86 IV 212
55. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. September 1960 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau.
Regeste (de):
- 1. Art. 191
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 191 - Wer eine urteilsunfähige oder eine zum Widerstand unfähige Person zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung missbraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft.
- 2. Art. 32
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 32 - Stellt eine antragsberechtigte Person gegen einen an der Tat Beteiligten Strafantrag, so sind alle Beteiligten zu verfolgen.
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 20 - Besteht ernsthafter Anlass, an der Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln, so ordnet die Untersuchungsbehörde oder das Gericht die sachverständige Begutachtung durch einen Sachverständigen an.
- 3. Art. 41 Ziff. 5
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn:
1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: a eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder b eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. 2 Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. 3 Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36).
Regeste (fr):
- 1. Art. 191 CP. Cette disposition légale réprime aussi l'attentat à la pudeur d'une Italienne, capable de contracter mariage, mais âgée de moins de 16 ans (consid. 2).
- 2. Art. 32 et 20 CP. L'auteur a-t-il eu des raisons suffisantes de croire que les relations antérieures au mariage avec une Italienne, mineure de moins de 16 ans, étaient permises? (consid. 3 et 4).
- 3. Art. 41 ch. 5 CP. Refus inadmissible du sursis pour l'expulsion (consid. 6).
Regesto (it):
- 1. Art. 191 CP. Questo disposto legale è applicabile anche agli atti di libidine compiuti con un'Italiana abilitata al matrimonio, che non ha raggiunto l'età di sedici anni (consid. 2).
- 2. Art. 32 e 20 CP. Ha avuto l'agente ragioni sufficienti per credere che le relazioni anteriori al matrimonio con un'Italiana, minore di anni sedici, fossero permesse? (consid. 3 e 4).
- 3. Art. 41 num. 5 CP. Rifiuto inammissibile della sospensione condizionale dell'espulsione (consid. 6).
Erwägungen ab Seite 212
BGE 86 IV 212 S. 212
Aus den Erwägungen:
2. Der Beschwerdeführer bestreitet mit Recht nicht, dass er als Ausländer für die in der Schweiz begangenen Straftaten gemäss Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 3 - 1 Diesem Gesetz ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begeht. |
|
1 | Diesem Gesetz ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begeht. |
2 | Ist der Täter wegen der Tat im Ausland verurteilt worden und wurde die Strafe im Ausland ganz oder teilweise vollzogen, so rechnet ihm das Gericht die vollzogene Strafe auf die auszusprechende Strafe an. |
3 | Ist ein Täter auf Ersuchen der schweizerischen Behörde im Ausland verfolgt worden, so wird er, unter Vorbehalt eines krassen Verstosses gegen die Grundsätze der Bundesverfassung und der Konvention vom 4. November 19505 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), in der Schweiz wegen der Tat nicht mehr verfolgt, wenn: |
a | das ausländische Gericht ihn endgültig freigesprochen hat; |
b | die Sanktion, zu der er im Ausland verurteilt wurde, vollzogen, erlassen oder verjährt ist. |
4 | Hat der auf Ersuchen der schweizerischen Behörde im Ausland verfolgte Täter die Strafe im Ausland nicht oder nur teilweise verbüsst, so wird in der Schweiz die Strafe oder deren Rest vollzogen. Das Gericht entscheidet, ob eine im Ausland nicht oder nur teilweise vollzogene Massnahme in der Schweiz durchzuführen oder fortzusetzen ist. |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 191 - Wer eine urteilsunfähige oder eine zum Widerstand unfähige Person zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung missbraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
BGE 86 IV 212 S. 213
Es trifft zu, dass die Frage der Ehefähigkeit des Mädchens auf Grund des Haager Eheschliessungsabkommens vom 12. Juni 1902 sich nach dem Gesetz des Heimatstaates beurteilt und Art. 84 des italienischen Codice civile die Frau, die das 14. Altersjahr erfüllt hat, ehemündig erklärt (BGE 75 I 84). Was unter Kind im Sinne von Art. 191
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 191 - Wer eine urteilsunfähige oder eine zum Widerstand unfähige Person zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung missbraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
BGE 86 IV 212 S. 214
(Art. 191 Ziff. 1) hätte eingeschränkt werden sollen, bei den andern unzüchtigen Handlungen (Ziff. 2) dagegen nicht. Dass eine solche unterschiedliche Behandlung des Täters nicht beabsichtigt war, ergibt sich sodann schlüssig aus dem französischen und italienischen Text, wo nur vom Vollzug des Beischlafes und beischlafsähnlicher Handlungen und nicht von Missbrauch des Kindes die Rede ist. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer das Mädchen nach Heimatrecht hätte heiraten können, nützt ihm daher nichts. Weder die Ehemündigkeit des Mädchens noch die Absicht des Beschwerdeführers, es später zu heiraten, vermögen an der Tatsache etwas zu ändern, dass das 15 1/2jährige Mädchen noch ein Kind gemäss Art. 191
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 191 - Wer eine urteilsunfähige oder eine zum Widerstand unfähige Person zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung missbraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
3. Art. 32
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 32 - Stellt eine antragsberechtigte Person gegen einen an der Tat Beteiligten Strafantrag, so sind alle Beteiligten zu verfolgen. |
4. Der Beschwerdeführer wusste, dass die Tochter noch nicht 16 Jahre alt war, als er mit ihr geschlechtlich zu verkehren begann, und es war ihm auch bekannt, dass in der Schweiz der Geschlechtsverkehr mit Mädchen, die im schutzwürdigen Alter stehen, verboten und strafbar ist. Wenn er trotzdem angenommen hat, er sei zur Tat berechtigt, so fehlten ihm hiefür zureichende Gründe im
BGE 86 IV 212 S. 215
Sinne von Art. 20
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 20 - Besteht ernsthafter Anlass, an der Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln, so ordnet die Untersuchungsbehörde oder das Gericht die sachverständige Begutachtung durch einen Sachverständigen an. |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 20 - Besteht ernsthafter Anlass, an der Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln, so ordnet die Untersuchungsbehörde oder das Gericht die sachverständige Begutachtung durch einen Sachverständigen an. |
6. Der Richter kann beim Zusammentreffen mehrerer Strafen den bedingten Vollzug auf einzelne derselben beschränken (Art. 41 Ziff. 5
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
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1 | Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
a | eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder |
b | eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. |
2 | Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. |
3 | Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). |
BGE 86 IV 212 S. 216
gezeigt, dass er nicht gewillt sei, sich schweizerischen Verhältnissen anzupassen und sich dem Recht des Gastlandes zu unterwerfen. Auf den ersten Teil dieser Begründung lässt sich jedoch die Verweigerung des bedingten Vollzuges der Nebenstrafe nicht stützen (vgl.BGE 68 IV 78Erw. 5), denn der Beschwerdeführer ist für sein strafbares Verhalten zu Gefängnis und für seine an den Tag gelegte Unwürdigkeit des schweizerischen Gastrechtes zu Landesverweisung verurteilt worden. Die Gewährung des bedingten Vollzuges hängt vielmehr einzig von den Besserungsaussichten ab und könnte nach Art. 41 Ziff. 1
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
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1 | Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
a | eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder |
b | eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. |
2 | Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. |
3 | Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). |