86 I 10
3. Urteil vom 20. Januar 1960 i.S. G. gegen Kanton St. Gallen und Steuerkammer des Kantonsgerichts St. Gallen.
Regeste (de):
- Kantonales Steuerrecht. Willkür.
- Wohnsitz und allgemeines Steuerdomizil des (von seiner Ehefrau seit Jahren völlig getrennt lebenden) Schweizers, der Angestellter einer schweizerischen Maschinenfabrik ist, für diese seit zehn Jahren im Ausland an verschiedenen Orten Montagearbeiten leistet und gelegentlich für Ferienaufenthalte und zu Instruktionszwecken in die Schweiz zurückkehrt.
Regeste (fr):
- Droit fiscal cantonal. Arbitraire.
- Domicile civil et domicile fiscal général du ressortissant suisse, qui vit complètement séparé de sa femme depuis nombre d'années et qui, étant employé d'une fabrique suisse de machines, pour laquelle il dirige depuis dix ans des travaux de montage en différents lieux à l'étranger, revient en Suisse occasionnellement pour y passer des vacances et recevoir des instructions de son employeur.
Regesto (it):
- Diritto fiscale cantonale. Arbitrio.
- Domicilio civile e domicilio fiscale generale del cittadino svizzero, che da anni vive completamente separato dalla moglie e che, essendo impiegato di una fabbrica di macchine svizzera, per la quale egli dirige da dieci anni i lavori di montaggio in diversi luoghi all'estero, ritorna occasionalmente in Svizzera per trascorrervi le vacanze e per ricevere istruzioni dal suo datore di lavoro.
Sachverhalt ab Seite 11
BGE 86 I 10 S. 11
A.- Das st. gallische Gesetz über die Staats- und Gemeindesteuern vom 17. April 1944 (StG) bestimmt in Art. 5: Wer seinen Wohnsitz im Kanton hat, ist unbeschränkt steuerpflichtig. Er hat die Steuern von seinem gesamten Einkommen, Gewinn oder Ertrag und von seinem gesamten Vermögen oder Kapital zu entrichten. Das Bundesrecht über das Verbot der Doppelbesteuerung und die Staatsverträge bleiben vorbehalten. Art. 6: Der Wohnsitz der natürlichen Personen befindet sich am Mittelpunkt ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Bei einem Aufenthalte von mehr als drei Monaten gilt der Aufenthaltsort als Wohnsitz, sofern nicht ein anderer Wohnsitz nachgewiesen wird.
B.- Der 1901 geborene Beschwerdeführer G. ist Chefmonteur einer Maschinenfabrik in Uzwil und lebte früher zusammen mit seiner Ehefrau und seinen zwei Kindern in St. Gallen, wo auch seine Eltern und eine verheiratete Schwester wohnten. Im Jahre 1946 trennte er sich von seiner Ehefrau. Diese blieb weiterhin in St. Gallen, während der Beschwerdeführer sich seither, von kurzen Unterbrüchen abgesehen, in verschiedenen europäischen und aussereuropäischen Ländern aufhielt und dort für seine Arbeitgeberin Montagearbeiten leitete. Er behielt zunächst noch ein Zimmer in St. Gallen, gab es dann aber im Jahre 1950 aufund meldete sich bei der Einwohnerkontrolle ab. Am 10. Juni 1956 wurde er von seiner Arbeitgeberin nach Irak geschickt. Er war dort bis zum 21. Juni 1957 tätig, arbeitete vom 13. August bis 12. Oktober 1957 in Amsterdam und kehrte am 4. Dezember 1957 wieder nach Irak zurück, wo er sich seither aufhält. G. ist in St. Gallen zum letzten Mal für 1949 besteuert worden. Im Frühjahr 1958 teilte ihm die kantonale Steuerverwaltung mit, dass St. Gallen nach wie vor als sein Steuerdomizil zu gelten habe. G. bestritt dies. Am 20. November 1958 setzte die kantonale Steuerverwaltung sein steuerbares Einkommen für 1957 auf Fr. 10'800.-- fest. Hiegegen erhob G. Rekurs und nach dessen Abweisung Beschwerde. Diese wurde von der Steuerkammer des
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Kantonsgerichts St. Gallen durch Entscheid vom 29. September 1959 abgewiesen, im wesentlichen mit folgender Begründung: Ob der Beschwerdeführer in Irak steuerpflichtig sei, wie er behauptet, aber nicht nachgewiesen habe, sei unerheblich, da zwischen der Schweiz und Irak kein Doppelbesteuerungsabkommen bestehe und daher für die Steuerpflicht in St. Gallen ausschliesslich das st. gallische StG massgebend sei. Nach diesem sei er in St. Gallen steuerpflichtig, wenn dieser Ort als Mittelpunkt seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu betrachten sei (Art. 5 und 6). Der Mittelpunkt seiner wirtschaftlichen Verhältnisse liege zweifellos nicht im Ausland, sondern in Uzwil, von wo aus er entlöhnt und an die immer wieder wechselnden Montageplätze im Ausland geschickt und wohin er von Zeit zu Zeit zu Instruktionszwecken zurückberufen werde. Der Mittelpunkt seiner persönlichen Verhältnisse aber sei unverkennbar die Stadt St. Gallen. Es gebe keinen andern Ort auf der Welt, zu dem er engere persönliche Beziehungen unterhalte. In St. Gallen, wo er bis 1946 mit seiner Familie gewohnt habe, wohne seine allerdings von ihm getrennte Ehefrau mit einem Sohn, lebe sein Vater im Bürgerheim und wohne seine verheiratete Schwester, bei der er einen Teil seiner Ferien verbringe und die während seiner Abwesenheit für ihn Korrespondenzen weiterleite und finanzielle Aufträge besorge. Die Stadt St. Gallen sei der einzige feste Punkt in seinem Dasein, an den er immer wieder zurückkehre und wo er mit seinen nächsten Angehörigen zusammen sein könne. Zu den verschiedenen Arbeitsorten dagegen, die ständig wechselten und die nicht der Beschwerdeführer, sondern seine Arbeitgeberin wähle, seien keinerlei persönliche Beziehungen bekannt. Wenn sich bei einem Unselbständigerwerbenden der Mittelpunkt der persönlichen und der wirtschaftlichen Beziehungen nicht decke, so komme dem Zentrum der persönlichen Beziehungen, die das StG an erster Stelle nenne, das grössere Gewicht zu, weshalb die
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Stadt St. Gallen als Wohnsitz des Beschwerdeführers zu betrachten und er dort steuerpflichtig sei. Sein Hinweis auf die bundesgerichtliche Doppelbesteuerungspraxis sei unbehelflich, da diese Praxis für die Auslegung von Art. 6
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SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG) StG Art. 6 Ausnahmen - 1 Von der Abgabe sind ausgenommen: |
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1 | Von der Abgabe sind ausgenommen: |
a | die Beteiligungsrechte an Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Genossenschaften, die sich, ohne einen Erwerbszweck zu verfolgen, entweder der Fürsorge für Bedürftige und Kranke, der Förderung des Kultus, des Unterrichts sowie anderer gemeinnütziger Zwecke oder der Beschaffung von Wohnungen zu mässigen Mietzinsen oder der Gewährung von Bürgschaften widmen, sofern nach den Statuten |
2 | Fallen die Voraussetzungen der Abgabebefreiung dahin, so ist auf den noch bestehenden Beteiligungsrechten die Abgabe zu entrichten.46 |
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SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG) StG Art. 6 Ausnahmen - 1 Von der Abgabe sind ausgenommen: |
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1 | Von der Abgabe sind ausgenommen: |
a | die Beteiligungsrechte an Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Genossenschaften, die sich, ohne einen Erwerbszweck zu verfolgen, entweder der Fürsorge für Bedürftige und Kranke, der Förderung des Kultus, des Unterrichts sowie anderer gemeinnütziger Zwecke oder der Beschaffung von Wohnungen zu mässigen Mietzinsen oder der Gewährung von Bürgschaften widmen, sofern nach den Statuten |
2 | Fallen die Voraussetzungen der Abgabebefreiung dahin, so ist auf den noch bestehenden Beteiligungsrechten die Abgabe zu entrichten.46 |
C.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde beantragt G., der Entscheid der Steuerkammer vom 29. September 1959 sei wegen Verletzung von Art. 4
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
D.- Die Steuerkammer des Kantonsgerichts und die Kantonale Steuerverwaltung St. Gallen beantragen die Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. .....
2. Der Beschwerdeführer behauptet, er sei in Irak steuerpflichtig, hat den Beweis dafür aber nicht erbracht. Wie es sich damit verhält, ist indessen unerheblich. Zwischen der Schweiz und Irak besteht kein Staatsvertrag zur Vermeidung der Doppelbesteuerung. Aus Art. 46 Abs. 2
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um. |
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1 | Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um. |
2 | Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10 |
3 | Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11 |
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dort angeführte frühere Urteile). Ob der Beschwerdeführer für sein Erwerbseinkommen im Kanton St. Gallen steuerpflichtig ist, bestimmt sich demnach ausschliesslich nach den Vorschriften der st. gallischen Steuergesetzgebung. Die Auslegung und Anwendung dieser Vorschriften kann aber das Bundesgericht nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der vom Beschwerdeführer denn auch geltend gemachten Willkür und rechtsungleichen Behandlung überprüfen.
3. Nach Art. 5 Abs. 1
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SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG) StG Art. 5 - 1 Gegenstand der Abgabe sind: |
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1 | Gegenstand der Abgabe sind: |
a | die entgeltliche oder unentgeltliche Begründung und Erhöhung des Nennwertes von Beteiligungsrechten in Form von: |
b | ... |
2 | Der Begründung von Beteiligungsrechten im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a sind gleichgestellt: |
a | die Zuschüsse, die die Gesellschafter oder Genossenschafter ohne entsprechende Gegenleistung an die Gesellschaft oder Genossenschaft erbringen, ohne dass das im Handelsregister eingetragene Gesellschaftskapital oder der einbezahlte Betrag der Genossenschaftsanteile erhöht wird; |
b | der Handwechsel der Mehrheit der Aktien, Stammanteilen oder Genossenschaftsanteile an einer inländischen Gesellschaft oder Genossenschaft, die wirtschaftlich liquidiert oder in liquide Form gebracht worden ist; |
c | ... |
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SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG) StG Art. 6 Ausnahmen - 1 Von der Abgabe sind ausgenommen: |
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1 | Von der Abgabe sind ausgenommen: |
a | die Beteiligungsrechte an Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Genossenschaften, die sich, ohne einen Erwerbszweck zu verfolgen, entweder der Fürsorge für Bedürftige und Kranke, der Förderung des Kultus, des Unterrichts sowie anderer gemeinnütziger Zwecke oder der Beschaffung von Wohnungen zu mässigen Mietzinsen oder der Gewährung von Bürgschaften widmen, sofern nach den Statuten |
2 | Fallen die Voraussetzungen der Abgabebefreiung dahin, so ist auf den noch bestehenden Beteiligungsrechten die Abgabe zu entrichten.46 |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 23 - 1 Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23 |
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1 | Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23 |
2 | Niemand kann an mehreren Orten zugleich seinen Wohnsitz haben. |
3 | Die geschäftliche Niederlassung wird von dieser Bestimmung nicht betroffen. |
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SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG) StG Art. 6 Ausnahmen - 1 Von der Abgabe sind ausgenommen: |
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1 | Von der Abgabe sind ausgenommen: |
a | die Beteiligungsrechte an Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Genossenschaften, die sich, ohne einen Erwerbszweck zu verfolgen, entweder der Fürsorge für Bedürftige und Kranke, der Förderung des Kultus, des Unterrichts sowie anderer gemeinnütziger Zwecke oder der Beschaffung von Wohnungen zu mässigen Mietzinsen oder der Gewährung von Bürgschaften widmen, sofern nach den Statuten |
2 | Fallen die Voraussetzungen der Abgabebefreiung dahin, so ist auf den noch bestehenden Beteiligungsrechten die Abgabe zu entrichten.46 |
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sein sollte, so wäre er deshalb noch nicht im Kanton St. Gallen steuerpflichtig, da er sehr wohl überhaupt keinen Wohnsitz haben kann (vgl. BGE 85 I 10 ff.) und das StG nicht bestimmt, dass in diesem Falle der frühere, nach Art. 24 Abs. 1
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 24 - 1 Der einmal begründete Wohnsitz einer Person bleibt bestehen bis zum Erwerbe eines neuen Wohnsitzes. |
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1 | Der einmal begründete Wohnsitz einer Person bleibt bestehen bis zum Erwerbe eines neuen Wohnsitzes. |
2 | Ist ein früher begründeter Wohnsitz nicht nachweisbar oder ist ein im Ausland begründeter Wohnsitz aufgegeben und in der Schweiz kein neuer begründet worden, so gilt der Aufenthaltsort als Wohnsitz. |
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SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG) StG Art. 6 Ausnahmen - 1 Von der Abgabe sind ausgenommen: |
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1 | Von der Abgabe sind ausgenommen: |
a | die Beteiligungsrechte an Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Genossenschaften, die sich, ohne einen Erwerbszweck zu verfolgen, entweder der Fürsorge für Bedürftige und Kranke, der Förderung des Kultus, des Unterrichts sowie anderer gemeinnütziger Zwecke oder der Beschaffung von Wohnungen zu mässigen Mietzinsen oder der Gewährung von Bürgschaften widmen, sofern nach den Statuten |
2 | Fallen die Voraussetzungen der Abgabebefreiung dahin, so ist auf den noch bestehenden Beteiligungsrechten die Abgabe zu entrichten.46 |
4. Damit ein Ort als Lebensmittelpunkt einer Person gelten kann, ist zuallererst erforderlich, dass sie sich dort aufhalte (EGGER, N. 20 zu Art. 23
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 23 - 1 Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23 |
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1 | Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23 |
2 | Niemand kann an mehreren Orten zugleich seinen Wohnsitz haben. |
3 | Die geschäftliche Niederlassung wird von dieser Bestimmung nicht betroffen. |
BGE 86 I 10 S. 16
zweifellos engere Beziehungen als zu demjenigen, von dem aus sie entlöhnt wird und an den sie sich gelegentlich zu Instruktionszwecken begibt. Die Beziehungen des Beschwerdeführers zu den Orten im Ausland, an denen er im Jahre 1957 während rund 8 1/2 Monaten gearbeitet hat, sind ganz offensichtlich enger und intensiver als diejenigen zu Uzwil und schliessen es aus, diesen Ort als seinen wirtschaftlichen Lebensmittelpunkt zu betrachten. Die gegenteilige Auffassung liesse sich höchstens vertreten, wenn sich der Beschwerdeführer nur für zum voraus bestimmte, kürzere Zeiten an die jeweiligen Arbeitsorte begeben würde (vgl.BGE 78 I 316,BGE 79 I 26). Das trifft jedoch für die beiden teilweise ins Jahr 1957 fallenden Aufenthalte in Irak nicht zu, da der erste, der am 21. Juni 1957 endete, über ein Jahr gedauert hat, und der zweite, der am 4. Dezember 1957 begann, im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Entscheids, beinahe zwei Jahre später, noch immer andauerte. Während allfällige Aufenthalte des Beschwerdeführers in Uzwil nur ganz kurz gewesen sein können, überstiegen diejenigen in Irak die dreimonatige Frist erheblich, die nach Art. 6 Abs. 2
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SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG) StG Art. 6 Ausnahmen - 1 Von der Abgabe sind ausgenommen: |
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1 | Von der Abgabe sind ausgenommen: |
a | die Beteiligungsrechte an Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Genossenschaften, die sich, ohne einen Erwerbszweck zu verfolgen, entweder der Fürsorge für Bedürftige und Kranke, der Förderung des Kultus, des Unterrichts sowie anderer gemeinnütziger Zwecke oder der Beschaffung von Wohnungen zu mässigen Mietzinsen oder der Gewährung von Bürgschaften widmen, sofern nach den Statuten |
2 | Fallen die Voraussetzungen der Abgabebefreiung dahin, so ist auf den noch bestehenden Beteiligungsrechten die Abgabe zu entrichten.46 |
BGE 86 I 10 S. 17
keinesfalls, um deren Wohnort als den Mittelpunkt seiner persönlichen Verhältnisse erscheinen zu lassen. Hieran ändert es auch nichts, dass, wie die Steuerkammer bemerkt, keinerlei nähere persönliche Beziehungen des Beschwerdeführers zu seinen verschiedenen Arbeitsorten bekannt sind. Die für die Wohnsitzbestimmung in Betracht fallenden persönlichen Verhältnisse erschöpfen sich nicht in den familiären Beziehungen, sondern umfassen auch den Freundes- und Bekanntenkreis (vgl.BGE 78 I 316/7). Wenn der Beschwerdeführer sich während Monaten, ja wie in Irak insgesamt mehr als 3 Jahre in einem Lande befindet und dort Montagearbeiten leitet, ist es selbstverständlich, dass er dabei Leute kennen lernt, mit denen er sich befreundet und einen Teil seiner Freizeit verbringt. Hinter diesen regelmässigen und sich über Monate und Jahre erstreckenden persönlichen Beziehungen zu seiner Umgebung am Arbeitsort treten die losen Beziehungen des Beschwerdeführers zur Stadt St. Gallen so stark zurück, dass es als willkürlich erscheint, St. Gallen für die Zeit seit 1950 und insbesondere für 1957 als Mittelpunkt seiner persönlichen Verhältnisse und als seinen zivilrechtlichen Wohnsitz zu betrachten.
Der angefochtene Entscheid dehnt den Begriff des (zivilrechtlichen) Wohnsitzes in einer Weise aus, die sich mit sachlichen Gründen nicht mehr rechtfertigen lässt und stossende Konsequenzen hätte. Diese Ausdehnung des Wohnsitzbegriffes hätte vor allem zur Folge, dass Auslandschweizer für ihr Erwerbseinkommen sowie für ihr bewegliches Vermögen und dessen Ertrag häufig doppelt besteuert würden, was bei der heutigen Höhe der Steuern insbesondere auf dem Einkommen eine sehr starke Belastung bedeutet. Sodann wäre es unvermeidlich, dass sich eine solche Ausdehnung des Wohnsitzbegriffs auf andere Rechtsgebiete (Ausübung des Stimmrechts, Gerichtsstand) auswirken und dort ebenfalls zu unhaltbaren Ergebnissen führen würde. Der angefochtene Entscheid ist daher als willkürlich wegen Verletzung von Art. 4
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 86 I 10 S. 18
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird dahin gutgeheissen, dass der Entscheid der Steuerkammer des Kantonsgerichts St. Gallen vom 29. September 1959 aufgehoben wird.