S. 21 / Nr. 7 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 76 III 21

7. Auszug aus dem Entscheid vom 24. Januar 1950 i. S. Manser.

Regeste:
Betreibung für Miet- und Pachtzins. Hin fall des Retentionsbeschlages wenn,
bei ausdrücklicher Bestreitung auch des Retentionsrechtes im Rechtsvorschlag,
nur auf Anerkennung der Forderung geklagt wird. Unwirksamkeit einer
nachträglichen Klageergänzung.
Art. 283
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 283 - 1 Vermieter und Verpächter von Geschäftsräumen können, auch wenn die Betreibung nicht angehoben ist, zur einstweiligen Wahrung ihres Retentionsrechtes (Art. 268 ff. und 299c OR492) die Hilfe des Betreibungsamtes in Anspruch nehmen.493
1    Vermieter und Verpächter von Geschäftsräumen können, auch wenn die Betreibung nicht angehoben ist, zur einstweiligen Wahrung ihres Retentionsrechtes (Art. 268 ff. und 299c OR492) die Hilfe des Betreibungsamtes in Anspruch nehmen.493
2    Ist Gefahr im Verzuge, so kann die Hilfe der Polizei oder der Gemeindebehörde nachgesucht werden.
3    Das Betreibungsamt nimmt ein Verzeichnis der dem Retentionsrecht unterliegenden Gegenstände auf und setzt dem Gläubiger eine Frist zur Anhebung der Betreibung auf Pfandverwertung an.
/278
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 278 - 1 Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann innert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis erhalten hat, beim Gericht Einsprache erheben.
1    Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann innert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis erhalten hat, beim Gericht Einsprache erheben.
2    Das Gericht gibt den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme und entscheidet ohne Verzug.
3    Der Einspracheentscheid kann mit Beschwerde nach der ZPO483 angefochten werden. Vor der Rechtsmittelinstanz können neue Tatsachen geltend gemacht werden.
4    Einsprache und Beschwerde hemmen die Wirkung des Arrestes nicht.
SchKG. Kreisschreiben Nr. 24 der SchKK vom 12. Juli 1909.
Poursuite pour loyers et fermages. L'inventaire cesse de produire ses effets
si le bailleur dont le droit de gage a été expressément contesté se contente
d'ouvrir action en reconnaissance de la créance. Il n'est pas possible en
pareil cas de compléter ultérieurement les conclusions de la demande.
Art. 283/278 LP. Circulaire de la Chambre des poursuites et des faillites no
24, du 12 juillet 1909.
Esecuzione per pigioni e affitti. L'inventario cessa di produrre i suoi
effetti se il locatore, il cui diritto di ritenzione ô state espressamente
contestate, si limita a promuovere azione di riconoscimento del credito. Non é
possibile in queste caso di completare ulteriormente le conclusioni della
domanda.
Art. 283/278 LEF. Circolare della Camera d'esecuzione e dei fallimenti no 24,
del 12 luglio 1909.

Aus dem Tatbestand:
A. - In der von Lehner gegen Manser auf Grund eines Retentionsverzeichnisses
angehobenen Betreibung

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für Miet- oder Pachtzins schlug der Schuldner Recht vor, und zwar bestritt er
ausdrücklich sowohl die Forderung wie auch das Retentionsrecht. Der Gläubiger
verlangte hierauf provisorische Rechtsöffnung für die Forderung. mit diesem
Begehren abgewiesen, erhob er Klage auf Zahlung von Miet- oder Pachtzins sowie
von Schadenersatz.
B. - Der Schuldner erachtete hierauf den Retentionsbeschlag als verwirkt, weil
die Klage nur hinsichtlich der Forderung, nicht auch hinsichtlich des
Retentionsrechtes erhoben worden sei. Er verlangte deshalb die Freigabe der
Retentionsgegenstände.
C. - Vom Betreibungsamt Burgdorf abgewiesen, führte der Schuldner Beschwerde.
Gegen den die Beschwerde abweisenden Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde
vom 29. Dezember 1949 richtet sich der vorliegende Rekurs, und dem der
Schuldner an der Beschwerde festhält.
Aus den Erwägungen:
1.- Durch die ausdrückliche Bestreitung des Pfandrechts neben der Forderung
wahrt sich der Schuldner die Möglichkeit der Erhebung von Einreden gegen das
Pfandrecht als solches, also auch für den Fall, dass die Forderung zu Recht
bestehen sollte. Gerade um dem Gläubiger eine dahingehende Stellungnahme kund
zu tun, ist er gehalten, dies im Rechtsvorschlag ausdrücklich zu erklären.
Sonst würde angenommen, das Pfandrecht gelte (abgesehen von den gegen die
Forderung erhobenen Einreden) als anerkannt (vgl. die Anweisung im Formular
des Zahlungsbefehls für die Faustpfandbetreibung entsprechend der für die
Grundpfandbetreibung geltenden Vorschrift von Art. 85 Abs. 1
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 85 - Erhebt der Schuldner gegen den Zahlungsbefehl Rechtsvorschlag, so wird, wenn in diesem nichts anderes bemerkt ist, angenommen, er beziehe sich auf die Forderung und auf das Pfandrecht.
VZG). In der auf
eine Retentionsurkunde gemäss Art. 283
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 283 - 1 Vermieter und Verpächter von Geschäftsräumen können, auch wenn die Betreibung nicht angehoben ist, zur einstweiligen Wahrung ihres Retentionsrechtes (Art. 268 ff. und 299c OR492) die Hilfe des Betreibungsamtes in Anspruch nehmen.493
1    Vermieter und Verpächter von Geschäftsräumen können, auch wenn die Betreibung nicht angehoben ist, zur einstweiligen Wahrung ihres Retentionsrechtes (Art. 268 ff. und 299c OR492) die Hilfe des Betreibungsamtes in Anspruch nehmen.493
2    Ist Gefahr im Verzuge, so kann die Hilfe der Polizei oder der Gemeindebehörde nachgesucht werden.
3    Das Betreibungsamt nimmt ein Verzeichnis der dem Retentionsrecht unterliegenden Gegenstände auf und setzt dem Gläubiger eine Frist zur Anhebung der Betreibung auf Pfandverwertung an.
SchKG gestützten Betreibung auf
Pfandverwertung für Miet- oder Pachtzins muss daher der Gläubiger gegenüber
einem solchen ausdrücklich auch gegen das Retentionsrecht erhobenen
Rechtsvorschlag sowohl die Forderung wie auch das Retentionsrecht zur Geltung

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bringen. Mit einem bloss die Forderung zusprechenden Urteil wäre die besondere
Bestreitung des Retentionsrechtes nicht entkräftet. Ein solches Urteil wäre
also in dieser Retentionsbetreibung nicht vollstreckbar. Die Einrede des
Rekurrenten, es fehle an einer auf Feststellung des Retentionsrechtes gehenden
Klage, ist somit erheblich. Es ist ferner längst anerkannt, dass für die
Prosequierung eines Retentionsverzeichnisses für Miet- oder Pachtzins die
Vorschrift von Art. 283 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 283 - 1 Vermieter und Verpächter von Geschäftsräumen können, auch wenn die Betreibung nicht angehoben ist, zur einstweiligen Wahrung ihres Retentionsrechtes (Art. 268 ff. und 299c OR492) die Hilfe des Betreibungsamtes in Anspruch nehmen.493
1    Vermieter und Verpächter von Geschäftsräumen können, auch wenn die Betreibung nicht angehoben ist, zur einstweiligen Wahrung ihres Retentionsrechtes (Art. 268 ff. und 299c OR492) die Hilfe des Betreibungsamtes in Anspruch nehmen.493
2    Ist Gefahr im Verzuge, so kann die Hilfe der Polizei oder der Gemeindebehörde nachgesucht werden.
3    Das Betreibungsamt nimmt ein Verzeichnis der dem Retentionsrecht unterliegenden Gegenstände auf und setzt dem Gläubiger eine Frist zur Anhebung der Betreibung auf Pfandverwertung an.
SchKG ihre Ergänzung in der analogen Anwendung
der für die Arrestprosequierung geltenden Regeln von Art. 278
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 278 - 1 Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann innert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis erhalten hat, beim Gericht Einsprache erheben.
1    Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann innert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis erhalten hat, beim Gericht Einsprache erheben.
2    Das Gericht gibt den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme und entscheidet ohne Verzug.
3    Der Einspracheentscheid kann mit Beschwerde nach der ZPO483 angefochten werden. Vor der Rechtsmittelinstanz können neue Tatsachen geltend gemacht werden.
4    Einsprache und Beschwerde hemmen die Wirkung des Arrestes nicht.
SchKG finden
muss (Kreisschreiben Nr. 24 der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des
Bundesgerichtes vom 12. Juli J 909). Die betreffenden Fristen sind bei einem
ausdrücklich gegen das Retentionsrecht erhobenen Rechtsvorschlag auch für die
Klage auf Feststellung dieses Rechtes zu beobachten. Stellt freilich der
Gläubiger vorerst ein Rechtsöffnungsbegehren bloss für die Forderung (sei es,
dass er nur für diese einen die Rechtsöffnung rechtfertigenden Ausweis zu
haben glaubt, oder dass nach der Rechtsprechung des betreffenden Kantons
Rechtsöffnung keinesfalls für ein Pfandrecht verlangt werden darf), so soll er
aus praktischen Gründen mit der Klage auf Feststellung des Retentionsrechtes
bis zur Erledigung des Rechtsöffnungsbegehrens zuwarten können, ohne sich
einer Verwirkungsfolge auszusetzen (BGE 62 III 7). Nach rechtskräftiger
Abweisung des Rechtsöffnungsbegehrens läuft aber die zehntägige
Prosequierungsfrist hinsichtlich beider Teile des Rechtsvorschlages. Wird sie
auch nur im einen der beiden Bestreitungs punkte versäumt, so fällt der
Retentionsbeschlag dahin.
2.- Die kantonale Aufsichtsbehörde möchte es dabei nicht bewenden lassen. Sie
weist auf die Möglichkeit einer Klageänderung nach Art. 94 der bernischen
Zivilprozessordnung hin. Danach stehe dem Gläubiger frei, im Laufe des vorerst
nur die Forderung betreffenden Prozesses ein zusätzliches Begehren
hinsichtlich des Retentionsrechtes noch zu stellen. Über die Zulässigkeit
einer solchen

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Ergänzung der Klage werde der Richter zu entscheiden haben. Diesem sei auch
die Entscheidung darüber vorzubehalten ob das nachträgliche, erst nach Ablauf
der Prosequierungsfrist gestellte Begehren den Retentionsbeschlag zu wahren
vermöge.
Diese Betrachtungsweise ist jedoch mit dem Verwirkungscharakter der in Frage
stehenden Prosequierungsfristen nicht vereinbar. Einem erst im Laufe des
Prozesses gestellten Begehren um Feststellung des Retentionsrechts kann nicht
rückwirkende Kraft auf den Beginn des nur hinsichtlich der Forderung
angehobenen Prozesses zukommen. Hat freilich der Gläubiger binnen der
Prosequierungsfrist etwas zur gerichtlichen Geltendmachung in beiden Punkten
vorgekehrt, und ist nur fraglich, ob er es in prozessual wirksamer Weise getan
habe, so hat darüber der mit der Klage befasste Richter zu entscheiden. Ist
aber hinsichtlich des ausdrücklich bestrittenen Retentionsrechtes binnen der
Prosequierungsfrist nichts vorgekehrt worden - wovon die vorinstanzliche
Entscheidung ausgeht -'so ist der Retentionsbeschlag kraft Betreibungsrechtes
dahingefallen. Über die Einhaltung der Prosequierungsfristen zu wachen, ist
Sache der Betreibungsbehörden. Diese haben denn auch die Befugnis dazu immer
für sich in Anspruch genommen (vgl. BGE 62 III 9 oben, 75 III 76 Mitte).
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 76 III 21
Datum : 01. Januar 1949
Publiziert : 24. Januar 1950
Quelle : Bundesgericht
Status : 76 III 21
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Betreibung für Miet- und Pachtzins. Hin fall des Retentionsbeschlages wenn, bei ausdrücklicher...


Gesetzesregister
SchKG: 278 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 278 - 1 Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann innert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis erhalten hat, beim Gericht Einsprache erheben.
1    Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann innert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis erhalten hat, beim Gericht Einsprache erheben.
2    Das Gericht gibt den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme und entscheidet ohne Verzug.
3    Der Einspracheentscheid kann mit Beschwerde nach der ZPO483 angefochten werden. Vor der Rechtsmittelinstanz können neue Tatsachen geltend gemacht werden.
4    Einsprache und Beschwerde hemmen die Wirkung des Arrestes nicht.
283
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 283 - 1 Vermieter und Verpächter von Geschäftsräumen können, auch wenn die Betreibung nicht angehoben ist, zur einstweiligen Wahrung ihres Retentionsrechtes (Art. 268 ff. und 299c OR492) die Hilfe des Betreibungsamtes in Anspruch nehmen.493
1    Vermieter und Verpächter von Geschäftsräumen können, auch wenn die Betreibung nicht angehoben ist, zur einstweiligen Wahrung ihres Retentionsrechtes (Art. 268 ff. und 299c OR492) die Hilfe des Betreibungsamtes in Anspruch nehmen.493
2    Ist Gefahr im Verzuge, so kann die Hilfe der Polizei oder der Gemeindebehörde nachgesucht werden.
3    Das Betreibungsamt nimmt ein Verzeichnis der dem Retentionsrecht unterliegenden Gegenstände auf und setzt dem Gläubiger eine Frist zur Anhebung der Betreibung auf Pfandverwertung an.
VZG: 85
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 85 - Erhebt der Schuldner gegen den Zahlungsbefehl Rechtsvorschlag, so wird, wenn in diesem nichts anderes bemerkt ist, angenommen, er beziehe sich auf die Forderung und auf das Pfandrecht.
BGE Register
62-III-7 • 75-III-73 • 76-III-21
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
retentionsrecht • pachtzins • rechtsvorschlag • schuldner • schuldbetreibungs- und konkursrecht • entscheid • richterliche behörde • weisung • betreibungsamt • provisorische rechtsöffnung • vorinstanz • arrestprosequierung • stelle • beginn • schadenersatz • weiler • verwaltungsverordnung • betreibung auf pfandverwertung • frist • zahlungsbefehl
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