S. 71 / Nr. 14 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 78 III 71

14. Entscheid vom 15. Mai 1952 i. S. Rychetzky.

Regeste:
Widerspruchsverfahren. Art. 106
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 106 - 1 Wird geltend gemacht, einem Dritten stehe am gepfändeten Gegenstand das Eigentum, ein Pfandrecht oder ein anderes Recht zu, das der Pfändung entgegensteht oder im weitern Verlauf des Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen ist, so merkt das Betreibungsamt den Anspruch des Dritten in der Pfändungsurkunde vor oder zeigt ihn, falls die Urkunde bereits zugestellt ist, den Parteien besonders an.
1    Wird geltend gemacht, einem Dritten stehe am gepfändeten Gegenstand das Eigentum, ein Pfandrecht oder ein anderes Recht zu, das der Pfändung entgegensteht oder im weitern Verlauf des Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen ist, so merkt das Betreibungsamt den Anspruch des Dritten in der Pfändungsurkunde vor oder zeigt ihn, falls die Urkunde bereits zugestellt ist, den Parteien besonders an.
2    Dritte können ihre Ansprüche anmelden, solange der Erlös aus der Verwertung des gepfändeten Gegenstandes noch nicht verteilt ist.
3    Nach der Verwertung kann der Dritte die Ansprüche, die ihm nach Zivilrecht bei Diebstahl, Verlust oder sonstigem Abhandenkommen einer beweglichen Sache (Art. 934 und 935 ZGB223) oder bei bösem Glauben des Erwerbers (Art. 936 und 974 Abs. 3 ZGB) zustehen, ausserhalb des Betreibungsverfahrens geltend machen. Als öffentliche Versteigerung im Sinne von Artikel 934 Absatz 2 ZGB gilt dabei auch der Freihandverkauf nach Artikel 130 dieses Gesetzes.
-109
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1    Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1  Klagen nach Artikel 107 Absatz 5;
2  Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat.
2    Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen.
3    Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt.
4    Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...227
5    Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still.
SchKG. Meldepflicht des Dritten. Unter
welchen Umständen liegt böswilliges Zuwarten vor, das die Verwirkung des
Widerspruchsrechtes nach sich zieht? Widerlegung eines vorerst bestehenden
Verdachtes der Böswilligkeit.
Procédure de revendication. Art. 106-109 LP. Obligation pour le tiers de faire
connaître sa prétention. Quand y a-t-il retard astucieux entraînant la
déchéance du droit de revendiquer? Conditions dans lesquelles le tiers peut se
laver du soupçon d'avoir agi astucieusement.

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Procedura di rivendicazione. Art. 106-109 LEF. Obbligo del terzo di notificare
la sua pretesa. Quando il ritardo è dovuto a malafede e comporta la decadenza
dal diritto di rivendicare I Condizioni in cui il terzo può allontanare il
sospetto di aver agito in malafede.

A. - In verschiedenen Betreibungen gegen Karl Bottinelli pfändete das
Betreibungsamt Zürich 10 in den Monaten Januar bis März 1951 insgesamt 18
Mobiliarstücke. Der Ehefrau wurden die Pfändungen jeweilen (mit dem
fakultativen Formular 2) schriftlich angezeigt mit der Bemerkung,
Eigentumsansprachen seien innert zehn Tagen seit Kenntnisnahme von der
Pfändung beim Betreibungsamt anzumelden.
B. - Erst einige Monate später machte Frau Bottinelli das Eigentum an
zahlreichen der gepfändeten Gegenstände geltend. Am 27. August 1951 nannte sie
als ihr gehörend die Nummern 3, 4, 14 und 18 der Pfändungsurkunde und am 4.
Oktober 1951 die Nummern 6-10 und 16.
C. - Das Betreibungsamt wies die eine wie die andere dieser Ansprachen als
verspätet zurück. Auf Beschwerde und Rekurs der Ansprecherin wies die obere
kantonale Aufsichtsbehörde das Betreibungsamt mit Entscheid vom 2. Februar
1952 an, über die beiden Ansprachen das Widerspruchsverfahren durchzuführen.
Dieser Entscheid verneint eine Arglist der (persönlich einvernommenen)
Ansprecherin. Es sei glaubhaft, dass diese mit der Anmeldung einfach deshalb
zugewartet habe, weil es ihr vorderhand an Belegen gefehlt, und dass sie sich
von einem Zeugenbeweis für den grösstenteils auf das Jahr 1934 zurückgehenden
Eigentumserwerb nicht viel versprochen habe. Man dürfe annehmen, nach dem
Auffinden von Belegen habe sie die Anmeldung tunlichst bald eingegeben, auch
diejenige vom 4. Oktober 1951, da eben die betreffenden Belege erst in der
Zwischenzeit entdeckt worden seien. Auch hinsichtlich der unbelegt gebliebenen
Gegenstände Nr. 7, 9, 10 und 16 sei ihr nicht arglistige Verzögerung
vorzuwerfen.
D. - Rychetzky, einer der Pfändungsgläubiger hat den

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kantonalen Entscheid an das Bundesgericht weitergezogen. Er trägt auf
Abweisung der Beschwerde der Ansprecherin und eventuell auf Rückweisung der
Sache zu ergänzender Beweisführung an.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1.- Über Vorzugsrechte Dritter an gepfändeten Sachen (Eigentum, Pfandrechte
und andere dingliche Rechte) ist das Widerspruchsverfahren durchzuführen, und
zwar möglichst bald, mit Ansetzung der vom Gesetze vorgesehenen Fristen von
zehn Tagen (Art. 106
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 106 - 1 Wird geltend gemacht, einem Dritten stehe am gepfändeten Gegenstand das Eigentum, ein Pfandrecht oder ein anderes Recht zu, das der Pfändung entgegensteht oder im weitern Verlauf des Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen ist, so merkt das Betreibungsamt den Anspruch des Dritten in der Pfändungsurkunde vor oder zeigt ihn, falls die Urkunde bereits zugestellt ist, den Parteien besonders an.
1    Wird geltend gemacht, einem Dritten stehe am gepfändeten Gegenstand das Eigentum, ein Pfandrecht oder ein anderes Recht zu, das der Pfändung entgegensteht oder im weitern Verlauf des Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen ist, so merkt das Betreibungsamt den Anspruch des Dritten in der Pfändungsurkunde vor oder zeigt ihn, falls die Urkunde bereits zugestellt ist, den Parteien besonders an.
2    Dritte können ihre Ansprüche anmelden, solange der Erlös aus der Verwertung des gepfändeten Gegenstandes noch nicht verteilt ist.
3    Nach der Verwertung kann der Dritte die Ansprüche, die ihm nach Zivilrecht bei Diebstahl, Verlust oder sonstigem Abhandenkommen einer beweglichen Sache (Art. 934 und 935 ZGB223) oder bei bösem Glauben des Erwerbers (Art. 936 und 974 Abs. 3 ZGB) zustehen, ausserhalb des Betreibungsverfahrens geltend machen. Als öffentliche Versteigerung im Sinne von Artikel 934 Absatz 2 ZGB gilt dabei auch der Freihandverkauf nach Artikel 130 dieses Gesetzes.
-109
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1    Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1  Klagen nach Artikel 107 Absatz 5;
2  Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat.
2    Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen.
3    Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt.
4    Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...227
5    Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still.
SchKG). Der Dritte selbst hat Veranlassung und
Pflicht zur Anmeldung seines Rechtes, wenn er nicht in guten Treuen annehmen
darf, der betriebene Schuldner oder jemand anderes (z. B. ein Aufbewahrer)
besorge die Anmeldung. Diese Obliegenheit versteht sich ohne weiteres im
Hinblick auf die im Betreibungsverfahren zu berücksichtigenden Interessen der
Gläubiger wie übrigens auch des Schuldners. Davon ausgehend, hat die frühere
Rechtsprechung (auf die der Rekurrent zurückgehen möchte) - das
Widerspruchsrecht grundsätzlich auf zehn Tage seit sicherer Kenntnisnahme von
der Pfändung der betreffenden Sache befristet (BGE 37 I 463 = Sep. Ausg. 14 S.
242), immerhin mit Vorbehalt von Entschuldigungs- oder doch Hinderungsgründen
(BGE 48 III 49, 49 III 108, 54 III 109). Die neueren Entscheidungen glauben
der Annahme einer eigentlichen Anmeldefrist mit Verwirkungscharakter entraten
zu können. Sie knüpfen die Verwirkung des Widerspruchsrechtes an den
Tatbestand einer arglistigen Verzögerung der Anmeldung, an den Fall also, dass
der Dritte mit seinem Zuwarten darauf ausgeht, das Betreibungsverfahren zu
stören (BGE 67 III 65 und seither 68 III 184, 69 III 40, 72 III 4).
2.- Der angefochtene Entscheid folgt dieser Betrachtungsweise mit Recht. Der
Verwirkungsgrund der Arglist ist nun freilich nicht dahin zu verstehen, eine
verzögerte Anmeldung sei nur dann zurückzuweisen, wenn sich der

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Dritte wesentlich und hauptsächlich gerade von der Absicht, das
Betreibungsverfahren in die Länge zu ziehen, habe leiten lassen. Vielmehr
verdient eine Verzögerung der Anmeldung immer dann mit Verwirkungsfolge
bedacht zu werden, wenn der Dritte sich der mit seinem Zuwarten verbundenen
Hemmung des Betreibungsverfahrens bewusst war und er für sein Verhalten keinen
oder doch keinen ernsthaften Grund hatte. Je länger er mit der Anmeldung
zuwartet, um so mehr ist der Verdacht der bewussten Verfahrensstörung
begründet. Verstreichen, wie im vorliegenden Falle, Wochen und Monate seit
Kenntnisnahme von der Pfändung unbenutzt, so kann der Dritte der Verwirkung
seines Widerspruchsrechtes nicht entgehen, indem er einfach Arglist
bestreitet. Um den zunächst begründeten Verdacht von sich abzuwenden, hat er
die Gründe seines absonderlichen Verhaltens anzugeben und glaubhaft zu machen
(vgl. Art. 3 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 3 - 1 Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten.
1    Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten.
2    Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen.
ZGB). Davon, dass unter Umständen Arglist oder
Böswilligkeit zu vermuten ist, geht denn auch BGE 72 III 3, der blosse
Ausreden nicht gelten lässt, stillschweigend aus (vgl. auch den von der untern
Aufsichtsbehörde angeführten Entscheid vom 11. April 1950 i. S. Sonja Boden).
Auch wenn man dies beachtet, hält aber das Verhalten der Frau Bottinelli
angesichts der vorinstanzlichen Tatsachenwürdigung der Kritik des Rekurrenten
stand. Der Umstand, dass sie eine Zeitlang selber Abschlagszahlungen zu Handen
der betreibenden Gläubiger des Ehemannes leistete, machte zwar die Pflicht zu
ungesäumter Anmeldung ihres Eigentums nicht hinfällig. Dein Dritten steht
nicht zu, die Verwertung vorerst durch Abschlagszahlungen und alsdann, wenn er
damit nicht zu Ende kommt, durch nachträgliche Geltendmachung des Eigentums an
gepfändeten Sachen weiterhin zu hindern. Frau Bottinelli liess sich jedoch
nach Feststellung des vorinstanzlichen Entscheides vornehmlich von einem
andern Beweggrunde leiten: von der Befürchtung, ihr Eigentum mangels
schriftlicher Ausweise nicht wirksam zur Geltung bringen

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zu können. Wenn die kantonale Aufsichtsbehörde dieser Darstellung angesichts
des guten Eindruckes der Aussagen der Ansprecherin und mit Rücksicht auf den
weit zurückliegenden Zeitpunkt des behaupteten Erwerbes Glauben schenkt, so
muss es dabei sein Bewenden haben. Und wenn sie diese Handlungsweise einer in
geschäftlichen Dingen wenig erfahrenen Frau dahin würdigt, dass man es nicht
mit arglistiger (böswilliger) Verschleppung des Betreibungsverfahrens zu tun
habe, so ist diese den Umständen des Falles Rechnung tragende Beurteilung
nicht zu beanstanden. Was im besondern noch diejenigen Gegenstände betrifft,
deren Erwerb unbelegt geblieben ist, so liegt nichts dafür vor, dass die
Ansprecherin insoweit nicht ebenso gut wie hinsichtlich der andern Sachen mit
dem Vorhandensein zunächst verborgener Belege hatte rechnen können. Es kann
ein Zufall sein, dass sich dann gerade für jene Gegenstände auch nach dem 27.
August 1951 nichts finden liess. Der teilweise Misserfolg ihrer
Nachforschungen tat der guten Treue der Ansprecherin keinen Abbruch. Das
Widerspruchsrecht war daher am 4. Oktober 1951 auch hinsichtlich der
Gegenstände 7, 9, 10 und 16 gewahrt geblieben.
Demnach erkennt die Schuldbetr. u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 78 III 71
Date : 01. Januar 1952
Published : 15. Mai 1952
Source : Bundesgericht
Status : 78 III 71
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : Widerspruchsverfahren. Art. 106-109 SchKG. Meldepflicht des Dritten. Unter welchen Umständen liegt...


Legislation register
SchKG: 106  109
ZGB: 3
BGE-register
37-I-463 • 48-III-49 • 49-III-108 • 54-III-106 • 67-III-65 • 68-III-183 • 69-III-38 • 72-III-3 • 78-III-71
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property • prosecution office • suspicion • behavior • month • day • forfeiture • debtor • director • meadow • lower instance • debt enforcement • spouse • statement of affairs • acquisition of property • company • acceptance of proposal • authorization • motivation • lower supervision authority • federal court • presumption • obligation to register • coincidence • time limit • obligation • hamlet • debt enforcement and bankruptcy law
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