91 III 27
6. Entscheid vom 18. März 1965 i.S. von Tobel.
Regeste (de):
- Anfechtung des Arrestbefehls. Art. 279 Abs. 1 SchKG.
- Von Bundes wegen ist gegen die Verweigerung eines Arrestgesuches kein Rechtsmittel gegeben; es steht aber den Kantonen frei, für diesen Fall Rechtsmittel einzuräumen.
Regeste (fr):
- Recours contre l'ordonnance de séquestre. Art. 279 al. 1 LP.
- Le droit fédéral ne prévoit pas de recours contre le rejet d'une requête de séquestre; mais les cantons peuvent le faire.
Regesto (it):
- Impugnazione del decreto di sequestro. Art. 279 cpv. 1 LEF.
- Il diritto federale non prevede nessun rimedio giuridico contro la reiezione di una istanza di sequestro; i cantoni hanno tuttavia la facoltà di istituirlo.
Sachverhalt ab Seite 27
BGE 91 III 27 S. 27
Margherita Grattarola-Malugani in Margno (Italien) ist gemeinsam mit ihrer Schwester Giovanna Haefliger-Malugani in Zürich Erbin ihres am 13. Januar 1964 verstorbenen Vaters Carlo Malugani. Letzter Wohnsitz des Erblassers war Locarno; der Nachlass ist noch nicht geteilt. Dr. Karl von Tobel ist Inhaber einer Schuldanerkennung der Margherita Grattarola über Fr. 15'000.--. Gestützt darauf verlangte er am 15. Januar 1965 beim Präsidium des Bezirksgerichtes Weinfelden einen Arrestbefehl nach Art. 271 Ziff. 4
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 271 - 1 Der Gläubiger kann für eine fällige Forderung, soweit diese nicht durch ein Pfand gedeckt ist, Vermögensstücke des Schuldners, die sich in der Schweiz befinden, mit Arrest belegen lassen:469 |
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1 | Der Gläubiger kann für eine fällige Forderung, soweit diese nicht durch ein Pfand gedeckt ist, Vermögensstücke des Schuldners, die sich in der Schweiz befinden, mit Arrest belegen lassen:469 |
1 | wenn der Schuldner keinen festen Wohnsitz hat; |
2 | wenn der Schuldner in der Absicht, sich der Erfüllung seiner Verbindlichkeiten zu entziehen, Vermögensgegenstände beiseite schafft, sich flüchtig macht oder Anstalten zur Flucht trifft; |
3 | wenn der Schuldner auf der Durchreise begriffen ist oder zu den Personen gehört, welche Messen und Märkte besuchen, für Forderungen, die ihrer Natur nach sofort zu erfüllen sind; |
4 | wenn der Schuldner nicht in der Schweiz wohnt, kein anderer Arrestgrund gegeben ist, die Forderung aber einen genügenden Bezug zur Schweiz aufweist oder auf einer Schuldanerkennung im Sinne von Artikel 82 Absatz 1 beruht; |
5 | wenn der Gläubiger gegen den Schuldner einen provisorischen oder einen definitiven Verlustschein besitzt; |
6 | wenn der Gläubiger gegen den Schuldner einen definitiven Rechtsöffnungstitel besitzt. |
2 | In den unter den Ziffern 1 und 2 genannten Fällen kann der Arrest auch für eine nicht verfallene Forderung verlangt werden; derselbe bewirkt gegenüber dem Schuldner die Fälligkeit der Forderung. |
3 | Im unter Absatz 1 Ziffer 6 genannten Fall entscheidet das Gericht bei ausländischen Entscheiden, die nach dem Übereinkommen vom 30. Oktober 2007473 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind, auch über deren Vollstreckbarkeit.474 |
SR 281.41 Verordnung vom 17. Januar 1923 über die Pfändung und Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen (VVAG) VVAG Art. 1 - 1 Hat der betriebene Schuldner am Vermögen einer ungeteilten Erbschaft, Gemeinderschaft, Kollektivgesellschaft, Kommanditgesellschaft oder ähnlichen Gemeinschaft Anteil, so kann sich die Pfändung des Anteilsrechtes nur auf den ihm bei der Liquidation der Gemeinschaft zufallenden Liquidationsanteil erstrecken, und zwar auch dann, wenn das gemeinschaftliche Vermögen aus einem einzigen Gegenstand besteht. |
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1 | Hat der betriebene Schuldner am Vermögen einer ungeteilten Erbschaft, Gemeinderschaft, Kollektivgesellschaft, Kommanditgesellschaft oder ähnlichen Gemeinschaft Anteil, so kann sich die Pfändung des Anteilsrechtes nur auf den ihm bei der Liquidation der Gemeinschaft zufallenden Liquidationsanteil erstrecken, und zwar auch dann, wenn das gemeinschaftliche Vermögen aus einem einzigen Gegenstand besteht. |
2 | Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner am Vermögen einer einfachen Gesellschaft Anteil hat und nicht im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vereinbart worden ist, das Gesellschaftsvermögen stehe im Miteigentum der Gesellschafter. |
3 | Der periodische zukünftige Ertrag (Zinse, Honorar, Gewinnanteile) eines Gemeinschaftsvermögens kann jeweilen nur auf die Dauer eines Jahres besonders gepfändet werden. |
SR 281.41 Verordnung vom 17. Januar 1923 über die Pfändung und Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen (VVAG) VVAG Art. 2 - 1 Zuständig zur Pfändung des Anteilsrechts und des Ertrages ist das Betreibungsamt des Wohnorts des Schuldners, auch wenn sich das Gemeinschaftsvermögen oder Teile desselben (Grundstücke oder Fahrnis) in einem andern Betreibungskreis befinden. |
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1 | Zuständig zur Pfändung des Anteilsrechts und des Ertrages ist das Betreibungsamt des Wohnorts des Schuldners, auch wenn sich das Gemeinschaftsvermögen oder Teile desselben (Grundstücke oder Fahrnis) in einem andern Betreibungskreis befinden. |
2 | Befindet sich der Wohnort des Schuldners im Ausland, so ist zur Pfändung des Anteilsrechts an einer unverteilten Erbschaft und des Ertrages daraus das Betreibungsamt am letzten Wohnsitz des Erblassers zuständig. Hat der Erblasser keinen letzten Wohnsitz in der Schweiz und besteht eine Zuständigkeit in der Schweiz nach Artikel 87 des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 19874 über das Internationale Privatrecht, so ist jedes Betreibungsamt, in dessen Betreibungskreis sich Vermögenswerte befinden, zuständig.5 |
BGE 91 III 27 S. 28
Weder Schuldnerin noch Erblasser hätten im massgebenden Zeitpunkt Wohnsitz in Weinfelden verzeigt. Am 23. Januar 1965 reichte Dr. von Tobel gegen diesen Entscheid Beschwerde ein mit dem Begehren, es sei der Arrest zu bewilligen, und es sei festzustellen, dass die Zustellung des angefochtenen Entscheides an die Miteigentümerin Frau Giovanna Haefliger zu Unrecht erfolgt sei. Mit Entscheid vom 1. März 1965 hat die Rekurs-Kommission des Kantons Thurgau die Beschwerde abgewiesen, soweit sie darauf eintreten konnte. Der Begründung ist zu entnehmen: Die Vorinstanz habe das Bestehen eines Arrestforums im Bezirk Weinfelden zu Recht verneint. Ob in Locarno ein Arrestforum gegeben sei, sei hier nicht zu entscheiden. Der Beschwerdeführer sei durch die Mitteilung der Arrestverweigerung an Frau Haefliger nicht beschwert und habe kein Interesse daran, sie nachträglich durch die Aufsichtsbehörde als rechtswidrig bezeichnen zu lassen. Auf dieses Begehren sei daher nicht einzutreten.
Gegen diesen Entscheid erhebt Dr. von Tobel Rekurs bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichtes. Er beantragt, es sei der nachgesuchte Arrest zu bewilligen und dem Rekurrenten die per Nachnahme bezahlten Fr. 12.60 zurückzuerstatten. Er macht insbesondere geltend, ein in Locarno erwirkter Arrest sei durch die Aufsichtsbehörde des Kantons Tessin aufgehoben worden. Wenn nun auch die Ablehnung der Thurgauer Aufsichtsbehörden geschützt würde, so ergäbe sich der Fall einer Rechtsverweigerung. Gemäss Art. 69
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 69 - 1 Nach Empfang des Betreibungsbegehrens erlässt das Betreibungsamt den Zahlungsbefehl. |
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1 | Nach Empfang des Betreibungsbegehrens erlässt das Betreibungsamt den Zahlungsbefehl. |
2 | Der Zahlungsbefehl enthält: |
1 | die Angaben des Betreibungsbegehrens; |
2 | die Aufforderung, binnen 20 Tagen den Gläubiger für die Forderung samt Betreibungskosten zu befriedigen oder, falls die Betreibung auf Sicherheitsleistung geht, sicherzustellen; |
3 | die Mitteilung, dass der Schuldner, welcher die Forderung oder einen Teil derselben oder das Recht, sie auf dem Betreibungswege geltend zu machen, bestreiten will, innerhalb zehn Tagen nach Zustellung des Zahlungsbefehls dem Betreibungsamte dies zu erklären (Rechtsvorschlag zu erheben) hat; |
4 | die Androhung, dass, wenn der Schuldner weder dem Zahlungsbefehl nachkommt, noch Rechtsvorschlag erhebt, die Betreibung ihren Fortgang nehmen werde. |
Erwägungen
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1. Gegen den Arrestbefehl findet weder Berufung noch Beschwerde statt (Art. 279 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 279 - 1 Hat der Gläubiger nicht schon vor der Bewilligung des Arrestes Betreibung eingeleitet oder Klage eingereicht, so muss er dies innert zehn Tagen nach Zustellung der Arresturkunde tun. |
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1 | Hat der Gläubiger nicht schon vor der Bewilligung des Arrestes Betreibung eingeleitet oder Klage eingereicht, so muss er dies innert zehn Tagen nach Zustellung der Arresturkunde tun. |
2 | Erhebt der Schuldner Rechtsvorschlag, so muss der Gläubiger innert zehn Tagen, nachdem ihm das Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls |
3 | Hat der Schuldner keinen Rechtsvorschlag erhoben, so muss der Gläubiger innert 20 Tagen, nachdem ihm das Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls zugestellt worden ist, das Fortsetzungsbegehren stellen. Wird der Rechtsvorschlag nachträglich beseitigt, so beginnt die Frist mit der rechtskräftigen Beseitigung des Rechtsvorschlags. Die Betreibung wird, je nach der Person des Schuldners, auf dem Weg der Pfändung oder des Konkurses fortgesetzt.487 |
4 | Hat der Gläubiger seine Forderung ohne vorgängige Betreibung gerichtlich eingeklagt, so muss er die Betreibung innert zehn Tagen nach Eröffnung des Entscheids einleiten. |
5 | Die Fristen dieses Artikels laufen nicht: |
1 | während des Einspracheverfahrens und bei Weiterziehung des Einsprachenentscheides; |
2 | während des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung nach dem Übereinkommen vom 30. Oktober 2007488 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen und bei Weiterziehung des Entscheides über die Vollstreckbarerklärung.489 |
BGE 91 III 27 S. 29
Der Rekurrent geht - ohne Begründung - davon aus, er könne den (den Arrest verweigernden) Entscheid der Aufsichtsbehörde des Kantons Thurgau mit Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichtes weiterziehen. Er irrt. Wegen unbegründeter Verweigerung des Arrestbefehls ist von Bundes wegen kein Rechtsmittel gegeben. Denn die Arrestbehörde gehört nicht zum Behördenorganismus der Schuldbetreibung als solcher, sondern stellt nur ein Hilfsorgan der letztern dar. Sie steht deshalb auch nicht unter der Aufsichtsbehörde (BLUMENSTEIN, Handbuch, S. 836; BONNARD, Le séquestre d'après la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, S. 115; JUD, Die Entwicklung der Rechtsprechung zum Arrestrecht des SchKG, S. 35). Das Bundesgericht hat daher als eidgenössische Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen keine Möglichkeit, eine Arrestbehörde anzuweisen, den Arrest zu bewilligen und den Arrestbefehl zu erlassen.
2. Der Rekurrent sieht eine formelle Rechtsverweigerung darin, dass weder in Weinfelden noch in Locarno ein Arrest bewilligt werde. Dieser angeblichen Rechtsverweigerung ist indessen nicht mit einem Rekurs nach Art. 17 ff
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 17 - 1 Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25 |
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1 | Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25 |
2 | Die Beschwerde muss binnen zehn Tagen seit dem Tage, an welchem der Beschwerdeführer von der Verfügung Kenntnis erhalten hat, angebracht werden. |
3 | Wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden. |
4 | Das Amt kann bis zu seiner Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen. Trifft es eine neue Verfügung, so eröffnet es sie unverzüglich den Parteien und setzt die Aufsichtsbehörde in Kenntnis.26 |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
3. Der Rekurrent beanstandet schliesslich seine Belastung mit Gebühren. Wie schon in BGE 81 III 36 mit einlässlicher Begründung dargelegt, haben die Aufsichtsbehörden nicht darüber zu entscheiden, ob eine Arrestbehörde den Gebührentarif richtig angewendet habe.
Dispositiv
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Auf den Rekurs wird nicht eingetreten.