S. 246 / Nr. 54 Verfahren (d)

BGE 78 IV 246

54. Entscheid der Anklagekammer vom 21. November 1952 i. S. Compagnie Ferbrik
S.A. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.

Regeste:
1. Halten sich die Strafbehörden eines Kantons zur Verfolgung eines
Offizialdeliktes für örtlich unzuständig, so haben sie mit den Behörden des
für zuständig erachteten Kantons in Verbindung zu treten. Kann, wenn dies
unterblieben ist, die Anklagekammer des Bundesgerichtes nach Art. 264 BStP von
Amtes wegen (allenfalls auf Gesuch des Anzeigers) einschreiten? Erw. 1.
2. Bei Antragsdelikten steht dem Verletzten gegenüber einem negativen
Gerichtsstandsentscheide die Anrufung der Anklagekammer des Bundesgericht es
zu (Art. 264 in Verbindung mit Art. 270 BStP). Erw. 2.
3. Begehungsort (Art. 7
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 7 - 1 Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
1    Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
a  die Tat auch am Begehungsort strafbar ist oder der Begehungsort keiner Strafgewalt unterliegt;
b  der Täter sich in der Schweiz befindet oder ihr wegen dieser Tat ausgeliefert wird; und
c  nach schweizerischem Recht die Tat die Auslieferung zulässt, der Täter jedoch nicht ausgeliefert wird.
2    Ist der Täter nicht Schweizer und wurde das Verbrechen oder Vergehen nicht gegen einen Schweizer begangen, so ist Absatz 1 nur anwendbar, wenn:
a  das Auslieferungsbegehren aus einem Grund abgewiesen wurde, der nicht die Art der Tat betrifft; oder
b  der Täter ein besonders schweres Verbrechen begangen hat, das von der internationalen Rechtsgemeinschaft geächtet wird.
3    Das Gericht bestimmt die Sanktionen so, dass sie insgesamt für den Täter nicht schwerer wiegen als die Sanktionen nach dem Recht des Begehungsortes.
4    Der Täter wird, unter Vorbehalt eines krassen Verstosses gegen die Grundsätze der Bundesverfassung und der EMRK12, in der Schweiz wegen der Tat nicht mehr verfolgt, wenn:
a  ein ausländisches Gericht ihn endgültig freigesprochen hat;
b  die Sanktion, zu der er im Ausland verurteilt wurde, vollzogen, erlassen oder verjährt ist.
5    Ist der Täter wegen der Tat im Ausland verurteilt worden und wurde die Strafe im Ausland nur teilweise vollzogen, so rechnet ihm das Gericht den vollzogenen Teil auf die auszusprechende Strafe an. Das Gericht entscheidet, ob eine im Ausland angeordnete, aber dort nur teilweise vollzogene Massnahme fortzusetzen oder auf die in der Schweiz ausgesprochene Strafe anzurechnen ist.
und 346
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 7 - 1 Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
1    Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
a  die Tat auch am Begehungsort strafbar ist oder der Begehungsort keiner Strafgewalt unterliegt;
b  der Täter sich in der Schweiz befindet oder ihr wegen dieser Tat ausgeliefert wird; und
c  nach schweizerischem Recht die Tat die Auslieferung zulässt, der Täter jedoch nicht ausgeliefert wird.
2    Ist der Täter nicht Schweizer und wurde das Verbrechen oder Vergehen nicht gegen einen Schweizer begangen, so ist Absatz 1 nur anwendbar, wenn:
a  das Auslieferungsbegehren aus einem Grund abgewiesen wurde, der nicht die Art der Tat betrifft; oder
b  der Täter ein besonders schweres Verbrechen begangen hat, das von der internationalen Rechtsgemeinschaft geächtet wird.
3    Das Gericht bestimmt die Sanktionen so, dass sie insgesamt für den Täter nicht schwerer wiegen als die Sanktionen nach dem Recht des Begehungsortes.
4    Der Täter wird, unter Vorbehalt eines krassen Verstosses gegen die Grundsätze der Bundesverfassung und der EMRK12, in der Schweiz wegen der Tat nicht mehr verfolgt, wenn:
a  ein ausländisches Gericht ihn endgültig freigesprochen hat;
b  die Sanktion, zu der er im Ausland verurteilt wurde, vollzogen, erlassen oder verjährt ist.
5    Ist der Täter wegen der Tat im Ausland verurteilt worden und wurde die Strafe im Ausland nur teilweise vollzogen, so rechnet ihm das Gericht den vollzogenen Teil auf die auszusprechende Strafe an. Das Gericht entscheidet, ob eine im Ausland angeordnete, aber dort nur teilweise vollzogene Massnahme fortzusetzen oder auf die in der Schweiz ausgesprochene Strafe anzurechnen ist.
StGB) bei mittelbarer Täterschaft: In den
Handlungen des mittelbaren Täters, durch die er auf die als Werkzeug benutzte
Person einwirkt, liegt bereits ein Teil der Tatausführung. Erw. 3.
1. Lorsque, s'agissant d'un délit qui se poursuit d'office, les autorités
pénales d'un canton s'estiment incompétentes à raison du lieu, elles doivent
se mettre en rapport avec les autorités du canton qu'elles estiment compétent.
Lorsque cette démarche n'a pas eu lieu, la Chambre d'accusation du Tribunal
fédéral peut-elle intervenir d'office en vertu de l'art. 264 PPF (au besoin
sur requête du dénonciateur)? Consid. 1.

Seite: 247
2. Dans le cas de délits qui ne se poursuivent que sur plainte, le lésé peut
recourir à la Chambre d'accusation du Tribunal fédéral contre une décision
d'incompétence (art. 264 combiné avec l'art. 270 PPF). Consid. 2.
3. Lieu de commission (art. 7 et 346 CP) dans le cas où l'auteur a agi par
intermédiaire. L'activité par laquelle l'auteur indirect influence la personne
qui lui sert d'instrument constitue déjà un acte d'exécution. Consid. 3.
1. Quando le autorità penali d'un cantone si considerano territorialmente
incompetenti a procedere per un reato perseguibile d'ufficio, debbono mettersi
in rapporto con le autorità del cantone che ritengono competente. Se ciò non è
avvenuto, la Camera di accusa del Tribunale federale può intervenire d'ufficio
in virtù dell'art. 264 PPF (eventualmente a richiesta del denunciante)?
Consid. 1.
2. Quando si tratta di reati perseguibili soltanto a querela di Parte, il leso
può ricorrere alla Camera di accusa del Tribunale federale contro una
decisione d'incompetenza (art. 264 combinato con l'art. 270 PPF). Consid. 2.
3. Luogo del reato (art. 7 e 346 CP) nel caso in cui l'autore ha agito per
mezzo di terza persona. L'attività con la quale l'autore mediato influenza la
persona che gli serve di strumento materiale costituisce già un atto di
esecuzione. Consid. 3.

A. - Dr. Pierre Uldry in Zürich ist Verwaltungsrat der Bank Prokredit A.G. in
Freiburg und war Vizepräsident des Verwaltungsrates der Compagnie Ferbrik S.
A. mit Sitz in Genf. Diese reichte gegen ihn am 5. Juni 1952 bei der
Bezirksanwaltschaft Zürich Strafanzeige wegen Betrugs, eventuell
Betrugsversuches ein. Zugleich stellte sie Strafantrag wegen Kreditschädigung
und eventuell wegen boshafter Vermögensschädigung. Sie bezichtigte Uldry
dieser Handlungen wegen eines «zweifellos von ihm veranlassten» Briefes des
Genfer Anwaltes H. Dutoit an ihre französische Lizenznehmerin «S.A.P.I.» in
Paris, geschrieben im Auftrage der Bank Prokredit A. G. am 26. März 1952.
B. - Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich wies die Angelegenheit am 14.
Juni 1952 von der Hand, indem sie die örtliche Zuständigkeit der zürcherischen
Strafbehörden Verneinte. Denn es sei jedenfalls nicht in Zürich, sondern in
Genf und Paris gehandelt worden. Auch wäre der behauptete Erfolg des Briefes
(Verweigerung der Zahlung weiterer Lizenzgebühren an die Anzeigerin und

Seite: 248
Strafantragstellerin) in Paris eingetreten oder hätte nach Absicht der
handelnden Personen dort eintreten sollen. Im übrigen hielt die
Staatsanwaltschaft eine Strafuntersuchung überhaupt nicht für gerechtfertigt,
da einfach eine zivilrechtliche Streitigkeit in Frage stehe.
C. - Der Rekurs der «Ferbrik» an die kantonale Justizdirektion hatte keinen
Erfolg. Deren Verfügung vom 21. Oktober 1952 ging davon aus, der beanstandete
Brief sei zweifellos in Freiburg oder in Genf geschrieben worden. Somit komme
nur einer dieser beiden Orte als Tatort in Betracht, gleichgültig ob der
Anwalt, wie dies die Rekurrentin vermute, von Zürich aus beauftragt worden
sei. Denn «erst durch die Annahme und Ausführung des Auftrages am Ort des
Beauftragten, nicht schon durch die Auftragserteilung vom Ort des
Auftraggebers aus, wird das beabsichtigte Delikt verübt.» Sei daher der
zürcherische Gerichtsstand abzulehnen, so brauche nicht geprüft zu werden, ob
überhaupt ein Deliktstatbestand in Frage komme.
D. - Mit Eingabe vom 31. Oktober 1952 stellt die «Ferbrik» bei der
Anklagekammer des Bundesgerichtes das Gesuch, der Kanton Zürich sei als zur
Anhandnahme der Untersuchung berechtigt und verpflichtet zu bezeichnen.
E. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich hält das Gesuch der «Ferbrik» für
unzulässig, da zur Zeit kein Gerichtsstandskonflikt zwischen den Behörden
mehrerer Kantone bestehe. Es sei damit zu rechnen, dass sich die Behörden von
Freiburg oder Genf als zuständig erklären, namentlich die letztem, da der
beanstandete Brief offenbar in Genf verfasst und abgeschickt worden sei.
Die Anklagekammer zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 351
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
StGB, erweitert durch Art. 264 BStP in der Fassung gemäss
Art. 168
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
OG von 1943, hat die Anklagekammer des Bundesgerichtes den
Gerichtsstand zu bestimmen, wenn er unter den Behörden mehrerer

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Kantone streitig geworden ist, sowie wenn der Beschuldigte die Gerichtsbarkeit
eines Kantons bestreitet.
Wird über die Frage, in welchem Kantone sich der Gerichtsstand befindet, keine
Einigung erzielt, so ist die Anklagekammer des Bundesgerichtes um Bestimmung
des zur Anhandnahme der Verfolgung berechtigten und verpflichteten Kantons
anzugehen. Tun dies die kantonalen Behörden nicht von sich aus, wozu sie
verpflichtet sind, so hat die Anklagekammer sich mit der streitigen
Gerichtsstandsfrage auch auf Ansuchen eines Beteiligten zu befassen, des
Beschuldigten oder auch des Privatklägers oder blossen Anzeigers (BGE 71 IV
58
, 73 IV 62). Eine Frage für sich ist, ob es dem öffentlichen Ankläger
zustehe, bei einem solchen Gerichtsstandskonflikt in einem von den
Strafbehörden des eigenen Kantons abweichenden Sinne aufzutreten (vgl.
COUCHEPIN, Les conflits de compétence, in der Schweizerischen Zeitschrift für
Strafrecht 63 S. 101 ff., besonders 116 oben).
Ist, wenigstens vorderhand, der Gerichtsstand nicht unter den Behörden
mehrerer Kantone streitig, so gibt Art. 264 BStP nur dem Beschuldigten das
Recht, die Anklagekammer des Bundesgerichtes anzurufen. Die Botschaft
(Bundesblatt 1943 S. 158 deutsch, 167 französisch) bemerkt ausdrücklich, es
.bestehe kein zureichender Grund, die gleiche Möglichkeit auch dem
Privatstrafkläger einzuräumen. Das muss um so mehr für den blossen Anzeiger
gelten. Es erhebt sich jedoch die Frage, ob nicht durch das Vorgehen der
kantonalen Justizdirektion eine Sachlage entstanden ist, die das Einschreiten
der Anklagekammer ebenso rechtfertigt wie ein interkantonaler (zumal
negativer) Gerichtsstandskonflikt. Die vorinstanzliche Behörde hat die
Zuständigkeit abgelehnt, ohne einen andern Kanton über die Angelegenheit zu
orientieren. Sofern das Von der Anzeigerin geltend gemachte Offizialdelikt
(Betrug, eventuell Betrugsversuch) ernstlich in Frage kommt (was der
angefochtene Unzuständigkeitsentscheid offen lässt), kann es nicht bei einem
solchen negativen

Seite: 250
Zuständigkeitsentscheid der Behörden des einen Kantons sein Bewenden haben.
Vielmehr haben diese Behörden dem Offizialcharakter des in Frage stehenden
Deliktes und der interkantonalen Rechtshilfepflicht in eidgenössischen
Strafsachen dadurch Rechnung zu tragen, dass sie die Sache, zu deren
Anhandnahme sie sich für unzuständig halten, von Amtes wegen an die Behörden
des nach ihrer Ansicht zuständigen Kantons weisen. Denn es ist dafür zu
sorgen, dass Offizialdelikte auch wirklich (am zuständigen Orte) verfolgt
werden. Richtigerweise ist vorerst von der Ausfällung eines
Unzuständigkeitsentscheides überhaupt abzusehen und einfach ein
Meinungsaustausch mit den Behörden der als zuständig in Betracht kommenden
andern Kantone zu eröffnen. Wird hierbei über den Gerichtsstand keine Einigung
erzielt, so ist, wie erwähnt, nach Art. 264 BStP von Amtes wegen die
Anklagekammer des Bundesgerichtes um Bestimmung des Gerichtsstandes anzugehen,
was keine förmlichen Entscheidungen der kantonalen Behörden voraussetzt (vgl.
dazu COUCHEPIN a.a.O., S. 116).
2.- Ob für die Anklagekammer hinreichende Veranlassung bestehe, angesichts der
durch den angefochtenen Entscheid geschaffenen Sachlage von Amtes wegen
einzuschreiten, kann aber dahingestellt bleiben. Auf alle Fälle muss wegen der
ja auch noch geltend gemachten Antragsdelikte (Art. 160
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 160 - 1. Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.219
, event. 149 StGB) auf
das Gesuch eingetreten werden. In dieser Hinsicht steht dem Verletzten nämlich
über den Wortlaut von Art. 264 BStP hinaus eine eigentliche
Gesuchsberechtigung zu.
Wenn die erwähnte Vorschrift, abgesehen von bereits bestehenden
interkantonalen Gerichtsstandskonflikten, allerdings nur dem Beschuldigten das
Recht einräumt, wegen des Gerichtsstandes die Anklagekammer des
Bundesgerichtes anzurufen, so geht sie gemäss der frühern Rechtsprechung davon
aus, gegenüber kantonalen Gerichtsstandsentscheiden sei ohnehin die
Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof nach Art. 268 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 160 - 1. Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.219
. BStP zulässig
(siehe die Botschaft zum OG, a.a.O., ferner BGE 71 IV 74).

Seite: 251
Man fand also, es genüge, die ausser dem Beschuldigten im Strafverfahren
Beteiligten auf dieses Rechtsmittel zu verweisen, nach Massgabe der dafür
geltenden Legitimationsbestimmungen. Nun erklärt Art. 270 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 160 - 1. Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.219
BStP bei
Antragsdelikten ausdrücklich auch den Verletzten, als Antragsteller, als zur
Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert, und zwar vorbehaltlos, also gleichgültig,
ob er nach kantonalem Prozessrecht als Partei zu gelten hat (Sten. Bull. der
Bundesversammlung 1943, StR 207 ff., 231/2, 234, NR 244, 248). Würden der
damaligen Betrachtungsweise entsprechend auch Vor- und Zwischenentscheide über
den Gerichtsstand der Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 268
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 160 - 1. Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.219
BStP unterstellt,
so stünde somit der «Ferbrik» gegen den angefochtenen Gerichtsstandsentscheid
die Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof zu. Das Rechtsmittelsystem ist
jedoch im Einverständnis mit dem Kassationshof durch den Entscheid der
Anklagekammer in Sachen Pedler (BGE 73 IV 54) dahin richtiggestellt worden,
dass Art. 264 BStP als Spezialnorm die ausschliessliche Zuständigkeit der
Anklagekammer in interkantonalen Gerichtsstandsfragen bei eidgenössischen
Strafsachen, solange keine Sachurteil ergangen ist, begründe (vgl. auch BGE 74
IV 190
, 76 IV 114). Diese Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereiches des
Art. 264 BStP ruft einer dem Art. 270 BStP entsprechenden Ausdehnung der
Legitimation zur Anrufung der Anklagekammer. Es wäre zweifellos nicht dem
Willen des Gesetzes gemäss, dem Antragsteller, nachdem ihm die
Nichtigkeitsbeschwerde nicht mehr zur Verfügung steht, die Anrufung des
Bundesgerichtes in interkantonalen Gerichtsstandfragen nun überhaupt zu
versagen. Die auch in anderer Hinsicht lückenhafte Bestimmung des Art. 264
BStP, die das Verfahren vor der Anklagekammer nicht näher ordnet, ist in jenem
Sinne zu ergänzen (so denn auch COUCHEPIN, a.a.O. 115; WAIBLINGER, Zeitschrift
des bernischen Juristenvereins 85 S. 489). Ungeprüft kann die von den beiden
erwähnten Autoren gleichfalls besprochene Frage bleiben,

Seite: 252
wie es sich mit der Gesuchsberechtigung eines Privatklägers oder blossen
Anzeigers bei Offizialdelikten verhält.
3.- Dem Gesuch der «Ferbrik» ist in dem Sinne zu entsprechen, dass der
angefochtene Unzuständigkeitsentscheid aufzuheben und die Sache zu näherer
Prüfung an die kantonale Justizdirektion zurückzuweisen ist. Zu solcher
Aufhebung ist die Anklagekammer befugt (BGE 74 IV 185), und sie ist im
vorliegenden Falle geboten, da der Sachverhalt nicht soweit abgeklärt ist,
dass sich mit Sicherheit die Zuständigkeit der zürcherischen Behörden
ausschliessen liesse. Entgegen der Ansicht des angefochtenen Entscheides ist
es nämlich nicht belanglos, ob Anwalt H. Dutoit von Zürich aus beauftragt
worden sei, wie dies die Gesuchstellerin vermutet und behauptet. Die kantonale
Behörde scheint anzunehmen, als Täter komme nur eben der Anwalt H. Dutoit in
Betracht, Dr. Uldry dagegen nur als Anstifter. Indessen steht dahin, ob nicht
Dr. Uldry als Mittäter neben dem Anwalt oder auch als mittelbarer Täter (bei
Verneinung der Täterschaft des Anwaltes insbesondere mangels subjektiven
Tatbestandes, vgl. BGE 77 IV 88) zu gelten habe. Im ersten Falle hätte man es
mit einer Mehrheit von Tätern zu tun, die allenfalls in verschiedenen Kantonen
gehandelt haben. Bei mittelbarer Täterschaft des Dr. Uldry liesse sich
allerdings die Ansicht vertreten, die Tat sei nur dort e ausgeführt worden
(Art. 7
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 7 - 1 Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
1    Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
a  die Tat auch am Begehungsort strafbar ist oder der Begehungsort keiner Strafgewalt unterliegt;
b  der Täter sich in der Schweiz befindet oder ihr wegen dieser Tat ausgeliefert wird; und
c  nach schweizerischem Recht die Tat die Auslieferung zulässt, der Täter jedoch nicht ausgeliefert wird.
2    Ist der Täter nicht Schweizer und wurde das Verbrechen oder Vergehen nicht gegen einen Schweizer begangen, so ist Absatz 1 nur anwendbar, wenn:
a  das Auslieferungsbegehren aus einem Grund abgewiesen wurde, der nicht die Art der Tat betrifft; oder
b  der Täter ein besonders schweres Verbrechen begangen hat, das von der internationalen Rechtsgemeinschaft geächtet wird.
3    Das Gericht bestimmt die Sanktionen so, dass sie insgesamt für den Täter nicht schwerer wiegen als die Sanktionen nach dem Recht des Begehungsortes.
4    Der Täter wird, unter Vorbehalt eines krassen Verstosses gegen die Grundsätze der Bundesverfassung und der EMRK12, in der Schweiz wegen der Tat nicht mehr verfolgt, wenn:
a  ein ausländisches Gericht ihn endgültig freigesprochen hat;
b  die Sanktion, zu der er im Ausland verurteilt wurde, vollzogen, erlassen oder verjährt ist.
5    Ist der Täter wegen der Tat im Ausland verurteilt worden und wurde die Strafe im Ausland nur teilweise vollzogen, so rechnet ihm das Gericht den vollzogenen Teil auf die auszusprechende Strafe an. Das Gericht entscheidet, ob eine im Ausland angeordnete, aber dort nur teilweise vollzogene Massnahme fortzusetzen oder auf die in der Schweiz ausgesprochene Strafe anzurechnen ist.
und 346
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 7 - 1 Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
1    Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
a  die Tat auch am Begehungsort strafbar ist oder der Begehungsort keiner Strafgewalt unterliegt;
b  der Täter sich in der Schweiz befindet oder ihr wegen dieser Tat ausgeliefert wird; und
c  nach schweizerischem Recht die Tat die Auslieferung zulässt, der Täter jedoch nicht ausgeliefert wird.
2    Ist der Täter nicht Schweizer und wurde das Verbrechen oder Vergehen nicht gegen einen Schweizer begangen, so ist Absatz 1 nur anwendbar, wenn:
a  das Auslieferungsbegehren aus einem Grund abgewiesen wurde, der nicht die Art der Tat betrifft; oder
b  der Täter ein besonders schweres Verbrechen begangen hat, das von der internationalen Rechtsgemeinschaft geächtet wird.
3    Das Gericht bestimmt die Sanktionen so, dass sie insgesamt für den Täter nicht schwerer wiegen als die Sanktionen nach dem Recht des Begehungsortes.
4    Der Täter wird, unter Vorbehalt eines krassen Verstosses gegen die Grundsätze der Bundesverfassung und der EMRK12, in der Schweiz wegen der Tat nicht mehr verfolgt, wenn:
a  ein ausländisches Gericht ihn endgültig freigesprochen hat;
b  die Sanktion, zu der er im Ausland verurteilt wurde, vollzogen, erlassen oder verjährt ist.
5    Ist der Täter wegen der Tat im Ausland verurteilt worden und wurde die Strafe im Ausland nur teilweise vollzogen, so rechnet ihm das Gericht den vollzogenen Teil auf die auszusprechende Strafe an. Das Gericht entscheidet, ob eine im Ausland angeordnete, aber dort nur teilweise vollzogene Massnahme fortzusetzen oder auf die in der Schweiz ausgesprochene Strafe anzurechnen ist.
StGB), wo der als Werkzeug benutzte Anwalt gehandelt hat (so
anscheinend HAFTER, Allgemeiner Teil, 2. Auflage, § 42 III mit Fussnote 7 auf
Seite 222). Es sprechen aber zureichende Gründe dafür, als Ort der
Tatausführung bei mittelbarer Täterschaft zugleich den Ort zu betrachten, von
wo aus die «Beeinflussung seitens des bestimmenden Hintermannes» stattgefunden
hat (so LISZT-SCHMIDT, Lehrbuch des deutschen Strafrechts, 25. Auflage, S. 171
Ziff. 3; ferner MEZGER, Strafrecht S. 160: «Für mittelbare Täterschaft kommt
als körperliche Tätigkeit in Betracht, was der mittelbare Täter in seiner
Person verwirklicht (mündliche Aufforderung,

Seite: 253
Absenden des Briefes usw...)»). In der Tat entspricht es dem Wesen der
mittelbaren Täterschaft, in den Handlungen des mittelbaren Täters, durch die
er auf die als Werkzeug benutzte Person einwirkt, bereits einen Teil der
Deliktsausführung zu sehen. Ist dem aber so, so lässt sich im vorliegenden
Fall der zürcherische Gerichtsstand nicht ohne weiteres ablehnen. Die
Tatumstände sind, vorerst soweit es für die Entscheidung der
Gerichtsstandsfrage erforderlich ist, an Hand der Angaben der Antragstellerin
abzuklären.
Vorbehalten bleibt die Einstellung der Untersuchung als ungerechtfertigt.
Gegen den Einstellungsbeschluss der letzten kantonalen Instanz wäre die
Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 268
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 160 - 1. Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.219
BStP gegeben.
Demnach erkennt die Anklagekammer:
Dem Gesuch wird in dem Sinne entsprechen, dass die Verfügung der Direktion der
Justiz des Kantons Zürich vom 21. Oktober 1952 aufgehoben und die Sache im
Sinne der Erwägungen an die zürcherischen Strafbehörden zurückgewiesen wird.
Vgl. auch Nr. 47 (Überprüfungsbefugnis des Kassationshofes). - Voir aussi no
47.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 78 IV 246
Date : 01. Januar 1952
Published : 21. November 1952
Source : Bundesgericht
Status : 78 IV 246
Subject area : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Subject : 1. Halten sich die Strafbehörden eines Kantons zur Verfolgung eines Offizialdeliktes für örtlich...


Legislation register
BStP: 264  268  270
OG: 168
StGB: 7  160  346  351
BGE-register
71-IV-55 • 71-IV-72 • 73-IV-54 • 73-IV-60 • 74-IV-185 • 76-IV-109 • 77-IV-88 • 78-IV-246
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chamber of accusation • federal court • question • accused • letter • indirect perpetrator • ex officio • court of cassation • cantonal administration • tool • statement of affairs • authorization • fraud • criminal matter • supervisory board • initiator of a criminal complaint • remedies • public prosecutor • criminal investigation • complaint • decision • statement of reasons for the adjudication • judiciary • proviso • increase • labeling • communication • presumption • legitimation • cessation of investigation • federal assembly • interim decision • exchange of opinions • lower instance • criminal complaint • scene of crime • intention • exclusive competence • meadow
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