Urteilskopf

88 I 190

32. Urteil vom 10. Juli 1962 i.S. Centralschweizerische Kraftwerke AG und Schweizerische Bundesbahnen gegen Niederöst, Reichlin und Inderbitzin.
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Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 190

BGE 88 I 190 S. 190

A.- Franz Niederöst, Martin Reichlin und Lorenz Inderbitzin (nachfolgend: Kläger) sind Eigentümer dreier aneinandergrenzender Liegenschaften mit Wohnhäusern in Ingenbohl.
BGE 88 I 190 S. 191

Um 1950 erstellte die Aare-Tessin AG (Atel) eine Starkstromleitung, die im Abstand von etwa 15 m an der Häusergruppe der Kläger vorbeiführt. Die Kläger erhoben weder Einsprachen gegen den Bau der Leitung noch Entschädigungsansprüche. Im Jahre 1959 genehmigte das Eidg. Starkstrominspektorat die Pläne für den Bau einer gemeinsamen Starkstromleitung der CKW und der SBB (nachfolgend: Beklagte) von Göschenen nach Mettlen, die in einem Abstand von 22-27 m den Liegenschaften der Kläger entlang führt. Die Beklagten konnten die Durchleitungsrechte für den Bau dieser über 70 km langen Leitung zur Hauptsache freihändig erwerben; nur 9 Grundeigentümer in den Gemeinden Morschach und Lauerz widersetzten sich. Am 18. August 1959 bewilligte der Präsident der Eidg. Schätzungskommission des Kreises V den Beklagten die Durchführung des abgekürzten Enteignungsverfahrens gegen diese 9 Grundeigentümer. Sieben von ihnen erhoben Einsprachen, worauf die Beklagten den Bundesrat um die Erteilung des Enteignungsrechts ersuchten. Mit Entscheid vom 29. März 1960 wies der Bundesrat die Einsprachen ab und erteilte den Beklagten die nachgesuchten Enteignungsrechte gegen die sieben Einsprecher. In den Erwägungen dieses Entscheids wird im Hinblick auf die Voraussetzungen der Enteignung (Art. 1 Abs. 1
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 1
1    Das Enteignungsrecht kann geltend gemacht werden für Werke, die im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen Teils des Landes liegen, sowie für andere im öffentlichen Interesse liegende Zwecke, sofern sie durch ein Bundesgesetz anerkannt sind.
2    Das Enteignungsrecht kann nur geltend gemacht werden, wenn und soweit es zur Erreichung des Zweckes notwendig ist.
EntG) u.a. festgestellt, dass die fragliche Leitung eine wichtige Teilstrecke in der Planung des schweizerischen Höchstspannungsnetzes bilde und ihre Notwendigkeit unbestreitbar sei. Inzwischen hatten die Beklagten im September 1959 mit dem Bau der Leitung begonnen. Noch im gleichen Monat wandten sich die Kläger an die Beklagten und machten geltend, dass ihre Liegenschaften nunmehr zwischen zwei unschönen und insbesondere bei Föhn gefährlichen Starkstromleitungen lägen und deswegen stark entwertet seien. Die Beklagten bestritten grundsätzlich jede Entschädigungspflicht, erklärten sich jedoch mit weiteren
BGE 88 I 190 S. 192

Verhandlungen, eventuell unter Einholung eines Rechtsgutachtens, einverstanden und teilten den Klägern schliesslich am 23. Oktober 1959 mit, sie würden die Angelegenheit der Rechtskommission des Verbandes Schweizerischer Elektrizitätswerke zur Prüfung unterbreiten. Die Kläger erwiderten, sie betrachteten diese Stelle nicht als neutral, und schlugen eine Begutachtung durch Professor Nef, Zürich, vor. Am 22. Januar 1960 boten die Beklagten den Klägern vergleichsweise eine Abfindung von insgesamt Fr. 1500.-- nebst Anwaltskosten an und ersuchten, als die Kläger ablehnten, um einen Gegenvorschlag. Die Kläger verlangten hierauf mit Schreiben vom 15. Februar und 31. März 1960 eine Entschädigung von zusammen Fr. 45'000. - nebst Anwaltskosten, erklärten sich aber eventuell bereit, die prinzipielle Entschädigungspflicht durch ein Rechtsgutachten und die Höhe des Schadens durch einen Architekten abklären zu lassen. Die Beklagten antworteten am 22. April 1960, sie würden zu diesen Vorschlägen demnächst Stellung nehmen, und schrieben dann am 3. Juni 1960, dass sie nach wie vor ihre Entschädigungspflicht bestritten, aber bereit seien, die Angelegenheit nach Fertigstellung der Leitung nochmals in aller Sachlichkeit zu überprüfen. Die Kläger erwiderten am 10. Juni 1960, sie hätten sich inzwischen zur Einholung eines Rechtsgutachtens entschlossen und kämen nach Eingang desselben wieder auf die Sache zurück. Am 3. Mai 1961 luden die Beklagten die Kläger auf den 16. Mai 1961 zu einem Augenschein ein, wo "Ihre seinerzeit angemeldeten Wünsche... besprochen werden können". Über die an diesem Augenschein geführten Verhandlungen liegen handschriftliche Notizen des Vertreters der Kläger vor. Danach haben die anwesenden Beamten des Eidg. Starkstrominspektorates die Leitung in Ordnung befunden und hat der Vertreter der Beklagten erklärt, die Kläger müssten sich die Leitung eben gefallen lassen; ferner ist am Schluss der Notizen vermerkt: "Man wartet nun unsere Stellungnahme in Verbindung mit dem Rechtsgutachten ab".
BGE 88 I 190 S. 193

Weitere Verhandlungen wurden zwischen den Parteien nicht geführt. Nachdem drei Rechtslehrer die Abgabe eines Gutachtens abgelehnt hatten, erhielten die Kläger am 23. Oktober 1961 von Prof. Huber, Bern, eine (allerdings nur vorläufige und summarische) gutachtliche Äusserung.
B.- Mit Eingabe vom 27. November 1961 stellten die Kläger beim Präsidenten der Eidg. Schätzungskommission des V. Kreises das Begehren, die Beklagten seien zu verpflichten, den drei Klägern eine Entschädigung von je Fr. 15'000.--, total somit Fr. 45'000. - nebst Verzugszinsen, eventuell wie viel, zu bezahlen. Zur Begründung machten sie unter Berufung auf Art. 684
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 684 - 1 Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
1    Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
2    Verboten sind insbesondere alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Einwirkungen durch Luftverunreinigung, üblen Geruch, Lärm, Schall, Erschütterung, Strahlung oder durch den Entzug von Besonnung oder Tageslicht.597
ZGB und Art. 5
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 5
1    Gegenstand des Enteignungsrechtes können dingliche Rechte an Grundstücken sowie die aus dem Grundeigentum hervorgehenden Nachbarrechte, ferner die persönlichen Rechte von Mietern und Pächtern des von der Enteignung betroffenen Grundstückes sein.
2    Diese Rechte können dauernd oder vorübergehend entzogen oder beschränkt werden.
EntG geltend, dass die neue Starkstromleitung eine übermässige Einwirkung auf ihre Grundstücke zur Folge habe und deren weitere Überbauung verunmögliche. Die Beklagten beantragten die Abweisung des Begehrens. Sie bestritten das Vorliegen der Voraussetzungen von Art. 41 Abs. 1
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG für die Geltendmachung nachträglicher Entschädigungsforderungen und wendeten eventuell ein, solche Forderungen seien gemäss Art. 41 Abs. 2
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG verwirkt. Mit Entscheid vom 8. Januar 1962 wies der Präsident der Schätzungskommission die Verwirkungseinrede ab und eröffnete das Enteignungsverfahren. Er nahm an, die von den Klägern behauptete Verletzung von Nachbarrechten sei gemäss Art. 5
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 5
1    Gegenstand des Enteignungsrechtes können dingliche Rechte an Grundstücken sowie die aus dem Grundeigentum hervorgehenden Nachbarrechte, ferner die persönlichen Rechte von Mietern und Pächtern des von der Enteignung betroffenen Grundstückes sein.
2    Diese Rechte können dauernd oder vorübergehend entzogen oder beschränkt werden.
EntG im Enteignungsverfahren zu behandeln, dessen Eröffnung von den Klägern auf Grund von Art. 41 lit. c
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
und 66
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 66
1    Kommt im Einigungsverfahren keine Einigung zustande, so leitet der Präsident der Schätzungskommission von Amtes wegen das Schätzungsverfahren ein.
2    Mit Zustimmung der Parteien kann das Schätzungsverfahren jedoch bis nach Fertigstellung des Werkes verschoben werden.
lit. b EntG verlangt werden könne. Die Ansprüche der Kläger seien nicht verwirkt; die Frist des Art. 41 Abs. 2
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EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG würde nur zu laufen begonnen haben, wenn die Beklagten die klägerischen Ansprüche eindeutig abgelehnt hätten, was nach den Akten nie geschehen sei.
C.- Die Beklagten ziehen diesen Entscheid an das Bundesgericht weiter mit dem Antrag, ihn und das mit ihm eröffnete Enteignungsverfahren aufzuheben. Zur Begründung bringen sie vor:
BGE 88 I 190 S. 194

a) Die Voraussetzungen von Art. 41 lit. c
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EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG für die Geltendmachung nachträglicher Entschädigungsansprüche seien vorliegend nicht erfüllt. Die Kläger hätten die von ihnen behauptete Schädigung schon beim Baubeginn (September 1959) voraussehen und anmelden können. Auch das Ausmass des Schadens hätten sie längst gekannt, da sie ja den heute verlangten Betrag von Fr. 45'000. - schon am 15. Februar 1960 genannt hätten. b) Sollten ihre Begehren dennoch als nachträgliche Entschädigungsforderungen im Sinne von Art. 41 lit. c
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EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG zu betrachten sein, so wären sie verwirkt. Die Verwirkungsfrist beginne mit der Kenntnis von der Schädigung an zu laufen ungeachtet allfälliger Verhandlungen des Enteigners mit dem Enteigneten. Einen Zweifel über die Ablehnung ihrer Ansprüche von Seiten der Beklagten hätten die Kläger übrigens nie hegen können, jedenfalls nicht mehr nach dem eindeutigen Schreiben der Beklagten vom 3. Juni 1960 und vollends nicht mehr nach dem Augenschein vom 16. Mai 1961, wo die Beklagten erneut jede Entschädigungsforderung abgelehnt hätten.
D.- Die Kläger beantragen die Abweisung des Weiterzugsbegehrens. Sie berufen sich auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheids und machen weiter geltend, dass eine Planauflage mit Ansetzung einer Eingabefrist nie erfolgt sei und daher eine Verwirkungsfrist nach Art. 41 Abs. 2
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EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG nie zu laufen begonnen habe.
Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Im vorliegenden Weiterzugsverfahren ist einzig die Rechtsfrage zu beurteilen, ob das Enteignungsverfahren gegen die Beklagten zu eröffnen oder diese Eröffnung wegen Verwirkung der klägerischen Ansprüche abzulehnen sei. Es ist daher von einem Urteilsentwurf des Instruktionsrichters nach Art. 84
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EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG abzusehen und die Sache unmittelbar durch das Bundesgericht zu entscheiden (BGE 82 I 56 Erw. 2). Eine mündliche Verhandlung ist von den
BGE 88 I 190 S. 195

Parteien nicht verlangt worden (Art. 85 Abs. 2
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG). Eine solche von Amtes wegen anzuordnen, besteht kein Anlass.
2. Die Starkstromleitung Göschenen-Mettlen ist ein Werk von öffentlichem Interesse im Sinne von Art. 1
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EntG Art. 1
1    Das Enteignungsrecht kann geltend gemacht werden für Werke, die im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen Teils des Landes liegen, sowie für andere im öffentlichen Interesse liegende Zwecke, sofern sie durch ein Bundesgesetz anerkannt sind.
2    Das Enteignungsrecht kann nur geltend gemacht werden, wenn und soweit es zur Erreichung des Zweckes notwendig ist.
EntG, für welches den Beklagten, die sie gemeinsam erstellt haben, das Enteignungsrecht nach Bundesrecht zusteht. Das ist inbezug auf die CKW im Entscheid des Bundesrates vom 29. März 1960 (Erw. B/1) festgestellt worden, während es sich für die SBB, wie ebenfalls in diesem Entscheid (Erw. A/1) ausgeführt ist, aus Art. 3 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 ergibt.
Der Umstand, dass die Beklagten für den Bau und Betrieb der Leitung Träger des (eidgenössischen) Enteignungsrechts sind, hat zur Folge, dass nachteilige Einwirkungen, die der bestimmungsgemässe Betrieb der Anlage für die Nachbarschaft hat und die sich nicht oder nicht leicht vermeiden lassen, durch das Enteignungsrecht gedeckt sind. Die betroffenen Nachbarn müssen sich diese Einwirkungen gefallen lassen und können sich gegen sie nicht mit Unterlassungs- und Schadenersatzklagen auf Grund des Nachbarrechts des ZGB zur Wehr setzen. An die Stelle dieser zivilrechtlichen Klagen tritt der Anspruch auf öffentlich-rechtliche Entschädigung, der sich nach den Grundsätzen des Enteignungsrechtes bestimmt und vor den Enteignungsbehörden geltend zu machen ist (BGE 62 I 11und 269,BGE 64 I 231/2 und 381,BGE 66 I 141Erw. 3,BGE 79 I 203; Verwaltungsentscheide der Bundesbehörden [VE] 1940 Nr. 46). Im vorliegenden Fall ist nicht streitig, dass die behaupteten nachteiligen Einwirkungen, wegen welcher die Kläger Entschädigungsforderungen geltend machen, eine notwendige Folge des bestimmungsgemässen Betriebs der Leitungsanlage sind. Damit erscheinen die Entschädigungsforderungen als enteignungsrechtlich und es scheidet, entgegen der von den Beklagten in ihrer nachträglichen Eingabe vom 13. Juni 1962 geäusserten Auffassung, die Zuständigkeit
BGE 88 I 190 S. 196

des Zivilrichters unter dem einzigen Vorbehalt von Art. 69
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 69
1    Wird der Bestand des Rechtes, für das eine Entschädigung verlangt wird, bestritten, so wird das Verfahren ausgesetzt und dem Enteigner eine Frist zur Klageerhebung beim ordentlichen Richter angesetzt, mit der Androhung, dass bei Nichtbeachtung der Frist das Recht als bestehend betrachtet wird. Auf Begehren einer Partei kann eine vorsorgliche Schätzung stattfinden.
2    Die Parteien können jedoch durch ausdrückliche Erklärung den Entscheid auch über den Bestand des Rechtes der Schätzungskommission anheim stellen; die Beschwerde (Art. 77 ff.) bleibt auch insofern vorbehalten.77
EntG aus.
3. Wenn der Bau und Betrieb eines Werkes, für welches das Enteignungsrecht beansprucht werden kann, nachteilige Einwirkungen auf die Nachbarschaft hat, versagen die Rechtsbehelfe des Privatrechts auch dann, wenn das Unternehmen das für die Errichtung des Werks erforderliche Grundeigentum freihändig erworben hat, keine Nachbarrechte zu verletzen glaubte und deshalb das Enteignungsverfahren nicht eingeleitet hat (vgl.BGE 79 I 203und HESS N. 5 zu Art. 5
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EntG Art. 5
1    Gegenstand des Enteignungsrechtes können dingliche Rechte an Grundstücken sowie die aus dem Grundeigentum hervorgehenden Nachbarrechte, ferner die persönlichen Rechte von Mietern und Pächtern des von der Enteignung betroffenen Grundstückes sein.
2    Diese Rechte können dauernd oder vorübergehend entzogen oder beschränkt werden.
EntG). Doch können die betroffenen Nachbarn in diesem Falle ihre öffentlichrechtlichen Entschädigungsansprüche nicht ohne weiteres gestützt auf Art. 41 lit. c
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EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
und 66
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 66
1    Kommt im Einigungsverfahren keine Einigung zustande, so leitet der Präsident der Schätzungskommission von Amtes wegen das Schätzungsverfahren ein.
2    Mit Zustimmung der Parteien kann das Schätzungsverfahren jedoch bis nach Fertigstellung des Werkes verschoben werden.
lit. b EntG durch nachträgliche Eingaben an die Schätzungskommission geltend machen, da solche Eingaben ein vom Enteigneten durch Planauflage oder persönliche Anzeigen eingeleitetes Enteignungsverfahren voraussetzen und die Schätzungskommission nicht befugt ist, das Werkunternehmen zur Einleitung dieses Verfahrens anzuhalten; diese Befugnis steht nur dem Bundesrat zu (BGE 67 I 172unten, VE 1948/50 Nr. 180).
Die Beklagten haben das Recht zur Überspannung der Grundstücke in Ingenbohl, welche an die Liegenschaften der Kläger grenzen, seinerzeit freihändig erworben. Dagegen waren sie genötigt, gegenüber 9 Grundeigentümern in zwei andern Gemeinden des Kantons Schwyz das Enteignungsverfahren einzuleiten, wobei ihnen das abgekürzte Verfahren nach Art. 33 ff
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EntG Art. 33
1    Folgende Begehren sind innerhalb der Einsprachefrist von 30 Tagen geltend zu machen:
a  Einsprachen gegen die Enteignung;
b  Begehren nach den Artikeln 7-10;
c  Begehren um Sachleistung (Art. 18);
d  Begehren um Ausdehnung der Enteignung (Art. 12);
e  die geforderte Enteignungsentschädigung.
2    Zur Anmeldung von Forderungen innerhalb der Einsprachefrist sind auch die Mieter und Pächter sowie die Dienstbarkeitsberechtigten und die Gläubiger aus vorgemerkten persönlichen Rechten (Art. 23 und 24 Abs. 2) verpflichtet. Pfandrechte und Grundlasten, die auf einem in Anspruch genommenen Grundstück haften, sind nicht anzumelden, Nutzniessungsrechte nur, soweit behauptet wird, aus dem Entzuge des Nutzniessungsgegenstandes entstehe Schaden (Art. 24).
3    Die geforderte Enteignungsentschädigung nach Absatz 1 Buchstabe e und Absatz 2 ist nach den Bestandteilen von Artikel 19 aufzugliedern und möglichst zu beziffern. Die Entschädigungsbegehren können im folgenden Einigungsverfahren noch konkretisiert werden.
4    Soweit sich die enteigneten Rechte aus der Grunderwerbstabelle ergeben oder offenkundig sind, werden sie von der Schätzungskommission auch ohne Anmeldung geschätzt.
. EntG bewilligt wurde. Ferner mussten sie den Bundesrat um die Gewährung des Enteignungsrechts ersuchen. Wenn ihnen der Bundesrat im Dispositiv seines Entscheids das Enteignungsrecht nur soweit erteilt hat, als es nach dem Begehren der Beklagten gegenüber den damaligen Einsprechern erforderlich war, hat er mit der bereits erwähnten Feststellung in Erwägung B/1 doch ohne jeden Zweifel die ganze Leitungsanlage zum Werk von öffentlichem Interesse erklärt. Etwas
BGE 88 I 190 S. 197

anderes wäre auch gar nicht denkbar, da es sich bei der Starkstromleitung Göschenen-Mettlen um ein einheitliches, von den SBB und den CKW gemeinsam unternommenes Werk handelt. Ist aber ein wenn auch nur beschränktes Enteignungsverfahren durchgeführt und in diesem festgestellt worden, dass den Beklagten das Enteignungsrecht zusteht, so besteht kein Grund, sie durch Anrufung des Bundesrates zur (nochmaligen) Einleitung eines Enteignungsverfahrens zu veranlassen, zumal da die Leitung bereits erstellt ist und die Erhebung einer auf Verschiebung des Trasses gerichteten, vom Bundesrat zu beurteilenden Einsprache heute nicht mehr in Frage kommt (Art. 39 Abs. 1
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 39
1    Die zuständige Behörde prüft das Gesuch um Eröffnung eines selbständigen Enteignungsverfahrens und fordert vom Enteigner die erforderlichen Unterlagen an.
2    Sie kann insbesondere die Unterlagen gemäss Artikel 28 und persönliche Anzeigen gemäss Artikel 31 verlangen.
EntG). Die Kläger sind vielmehr berechtigt, ihre Entschädigungsansprüche ohne weiteres bei der Schätzungskommission anzumelden, sofern dies nicht, wie die Beklagten behaupten, nach Art. 41
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG ausgeschlossen ist.
4. Die Beklagten wenden ein, dass die Voraussetzungen von Art. 41 lit. c
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG für die Geltendmachung nachträglicher Entschädigungsforderungen vorliegend nicht erfüllt, allfällige derartige Forderungen aber jedenfalls nach Art. 41 Abs. 2
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG verwirkt seien. a) Art. 41
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG bezieht sich auf die Versäumung der mit der öffentlichen Planauflage oder im abgekürzten Verfahren mit der persönlichen Anzeige angesetzten Eingabefrist und bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Entschädigungsforderungen auch nach Ablauf dieser Frist noch geltend gemacht werden können, wobei er, wie im nicht veröffentlichten Urteil vom 9. Dezember 1938 i.S. Kalt c. Aarewerke AG (S. 7) festgestellt worden ist, die Fälle, in denen die Möglichkeit einer nachträglichen Forderungseingabe besteht, abschliessend aufzählt. Art. 41
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG und die in Abs. 2 vorgesehene Verwirkungsfrist ist daher nicht anwendbar, wenn ein Entschädigungsanspruch innert der Eingabefrist angemeldet, seine Beurteilung aber auf später verschoben worden ist, da in diesem Falle die Eingabefrist nicht versäumt worden ist (BGE 71 I 300
BGE 88 I 190 S. 198

Erw. 5). Von einer Versäumung der Eingabefrist kann aber auch dann nicht gesprochen werden, wenn dem Geschädigten eine solche Frist weder durch öffentliche Planauflage noch durch persönliche Anzeige angesetzt worden ist. Art. 41
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG ist daher jedenfalls nach seinem Wortlaut auf die Entschädigungsansprüche der Kläger nicht anwendbar (wie die Beklagten in ihrer Eingabe an die Schätzungskommission S. 3 Mitte selber bemerkt haben). Eine entsprechende Anwendung von Art. 41
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG auf Fälle, in denen keine Eingabefrist angesetzt wurde, kommt nur in Frage, wenn man annimmt, diese Bestimmung stelle den allgemeinen Grundsatz auf, dass enteignungsrechtliche Entschädigungsansprüche ohne Ausnahme unverzüglich bei der Schätzungskommission geltend zu machen sind, sobald die Schädigung für den Betroffenen erkennbar ist. Die den Abs. 2 einleitenden Worte "im übrigen", aus denen dies abgeleitet werden könnte, dürften indessen auf einem Redaktionsversehen beruhen und damit zu erklären sein, dass Abs. 2 im Entwurf des Bundesrates dem (heutigen) Art. 38 angefügt war und dann ohne Änderung dem Art. 41 angehängt wurde (ZIMMERLIN, Nachträgliche Entschädigungsforderungen im Enteignungsverfahren, SJZ 1939/40 S. 122 Anm. 32). Der Bundesrat hat in einem Falle, wo kein Enteignungsverfahren durchgeführt worden war, die analoge Anwendung von Art. 41 Abs. 2
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG abgelehnt und erklärt, die streitigen, nach Fertigstellung des Werkes erhobenen Entschädigungsansprüche wegen nachbarrechtlich unzulässiger Einwirkungen seien nicht verspätet und verwirkt, da eine Frist weder im Gesetz vorgesehen noch vom Werkunternehmen angesetzt worden sei (VE 1948/50 Nr. 180; vgl. auchBGE 79 I 199ff., wo die Frage der Verwirkung nach Art. 41 Abs. 2
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EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG von keiner Seite aufgeworfen worden ist). Ob das gleiche anzunehmen ist, wenn, wie hier, ein Enteignungsverfahren zwar durchgeführt, dabei aber denjenigen, die nun Entschädigungsansprüche erheben, keine Eingabefrist angesetzt worden ist, kann dahingestellt bleiben, da die Ansprüche der
BGE 88 I 190 S. 199

Kläger, wie der angefochtene Entscheid mit Recht annimmt, auch dann nicht verwirkt sind, wenn man Art. 41 Abs. 2
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG als analog anwendbar betrachtet. b) Die Kläger haben die ihnen drohenden Einwirkungen der Leitung schon beim Baubeginn im Herbst 1959 erkannt und die Höhe des Schadens bereits am 15. Februar 1960 mit Fr. 45'000. - beziffert. Wären die strengen Regeln anwendbar, die nach der Praxis des Bundesgerichts für zivilrechtliche Verwirkungsfristen gelten, so wäre die Frist von Art. 41 Abs. 2
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG am 17. November 1961, als die Kläger ihre Ansprüche bei der Schätzungskommission anmeldeten, längst abgelaufen gewesen. Das wiederholte Zögern und Ausweichen der Beklagten könnte in diesem Falle keinen zureichenden Grund für das Zuwarten der Kläger bilden, sondern hätte sie erst recht zur sofortigen Anrufung der Schätzungskommission veranlassen sollen. Diese Grundsätze lassen sich indessen nicht ohne weiteres auf die Verwirkung nach Art. 41 Abs. 2
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
EntG übertragen. Das Bundesgericht hat bereits im erwähnten Urteil i.S. Kalt c. Aarewerke (S. 10) ausgeführt, Vergleichsverhandlungen des Werkunternehmers mit dem Geschädigten berechtigten diesen zur Annahme, dass die Verwirkungsfrist noch nicht laufe, sondern erst mit dem allfälligen Abbruch dieser Verhandlungen, mit der endgültigen Stellungnahme des Werkunternehmers zu den Ansprüchen der Geschädigten zu laufen beginnen würde. Geht man hievon aus, so sind die Entschädigungsansprüche der Kläger nicht verwirkt. Nachdem die Kläger schon beim Baubeginn im Oktober 1959 sich an die Beklagten gewandt hatten, wurden Vergleichsverhandlungen mündlich und schriftlich während längerer Zeit geführt. Die Beklagten haben dabei zwar die Ansprüche der Kläger grundsätzlich bestritten, jedoch nie endgültig dazu Stellung genommen und die Verhandlungen nie abgebrochen, auch nicht im Schreiben vom 3. Juni 1960, auf das sie sich hiefür berufen; vielmehr haben sie sich in diesem Schreiben ausdrücklich bereit
BGE 88 I 190 S. 200

erklärt, die Angelegenheit nach Fertigstellung der Leitung mit den Klägern an Ort und Stelle nochmals in aller Sachlichkeit zu überprüfen. Sie haben denn auch die Kläger auf den 15. Mai 1961 zu einem Augenschein geladen, damit ihre seinerzeit angemeldeten Wünsche in ihrer Gegenwart besprochen werden könnten. Nach den Notizen des Vertreters der Kläger über die Augenscheinsverhandlung haben die Beklagten dort eine erneute Stellungnahme nach Prüfung des von den Klägern angekündigten Rechtsgutachtens vorbehalten. Im vorinstanzlichen Verfahren haben sie die Richtigkeit dieser Protokollierung nicht bestritten. Ihr nachträglicher Einwand, sie hätten dazu keine Veranlassung gehabt, weil jene Notizen "nicht zum integrierenden Bestandteil des Entschädigungsbegehrens" erklärt worden seien, ist unbehelflich, da die Kläger auf diese Notizen genau so wie auf die übrigen Verhandlungsbelege verwiesen und die Beklagten alle Beilagen der Kläger zur Einsicht zugestellt erhalten haben. Aber auch bei Nichtberücksichtigung dieser Notizen bleibt die Tatsache, dass jedenfalls an dem von den Beklagten veranlassten Augenschein noch verhandelt wurde. Wollten die Beklagten am Augenschein oder später die Verhandlungen abbrechen und eine Entschädigung endgültig ablehnen, so war es ihre Sache, dies den Klägern eindeutig zu sagen. Dafür, dass dies geschehen wäre, fehlt ein Beweis.
5. Der Präsident der Schätzungskommission hat demnach zu Recht die Verwirkungseinrede der Beklagten zurückgewiesen und das Entschädigungsbegehren der Kläger als zulässig betrachtet. Ob es begründet sei, wird bei der nun vorzunehmenden materiellen Behandlung zu entscheiden sein.
Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Das Weiterzugsbegehren wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 88 I 190
Datum : 10. Juli 1962
Publiziert : 31. Dezember 1963
Quelle : Bundesgericht
Status : 88 I 190
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : Nachträgliche Enteignung. Schadenersatzansprüche wegen übermässiger Einwirkungen einer Hochspannungsleitung auf die Nachbarschaft,


Gesetzesregister
EntG: 1 
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 1
1    Das Enteignungsrecht kann geltend gemacht werden für Werke, die im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen Teils des Landes liegen, sowie für andere im öffentlichen Interesse liegende Zwecke, sofern sie durch ein Bundesgesetz anerkannt sind.
2    Das Enteignungsrecht kann nur geltend gemacht werden, wenn und soweit es zur Erreichung des Zweckes notwendig ist.
5 
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 5
1    Gegenstand des Enteignungsrechtes können dingliche Rechte an Grundstücken sowie die aus dem Grundeigentum hervorgehenden Nachbarrechte, ferner die persönlichen Rechte von Mietern und Pächtern des von der Enteignung betroffenen Grundstückes sein.
2    Diese Rechte können dauernd oder vorübergehend entzogen oder beschränkt werden.
33 
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 33
1    Folgende Begehren sind innerhalb der Einsprachefrist von 30 Tagen geltend zu machen:
a  Einsprachen gegen die Enteignung;
b  Begehren nach den Artikeln 7-10;
c  Begehren um Sachleistung (Art. 18);
d  Begehren um Ausdehnung der Enteignung (Art. 12);
e  die geforderte Enteignungsentschädigung.
2    Zur Anmeldung von Forderungen innerhalb der Einsprachefrist sind auch die Mieter und Pächter sowie die Dienstbarkeitsberechtigten und die Gläubiger aus vorgemerkten persönlichen Rechten (Art. 23 und 24 Abs. 2) verpflichtet. Pfandrechte und Grundlasten, die auf einem in Anspruch genommenen Grundstück haften, sind nicht anzumelden, Nutzniessungsrechte nur, soweit behauptet wird, aus dem Entzuge des Nutzniessungsgegenstandes entstehe Schaden (Art. 24).
3    Die geforderte Enteignungsentschädigung nach Absatz 1 Buchstabe e und Absatz 2 ist nach den Bestandteilen von Artikel 19 aufzugliedern und möglichst zu beziffern. Die Entschädigungsbegehren können im folgenden Einigungsverfahren noch konkretisiert werden.
4    Soweit sich die enteigneten Rechte aus der Grunderwerbstabelle ergeben oder offenkundig sind, werden sie von der Schätzungskommission auch ohne Anmeldung geschätzt.
39 
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 39
1    Die zuständige Behörde prüft das Gesuch um Eröffnung eines selbständigen Enteignungsverfahrens und fordert vom Enteigner die erforderlichen Unterlagen an.
2    Sie kann insbesondere die Unterlagen gemäss Artikel 28 und persönliche Anzeigen gemäss Artikel 31 verlangen.
41 
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 41
1    Die zuständige Behörde entscheidet über die enteignungsrechtlichen Einsprachen gemäss Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a-c.
2    Soweit ein Einigungs- und gegebenenfalls ein Schätzungsverfahren in Bezug auf Begehren nach Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben d und e erforderlich ist, übermittelt die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Entscheids nach Absatz 1 dem Präsidenten der zuständigen Schätzungskommission namentlich den Entscheid, die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.
66 
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 66
1    Kommt im Einigungsverfahren keine Einigung zustande, so leitet der Präsident der Schätzungskommission von Amtes wegen das Schätzungsverfahren ein.
2    Mit Zustimmung der Parteien kann das Schätzungsverfahren jedoch bis nach Fertigstellung des Werkes verschoben werden.
69 
SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG)
EntG Art. 69
1    Wird der Bestand des Rechtes, für das eine Entschädigung verlangt wird, bestritten, so wird das Verfahren ausgesetzt und dem Enteigner eine Frist zur Klageerhebung beim ordentlichen Richter angesetzt, mit der Androhung, dass bei Nichtbeachtung der Frist das Recht als bestehend betrachtet wird. Auf Begehren einer Partei kann eine vorsorgliche Schätzung stattfinden.
2    Die Parteien können jedoch durch ausdrückliche Erklärung den Entscheid auch über den Bestand des Rechtes der Schätzungskommission anheim stellen; die Beschwerde (Art. 77 ff.) bleibt auch insofern vorbehalten.77
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ZGB: 684
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 684 - 1 Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
1    Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
2    Verboten sind insbesondere alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Einwirkungen durch Luftverunreinigung, üblen Geruch, Lärm, Schall, Erschütterung, Strahlung oder durch den Entzug von Besonnung oder Tageslicht.597
BGE Register
64-I-225 • 71-I-296 • 79-I-199 • 82-I-53 • 88-I-190
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • bundesrat • frist • augenschein • bundesgericht • planauflage • rechtsgutachten • schaden • persönliche anzeige • stelle • nachbarrecht • verwirkung • sbb • frage • beginn • termin • nachträgliche eingabe • wiese • enteigneter • zweifel
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SJZ
1939/40 S.122