S. 77 / Nr. 14 Registersachen (d)

BGE 77 I 77

14. Urteil der I. Zivilabteilung vom 30. Mai 1951 i. S. KübIer gegen Eidg. Amt
für geistiges Eigentum.

Regeste:
Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
MSchG.
Verwendung des Familiennamens als Marke; Unzulässigkeit bei Täuschungsgefahr.
Art. 14 al. 1 ch. 2 LMF.
Utilisation du nom de famille comme marque; elle n'est pas admissible
lorsqu'elle crée un risque do confusion.
Art. 14, cp. 1, cifra 2 LMF.
Uso del nome di famiglia come marca è inammissibile quando crea un rischio di
confusione.

A. - Seit 1949 betreibt Paul Kübler ein eigenes Geschäft für den Handel en
gros mit Fahrrädern und

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Fahrradbestandteilen. Er ist der jüngste Bruder des Rad-Rennfahrers Ferdinand
Kübler. Mit Schreiben vom 24. August 1950 teilte Paul Kübler dem Eidg. Amt für
geistiges Eigentum mit, dass er sein «eingeführtes Kübler-Rad» marken-mässig
zu schützen wünsche. Das Amt antwortete am 26. August 1950, die Bezeichnung
«Kübler-Rad» könne nicht als Marke eingetragen werden, weil sie beim Publikum
den Eindruck erwecken würde, es handle sich um ein nach den Angaben des
Rennfahrers Kübler hergestellt es Rad; jedoch sei gegen eine Marke «P. Kübler»
oder «Paul Kübler» nichts einzuwenden.
B. - Am 6. September 1950 unterbreitete Paul Kübler das formelle Gesuch um
Eintragung einer für Fahrräder bestimmten Marke, bestehend aus einer Abbildung
des mit Helmzier versehenen Familienwappens und den darunter gesetzten Worten
«Kübler-Rad». Im Begleitbrief machte der Gesuchsteller geltend, er erhebe
Anspruch auf die Marke «Kübler t, die er schon seit einiger Zeit und darum mit
Priorität benütze; der Familienname stehe ihm in gleicher Weise zu, wie seinem
Bruder Ferdinand dieser sei orientiert und erhebe keine Einwendungen, habe
sich selber nie mit der Fabrikation und dem Vertrieb von Fahrrädern befasst
und gedenke das auch in Zukunft nicht zu tun. Demgegenüber hielt das Amt an
seiner Auffassung fest, wobei es zunächst am 19. September 1950 verlangte, es
sei unter entsprechender Einschränkung des Warenverzeichnisses das
Einverständnis Ferdinand Küblers mit der Verwendung der Marke «Kübler-Rad»für
nach seinen Angaben hergestellte Fahrräder zu bescheinigen, dann am 27.
November 1950 erklärte, für den Gesuchsteller könne nur eine Marke mit dein
vollen Namen Paul Kübler zugelassen werden. Nunmehr legte Paul Kübler am 29.
Dezember 1950 eine abgeändert e Marke vor, welche des Wort «Rad» nicht mehr
enthielt, sondern nur das Wappenbild und den Namen «Kübler t. Diesen
Unterschied betrachtete das Amt als unwesentlich und wies, da Paul Kübler auf
der Eintragung der Marke beharrte, dessen Gesuch mit Verfügung vom 23. Februar
1951 ab.

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C. - Innert gesetzlicher Frist reichte Paul Kübler beim Bundesgericht eine
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein mit dem Begehren, es sei das Amt für
geistiges Eigentum anzuweisen, dem Markengesuch vom 6. September 1950
stattzugeben. Das Amt schliesst in einer Vernehmlassung auf Bestätigung des
angefochtenen Entscheides. Der nämliche Antrag wird von Ferdinand Kübler in
einer persönlichen Eingabe verfochten.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Rechtlich ist die Ablehnung des Amtes auf Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
MSchG
gestützt. Mit Hinweis auf den «klaren Wortlaut des Gesetzes» und auf BGE 70 I
101
wendet der Beschwerdeführer ein, die Registrierung dürfe nur verweigert
werden, wenn die Marke «an sich» gegen die guten Sitten verstosse. Diese
Auffassung geht offensichtlich fehl. Nicht nur findet sie im Gesetzestext
keinen Anhalt, sondern es ergibt sich aus Art. 14 Abs. 2
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
MSchG
unmissverständlich das Gegenteil. Auch die mit BGE 70 I 101 beurteilte Marke
«S. O. 5.»wurde keineswegs zurückgewiesen, weil sie als solche mit Art. 14
Abs. 1 Ziff. 2
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
MSchG unvereinbar gewesen wäre, sondern weil der Gebrauch
dieses internationalen Notsignals als Warenzeichen, d. h. seine kommerzielle
Auswertung, die guten Sitten verletzt und zudem, wie ausdrücklich beigefügt
ist, sich zur Irrtumserregung eignet. Täuschende Warenzeichen insbesondere
gelten nach ständiger Rechtsprechung als sittenwidrig, wie neuerdings in BGE
76 I 169 bestätigt wurde. Und zwar bedarf es grundsätzlich für eine
dahingehende Annahme einer Täuschungsabsicht auf Seite des Markeninhabers
ebensowenig wie einer bereits erfolgten Irreführung; vielmehr genügt das
Vorhandensein einer Täuschungsgefahr.
2.- Ob nun der Beschwerdeführer gemäss seinem Rechtsbegehren die ursprüngliche
Marke mit dem Text «Kübler-Rad» oder entsprechend dem als Beschwerdebeilage
eingereichten Abdruck die geänderte Marke mit dem blossen Namen «Kübler»
beansprucht, geht aus der Beschwerdeschrift

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nicht klar hervor. Das kann jedoch offen bleiben, da im einen wie im andern
Falle die Täuschungsgefahr bejaht werden muss.
Dass der Rennfahrer Ferdinand Kübler sich derzeit in der am sportlichen und
zumal am radsportlichen Geschehen interessierten schweizerischen
Oeffentlichkeit einer weit verbreiteten Popularität erfreut, bestreitet der
Beschwerdeführer nicht. Er meint aber, sein Bruder sei nicht durch die
erfolgreiche Teilnahme an Radrennen berühmt geworden, sondern es habe hiezu
der «zeitgemässen gewaltigen Pressepropaganda» bedurft. Damit werden Ursache
und Wirkung verkehrt. Es liegt auf der Hand, dass am Anfang jeglicher
Propaganda für oder um Ferdinand Kübler dessen sportliche Leistung steht. Das
gilt insbesondere auch, soweit in der Presse «unter Ausnützung und zugleich
ständiger Erneuerung der Popularität des Rennfahrers Ferdinand Kübler» für
Fahrradtypen und Fahrradzubehör geworben wird. Denn solche Geschäftsreklame
bezweckt ja, die Qualität eines bestimmten Fabrikates anzupreisen. Und dafür
hinwiederum ist ein mit Hilfe dieses Erzeugnisses von Ferdinand Kübler erzielt
er Erfolg die Voraussetzung. Im übrigen ist es unrichtig zu behaupten, der
Name Ferdinand Küblers werde kaum anders als im Zusammenhang mit den Namen und
Marken zahlreicher Geschäftsartikel gelesen und sei für den überwiegenden Teil
des Publikums «untrennbar verknüpft mit dem Namen des von ihm benützten
TEBAG-Rades». Die Popularität Ferdinand Küblers beruht auf den seit Jahren in
den Radrennen des In- und Auslandes erreichten guten Ergebnissen. Die
Rennberichte in der Presse (und diejenigen im Rundfunk nicht weniger) sind
aber in erster Linie den Teilnehmern persönlich und ihrer jeweiligen
Rangstellung gewidmet. Und individuell klassiert werden ebenfalls die
Rennfahrer, nicht die Fahrradmarken. Was die letzteren betrifft, hat zudem
Ferdinand Kübler in seiner Eingabe an das Bundesgericht dargelegt, dass er im
Verlauf seiner Betätigung als Rennfahrer bereits Fahrräder etwa 6
verschiedener Marken verwendete,

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und dass er auch während der diesjährigen Rennperiode nicht ausschliesslich
der Firma TEBAG, sondern für Italien einer anderen Firma verpflichtet ist.
Selbst wenn aber allgemein bekannt sein sollte, dass Ferdinand Kübler als
Rennfahrer in einem Vertragsverhältnis mit dieser oder jener Firma steht, so
wäre das für den Entscheid in der Sache nicht massgeblich. Derartige
Verbindungen zwischen Rennfahrer und Industrie sind heute üblich, weil die
durch sie bewirkte Zusammenarbeit beidseitige Interessen fördert. Bei der
Entwicklung, die der Radrennsport genommen hat, ist für den Fahrer die
Unterstützung durch eine leistungsfähige Fabrikorganisation von grossem wenn
nicht sogar ausschlaggebendem Vorteil. Anderseits zieht der Fabrikant für die
Herstellung und Vervollkommnung der Fahrräder erheblichen Nutzen aus den
Ratschlägen der Rennfahrer. Denn diese sind es, die Material und technische
Konstruktionen unter härtesten Bedingungen auf Tauglichkeit und
Zweckmässigkeit erproben. Das alles hindert indessen nicht, dass ein
Rennfahrer früher oder später die gesammelten Erfahrungen für sich verwertet,
indem er entweder nach seinen Anweisungen ein Fahrrad fabrizieren lässt oder
selber unter die Produzenten geht. Es kommt nichts darauf an, ob Ferdinand
Kübler ebenfalls diesen Weg zu beschreiten beabsichtigt, wie er entgegen den
Vorbringen des Beschwerdeführers in Aussicht stellt. Tatsache ist, dass
zahlreiche andere Rennfahrer es vor ihm getan haben. Die Käuferschaft weiss
das. Sie vertraut darauf, dass die mit geläufigen Namen aktiver oder
ehemaliger Rennfahrer bezeichneten Fahrräder (wie Paul Egli-Rad, Oskar
Egg-Rad, Amberg-Rad usw.) von eben diesen Rennfahrern oder zumindest nach
deren Angaben gebaut sind, nicht von irgend einem Träger desselben Namens, und
sie erblickt gerade darin eine Garantie für die gesuchte Qualität. Es
unterliegt keinem Zweifel, dass in gleicher Weise auch ein unter der Marke
«Kübler-Rad» oder einfach unter dem Namen «Kübler» auf dem Markte erscheinende
Fahrrad vom

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kaufenden Publikum ohne weiteres mit dem populären Rennfahrer Ferdinand Kübler
in Beziehung gebracht würde, während er in Wirklichkeit an dessen Konstruktion
überhaupt nicht beteiligt wäre. Der Beschwerdeführer selber bestätigt durch
sein Verhalten die Richtigkeit dieser Annahme. Denn ginge es ihm nicht darum,
die einzig und allein der Popularität seines Bruders zuzuschreibende Zugkraft
des Namens Kübler schlechthin auszunützen, so wäre unverständlich, weshalb er
ablehnt, seinen eigenen vollen Namen auf die gewählte Marke zu setzen.
Die Verwendung seines Familienwappens als Marke wurde dem Beschwerdeführer nie
verwehrt. Der Familienname bildet jedoch nicht Bestandteil des Wappens. Mag es
üblich sein oder nicht, einem Wappenbild den Namen beizufügen, so würden Treu
und Glauben im Geschäftsverkehr eine Abweichung von solchem Brauche jedenfalls
dann gebieten, wenn er wie hier eine unverkennbare Täuschungsgefahr birgt.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 77 I 77
Datum : 01. Januar 1951
Publiziert : 30. Mai 1951
Quelle : Bundesgericht
Status : 77 I 77
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG.Verwendung des Familiennamens als Marke; Unzulässigkeit bei...


Gesetzesregister
MSchG: 14
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
BGE Register
70-I-101 • 76-I-168 • 77-I-77
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
rad • weiler • bundesgericht • familienname • bewilligung oder genehmigung • sitte • fahrrad • presse • gesuchsteller • radrennen • entscheid • eintragung • richtigkeit • rechtsbegehren • bescheinigung • hersteller • handel und gewerbe • gesuch an eine behörde • beschwerdeschrift • unternehmung
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