S. 87 / Nr. 20 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 76 III 87

20. Auszug aus dem Entscheid vom 8. November 1950 i. S. Schwörer.


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Regeste:
Widerruf einer betreibungsamtlichen Verfügung während der Beschwerdefrist: ist
an keine Form gebunden und kann auch einem Dritten zu Handen eines Beteiligten
mitgeteilt werden. Art. 17 SchKG. Erw. 1 Abs. 1.
Wirkung des Widerrufs. Erw. 1 Abs. 2.
Widerspruchsverfahren Für die Anwendung der Art. 106 /7 oder 109 SchKG sind in
der Arrestbetreibung die Gewahrsamsverhältnisse zur Zeit der Arrestlegung
massgebend, auch wenn erst bei der Pfändung eine Drittansprache erhoben wird.
Art. 275 SchKG. Erw. 2.
Décision de l'office des poursuites évoquée durant le délai de plainte: la
révocation n'est assujettie à aucune forme déterminés et peut être communiquée
à un tiers pour le compte d'un intéressé. Art. 17 LP (consid. 1 al. 1).
Effet de la révocation (consid. 1 al. 2).
Procédure de tierce opposition. Pour l'application des art. 106/107 ou 109 LP
en matière de séquestre, ce sont les circonstances existant au moment du
séquestre qui font règle, même si la revendication du tiers n'a été formulée
qu'au moment de la saisie. Art. 275 (consid. 2).
Decisione dell'ufficio d'esecuzione revocata durante il termine di reclamo: la
revoca non è vincolata a forma alcuna e può essere comunicata anche ad un
terzo per conto di un interessato. Art. 17 LEF (consid. 1 cp. 1).
Effetto della revoca (consid. 1 cp. 2).
Procedura di rivendicazione. Per l'applicazione degli art. 106/107 o 109 LEF,
in materia di sequestro, sono determinanti le circostanze esistenti al momento
del sequestro, anche se il terzo abbia fatto valere la rivendicazione solo
all'atto del pignoramento. Art. 275 LEF (consid. 2).

Aus dem Tatbestand:
A. - Schwörer liess am 8. Juli 1949 für eine Verlustscheinsforderung gegen
Hümbeli ein auf dem Flugplatze Spreitenbach eingestelltes Flugzeug
arrestieren. Im Mai 1950 wurde das Flugzeug requisitionsweise bei Dätwyler in
Dietikon gepfändet, der Eigentumsansprache erhob.
B. - Das Betreibungsamt Spreitenbach leitete das Widerspruchsverfahren nach
Art. 106 -107 SchKG ein, mit KIagefristansetzung vom 5./6. Juni 1950 an den
Drittansprecher Dätwyler. Auf dessen Veranlassung besprach das Betreibungsamt
Dietikon die Angelegenheit am 15. Juni

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1950 mit dem Betreibungsbeamten von Spreitenbach, der erklärte, «dass er
diesen Irrtum sofort richtig stellen und umgehend dem Gläubiger Klagefrist
ansetzen werde».
C. - Da die zugesagte neue Fristansetzung unterblieb, führte Dätwyler am 5.
August Beschwerde. Während die untere Aufsichtsbehörde die Beschwerde als
verspätet zurückwies, bezeichnete die obere Aufsichtsbehörde in ihrem
Entscheide vom 13. Oktober 1950 die Unterlassung der zugesicherten neuen
Fristansetzung als Rechtsverweigerung. Sie uUrteilte angesichts der als klar
erachteten Sachlage auch ohne weiteres über den Beschwerdeantrag, indem sie
ihn guthiess und das Betreibungsamt zur Klagefristansetzung nach Art. 109 an
den betreibenden Gläubiger anwies.
D. - Diesen Entscheid zieht der Gläubiger an das Bundesgericht weiter, mit dem
Antrag, die Beschwerde des Drittansprechers sei als verspätet zurückzuweisen.
Aus den Erwägungen --
1.- War der Drittausprecher nicht willens, die ihm nach Art. 107 SchKG
angesetzte Klagefrist gelten zu lassen, so konnte er binnen zehn Tagen, also
bis zum 16. Juni, Beschwerde führen. Mit Recht hält aber die kantonale
Aufsichtsbehörde dafür, Dätwyler habe zu solchem Vorgehen keine Veranlassung
mehr gehabt, nachdem das Betreibungsamt Spreitenbach demjenigen von Dietikon
zu seinen Handen am 15. Juni erklärt hatte, es wolle die beanstandete
Verfügung (von sich aus) richtigstellen und durch eine Klagefristansetzung
nach Art. 109 SchKG an den Gläubiger ersetzen. War auch für die neue wie für
die frühere Klagefristansetzung ein eingeschriebener Brief erforderlich (Art.
34 SchKG), so enthielt doch die erwähnte Erklärung mindestens den Widerruf
jener früheren, im Sinne von Art. 107 getroffenen Massnahme. Es ist längst
anerkannt, dass das Betreibungsamt eine von ihm getroffene Verfügung
widerrufen kann, solange sie der Anfechtung durch Beschwerde unterliegt (und
zwar nach der

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neuern Rechtsprechung auch dann, wenn eine Beschwerde bereits eingereicht ist,
BGE 67 III 163). Solcher Widerruf ist an keine Form gebunden. Er kann
mündlich, auch telephonisch erfolgen. Es genügt, dass er zu Handen eines
Beteiligten ausgesprochen werde, und geschehe dies auch durch Mitteilung an
einen Dritten, wie im vorliegenden Falle laut Bescheinigung des
Betreibungsbeamten Dietikon eben am 15. Juni 1950.
Durch diesen Widerruf war die Fristansetzung vom 5./6. Juni aufgehoben. Kann
das Betreibungsamt Spreitenbach nachträglich zur Ansicht, es habe dem Amte von
Dietikon voreilig zugestimmt, es sei also das nach Art. 106 -107 SchKG
eingeschlagene Verfahren doch das richtige, so hatte es eine neue
Fristansetzung im gleichen Sinne vorzunehmen. Indem es einfach untätig blieb,
beging es (nicht nur gegenüber dein Drittansprecher, sondern auch gegen -über
den andern Beteiligten, nämlich dem Schuldner und dem betreibenden Gläubiger)
eine Rechtsverweigerung, die jederzeit durch Beschwerde gerügt werden konnte.
2.- Ist insoweit der vorinstanzlichen Entscheidung beizustimmen, so erscheint
nun aber die Sache selbst nicht spruchreif. Die kantonale Aufsichtsbehörde
ging offenbar von den Gewahrsamsverhältnissen zur Zeit der Pfändung aus.
Damals befand sich das Flugzeug in der Tat beim Drittansprecher in Dietikon.
Und grundsätzlich ist der Zeitpunkt des Pfändungsvollzuges ja gewiss
massgebend (BGE 58 III 183). Damit ist jedoch vor allem gesagt, dass spätere
Änderungen belanglos sind. Beruht die Pfändungsbetreibung auf einer
Arrestlegung, so ist auf den Zeitpunkt der letztem abzustellen. Denn diese
führt die Sicherungswirkungen der Pfändung zum voraus herbei. Übrigens ist das
Widerspruchsverfahren normalerweise schon im Anschluss an die Arrestlegung
durchzuführen (Art. 275 SchKG). In BGE 47 III 7 -8 ist denn auch gesagt, es
komme auf die «Zeit der Pfändung bzw. Arrestlegung» an. Das ist natürlich
nicht im Sinn eines Wahlrechtes zu verstehen. Vielmehr muss im Falle der
Arrestlegung deren Zeitpunkt

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für die Gewahrsamsfrage und die sich danach richtende ParteirollenveUrteilung
im Widerspruchsverfahren massgebend bleiben. Entscheidend ist somit der
Zeitpunkt, in dem für den Gläubiger eine betreibungsrechtliche Beschlagnahme
vollzogen wurde, sei es nun definitive oder bloss provisorische Pfändung oder
allenfalls eine vorausgehende Arrestlegung (wie übrigens auch eine andere Mt
der Beschlagnahme Ausgangspunkt des Widerspruchsverfahrens sein kann: Aufnahme
eines Retentionsverzeichnisses. BGE 32 I 758 Sep.-Ausg. 9 S. 341).
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : 76 III 87
Data : 01. gennaio 1949
Pubblicato : 08. novembre 1950
Sorgente : Tribunale federale
Stato : 76 III 87
Ramo giuridico : DTF - Diritto delle esecuzioni e del fallimento
Oggetto : Widerruf einer betreibungsamtlichen Verfügung während der Beschwerdefrist: ist an keine Form...


Registro di legislazione
LEF: 7  17  34  106  107  109  275
Registro DTF
32-I-753 • 47-III-6 • 58-III-179 • 67-III-161 • 76-III-87
Parole chiave
Elenca secondo la frequenza o in ordine alfabetico
attestato • autorità inferiore • autorità inferiore di vigilanza • autorità superiore di vigilanza • debitore • decisione • diritto delle esecuzioni e del fallimento • durata • errore • esattezza • fattispecie • giorno • lettera • pignoramento provvisorio • posto • pretesa di terzi • rimpiazzo • termine per promuovere l'azione • termine ricorsuale • termine • tribunale federale • ufficiale esecutore • ufficio d'esecuzione • volontà