angeklagte hat daher das Vortrittsrecht von Frau Bühler verletzt und sich dadurch der Übertretung von Art. 33 Abs. 2
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SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 33 - 1 Den Fussgängern ist das Überqueren der Fahrbahn in angemessener Weise zu ermöglichen.112 |
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1 | Den Fussgängern ist das Überqueren der Fahrbahn in angemessener Weise zu ermöglichen.112 |
2 | Vor Fussgängerstreifen hat der Fahrzeugführer besonders vorsichtig zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, um den Fussgängern den Vortritt zu lassen, die sich schon auf dem Streifen befinden oder im Begriffe sind, ihn zu betreten.113 |
3 | An den Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel ist auf ein- und aussteigende Personen Rücksicht zu nehmen. |
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SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV) VRV Art. 6 - (Art. 33 SVG) |
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1 | Vor Fussgängerstreifen ohne Verkehrsregelung muss der Fahrzeugführer jedem Fussgänger oder Benützer eines fahrzeugähnlichen Gerätes, der sich bereits auf dem Streifen befindet oder davor wartet und ersichtlich die Fahrbahn überqueren will, den Vortritt gewähren.60 Er muss die Geschwindigkeit rechtzeitig mässigen und nötigenfalls anhalten, damit er dieser Pflicht nachkommen kann.61 |
2 | Bei Verzweigungen mit Verkehrsregelung haben abbiegende Fahrzeugführer den Fussgängern oder Benützern von fahrzeugähnlichen Geräten für das Überqueren der Querstrasse den Vortritt zu lassen.62 Dies gilt bei Lichtsignalen nicht, wenn die Fahrt durch einen grünen Pfeil freigegeben wird und kein gelbes Warnlicht blinkt. |
3 | Auf Strassen ohne Fussgängerstreifen hat der Fahrzeugführer im Kolonnenverkehr nötigenfalls zu halten, wenn Fussgänger oder Benützer von fahrzeugähnlichen Geräten darauf warten, die Fahrbahn zu überqueren.63 |
4 | Unbegleiteten Blinden ist der Vortritt stets zu gewähren, wenn sie durch Hochhalten des weissen Stockes anzeigen, dass sie die Fahrbahn überqueren wollen. |
5 | Die Führer dürfen gekennzeichnete Schulbusse, die halten und die Warnblinklichter eingeschaltet haben (Art. 23 Abs. 3 Bst. a), nur langsam und besonders vorsichtig überholen; nötigenfalls müssen sie halten.64 |
Dispositiv
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 21. Dezember 1965 wird aufgehoben und die Sache zur Verurteilung des Beschwerdegegners Meier nach Art. 125 Abs. 1
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 125 - 1 Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe183 bestraft. |
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1 | Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe183 bestraft. |
2 | Ist die Schädigung schwer, so wird der Täter von Amtes wegen verfolgt. |