93 I 106
14. Urteil vom 3. Mai 1967 i.S. Haus- und Grundeigentumerverband Luzern und Mitbeteiligte gegen Einwohnergemeinde Luzern und Regierungsrat des Kantons Luzern.
Regeste (de):
- Finanzierung der Erstellung und des Betriebs einer Abwasserreinigungsanlage einer Gemeinde.
- Mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit vereinbar ist eine Ordnung, nach welcher für die nicht durch eine kantonale Subvention und durch Gemeindesteuern gedeckten Baukosten von den Hauseigentümern ein Beitrag erhoben wird, der nach der Brandversicherungssumme ihrer Gebäude bemessen ist, während die Wasserverbraucher nur eine Gebühr zur Deckung der Betriebskosten zu entrichten haben (Erw. 4 und 5).
- Form und Bekanntmachung der vom Gemeindeparlament und vom Gemeinderat gefassten Beschlüsse (Erw. 3 und 4 a).
Regeste (fr):
- Financement de la construction et de l'exploitation d'une installation communale d'épuration des eaux.
- Est compatible avec le principe de l'égalité de traitement la réglementation selon laquelle les propriétaires de bâtiments doivent,pour les frais de construction non couverts par une subvention cantonale et par les impôts communaux, payer une contribution calculée sur la valeur d'assurance des bâtiments, tandis que les consommateurs d'eau n'ont à payer qu'une taxe pour couvrir les frais d'exploitation (consid. 4 b et 5).
- Forme et publication des décisions des autorités législative et exécutive communales (consid. 3 et 4 a).
Regesto (it):
- Finanziamento della costruzione e dell'esercizio d'un impianto comunale per la depurazione delle acque.
- È compatibile con il principio dell'uguaglianza davanti alla legge una regolamentazione secondo cui, per le spese di costruzione non coperte da un sussidio cantonale nè dalle imposte comunali viene prelevato dai proprietari degli edifici un contributo calcolato sul valore d'assicurazione dell'immobile contro l'incendio, mentre i consumatori d'acqua sono tenuti a pagare soltanto una tassa per coprire le spese d'esercizio (consid. 4 b e 5).
- Forma e pubblicazione delle risoluzioni delle autorità legislative ed esecutive comunali (consid. 3 e 4 a).
Sachverhalt ab Seite 107
BGE 93 I 106 S. 107
A.- Am 21. Oktober 1964 unterbreitete der Stadtrat von Luzern dem Grossen Stadtrat zuhanden der Einwohnergemeinde einen Bericht und Antrag über den Beitritt der Einwohnergemeinde zum "Zweckverband für Abwasserreinigung Luzern und Umgebung". Der Grosse Stadtrat beschloss darauf am 16. November 1964: "1. gutachtlich zuhanden der Einwohnergemeinde:
a) dem Zweckverband für Abwasserreinigung Luzern und Umgebung sei unter Genehmigung von dessen Organisationsstatut beizutreten; b) der Kredit für den einmaligen Beitrag an den Erstausbau der Abwasserreinigungsanlage und des Kanalnetzes von Fr. 14 945 000.-- sowie der Kredit für den Anschluss der Stadtteile Wesemlin/Maihof von Fr. 1 700 000.-- (Baukostenindex 260) sei zu bewilligen; c) der Kredit für den jährlichen Beitrag an den Zweckverband von Fr. 336 000.-- sei zu bewilligen; d) der Kredit für die Anteile an den teuerungsbedingten einmaligen und jährlich wiederkehrenden Mehraufwendungen des Zweckverbandes sei zu bewilligen. 2. in eigener Kompetenz:
in Anwendung von § 20 des Gesetzes vom 3. März 1964 betr. die Abänderung des Gesetzes über den Gewässerschutz vom 13. Mai 1958 wird der Stadtrat ermächtigt, die Erhebung folgender Abgaben zu beschliessen und hierüber nähere Bestimmungen zu erlassen: a) von den Eigentümern bebauter Grundstücke eine jährliche Abgabe von 1 der Brandversicherungssumme bis zur Deckung der Hälfte der einmaligen Netto-Aufwendungen der Einwohnergemeinde für den Beitrag an den Zweckverband für die Abwasserreinigung
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Luzern und Umgebung sowie den Anschluss der Stadtte ile Wesemlin/Maihof an die zentrale Abwasserreinigungsanlage Schildtwald; b) von den Wasserverbrauchern eine Abwassergebühr als Zuschlag zur Gebühr für den Trinkwasserbezug im Umfang des jährlich wiederkehrenden Beitrages an den Zweckverband Abwasserreinigung Luzern und Umgebung (Annuität und Betriebskosten)." Die Beschlüsse gemäss Ziff. 1 lit. a-d wurden von der Einwohnergemeinde in der Volksabstimmung vom 6. Dezember 1964 genehmigt. Am 25. Mai 1965 beauftragte der Stadtrat die städtische Finanzdirektion, die in Ziff. 2 lit. a des Beschlusses des Grossen Stadtrates vom 16. November 1964 vorgesehene jährliche Abgabe von den Grundeigentümern mit Rückwirkung ab 1. Januar 1965 zu beziehen und sie auf der ordentlichen Brandversicherungssumme ohne Berücksichtigung des Neuwertzuschlages zu berechnen. Die Stadtkasse stellte den Grundeigentümern die entsprechenden Rechnungen am 7. Dezember 1965 zu mit einem Hinweis auf die Beschlüsse des Grossen Stadtrates vom 16. November 1964, der Einwohnergemeinde vom 6. Dezember 1964 und des Stadtrates vom 25. Mai 1965. Am 6. Januar 1966 erhoben der Haus- und Grundeigentümerverband Luzern und 22 Grundeigentümer beim Regierungsrat des Kantons Luzern Rekurs mit den Anträgen, die Beschlüsse des Grossen Stadtrates vom 16. November 1964 und des Stadtrates vom 25. Mai 1965 aufzuheben, ev. diese Beschlüsse zu veröffentlichen und den davon betroffenen Grundeigentümern und Wasserverbrauchern das Rekursrecht gemäss § 26 des luzern. Gewässerschutzgesetzes vom 13. Mai 1958/3. März 1964 (GSchG) einzuräumen. Der Regierungsrat wies den Rekurs mit Entscheid vom 26. September 1966 ab. Er führte aus, der Grosse Stadtrat sei entgegen der Meinung der Rekurrenten zu den Beschlüssen über die Finanzierungsbeiträge der Grundeigentümer zuständig gewesen; das ergebe sich nicht nur aus § 20 GSchG, sondern auch aus § 84 des Baugesetzes für den Kanton Luzern und Art. 131 des Baugesetzes für die Stadt Luzern. Auf Grund dieser letzteren Bestimmung wäre sogar der Stadtrat befugt gewesen, die Beiträge zu beschliessen. Für die Grundeigentümerbeiträge sei der Erlass eines Reglements nicht erforderlich gewesen, da alle näheren Angaben für die Berechnung der Beiträge in den
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angefochtenen Beschlüssen enthalten seien und die Beitragsfaktoren, anders als bei den Beiträgen der Wasserverbraucher, sofort und nicht erst nach Ablauf der Beitragsperiode berechenbar seien. Eine Volksabstimmung sei auch wegen der Rechtsnatur der streitigen Abgaben nicht erforderlich gewesen; denn es handle sich nicht um Steuern, sondern um Vorzugslasten. Die Behauptung der Rekurrenten, dass die Grundeigentümer dreifach - durch die Abgabe von 1 der Brandversicherungssumme, durch die Abwassergebühr der Wasserverbraucher und durch die ordentlichen Steuern - belastet werden und dies gegen Art. 4
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
B.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde beantragen der Haus- und Grundeigentümerverband Luzern und die übrigen Beteiligten, den Entscheid des Regierungsrates des Kantons Luzern vom 4. November 1966 aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung zurückzuweisen. Als Beschwerdegrund machen sie Verletzung des Art. 4
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C.- Der Regierungsrat des Kantons Luzern und der Stadtrat von Luzern beantragen Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Haus- und Grundeigentümerverband Luzern behauptet nicht, die umstrittene Abgabe selber bezahlen zu müssen, sondern erhebt die Beschwerde im Interesse seiner Mitglieder. Dass solche Interessenwahrung zu seinen Aufgaben gehört, was die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde begründen würde (BGE 81 I 120, BGE 88 I 175), ist zwar - mangels Vorlage der Verbandsstatuten - nicht erwiesen, dürfte aber zutreffen. Zudem kann die Frage offen bleiben, da jedenfalls auf die Beschwerde der Grundeigentümer, von denen die Abgabe eingefordert wird, einzutreten ist.
2. Der Beschluss des Grossen Stadtrates vom 16. November 1964, gegen den die Beschwerdeführer an den Regierungsrat rekurrierten, hat neben den Beiträgen der Grundeigentümer
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auch Gebühren der Wasserverbraucher eingeführt. Sofern sich die staatsrechtliche Beschwerde auch gegen diese Gebühren richten sollte, wäre auf sie wegen Fehlens der nach Art. 90 Abs. 1 lit. b
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3. Die Beschwerdeführer haben im kantonalen Rekursverfahren geltend gemacht, die Beschlüsse des Grossen Stadtrates vom 16. November 1964 und des Stadtrates vom 25. Mai 1965 hätten veröffentlicht werden müssen, damit die betroffenen Grundeigentümer dagegen an den Regierungsrat hätten rekurrieren können. In der staatsrechtlichen Beschwerde beanstanden sie, dass der Regierungsrat zu diesem Einwand überhaupt nicht Stellung genommen habe, und sie behaupten, der angefochtene Entscheid sei schon aus diesem Grunde willkürlich und aufzuheben. Damit werfen sie dem Regierungsrat dem Sinne nach formelle Rechtsverweigerung vor, weil ihnen ein im kantonalen Recht vorgesehenes Rechtsmittel abgeschnitten und das im kantonalen Rekursverfahren gestellte Eventualbegehren nicht beurteilt worden sei. Diese Rüge ist unbegründet, ja unverständlich. Die Beschwerdeführer nennen keine Vorschrift des kantonalen Rechts, aus der sich ergäbe, dass und in welcher Weise die erwähnten Beschlüsse hätten publiziert werden müssen. Besteht aber keine solche Vorschrift, so genügte jede Art der Bekanntmachung, die den Betroffenen gestattete, die Beschlüsse gemäss § 26 GSchG an den Regierungsrat weiterzuziehen. Der Stadtrat hat es als zweckmässig erachtet, die Betroffenen bei der erstmaligen Erhebung der Abgabe zu benachrichtigen, und so wurde auf der Rückseite der am 7. Dezember 1965 versandten Rechnungen Ziff. 2 lit. a des Beschlusses des Grossen Stadtrates vom 16. November 1964 im Wortlaut abgedruckt mit dem Beifügen, der Stadtrat habe beschlossen, die Abgabe "ab dem Jahre 1965" zu beziehen. Damit wurde jeder einzelne Betroffene über die erwähnten Beschlüsse unterrichtet und in die Lage versetzt, sie gemäss § 26 GSchG beim Regierungsrate anzufechten. Die heutigen Beschwerdeführer haben das denn auch getan, und der Regierungsrat ist auf ihren Rekurs eingetreten und hat in seinem Entscheid alles geprüft, was gegen die Rechtmässigkeit der Beschlüsse vorgebracht worden war. Es wird in der Beschwerde
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nicht gesagt und ist unerfindlich, was für ein weitergehendes Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführer mit der verlangten Publikation hätte befriedigt werden müssen oder können.
4. Die Beschwerdeführer beanstanden als Verletzung des Art. 4
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einem mit der Überschrift "Reglement" versehenen Erlass über diese Abgabe gesagt sein müsste. b) Die Beschwerdeführer haben ausser durch die auf der Brandversicherungssumme berechnete Abgabe auch durch die Abwassergebühr sowie durch die allgemeinen Steuern an die Erstellung und den Betrieb der Abwasserreinigungsanlage beizutragen. Jeder dieser Beiträge ist indes je nur zur Deckung eines Teils der Aufwendungen der Einwohnergemeinde bestimmt. Mit der Grundeigentümerabgabe wird die eine, mit den Steuern die andere Hälfte der (nach Abzug der kantonalen Subvention verbleibenden) Kosten des Erstausbaus der Abwasserreinigungsanlage gedeckt, während mit der Abwassergebühr der Betrieb der Anlage finanziert wird. Haben die Beschwerdeführer aber in verschiedener Eigenschaft an verschiedene Aufwendungen des Gemeinwesens beizutragen, so kann nicht davon die Rede sein, dass ihre mehrfache Belastung gegen Art. 4
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5. Nach der Rechtsprechung verstösst ein Abgabeerlass, wie ein allgemein verbindlicher Erlass überhaupt, dann gegen Art. 4
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werden könne. Damit machen sie geltend, die in Ziff. 2 des Beschlusses des Stadtrates vom 16. November 1964 getroffene Ordnung treffe rechtliche Unterscheidungen, die sich durch keine vernünftigen Gründe rechtfertigen liessen. a) Die wichtigste Unterscheidung, die der städtische Gesetzgeber getroffen hat, ist jene zwischen den einmaligen Baukosten und den jährlich wiederkehrenden Betriebskosten der Abwasserreinigungsanlage. Die Betriebskosten gehen zulasten der Wasserverbraucher. An die Baukosten zahlt zunächst der Kanton eine Subvention von 35%; vom Rest übernimmt die Stadt die eine Hälfte, während zur Deckung der andern Hälfte den Hauseigentümern eine jährliche Abgabe auferlegt wird, die nachher wegfällt. Der Regierungsrat erblickt in dieser Abgabe eine Vorzugslast. Darunter verstehen Rechtsprechung und Lehre eine Abgabe, die als Beitrag an die Kosten einer öffentlichen Einrichtung denjenigen Personen auferlegt wird, denen aus der Einrichtung wirtschaftliche Sondervorteile erwachsen, so dass ein gewisser Ausgleich in Form eines besondern Kostenbeitrages als gerechtfertigt erscheint (BGE 74 I 224/5 mit Verweisungen; BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts S. 2). Die Belastung der Hauseigentümer mit einer Abgabe zur Deckung der Baukosten der Abwasserreinigungsanlage ist also nicht zu beanstanden, wenn ihnen aus der Erstellung der Anlage ein wirtschaftlicher Sondervorteil erwächst. Das aber darf unbedenklich angenommen werden. Würde das Gemeinwesen die häuslichen Abwasser nicht durch die Kanalisation ableiten, so wären unter heutigen Verhältnissen die Häuser in der Stadt unbewohnbar. Die unschädliche Beseitigung der Abwasser, deren Menge und Verschmutzung dauernd zunehmen, erfordert aber je länger je mehr deren Reinigung. Die Errichtung einer Abwasserreinigungsanlage liegt daher, gleich wie die Erstellung der Kanalisation, auch im Interesse der Hauseigentümer und erhöht den Wert ihrer Gebäude. Dieser geldwerte Sondervorteil wird durch die Sonderlast abgegolten, die dem Hauseigentümer auferlegt wird (vgl. BGE 92 I 457 Erw. 3 c). Die Abgabe trifft ihn, zumal da er sie auf seine Mieter abwälzen kann, nicht unbillig. Sie erscheint auch dann als gerechtfertigt, wenn der Hauseigentümer in seiner Eigenschaft als Wasserverbraucher überdies eine Abwassergebühr als Zuschlag zur Gebühr für den Trinkwasserbezug zu bezahlen hat. Mit der ersten Abgabe bezahlt er den besondern Vorteil, der ihm aus der Erstellung der Abwasserreinigungsanlage
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erwächst, während er mit der Abwassergebühr seinen Beitrag leistet an die Reinigung der Abwässer, die er als Wasserverbraucher der Anlage zuleiten lässt. b) Die weitere Unterscheidung, die der städtische Gesetzgeber getroffen hat, besteht in der Abstufung der den Hauseigentümern auferlegten Beiträge nach der Brandversicherungssumme. Die Kosten einer öffentlichen Einrichtung müssen auf die Nutzniesser dieser Einrichtung nach Massgabe des wirtschaftlichen Sondervorteils verlegt werden, der ihnen aus der Einrichtung erwächst (BGE 74 I 225, BGE 80 I 99) und der bei der Erstellung von Strassen, Kanalisationen usw. in einer Steigerung des Wertes von Grundstücken zum Ausdruck kommt. Diesen Wertzuwachs in jedem einzelnen Falle zu schätzen, wie es an sich wünschbar wäre, erweist sich, schon wegen der meist grossen Zahl der Beitragspflichtigen, aber auch der Natur der Sache nach, als schwierig oder gar unmöglich. Die Praxis hat deshalb schematische, nach der Durchschnittserfahrung aufgestellte Masstäbe geschaffen, die leicht zu handhaben sind, wie etwa die Anstosslänge der Grundstücke oder deren Fläche (bis zu einer gewissen Tiefe) als Masstab für die Festsetzung der Strassenbeiträge. Dass derartige schematische Masstäbe zulässig sind, ist in Rechtsprechung und Lehre anerkannt worden (BGE 74 I 225und nicht veröffentlichtes Urteil vom 1. März 1967 i.S. Wert-Invest-Immobilien AG, Erw. 2 a; FLEINER, Institutionen S. 428/9). Der Stadtrat hat die Beiträge an die Baukosten der Abwasserreinigungsanlage nach Massgabe der Brandversicherungssummen der an die Anlage angeschlossenen Gebäude auf deren Eigentümer verteilt. Der Regierungsrat ist der Auffassung, dieser Masstab sei nicht zu beanstanden, da er in der Schweiz allgemein üblich sei und die Brandversicherungssumme den Bauwert der Gebäude abzüglich Altersentwertung repräsentiere. Den Beschwerdeführern gehe es gar nicht um eine gerechtere Verteilung des Anteils der Hauseigentümer, sondern um die Abwälzung dieses Anteils auf die Wasserverbraucher. Der Wasserverbrauch sei indes nicht immer (z.B. nicht bei Gärtnereien) ein Indiz für die Abwasserproduktion. Er eigne sich wohl als Masstab für die Festsetzung der Betriebskostenbeiträge. Für die Baukostenbeiträge dagegen stelle man besser auf ein weniger variables Kriterium ab, würden doch mit ihnen
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dauerhafte Einrichtungen mit dauerhaften Vorteilen für alle Grundeigentümer geschaffen. In der staatsrechtlichen Beschwerde wird zur Begründung des Einwands, dass die Brandversicherungssumme kein "wertgerechtes Kriterium" zur Festsetzung der Beiträge sei, ausgeführt: Bei der Bemessung der Brandversicherungssumme werde auch die Brandgefahr berücksichtigt, namentlich bei Hotels und bei Chaletbauten; ein hölzernes Einfamilienhaus habe einen höheren Brandversicherungswert als ein grösseres Steinhaus, während Wasserverbrauch und Abwasserbildung bei ersterem niedriger seien als bei letzterem. Gewerbliche Bauten mit kleinem Brandversicherungswert produzierten mehr Abwässer als Wohnbauten mit höherem Brandversicherungswert. Ein Neubau mit 4 Wohnungen sei höher eingeschätzt als ein Altbau mit 8 Wohnungen. Ferner sei der Brandversicherungswert von Einfamilienhäusern verhältnismässig höher als derjenige von einfacher gebauten Mehrfamilienhäusern. Verschiedene Hausbesitzer schlössen sodann Neuwertversicherungen ab mit einem zwei- bis dreifach höheren Versicherungswert als vorher. Diese zum Teil übrigens unbewiesenen Behauptungen sind nicht geeignet, die Bemessung der Beiträge der Hauseigentümer nach Massgabe der Brandversicherungssummen ihrer Gebäude als mit Art. 4
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BGE 93 I 106 S. 116
Bedenken, als einzelne der in der Beschwerde dagegen vorgebrachte Argumente offensichtlich unrichtig sind. So widerspricht die Behauptung, bei der Einschätzung der Häuser werde die Brandgefahr berücksichtigt, klar den §§ 9 und 15 des Gesetzes vom 17. Juli 1922 über die Brandversicherungsanstalt. Ferner geht der Hinweis auf die von zahlreichen Hauseigentümern abgeschlossenen Neuwertversicherungen fehl, da der Beschluss des Stadtrates vom 25. Mai 1965 ausdrücklich bestimmt, der Beitrag sei "auf der ordentlichen Brandversicherungssumme ohne Berücksichtigung des Neuwertzuschlags zu berechnen".
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.