S. 39 / Nr. 8 Bundesrechtliche Zuständigkeitsvorschriften (d)

BGE 76 I 39

8. Auszug aus dem Urteil vom 22. März 1950 i. S. Harris gegen Regierungsrat
des Kantons Luzern.


Seite: 39
Regeste:
Bundesrechtliche Zurständigkeitsvorschriften; Stiftungsrecht.
1. Begriff der bundesrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift im Sinne von Art. 84
lit. d OG.
2. Ob der Zweck einer Stiftung von Anfang an widerrechtlich oder unsittlich
war und die Stiftung daher nichtig ist, hat der Richter und nicht die
Stiftungsaufsichtsbehörden zu entscheiden (Art. 52 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 52 - 1 Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
1    Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
2    Keiner Eintragung bedürfen die öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten sowie die Vereine, die nicht wirtschaftliche Zwecke verfolgen.80
3    Personenverbindungen und Anstalten zu unsittlichen oder widerrechtlichen Zwecken können das Recht der Persönlichkeit nicht erlangen.
, 87
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 87 - 1 Die Familienstiftungen und die kirchlichen Stiftungen sind unter Vorbehalt des öffentlichen Rechtes der Aufsichtsbehörde nicht unterstellt.
1    Die Familienstiftungen und die kirchlichen Stiftungen sind unter Vorbehalt des öffentlichen Rechtes der Aufsichtsbehörde nicht unterstellt.
1bis    Sie sind von der Pflicht befreit, eine Revisionsstelle zu bezeichnen.130
2    Über Anstände privatrechtlicher Natur entscheidet das Gericht.
und 88
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 88 - 1 Die zuständige Bundes- oder Kantonsbehörde hebt die Stiftung auf Antrag oder von Amtes wegen auf, wenn:
1    Die zuständige Bundes- oder Kantonsbehörde hebt die Stiftung auf Antrag oder von Amtes wegen auf, wenn:
1  deren Zweck unerreichbar geworden ist und die Stiftung durch eine Änderung der Stiftungsurkunde nicht aufrechterhalten werden kann; oder
2  deren Zweck widerrechtlich oder unsittlich geworden ist.
2    Familienstiftungen und kirchliche Stiftungen werden durch das Gericht aufgehoben.
ZGB).
Prescriptions fédérales sur la compétence; droit des fondations.
1. Notion de la prescription fédérale sur la compétence, au sens de l'art. 84
litt. d OJ.
2. C'est au juge, non à l'autorité de surveillance, qu'il appartient de
décider si le but d'une fondation était dès le début illicite ou immoral et si
par conséquent la fondation est nulle (art. 52 al. 3, 87 et 88 CC).
Prescrizioni federali sulla competenza; diritto delle fondazioni.
1. Concetto della norma di diritto federale sulla delimitazione della
competenza ai sensi dell'art. 84 lett. d OG.
2. Spetta al giudice, non all'autorità di vigilanza decidere se lo scopo d'una
fondazione era illecito o immorale fino dall'inizio e se la fondazione è
quindi nulla (art. 52 cp. 3; 87 e 88 CC).

Aus dem Tatbestand:
A. - Durch öffentliche Urkunde vom 15. Juni 1945 errichtete Frau Else Harris,
damals in Horw (Kt. Luzern) wohnhaft, die Stiftung «Man C. Harris und Else
Harris geb. Treumann». Zweck der Stiftung ist, einen Teil des Vermögens der
Stifterin künstlerischen, humanitären und gemeinnützigen Werken in der Schweiz
dienstbar zu machen, insbesondere das künstlerische und dichterische
Lebenswerk der Stifterin der Mit- und Nachwelt zu überliefern. Die Stiftung
übernimmt die Auflage und die Verpflichtung, für die Kosten des
Lebensunterhaltes und

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der persönlichen Bedürfnisse der Stifterin aufzukommen und diese
sicherzustellen.
Die Stifterin versuchte zunächst, den Bund zur Übernahme der Stiftungsaufsicht
zu veranlassen. Das eidg. Departement des Innern hielt die Voraussetzungen
hierfür aber nicht als erfüllt. Dagegen entsprach der Regierungsrat des
Kantons Luzern am 30. Juli 1945 einem Begehren um Unterstellung der Stiftung
unter die Aufsicht der kantonalen Behörden. Am 22. November 1945 bestätigte er
die Übernahme der Stiftungsaufsicht und genehmigte gleichzeitig die inzwischen
am Stiftungsstatut vorgenommenen Abänderungen.
Die Stiftung wurde im Handelsregister eingetragen.
B. - Mit Eingabe vom 23. März 1949 ersuchte Frau Harris den Regierungsrat des
Kantons Luzern, die «Harris-Stiftung» als nicht existent zu erklären,
eventuell die von ihm übernommene Aufsicht über die Stiftung niederzulegen.
Mit Beschluss vom 7. Juli 1949 trat der Regierungsrat auf dieses Gesuch nicht
ein. Zur Beurteilung des Begehrens um Nichtexistenterklärung der
Harris-Stiftung» sei die Aufsichtsbehörde nicht zuständig. Ein solches
Begehren sei - wie sich aus BGE 73 II 81 ergebe - durch den Zivilrichter zu
entscheiden. Der Entscheid über Rechtmässigkeit oder Widerrechtlichkeit, bezw.
Unsittlichkeit des Stiftungszweckes könne mitunter nur nach eingehender
Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse und auf Grund sorgfältiger Abwägung der
Gründe und Gegengründe getroffen werden. Hiezu eigne sich nur das auf
kontradiktorischer Verhandlung beruhende Gerichtsverfahren. Der Zivilrichter
sei auch dann zuständig, wenn das Begehren um Nichtigerklärung der Stiftung
als Begehren um Streichung einer vollzogenen Handelsregister-Eintragung
aufgefasst werde (Art. 32 Abs. 1
SR 221.411 Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV)
HRegV Art. 32 Prüfung und Genehmigung durch das EHRA - 1 Das EHRA prüft die Einträge und genehmigt sie, sofern sie die Voraussetzungen des Gesetzes und der Verordnung erfüllen. Es teilt seine Genehmigung dem kantonalen Handelsregisteramt elektronisch mit.
1    Das EHRA prüft die Einträge und genehmigt sie, sofern sie die Voraussetzungen des Gesetzes und der Verordnung erfüllen. Es teilt seine Genehmigung dem kantonalen Handelsregisteramt elektronisch mit.
2    Eine Einsichtnahme in die Anmeldung und in die Belege erfolgt nur ausnahmsweise, soweit dafür ein besonderer Anlass besteht.
3    Die Prüfungspflicht des EHRA entspricht derjenigen des Handelsregisteramts.
4    Das EHRA übermittelt die genehmigten Einträge elektronisch dem Schweizerischen Handelsamtsblatt.
HRegV).
C. - Gegen diesen Beschluss des Regierungsrates hat Frau Harris beim
Bundesgericht eine verwaltungsrechtliche Beschwerde im Sinne von Art. 99 Ziff.
I und IV OG,

Seite: 41
eine Nichtigkeitsbeschwerde im Sinne von Art. 68 ff
SR 221.411 Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV)
HRegV Art. 32 Prüfung und Genehmigung durch das EHRA - 1 Das EHRA prüft die Einträge und genehmigt sie, sofern sie die Voraussetzungen des Gesetzes und der Verordnung erfüllen. Es teilt seine Genehmigung dem kantonalen Handelsregisteramt elektronisch mit.
1    Das EHRA prüft die Einträge und genehmigt sie, sofern sie die Voraussetzungen des Gesetzes und der Verordnung erfüllen. Es teilt seine Genehmigung dem kantonalen Handelsregisteramt elektronisch mit.
2    Eine Einsichtnahme in die Anmeldung und in die Belege erfolgt nur ausnahmsweise, soweit dafür ein besonderer Anlass besteht.
3    Die Prüfungspflicht des EHRA entspricht derjenigen des Handelsregisteramts.
4    Das EHRA übermittelt die genehmigten Einträge elektronisch dem Schweizerischen Handelsamtsblatt.
. OG sowie eine
staatsrechtliche Beschwerde eingereicht.
Mit Urteil vom 23. September 1949 trat die verwaltungsrechtliche Kammer des
Bundesgerichtes auf die verwaltungsrechtliche Beschwerde, soweit sie sich auf
Art. 99 Ziff. IV OG stützte, nicht ein, da diese Vorschrift im Gebiete der
Stiftungsaufsicht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nur für zwei bestimmte
Fälle vorsehe und keiner dieser Fälle vorliege.
Mit Urteil vom 24. Oktober 1949 wies die I. Zivilabteilung des Bundesgerichtes
die verwaltungsrechtliche Beschwerde, soweit sie sich auf Art. 99 Ziff. 1 lit.
b
SR 221.411 Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV)
HRegV Art. 32 Prüfung und Genehmigung durch das EHRA - 1 Das EHRA prüft die Einträge und genehmigt sie, sofern sie die Voraussetzungen des Gesetzes und der Verordnung erfüllen. Es teilt seine Genehmigung dem kantonalen Handelsregisteramt elektronisch mit.
1    Das EHRA prüft die Einträge und genehmigt sie, sofern sie die Voraussetzungen des Gesetzes und der Verordnung erfüllen. Es teilt seine Genehmigung dem kantonalen Handelsregisteramt elektronisch mit.
2    Eine Einsichtnahme in die Anmeldung und in die Belege erfolgt nur ausnahmsweise, soweit dafür ein besonderer Anlass besteht.
3    Die Prüfungspflicht des EHRA entspricht derjenigen des Handelsregisteramts.
4    Das EHRA übermittelt die genehmigten Einträge elektronisch dem Schweizerischen Handelsamtsblatt.
OG stützte, ab, da der Begründung, mit der der Regierungsrat auf das
Begehren um Streichung der «Harris-Stiftung» im Handelsregister nicht
eingetreten sei, beizupflichten sei.
Mit Urteil vom 26. Januar 1950 trat die il. Zivilabteilung des Bundesgerichtes
auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht ein, da Streitigkeiten über die Ausübung
der Stiftungsaufsicht keine Zivilsachen im Sinne von Art. 68 Abs. 1
SR 221.411 Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV)
HRegV Art. 32 Prüfung und Genehmigung durch das EHRA - 1 Das EHRA prüft die Einträge und genehmigt sie, sofern sie die Voraussetzungen des Gesetzes und der Verordnung erfüllen. Es teilt seine Genehmigung dem kantonalen Handelsregisteramt elektronisch mit.
1    Das EHRA prüft die Einträge und genehmigt sie, sofern sie die Voraussetzungen des Gesetzes und der Verordnung erfüllen. Es teilt seine Genehmigung dem kantonalen Handelsregisteramt elektronisch mit.
2    Eine Einsichtnahme in die Anmeldung und in die Belege erfolgt nur ausnahmsweise, soweit dafür ein besonderer Anlass besteht.
3    Die Prüfungspflicht des EHRA entspricht derjenigen des Handelsregisteramts.
4    Das EHRA übermittelt die genehmigten Einträge elektronisch dem Schweizerischen Handelsamtsblatt.
OG seien
und zwar auch dann nicht, wenn die Aufsichtsbehörde zivilrechtliche Vorfragen
zu beurteilen habe.
D. - Mit der staatsrechtlichen Beschwerde wird u. a. geltend gemacht, der
Regierungsrat nehme willkürlich an, dass er nicht zuständig sei zur Prüfung
der Frage, ob die «Harris-Stiftung» zu Recht bestehe. Eine Behörde, die die
Aufsicht über eine Stiftung übernehmen wolle oder die Aufsicht über eine
angebliche «Stiftung» übernommen habe, habe auf Begehren Interessierter die
Frage der Rechtsbeständigkeit dieser Stiftung zu prüfen. Das Bundesgericht
habe in dem vom Regierungsrat angerufenen Entscheide (BGE 73 II 81) die Frage,
ob der Zweck einer Stiftung von Anfang an widerrechtlich oder unsittlich sei,
lediglich deshalb dem Richter zur Entscheidung zugewiesen, weil damals keine
Aufsichtsbehörde vorhanden gewesen sei. Im vorliegenden Falle sei aber
wenigstens nach

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Auffassung des luzernischen Regierungsrates eine Aufsichtsbehörde vorhanden
und diese daher verpflichtet, zu prüfen, ob eine Genuss- oder
Unterhaltsstiftung vorliege. Die Verneinung dieser Verpflichtung sei Willkür
und Verweigerung des rechtlichen Gehörs.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen.
Aus den Erwägungen:
3.- Der Regierungsrat hat sich mit dem angefochtenen Entscheid zur Beurteilung
der Frage, ob die «Harris-Stiftung» wegen Verfügung eines widerrechtlichen
Zweckes von Anfang an nichtig war, unzuständig erklärt. Diesen
Unzuständigkeitsentscheid kann das Bundesgericht nicht nur unter dein
(Gesichtspunkte der Willkür, sondern gemäss Art. 84 Abs. 1
SR 221.411 Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV)
HRegV Art. 32 Prüfung und Genehmigung durch das EHRA - 1 Das EHRA prüft die Einträge und genehmigt sie, sofern sie die Voraussetzungen des Gesetzes und der Verordnung erfüllen. Es teilt seine Genehmigung dem kantonalen Handelsregisteramt elektronisch mit.
1    Das EHRA prüft die Einträge und genehmigt sie, sofern sie die Voraussetzungen des Gesetzes und der Verordnung erfüllen. Es teilt seine Genehmigung dem kantonalen Handelsregisteramt elektronisch mit.
2    Eine Einsichtnahme in die Anmeldung und in die Belege erfolgt nur ausnahmsweise, soweit dafür ein besonderer Anlass besteht.
3    Die Prüfungspflicht des EHRA entspricht derjenigen des Handelsregisteramts.
4    Das EHRA übermittelt die genehmigten Einträge elektronisch dem Schweizerischen Handelsamtsblatt.
lit. (1 OG frei
überprüfen; denn unter diese Vorschrift füllt auch die Abgrenzung der
ordentlichen Gerichtsbarkeit vom Verwaltungsweg und zwar nicht nur dann, wenn
diese Abgrenzung durch eine ausdrückliche Vorschrift des Bundesrechts
vorgenommen ist, sondern auch dann, wenn die Abgrenzung sich aus der
bundesrechtlichen Regelung implicite ergibt (BIRCHMEIER, Handbuch des OG S.
326 und die dort zitierten bundesgerichtlichen Entscheide). Im vorliegenden
Falle ist aber die Abgrenzung der Zuständigkeit des ortlentlichen
Zivilrichters von derjenigen der Stiftungsaufsichtsbehörde streitig, und für
diese Abgrenzung können nur die Vorschriften des Schweizerischen ZGB
massgebend sein. Der freien Überprüfung dieser Zuständigkeitsfrage durch das
Bundesgericht steht in vorliegenden Falle auch nicht etwa der Umstand
entgegen, dass die Beschwerdeführerin den Unzuständigkeitsentscheid des
Regierungsrates nur unter dem Gesichtspunkte der Willkür angefochten hat denn
im Vorwurf der willkürlichen Kompetenzabgrenzung ist auch der Vorwurf der
unrichtigen Kompetenzabgrenzung enthalten (BGE 42 I 342; 58 I 367).
4.- Das Schweizerische ZGB sieht in Art. 88

Seite: 43
ausdrücklich vor, dass die Aufhebung einer Stiftung deren Zweck (nachträglich)
widerrechtlich oder unsittlich geworden ist, durch den Richter zu erfolgen
hat. Verfolgt die Stiftung von Anfang an einen Widerrechtlichen oder
unsittlichen Zweck, so kann sie - wie Art. 52 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 52 - 1 Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
1    Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
2    Keiner Eintragung bedürfen die öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten sowie die Vereine, die nicht wirtschaftliche Zwecke verfolgen.80
3    Personenverbindungen und Anstalten zu unsittlichen oder widerrechtlichen Zwecken können das Recht der Persönlichkeit nicht erlangen.
ZGB für alle juristischen
Personen bestimmt das Recht der Persönlichkeit nicht erlangen. Dagegen fehlt
eine ausdrückliche Bestimmung, die den Richter als zuständig erklären würde,
wenn Streit darüber entstellt, ob ein widerrechtlicher oder unsittlicher
Stiftungszweck die Entstehung einer Rechtspersönlichkeit verhindert hat. In
einem Entscheid vom 8. Mai 1947 (BGE 73 II 8:3) hat jedoch die Il.
Zivilabteilung des Bundesgerichts erklärt, dass auch dieser Streit durch den
Richter zu entscheiden sei. Damals handelte es sich freilich wie auch im
spätern Entscheide BGE 75 II 15 ff. um eine Stiftung, die als Familienstiftung
nicht der staatlichen Aufsicht unterstellt war. Die Harris-Stiftung» dagegen
untersteht dieser Aufsicht, da ihr nur die reinen Familienstiftungen nicht
unterworfen sind (EGGER, Kommentar z. ZGB, 2. Aufl., Art. 87 Note 1 S. 486
GERHARD in ZSR Bd. 49 n. F. S. 142; HINDERMANN in ZSR Bd. 47 S. 250) und die
Harris-Stiftung keine reine Familienstiftung ist, weil ihr Vermögen jedenfalls
nach dem Tode der Stifterin - zur Unterstützung künstlerischer, humanitärer
und gemeinnütziger Werke verwendet werden soll. Doch bat das Bundesgericht mit
dem Urteil vom 8. Mai 1947 die Zuständigkeit des Richters zur Beurteilung der
Frage, ob eine Stiftung gemäss Art. 52 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 52 - 1 Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
1    Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
2    Keiner Eintragung bedürfen die öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten sowie die Vereine, die nicht wirtschaftliche Zwecke verfolgen.80
3    Personenverbindungen und Anstalten zu unsittlichen oder widerrechtlichen Zwecken können das Recht der Persönlichkeit nicht erlangen.
ZGB keine Persönlichkeit erlangt
hat, ganz allgemein und nicht nur für den Fall, dass die Stiftung der
staatlichen Aufsicht nicht unterstehe, bejaht, indem es ausführte: «Bei
Vereinen sieht Art. 78
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 78 - Die Auflösung erfolgt durch das Gericht auf Klage der zuständigen Behörde oder eines Beteiligten, wenn der Zweck des Vereins widerrechtlich oder unsittlich ist.
ZGB die gerichtliche Auflösung ganz allgemein vor, wenn
deren Zweck widerrechtlich oder unsittlich ist, also auch bei Ungültigkeit von
Anfang an gemäss Art. 52 Abs. 3. In dieser Hinsicht darf bei Stiftungen der
Rechtsschutz kein geringerer sein...» Wenn dann noch beigefügt

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wird: «... zumal bei Familienstiftungen, die keiner Aufsicht unterstellt
sind», so wird damit für den Fall, dass es sich um eine Familienstiftung
handelt, zur Verstärkung der gegebenen Begründung hinzugefügt, dass dann, da
keine Aufsichtsbehörde vorhanden sei, eine andere Instanz als der Richter gar
nicht in Betracht fallen könne.
Doch selbst wenn die heute streitige Zuständigkeitsfrage durch den
bundesgerichtlichen Entscheid vom 8. Mai 1947 nicht direkt präjudiziert wäre,
müsste sie im Sinne obiger Ausführungen entschieden werden. Dass Anstände
privat rechtlicher Natur vom Richter zu entscheiden sind. wird zwar im
Stiftungsrecht nur für die Familienstiftungen und die kirchlichen Stiftungen
ausgesprochen (Art. 87), gilt aber grundsätzlich für alle Stiftungen, also
auch für diejenigen, die der staatlichen Aufsicht unterstellt sind (EGGER 1.
e. Art. 87 Note 8, S. 488; Art. 84 Note 10, S. 481; nicht publizierter
Entscheid des Bundesgerichts i. S. Froidevaux vom 9. September 1938 Erw. 3).
Bei diesen Stiftungen erleidet der erwähnte Grundsatz nur insofern eine
gewisse Einschränkung, als die Aufsichtsbehörde - abgesehen von gewissen
Kompetenzen hinsichtlich der Ergänzung und Änderung der Stiftungsorganisation
sowie der Änderung des Stiftungszweckes (Art. 83 Abs. 3, Art. 85 und 86) das
Recht und die Pflicht hat, dafür zu sorgen, dass das Stiftungsvermögen seinem
Zwecke gemäss verwendet werde (Kreisschreiben des eidg. Departements des
Innern betreffend Stiftungsaufsicht, abgedruckt in SJZ, Bd. 17 S. 350 ff. BGE
61 II 292 ff.; nicht publizierter Entscheid des Bundesgerichts i. S.
Froidevaux). Zu dieser Aufgabe gehört aber nicht auch die Entscheidung des
Streites, ob der Stiftungszweck nachträglich widerrechtlich oder unsittlich
geworden ist (Art. 88 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 88 - 1 Die zuständige Bundes- oder Kantonsbehörde hebt die Stiftung auf Antrag oder von Amtes wegen auf, wenn:
1    Die zuständige Bundes- oder Kantonsbehörde hebt die Stiftung auf Antrag oder von Amtes wegen auf, wenn:
1  deren Zweck unerreichbar geworden ist und die Stiftung durch eine Änderung der Stiftungsurkunde nicht aufrechterhalten werden kann; oder
2  deren Zweck widerrechtlich oder unsittlich geworden ist.
2    Familienstiftungen und kirchliche Stiftungen werden durch das Gericht aufgehoben.
ZGB) oder schon von Anfang an widerrechtlich oder
unsittlich war (Art. 52 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 52 - 1 Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
1    Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
2    Keiner Eintragung bedürfen die öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten sowie die Vereine, die nicht wirtschaftliche Zwecke verfolgen.80
3    Personenverbindungen und Anstalten zu unsittlichen oder widerrechtlichen Zwecken können das Recht der Persönlichkeit nicht erlangen.
in Verbindung mit Art. 78
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 78 - Die Auflösung erfolgt durch das Gericht auf Klage der zuständigen Behörde oder eines Beteiligten, wenn der Zweck des Vereins widerrechtlich oder unsittlich ist.
ZGB). Auch im letztem
Fall kann daher zur Entscheidung des Streites nur der Richter zuständig sein,
zumal wenn die Stiftung bereits

Seite: 45
im Handelsregister eingetragen ist (Art. 52 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 52 - 1 Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
1    Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
2    Keiner Eintragung bedürfen die öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten sowie die Vereine, die nicht wirtschaftliche Zwecke verfolgen.80
3    Personenverbindungen und Anstalten zu unsittlichen oder widerrechtlichen Zwecken können das Recht der Persönlichkeit nicht erlangen.
in Verbindung mit Art. 52
Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 52 - 1 Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
1    Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
2    Keiner Eintragung bedürfen die öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten sowie die Vereine, die nicht wirtschaftliche Zwecke verfolgen.80
3    Personenverbindungen und Anstalten zu unsittlichen oder widerrechtlichen Zwecken können das Recht der Persönlichkeit nicht erlangen.
ZGB) und der Registerführer keine von Amtes wegen zu beobachtende
Gesetzesvorschrift missachtet hat (Art. 32 Abs. 1 der
Handelsregisterverordnung von 19:37; EGGER, 1. e. Art. 52 Note 11, S. 357;
HINDERMANN 1. c. S. 231/2; GERHARD 1. c. 180), Voraussetzungen, die heute
vorliegen, wie die I. Zivilabteilung des Bundesgerichts im Urteil vom 24.
Oktober 1949 festgestellt hat.
Wie einer Steuerbehörde (BGE 71 I 268), so steht freilich auch der
Stiftungsaufsichtsbehörde das Recht zu, vorfrageweise einen in die
Zuständigkeit des Zivilrichters fallenden Anstand zu entscheiden. Doch ein
solcher Vorfrageentscheid wird nicht rechtskräftig. Eine
Stiftungsaufsichtsbehörde kann daher die Übernahme der Stiftungsaufsicht
ablehnen, wenn sich ohne weiteres ergibt, dass der Stiftungszweck
widerrechtlich oder unsittlich ist. Damit ist aber über die Widerrechtlichkeit
bezw. Unsittlichkeit des Stiftungszweckes nicht rechtskräftig entscheiden.
Jedermann, der ein Interesse hat, kann den Schutz des Richters anrufen (Art.
89 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 89 - 1 Zur Antragsstellung oder zur Klage auf Aufhebung der Stiftung berechtigt ist jede Person, die ein Interesse hat.
1    Zur Antragsstellung oder zur Klage auf Aufhebung der Stiftung berechtigt ist jede Person, die ein Interesse hat.
2    Die Aufhebung ist dem Registerführer zur Löschung des Eintrags anzumelden.
ZGB).
Der Regierungsrat ist somit im vorliegenden Falle mit Recht auf das von der
Beschwerdeführerin in der Eingabe vom 23. März 1949 gestellte Hauptbegehren,
es sei die Harris-Stiftung als nicht existent zu erklären, wegen
Unzuständigkeit nicht eingetreten.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 76 I 39
Datum : 01. Januar 1949
Publiziert : 22. März 1950
Quelle : Bundesgericht
Status : 76 I 39
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : Bundesrechtliche Zurständigkeitsvorschriften; Stiftungsrecht.1. Begriff der bundesrechtlichen...


Gesetzesregister
HRegV: 32
SR 221.411 Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV)
HRegV Art. 32 Prüfung und Genehmigung durch das EHRA - 1 Das EHRA prüft die Einträge und genehmigt sie, sofern sie die Voraussetzungen des Gesetzes und der Verordnung erfüllen. Es teilt seine Genehmigung dem kantonalen Handelsregisteramt elektronisch mit.
1    Das EHRA prüft die Einträge und genehmigt sie, sofern sie die Voraussetzungen des Gesetzes und der Verordnung erfüllen. Es teilt seine Genehmigung dem kantonalen Handelsregisteramt elektronisch mit.
2    Eine Einsichtnahme in die Anmeldung und in die Belege erfolgt nur ausnahmsweise, soweit dafür ein besonderer Anlass besteht.
3    Die Prüfungspflicht des EHRA entspricht derjenigen des Handelsregisteramts.
4    Das EHRA übermittelt die genehmigten Einträge elektronisch dem Schweizerischen Handelsamtsblatt.
OG: 68  84  99
ZGB: 52 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 52 - 1 Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
1    Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
2    Keiner Eintragung bedürfen die öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten sowie die Vereine, die nicht wirtschaftliche Zwecke verfolgen.80
3    Personenverbindungen und Anstalten zu unsittlichen oder widerrechtlichen Zwecken können das Recht der Persönlichkeit nicht erlangen.
78 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 78 - Die Auflösung erfolgt durch das Gericht auf Klage der zuständigen Behörde oder eines Beteiligten, wenn der Zweck des Vereins widerrechtlich oder unsittlich ist.
87 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 87 - 1 Die Familienstiftungen und die kirchlichen Stiftungen sind unter Vorbehalt des öffentlichen Rechtes der Aufsichtsbehörde nicht unterstellt.
1    Die Familienstiftungen und die kirchlichen Stiftungen sind unter Vorbehalt des öffentlichen Rechtes der Aufsichtsbehörde nicht unterstellt.
1bis    Sie sind von der Pflicht befreit, eine Revisionsstelle zu bezeichnen.130
2    Über Anstände privatrechtlicher Natur entscheidet das Gericht.
88 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 88 - 1 Die zuständige Bundes- oder Kantonsbehörde hebt die Stiftung auf Antrag oder von Amtes wegen auf, wenn:
1    Die zuständige Bundes- oder Kantonsbehörde hebt die Stiftung auf Antrag oder von Amtes wegen auf, wenn:
1  deren Zweck unerreichbar geworden ist und die Stiftung durch eine Änderung der Stiftungsurkunde nicht aufrechterhalten werden kann; oder
2  deren Zweck widerrechtlich oder unsittlich geworden ist.
2    Familienstiftungen und kirchliche Stiftungen werden durch das Gericht aufgehoben.
89
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 89 - 1 Zur Antragsstellung oder zur Klage auf Aufhebung der Stiftung berechtigt ist jede Person, die ein Interesse hat.
1    Zur Antragsstellung oder zur Klage auf Aufhebung der Stiftung berechtigt ist jede Person, die ein Interesse hat.
2    Die Aufhebung ist dem Registerführer zur Löschung des Eintrags anzumelden.
BGE Register
42-I-338 • 58-I-363 • 61-II-289 • 71-I-265 • 73-II-6 • 73-II-81 • 75-II-15 • 76-I-39
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
stiftung • bundesgericht • regierungsrat • stiftungsaufsicht • familienstiftung • frage • not • nichtigkeit • entscheid • staatsrechtliche beschwerde • weiler • handelsregisterverordnung • juristische person • zuständigkeit • persönlichkeit • beginn • richterliche behörde • begründung des entscheids • kantonales rechtsmittel • beurteilung
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