82 II 142
20. Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. März 1956 i.S. Ritter gegen Leuthold.
Regeste (de):
- Dienstvertrag, Konkurrenzverbot, Konventionalstrafe.
- Hinfall des Konkurrenzverbots, weil der Dienstherr dem Angestellten Anlass zur Kündigung gegeben hat? Art. 360 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 360 - 1 Die Bestimmungen des Normalarbeitsvertrages gelten unmittelbar für die ihm unterstellten Arbeitsverhältnisse, soweit nichts anderes verabredet wird.
1 Die Bestimmungen des Normalarbeitsvertrages gelten unmittelbar für die ihm unterstellten Arbeitsverhältnisse, soweit nichts anderes verabredet wird. 2 Der Normalarbeitsvertrag kann vorsehen, dass Abreden, die von einzelnen seiner Bestimmungen abweichen, zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form bedürfen. - Voraussetzungen für die Herabsetzung der Konventionalstrafe. Art. 163 Abs. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 163 - 1 Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden.
1 Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden. 2 Sie kann nicht gefordert werden, wenn sie ein widerrechtliches oder unsittliches Versprechen bekräftigen soll und, mangels anderer Abrede, wenn die Erfüllung durch einen vom Schuldner nicht zu vertretenden Umstand unmöglich geworden ist. 3 Übermässig hohe Konventionalstrafen hat der Richter nach seinem Ermessen herabzusetzen.
Regeste (fr):
- Contrat de travail, interdiction de concurrence, clause pénale.
- Caducité de l'interdiction de concurrence provenant du fait que l'employeur a donné à l'employé un motif de résiliation? Art. 360 al. 2 CO (consid. 1 et 2).
- Conditions d'une réduction de la peine. Art. 163 al. 3 CO (consid. 3).
Regesto (it):
- Contratto di lavoro, divieto di concorrenza, pena convenzionale.
- Caducità del divieto di concorrenza conseguente al fatto che il padrone ha dato al lavoratore un motivo di scioglimento del contratto? Art. 360 cp. 2 CO (consid. 1 e 2).
- Presupposti per una riduzione della pena convenzionale. Art. 163 cp. 3 CO (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 142
BGE 82 II 142 S. 142
Der Beklagte Ritter trat 1946 als Reisender in den Dienst des Klägers Leuthold. Im Anstellungsvertrag wurde vereinbart, dass der Reisende nach Auflösung des Anstellungsverhältnisses
BGE 82 II 142 S. 143
während zwei Jahren im Vertretungsgebiet keine Konkurrenztätigkeit ausüben dürfe. Für den Fall der Zuwiderhandlung sah der Vertrag eine Konventionalstrafe von Fr. 10'000.-- vor. Am 30. August 1952 kündigte Ritter das Anstellungsverhältnis ohne Grundangabe auf Ende Oktober 1952 und trat am 1. November 1952 in den Dienst eines Konkurrenzunternehmens, für das er das gleiche Gebiet bereiste. Die von Leuthold wegen Verletzung des Konkurrenzverbots erhobene Klage auf Verurteilung des Beklagten zur Bezahlung der Konventionalstrafe von Fr. 10'000.-- wurde von den Gerichten des Kantons Solothurn geschützt. Das Bundesgericht weist die vom Beklagten hiegegen erhobene Berufung ab auf Grund der folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
1. Der Beklagte hat, wie nicht streitig ist, nach der auf seine vertragsgemässe Kündigung hin erfolgten Auflösung des Dienstverhältnisses das vertraglich vereinbarte Konkurrenzverbot übertreten. Er bestreitet jedoch gestützt auf Art. 360 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 360 - 1 Die Bestimmungen des Normalarbeitsvertrages gelten unmittelbar für die ihm unterstellten Arbeitsverhältnisse, soweit nichts anderes verabredet wird. |
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1 | Die Bestimmungen des Normalarbeitsvertrages gelten unmittelbar für die ihm unterstellten Arbeitsverhältnisse, soweit nichts anderes verabredet wird. |
2 | Der Normalarbeitsvertrag kann vorsehen, dass Abreden, die von einzelnen seiner Bestimmungen abweichen, zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form bedürfen. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 352 - 1 Der Heimarbeitnehmer hat mit der übernommenen Arbeit rechtzeitig zu beginnen, sie bis zum verabredeten Termin fertigzustellen und das Arbeitserzeugnis dem Arbeitgeber zu übergeben. |
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1 | Der Heimarbeitnehmer hat mit der übernommenen Arbeit rechtzeitig zu beginnen, sie bis zum verabredeten Termin fertigzustellen und das Arbeitserzeugnis dem Arbeitgeber zu übergeben. |
2 | Wird aus Verschulden des Heimarbeitnehmers die Arbeit mangelhaft ausgeführt, so ist er zur unentgeltlichen Verbesserung des Arbeitserzeugnisses verpflichtet, soweit dadurch dessen Mängel behoben werden können. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 360 - 1 Die Bestimmungen des Normalarbeitsvertrages gelten unmittelbar für die ihm unterstellten Arbeitsverhältnisse, soweit nichts anderes verabredet wird. |
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1 | Die Bestimmungen des Normalarbeitsvertrages gelten unmittelbar für die ihm unterstellten Arbeitsverhältnisse, soweit nichts anderes verabredet wird. |
2 | Der Normalarbeitsvertrag kann vorsehen, dass Abreden, die von einzelnen seiner Bestimmungen abweichen, zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form bedürfen. |
BGE 82 II 142 S. 144
Art. 360 Abs. 2 auch nicht eine sofortige Aufhebung des Dienstverhältnisses, sondern es ist auch eine vertragsgemässe oder gesetzliche ordentliche Kündigung zulässig (BGE 56 II 274,BGE 57 II 331,BGE 70 II 163).
2. Im vorliegenden Falle hat die Vorinstanz verbindlich festgestellt, dass der Kläger entgegen dem Anstellungsvertrag während der ersten Jahre keine Provisionsabrechnungen erstellte und dem Beklagten für die ihm zustehenden Provisionen lediglich Teilzahlungen in unregelmässigen Abständen ausrichtete. Ferner setzte der Kläger ohne die Zustimmung des Beklagten das im ursprünglichen Vertrag von 1946 vereinbarte Fixum von Fr. 500.-- auf Fr. 400.-- herab und vergütete ihm statt der vereinbarten Vertrauensspesen lediglich eine feste Spesenentschädigung von Fr. 50.- pro Woche. Ausserdem belieferte der Kläger in vielen Fällen die Kunden schleppend und verspätet. Dazu waren die gelieferten Waren häufig mangelhaft, was zu Reklamationen führte und einzelne Kunden veranlasste, keine Bestellungen mehr aufzugeben. Dieses Verhalten des Klägers wäre an sich zweifellos geeignet gewesen, dem Beklagten im Sinne der Rechtsprechung Anlass zur Kündigung zu geben. Nun erklärt die Vorinstanz aber, die erwähnten Vertragsverletzungen des Klägers hätten nicht die Ursache zur Vertragsauflösung gebildet; der Beklagte habe vielmehr gekündigt, weil er eine Besserstellung angestrebt habe. Aus den Akten ergibt sich in der Tat, dass die Parteien im Sommer 1952 wegen des vertragswidrigen Verhaltens des Klägers miteinander verhandelten. Im Verlaufe dieser Auseinandersetzung schrieb der Beklagte dem Kläger am 4. Juni 1952:
"Sie können von mir nicht verlangen, dass ich weiterhin für Sie tätig sein kann, wenn solche Abrechnungsdifferenzen, welche 2-4 Jahre zurückliegen, nicht erledigt sind..." Unter Bezugnahme hierauf antwortete der Kläger am 21. Juni 1952: "Ihre Ausführungen ... fasse ich als Kündigung des Anstellungsverhältnisses durch Sie auf und werde die daraus sich ergebenden Konsequenzen ziehen."
BGE 82 II 142 S. 145
Darauf schrieb der Beklagte am 9. Juli 1952 dem Kläger zurück: "Mein Schreiben an Sie vom 14. Juni a.c. stellt keine Kündigung des Anstellungsverhältnisses dar. Es war nicht meine Absicht, Ihnen zu kündigen, wohl aber auf Unstimmigkeiten im gegenseitigen Vertragsverhältnis hinzuweisen ... Aus Ziff. 3 Ihres Schreibens vom 21. Juni a.c. muss ich nun aber meinerseits eine Kündigung herauslesen und die entsprechenden Konsequenzen ziehen..." In seiner Antwort vom 11. Juli 1952 bestritt der Kläger eine Kündigungsabsicht seinerseits und stellte fest, dass somit der Vertrag bisher von keiner Seite gekündigt worden sei; sodann schlug er eine mündliche Aussprache vor, um eine Bereinigung der verschiedenen strittigen Punkte zu versuchen. Diese mündliche Besprechung fand dann allem nach statt, und der Beklagte betätigte sich weiter im Dienste des Klägers, bis er am 30. August 1952 ohne Grundangabe auf Ende Oktober kündigte. Aus dem erwähnten Briefwechsel erhellt, dass im Sommer 1952 keine der Parteien kündigen wollte oder gekündigt hat. Insbesondere fühlte sich der Beklagte trotz den seit Jahren andauernden Vertragsverletzungen des Klägers nicht zu einer Kündigung veranlasst, sondern bestritt im Gegenteil ausdrücklich eine Kündigungsabsicht auf seiner Seite. Nun billigt zwar, wie ausgeführt, die Rechtsprechung dem Dienstpflichtigen zu, dass er im Falle des Art. 360 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 360 - 1 Die Bestimmungen des Normalarbeitsvertrages gelten unmittelbar für die ihm unterstellten Arbeitsverhältnisse, soweit nichts anderes verabredet wird. |
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1 | Die Bestimmungen des Normalarbeitsvertrages gelten unmittelbar für die ihm unterstellten Arbeitsverhältnisse, soweit nichts anderes verabredet wird. |
2 | Der Normalarbeitsvertrag kann vorsehen, dass Abreden, die von einzelnen seiner Bestimmungen abweichen, zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form bedürfen. |
BGE 82 II 142 S. 146
daraus abgeleiteten Konventionalstrafanspruch mit dem Hinweis auf das frühere, damals von ihm ausdrücklich nicht als Kündigungsgrund bewertete Verhalten des Dienstherrn zu begegnen. Die in Art. 360 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 360 - 1 Die Bestimmungen des Normalarbeitsvertrages gelten unmittelbar für die ihm unterstellten Arbeitsverhältnisse, soweit nichts anderes verabredet wird. |
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1 | Die Bestimmungen des Normalarbeitsvertrages gelten unmittelbar für die ihm unterstellten Arbeitsverhältnisse, soweit nichts anderes verabredet wird. |
2 | Der Normalarbeitsvertrag kann vorsehen, dass Abreden, die von einzelnen seiner Bestimmungen abweichen, zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form bedürfen. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 360 - 1 Die Bestimmungen des Normalarbeitsvertrages gelten unmittelbar für die ihm unterstellten Arbeitsverhältnisse, soweit nichts anderes verabredet wird. |
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1 | Die Bestimmungen des Normalarbeitsvertrages gelten unmittelbar für die ihm unterstellten Arbeitsverhältnisse, soweit nichts anderes verabredet wird. |
2 | Der Normalarbeitsvertrag kann vorsehen, dass Abreden, die von einzelnen seiner Bestimmungen abweichen, zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form bedürfen. |
3. Der Beklagte nimmt weiter den Standpunkt ein, die vorgesehene Konventionalstrafe von Fr. 10'000.-- sei übermässig hoch und müsse daher angemessen herabgesetzt werden. Bei der Beurteilung dieser Frage ist davon auszugehen, dass gemäss Art. 163 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 163 - 1 Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden. |
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1 | Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden. |
2 | Sie kann nicht gefordert werden, wenn sie ein widerrechtliches oder unsittliches Versprechen bekräftigen soll und, mangels anderer Abrede, wenn die Erfüllung durch einen vom Schuldner nicht zu vertretenden Umstand unmöglich geworden ist. |
3 | Übermässig hohe Konventionalstrafen hat der Richter nach seinem Ermessen herabzusetzen. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 163 - 1 Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden. |
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1 | Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden. |
2 | Sie kann nicht gefordert werden, wenn sie ein widerrechtliches oder unsittliches Versprechen bekräftigen soll und, mangels anderer Abrede, wenn die Erfüllung durch einen vom Schuldner nicht zu vertretenden Umstand unmöglich geworden ist. |
3 | Übermässig hohe Konventionalstrafen hat der Richter nach seinem Ermessen herabzusetzen. |
BGE 82 II 142 S. 147
zutreffend entschieden haben, unter keinem dieser Gesichtspunkte eine Herabsetzung der vereinbarten Strafsumme auf. Zunächst liegt auf der Hand, dass der Kläger ein erhebliches Interesse an der Einhaltung des Konkurrenzverbotes durch den Beklagten hatte. Denn es bedeutete selbstverständlich für ihn eine Bedrohung in seiner Kundschaft, wenn gleichzeitig mit seinem neuen Vertreter der den Kunden bekannte Beklagte dasselbe Gebiet für eine Konkurrenzfirma bearbeitete. Tatsächlich ist denn auch dem Kläger gemäss verbindlicher Feststellung der Vorinstanz infolge der Verletzung des Konkurrenzverbots durch den Beklagten ein Schaden in der Grösse zwischen Fr. 3000.-- und 6000.-- erwachsen. Gegen eine Herabsetzung der Konventionalstrafe spricht aber vor allem das schwere Verschulden des Beklagten. Dieser hat sich bedenkenlos über die eingegangene Verpflichtung zur Konkurrenzenthaltung hinweggesetzt und unmittelbar nach dem Austritt beim Kläger seine Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen desselben aufgenommen. Diese an sich schon unstatthafte Konkurrenztätigkeit hat er zudem auf eine höchst verwerfliche Art ausgeübt, indem er die Bestellformulare und Bestellbücher des Klägers zugunsten seiner neuen Arbeitgeberin ausnützte, den Kläger bei seinen Kunden verlästerte und sie ihm abspenstig zu machen suchte, was denn auch zu seiner strafrechtlichen Verurteilung wegen unlauteren Wettbewerbs und Kreditschädigung führte. Mit Rücksicht auf sein schweres Verschulden ist der Beklagte schliesslich auch nicht befugt, sich darüber zu beklagen, dass die Konventionalstrafe von Fr. 10'000.-- für ihn eine erhebliche finanzielle Belastung bedeutet. Auf jeden Fall ist diese nicht derart, dass ihretwegen die Existenz des Beklagten als bedroht erschiene; denn er bezieht an seiner neuen Stelle ein Fixum von Fr. 8400.-- im Jahr, d.h. Fr. 3600.-- mehr, als er beim Kläger zuletzt tatsächlich erhielt; dazu kommen noch die Provisionen.