S. 200 / Nr. 39 Familienrecht (d)

BGE 78 II 200

39. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 3. April 1952 i. S.
Rehbeil gegen Habegger.


Seite: 200
Regeste:
Vaterschaftsklage gegen einen Auslandschweizer. Anwendbares Recht. Art. 28
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.

NAG.
Die Klage untersteht dem schweizerischen Heimatrecht des Beklagten, sofern die
Gesetzgebung seines Wohnsitzstaates nicht das dort geltende materielle Recht
angewendet wissen will. Massgebend ist der Wohnsitz des Beklagten zur Zeit der
Schwängerung.
Action en paternité dirigée contre un Suisse domicilié à l'étranger. Droit
applicable. Art. 28 LRDC.
L'action est régie par le droit suisse, loi nationale du défendeur, à moins
que la loi du pays de son domicile n'exige l'application du droit en vigueur
en ce pays. C'est le domicile du défendeur au moment de la conception qui est
déterminant.
Azione di paternità contro uno Svizzero domiciliato all'estero. Diritto
applicabile. Art. 28 LDD.
L'azione è disciplinata dal diritto svizzero, legge nazionale del convenuto, a
meno che la legge dello stato in cui egli ha il suo domicilio esiga
l'applicazione del diritto ivi vigente. Determinante è il domicilio del
convenuto all'atto del concepimento.

Aus dem Tatbestand:
Der damals in Vichy (Frankreich) wohnende Beklagte Habegger, Schweizerbürger,
lernte am 16. November 1948 in Frankfurt a.M. die Deutsche Gerda Rehbeil
kennen. Nach einer mit ihr im Freundeskreise verbrachten Nacht hatte er mit
ihr Geschlechtsverkehr. Sie gebar am 15. August 1949 das Mädchen Karin
Veronika. Mutter und Kind erhoben in Basel, wohin der Beklagte schon im
Frühjahr 1949 übergesiedelt war, Vaterschaftsklage auf Vermögensleistungen.
Sowohl das Zivilgericht wie das Appellationsgericht wiesen die Klage ab, jenes
in Anwendung von Art. 340
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 340 - 1 Die Angelegenheiten der Gemeinderschaft werden von allen Gemeindern gemeinsam geordnet.
1    Die Angelegenheiten der Gemeinderschaft werden von allen Gemeindern gemeinsam geordnet.
2    Jeder von ihnen kann ohne Mitwirkung der übrigen gewöhnliche Verwaltungshandlungen vornehmen.
des französischen Code civil, dieses nach Art. 315
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
1    Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
2    Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält.
3    Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde.

des schweizerischen ZGB.
Das Kind legte Berufung an das Bundesgericht ein. Es stützt sich in erster
Linie auf deutsches Recht (dem die Einrede des unzüchtigen Lebenswandels der
Mutter unbekannt sei), eventuell auf schweizerisches Recht (indem diese
Einrede nicht als begründet erachtet werden dürfe).

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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Die schweizerische Rechtsprechung unterstellt die auf Vermögensleistungen
gehende Vaterschaftsklage dem Wohnsitzprinzip des Art. 2
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 2 Begriffe - In dieser Verordnung bedeuten:
a  Urkundsperson: eine Person mit amtlicher Befugnis nach Bundesrecht oder kantonalem Recht, elektronische öffentliche Urkunden oder elektronische Beglaubigungen zu erstellen, namentlich:
a1  freiberufliche Notarin oder freiberuflicher Notar,
a2  Amtsnotarin oder Amtsnotar,
a3  Mitarbeiterin oder Mitarbeiter von Grundbuch-, Handelsregister-, oder Zivilstandsbehörden,
a4  Ingenieur-Geometerin oder Ingenieur-Geometer, die oder der im Geometerregister eingetragen ist und vom Kanton die Befugnis nach Artikel 46a Absatz 1 der Verordnung vom 18. November 19927 über die amtliche Vermessung erhalten hat;
b  Zulassungsbestätigung: elektronischer Nachweis, wonach die Person, die eine elektronische öffentliche Urkunde oder eine elektronische Beglaubigung erstellt, im Zeitpunkt der Erstellung dazu befugt ist;
c  Verbal: Vermerk, in dem die Urkundsperson die Feststellungen festhält, die sie bei der Erstellung von elektronischen öffentlichen Urkunden und elektronischen Beglaubigungen macht;
d  Zertifikat: digitales Zertifikat einer gemäss Bundesgesetz vom 18. März 20168 über die elektronische Signatur (ZertES) anerkannten Anbieterin von Zertifizierungsdiensten.
NAG, mit der
Massgabe, dass der Wohnsitz des Beklagten zur Zeit der Schwängerung
unveränderlich massgebend bleibt (BGE 77 II 113; vgl. über veränderliche und
unveränderliche Anknüpfungspunkte LEWALD, Règles générales des conflits de
lois, S. 38ff., und BGE 56 II 178). In der Tat besteht der Rechtsgrund solcher
Ansprüche im Akt der Schwängerung, und es soll für die Beurteilung nichts
darauf ankommen, ob der Beklagte seinen damaligen Wohnsitz allenfalls
aufgegeben hat. Von diesem Grundsatze geht das erstinstanzliche Urteil aus,
indem es materielles französisches Recht zur Anwendung bringt. Die
Klägerschaft will dieselbe Kollisionsnorm angewendet wissen, jedoch im weitem
Sinn einer «Gesamtverweisung», also unter Berücksichtigung der in Frankreich
geltenden Kollisionsnormen, die ihrerseits auf das deutsche Recht (als
Heimatrecht des Kindes) verweisen. Art. 28
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
NAG ändere daran nichts, da die
dort aufgestellten Voraussetzungen für die Anwendung des Heimatrechtes des
Beklagten nicht erfüllt seien. Deutsches Recht sei um so mehr anzuwenden, als
die deutsche Rechtsordnung ihrerseits nach Art. 21 des Einführungsgesetzes zum
BGB (als Heimatrecht der Mutter) angewendet werden wolle. Diese
Betrachtungsweise entspricht der Lehre, wonach eine «Wefterverweisung»
jedenfalls dann beachtlich sein soll, wenn sie zum «Entscheidungseinklang
führt (vgl. PAGENSTECHER, Der Grundsatz des Entscheidungseinklangs im
internationalen Privatrecht, 1951; dazu die Besprechungen von KEGEL in der
(deutschen) Juristenzeitung 1952, S. 191, und von NUSSBAUM in der Zeitschrift
für ausländisches und internationales Privatrecht 1952, S. 317). Indessen
handelt es sich um (übrigens umstrittene) Lehrmeinungen, die keinesfalls im
Widerspruch zu den in den einzelnen Staaten geltenden

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(allenfalls staatsvertraglich festgelegten) Kollisionsnormen zur Geltung
kommen dürfen. Der eingangs erwähnte Grundsatz des schweizerischen
internationalen Privatrechtes ist nun allerdings nach BGE 77 II 113 nicht
unbedingt als reine Sachnormverweisung aufzufassen. Doch war im damaligen
Falle nicht näher dazu Stellung zu nehmen, inwieweit allenfalls auf das
internationale Privatrecht des Wohnsitzstaates Rücksicht zu nehmen sei.
Insbesondere blieb offen, ob auch gesetzlich nicht festgelegte
Kollisionsnormen zu beachten seien, zumal solche, die gar nicht an die Person
des als Vater in Anspruch Genommenen anknüpfen, und ob, falls dies bejaht
würde, dann nicht die Schranken, mit denen die betreffende Kollisionsnorm im
Wohnsitzstaate selbst umgeben wird, vom schweizerischen Richter ebenfalls
einzuhalten wären (vgl. zur französischen Praxis BATTFOL, Droit international
privé, 1949, N. 486, S. 494; ROUAST im Traité de droit civil français von
Planiol et Ripert, 2e édition, tome Il, N. 934 ff., S. 800 ff.).
2.- Auch im vorliegenden Falle braucht die Tragweite der erwähnten
schweizerischen Kollisionsnorm nicht erörtert zu werden. Dem
Appellationsgericht ist nämlich darin beizustimmen, dass die für
Auslandschweizer geltenden besondern Bestimmungen von Art. 28
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
NAG nur in
beschränktem Sinne auf das Wohnsitzrecht verweisen. Es gilt daher, die sich
aus Art. 28
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
NAG ergebenden Rechtsanwendungsregeln zu ermitteln. Soweit dabei
das Wohnsitzrecht zur Geltung zu kommen hat, muss freilich gleichfalls auf den
Wohnsitz des Vaterschaftsbeklagten im Zeitpunkte der Schwängerung abgestellt
werden, was eben der schweizerischen Auffassung von der Rechtsnatur der
(gewöhnlichen, auf Vermögensleistungen gehenden) Vaterschaftsklage entspricht.
Die vorliegende Klage ist also hinsichtlich des anzuwendenden Rechtes gleich
zu beurteilen, wie wenn der Beklagte in Frankreich wohnen geblieben wäre (und
die schweizerischen Gerichte gemäss Art. 313
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 313 - 1 Verändern sich die Verhältnisse, so sind die Massnahmen zum Schutz des Kindes der neuen Lage anzupassen.
1    Verändern sich die Verhältnisse, so sind die Massnahmen zum Schutz des Kindes der neuen Lage anzupassen.
2    Die elterliche Sorge darf in keinem Fall vor Ablauf eines Jahres nach ihrer Entziehung wiederhergestellt werden.
ZGB angerufen worden wären, vgl.
BGE 53 II 90), während im umgekehrten Fall eines zur Zeit der Schwängerung in
der

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Schweiz wohnhaft gewesenen Schweizerbürgers ein- für allemal (nach dem in Erw.
1 erwähnten Grundsatze) das schweizerische Recht anwendbar wäre, ohne
Rücksicht auf eine seither eingetretene Wohnsitzverlegung ins Ausland.
3.- Die für mehrere Rechtsgebiete aufgestellten, auf Systembegriffen
aufgebauten Regeln des Art. 28
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
NAG weisen notwendigerweise gewisse Lücken auf
(vgl. LEWALD, a.a.O., S. 9, Ziff. 5). Das Gesetz zieht augenscheinlich nur das
Personalstatut (Heimat und Wohnsitz) des betreffenden Auslandschweizers in
Betracht. Es ist fraglich, ob nicht unter Umständen das Recht der Ortslage
oder der Handlung, namentlich bei rechtsgeschäftlichen Verfügungen der Satz
locus regit actum zur Anwendung zu kommen habe. Das ist jedoch hier nicht
näher zu prüfen. Für die vorliegende familienrechtliche Klage kommt nur das
Personalstatut (Heimat oder Wohnsitz) einer der am Rechtsverhältnis
beteiligten Personen in Frage, und zwar nach der dargelegten schweizerischen
Rechtsauffassung das Personalstatut des Beklagten.
Damit ist bereits gesagt, dass dem Art. 28
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
NAG eine Ordnung, die auf Heimat
oder Wohnsitz des Kindes oder der Mutter abstellt, fremd ist. Mit einem
Konflikt, wie er sich aus dem Hinweis auf die erwähnte französische
Kollisionsnorm ergibt, rechnet Art. 28
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
NAG gar nicht. Er fasst nur eben die
Verhältnisse des betreffenden Auslandschweizers ins Auge. Der Vorbehalt der
«ausländischen Gesetzgebung» in Ziff. 2 bezieht sich zweifellos auf diejenige
des Wohnsitzstaates dieses Schweizers. Und wenn hiebei von dessen
«Unterwerfung unter das ausländische Rechts gesprochen wird, so kann nichts
anderes als die Unterwerfung desselben Auslandschweizers unter das materielle
Recht eben des Wohnsitzstaates gemeint sein. Art. 28 Ziff. 2
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
NAG will also das
Heimatprinzip für Auslandschweizer lediglich vor einem im Wohnsitzstaate etwa
geltenden Wohnsitzprinzip zurücktreten lassen. Dem entspricht der
Ausgangspunkt des Art. 28
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
NAG, der sich nur mit der Person des
Auslandschweizers befasst, und auch

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der Wortlaut, speziell der Text des in Frage stehenden Vorbehaltes. Danach
kommt es darauf an, ob der Auslandschweizer an seinem (für die Klage
massgebenden) ausländischen Wohnorte «dem «ausländischen Recht, also einem
bestimmten, eben dem dort geltenden, nicht beliebigem «ausländischem Recht»,
unterworfen ist. Und zwar deutet die Wendung «dem ausländischen Recht (nicht)
unterworfen», «(ne sont point) régis par le droit étranger», allgemeinem
Sprachgebrauch entsprechend, einfach auf das materielle Recht hin. Eine
Gesamtverweisung mit ihren verwickelt en Problemen liegt völlig ausser dem
Gesichtskreis dieser gesetzlichen Norm.
4.- Stellt man die Frage, der heutigen Lehre des internationalen Privatrechts
entsprechend, dahin, ob Art. 28 Ziff. 2
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
NAG eine blosse Sachnorm- oder eine
Gesamtverweisung enthalte, so ist es allerdings nicht leicht, diese
eigenartige Bestimmung einzureihen. Einige Autoren sprechen sich denn auch für
Gesamtverweisung aus und wollen dabei, im Gegensatz zum oben Gesagten,
grundsätzlich eine Weiterverweisung beachtet wissen (so namentlich PILLER, La
condition juridique des Suisses à l'étranger, S. 36 ff. ihm zustimmend
STAUFFER, N. II zu Art. 28
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
NAG BECK, N. 105 der Vorbemerkungen zu Art. 59
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 59 - 1 Für die öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Körperschaften und Anstalten bleibt das öffentliche Recht des Bundes und der Kantone vorbehalten.
1    Für die öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Körperschaften und Anstalten bleibt das öffentliche Recht des Bundes und der Kantone vorbehalten.
2    Personenverbindungen, die einen wirtschaftlichen Zweck verfolgen, stehen unter den Bestimmungen über die Gesellschaften und Genossenschaften.
3    Allmendgenossenschaften und ähnliche Körperschaften verbleiben unter den Bestimmungen des kantonalen Rechtes.
des
Schlusstitels des ZGB). Diese Ansicht wird in erster Linie auf die
bundesrätliche Botschaft vom 28. Mai 1887 gestützt (Bundesblatt 1887 III 113
deutsch, II 630 französisch). Nach deren Ausführungen wolle das Gesetz nur
präzisieren, was unter dem Heimatrecht des Auslandschweizers zu verstehen sei
(nämlich das Recht seines Heimatkantons, nicht etwa des letzten
schweizerischen Wohnsitzes usw.). Ob aber das Heimatrecht zur Anwendung komme,
sei der Gesetzgebung des Wohnsitzstaates völlig anheimgestellt. Es mag nun
ungeprüft bleiben, ob Art. 20 des Entwurfes, auf den sich die Botschaft
bezieht, in solchem Sinne auszulegen war. wie dein auch sei, trifft dies
jedenfalls für den ganz anders gefassten Art. 28
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
NAG nicht mehr zu. In der
geltenden Fassung, wie sie aus einem dann noch vom Bundesrate

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bereinigten übereinstimmenden Vorschlag der beiden Räte vom 10. und 17. April
1891 hervorgegangen ist (vgl. den Bericht des Bundesrates vom 8. Juni 1891,
mit Gegenüberstellung des von den Räten vorgeschlagenen und des bereinigten
Textes, Bundesblatt 1891 III 551 deutsch, 462 französisch), erscheint das
Heimatrecht nunmehr zur selbständigen schweizerischen Kollisionsnorm erhoben,
wenn auch unter Vorbehalt einer auf die ausländische Gesetzgebung hinweisenden
negativen Bedingung. Es ist denn auch anerkannt, dass das Heimatrecht nach
Art. 28 Ziff. 2
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
NAG selbst dann anzuwenden ist, wenn der Wohnsitz Staat gar
keine unbedingte Kollisionsnorm, sondern nur etwa eine Aushülfsnorm
aufgestellt hat (wie Art. 27 des Einführungsgesetzes zum deutschen BGB; vgl.
STAUFFER a.a.O.; Blätter für zürcherische Rechtsprechung NF 32 N. 128). Somit
lässt sich für die Auslegung von Art. 28
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
NAG nichts mehr daraus herleiten,
dass der Vorentwurf an den Fall eines im Wohnsitzstaate geltenden
Heimatprinzips angeknüpft hatte.
Ein anderer Grund zur Annahme einer «Gesamtverweisung» (mit grundsätzlicher
Berücksichtigung von Weiterverweisungen auf Rechtsordnungen dritter Staaten)
wird darin gesehen, dass Art. 28
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
NAG nicht unmittelbar auf Sachnormen
hinweist, sondern auf Normen des internationalen Privatrechts des
Wohnsitzstaates, die eben den Auslandschweizer «dem ausländischen Recht
unterwerfen» (vgl. ausser PILLER a.a.O. CARASSO, Des conflits de lois en
matière de capacité civile, S. 118: Art. 28 Ziff. 2
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
NAG gebe eine doppelt
indirekte Lösung, indem er nicht einmal selber das anwendbare Recht bezeichne,
sondern nur die Gesetzgebung, die dieses Recht zu bezeichnen habe). Gewiss
zieht die in Frage stehende Bestimmung das im Wohnsitzstaate des
Auslandschweizers geltende internationale Privatrecht in Betracht, aber, wie
oben dargetan, nur insoweit, als es jenen eben dem Wohnsitzrecht, also dem
eigenen materiellen Recht, unterwirft.
Es besteht kein hinreichender Grund, das in Art. 28
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.


Seite: 206
Ziff. 2 NAG für Auslandschweizer aufgestellte Heimatprinzip weitergehend
einzuschränken. Mit Recht erklärt MÖLICH (Die erbrechtliche Stellung der
Schweizer in Deutschland und der Deutschen in der Schweiz, S. 38), Art. 28
Ziff. 2
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
NAG treffe eine positive Regelung dahin, «dass soweit immer möglich
schweizerisches Recht zur Anwendung zu kommen hat, d.h. immer dann, wenn nicht
zwingend die ausländischen Normen das Domizilrecht fordern (damit
übereinstimmend neuestens LEWALD, Renvoi revisited?, in der Festschrift zum
70. Geburtstag von Hans Fritzsche, S. 176 ff., der zutreffend hervorhebt, Art.
28 Ziff. 2
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
NAG ordne die lex domicilii nicht an, sondern anerkenne nur die von
ihr beanspruchte Herrschaft, nicht dagegen eine «Weiterverweisung»; ebenso
ENNECCERUS-NIPPERDEY, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, 14. Auflage
1952, S. 260; RAAPE in Staudingers Kommentar zum deutschen BG, 9. Auflage,
Band VI, Bemerkung e VI 2 a zu Art. 25 und e V 1 zu Art. 27 des
Einführungsgesetzes). Man hat es also bloss mit einer Sachnormverweisung zu
tun, die zudem nicht zum Grundsatz erhoben, sondern durch das (nur insofern
vom schweizerischen Richter zu beachtende) internationale Privatrecht des
Wohnsitzstaates bedingt ist. Da nun die französische Gesetzgebung (und Praxis)
für Klagen wie die vorliegende keine Kollisionsnorm aufgestellt hat, die nach
dem Gesagten vom schweizerischen Richter zu beachten wäre bleibt diese gegen
einen Schweizerbürger gerichtete Klage nach dessen Heimatrecht zu beurteilen.
Verschiedene frühere Entscheidungen stehen anscheinend bereits auf diesem
Boden; doch stand damals die Frage nach der Beachtlichkeit einer
«weiterverweisung» nicht zur Erörterung (BGE 24 I 7, 53 II 89, 75 II 280).
Andere Entscheidungen nehmen allerdings auf den Fall Bezug, dass der Wohnsitz
Staat sich zum Heimatprinzip bekenne (BGE 63 II 5, 77 II 116). Dies ist aber
nicht als unerlässliche Voraussetzung zur Anwendung des Heimatrechtes des
Auslandschweizers (auch) in der Schweiz zu

Seite: 207
verstehen. Vielmehr spielen jene Urteilsstellen nur auf die Sachlage an, wie
sie sich am häufigsten darbietet, wenn der Wohnsitz Staat nicht sein eigenes
materielles Recht als anwendbar erklärt. Nur auf letzteres aber kommt es an.
Der Auslandschweizer untersteht vor schweizerischen Gerichten nach Art. 28
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
,
Ziff. 2 NAG dem Heimatrecht (und zwar, soweit kantonales in Frage kommt,
demjenigen des Heimatkantons), sofern der Wohnsitz Staat ihn nur nicht gerade
dem Wohnsitzrecht unterwirft.
5.- (Zur Sache selbst.)
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 78 II 200
Datum : 01. Januar 1952
Publiziert : 03. April 1952
Quelle : Bundesgericht
Status : 78 II 200
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Vaterschaftsklage gegen einen Auslandschweizer. Anwendbares Recht. Art. 28 NAG.Die Klage untersteht...


Gesetzesregister
EÖBV: 2 
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 2 Begriffe - In dieser Verordnung bedeuten:
a  Urkundsperson: eine Person mit amtlicher Befugnis nach Bundesrecht oder kantonalem Recht, elektronische öffentliche Urkunden oder elektronische Beglaubigungen zu erstellen, namentlich:
a1  freiberufliche Notarin oder freiberuflicher Notar,
a2  Amtsnotarin oder Amtsnotar,
a3  Mitarbeiterin oder Mitarbeiter von Grundbuch-, Handelsregister-, oder Zivilstandsbehörden,
a4  Ingenieur-Geometerin oder Ingenieur-Geometer, die oder der im Geometerregister eingetragen ist und vom Kanton die Befugnis nach Artikel 46a Absatz 1 der Verordnung vom 18. November 19927 über die amtliche Vermessung erhalten hat;
b  Zulassungsbestätigung: elektronischer Nachweis, wonach die Person, die eine elektronische öffentliche Urkunde oder eine elektronische Beglaubigung erstellt, im Zeitpunkt der Erstellung dazu befugt ist;
c  Verbal: Vermerk, in dem die Urkundsperson die Feststellungen festhält, die sie bei der Erstellung von elektronischen öffentlichen Urkunden und elektronischen Beglaubigungen macht;
d  Zertifikat: digitales Zertifikat einer gemäss Bundesgesetz vom 18. März 20168 über die elektronische Signatur (ZertES) anerkannten Anbieterin von Zertifizierungsdiensten.
28
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 28 Inkrafttreten - Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2018 in Kraft.
ZGB: 59 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 59 - 1 Für die öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Körperschaften und Anstalten bleibt das öffentliche Recht des Bundes und der Kantone vorbehalten.
1    Für die öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Körperschaften und Anstalten bleibt das öffentliche Recht des Bundes und der Kantone vorbehalten.
2    Personenverbindungen, die einen wirtschaftlichen Zweck verfolgen, stehen unter den Bestimmungen über die Gesellschaften und Genossenschaften.
3    Allmendgenossenschaften und ähnliche Körperschaften verbleiben unter den Bestimmungen des kantonalen Rechtes.
313 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 313 - 1 Verändern sich die Verhältnisse, so sind die Massnahmen zum Schutz des Kindes der neuen Lage anzupassen.
1    Verändern sich die Verhältnisse, so sind die Massnahmen zum Schutz des Kindes der neuen Lage anzupassen.
2    Die elterliche Sorge darf in keinem Fall vor Ablauf eines Jahres nach ihrer Entziehung wiederhergestellt werden.
315 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
1    Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
2    Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält.
3    Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde.
340
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 340 - 1 Die Angelegenheiten der Gemeinderschaft werden von allen Gemeindern gemeinsam geordnet.
1    Die Angelegenheiten der Gemeinderschaft werden von allen Gemeindern gemeinsam geordnet.
2    Jeder von ihnen kann ohne Mitwirkung der übrigen gewöhnliche Verwaltungshandlungen vornehmen.
BGE Register
24-I-7 • 53-II-89 • 56-II-178 • 63-II-2 • 75-II-280 • 77-II-113 • 78-II-200
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
auslandschweizer • heimatrecht • beklagter • internationales privatrecht • frage • ausländisches recht • materielles recht • vaterschaftsklage • mutter • schweizerisches recht • wille • frankreich • norm • wissen • rückverweisung • wohnsitzprinzip • bundesrat • bundesgericht • entscheid • sachverhalt
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