S. 69 / Nr. 16 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht(d)

BGE 73 III 69

16. Auszug aus dem Entscheide vom 6. Juni 1947 i. S. Kaiser


Seite: 69
Regeste:
Bei Pfändung oder Arrestierung einer in Betreibung gesetzten Forderung kam
sich der Schuldner dieser Forderung durch Zahlung an das pfändende bezw.
arrestierende Betreibungsamt befreien (Art. 12 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 12 - 1 Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
1    Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
2    Die Schuld erlischt durch die Zahlung an das Betreibungsamt.
SchKG). Das
Betreibungsamt, das die Betreibung gegen den zahlenden Schuldner führt, hat
eine solche Zahlung in gleicher Weise wie eine bei ihm selber geleistete zu
berücksichtigen, sobald sie ihm vom Schuldner nachgewiesen oder vom andern
Amte angezeigt wird.
Gebühren bei solchen Zahlungen (Art. 36
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 36 - Eine Beschwerde, Weiterziehung oder Berufung hat nur auf besondere Anordnung der Behörde, an welche sie gerichtet ist, oder ihres Präsidenten aufschiebende Wirkung. Von einer solchen Anordnung ist den Parteien sofort Kenntnis zu geben.
, 23
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 23 - Die Kantone bezeichnen die richterlichen Behörden, welche für die in diesem Gesetze dem Richter zugewiesenen Entscheidungen zuständig sind.
, Art. 68
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 68 - 1 Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
1    Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
2    Der Gläubiger ist berechtigt, von den Zahlungen des Schuldners die Betreibungskosten vorab zu erheben.
SchKG).
Lorsqu'une créance qui fait l'objet d'une poursuite vient a être saisie ou
séquestrée, le débiteur de la créance peut s'acquitter valablement en mains de
l'office saisissant ou séquestrant (art. 12 al. 2 LP). L'office des poursuites
qui dirige la poursuite contre le débiteur de la créance doit considérer ce
payement comme s'il avait été fait en ses propres mains, sitôt que la preuve
lui en est fournie par le débiteur ou qu'il en a été informé par l'autre
office.
Emoluments dus en pareil cas (art. 36, 23 du tarif, art. 68 LP).
Quando un credito in escussione è pignorato o sequestrato, il debitore di esso
può liberarsi pagando presso l'ufficio che ha effettuato il pignoramento o il
sequestro (art. 12 cp. 2 LEF). L'ufficio d'esecuzione che dirige l'esecuzione
contro il debitore del credito deve considerare questo pagamento come se fosse
stato fatto in sue proprie mani, tosto che gliene è stata fornita la prova dal
debitore o ne è stato avvisato dall'altro ufficio.
Tasse dovute in un siffatto caso (art. 36, 23 della tariffa; art. 68 LEF).

Am 8. April 1947 arrestierte das Betreibungsamt Dorneck beim Rekurrenten eine
Forderung an Johann Hartmann im Betrage von ca. Fr. 700.­, für die der
Rekurrent bereits Betreibung eingeleitet und die Pfändung erwirkt hatte
(Betreibung Nr. 6464 des Betreibungsamtes Waldenburg). Nach Erhalt der
Arrestierungsanzeige (Formular Nr. 9) zahlte Hartmann die Summe, für die er
betrieben war, nebst Zins an das Betreibungsamt Dorneck. Am 12. April 1947
schrieb dieses hierauf dem Betreibungsamte Waldenburg, infolge der Zahlung
Hartmanns könne die Betreibung gegen ihn mit Ausnahme der noch unbezahlten
Kosten als erledigt abgeschrieben werden.
Da der Rekurrent einige Tage später die Verwertung verlangte und das
Betreibungsamt Waldenburg die Mitteilung des Verwertungsbegehrens erliess,
führte Hartmann

Seite: 70
am 25. April 1947 Beschwerde mit dem Antrag. die gegen ihn gerichtete
Betreibung sei wegen Zahlung aufzuheben. Die Vorinstanz hat das Betreibungsamt
Waldenburg mit Entscheid vom 1. Mai 1947 angewiesen, «die Betreibung Nr. 6464
als erloschen zu betrachten. sobald der Schuldner die Betreibungskosten
bezahlt hat».
Diesen Entscheid hat der Rekurrent an das Bundesgericht weitergexogen. Der
Rekurs wird abgewiesen im Sinne folgender
Erwägungen:
1. ­ Wer betrieben ist, kann entweder direkt an seinen Gläubiger oder aber an
das Betreibungsamt zahlen. Die Zahlung an das Betreibungsamt bringt die Schuld
gemäss Art. 12 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 12 - 1 Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
1    Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
2    Die Schuld erlischt durch die Zahlung an das Betreibungsamt.
SchKG zum Erlöschen und es ist nach solcher Zahlung
Sache des Betreibungsamtes oder allenfalls der Aufsichtsbehörden, dafür zu
sorgen, dass die Betreibung für den bezahlten Betrag nicht weitergeht (BGE 38
I 310
= Sep.ausg. 15 S. 129, 72 III 7 E. 2). Zahlt der Schuldner dagegen
direkt an den Gläubiger, so ist er darauf angewiesen, gemäss Art. 85
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 85 - Beweist der Betriebene durch Urkunden, dass die Schuld samt Zinsen und Kosten getilgt oder gestundet ist, so kann er jederzeit beim Gericht des Betreibungsortes im ersteren Fall die Aufhebung, im letzteren Fall die Einstellung der Betreibung verlangen.
SchKG
beim Richter Aufhebung der Betreibung zu verlangen, wenn der Gläubiger sie
ungeachtet der Zahlung weiterführen will.
Wird eine Forderung gepfändet oder arrestiert und ihrem Schuldner gemäss Art.
99
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 99 - Bei der Pfändung von Forderungen oder Ansprüchen, für welche nicht eine an den Inhaber oder an Order lautende Urkunde besteht, wird dem Schuldner des Betriebenen angezeigt, dass er rechtsgültig nur noch an das Betreibungsamt leisten könne.
SchKG angezeigt, dass er rechtsgültig nur noch an das Betreibungsamt zahlen
könne (Formular 9), so hat die Zahlung, die der betreffende Schuldner hierauf
an das pfändende bzw. arrestierende Betreibungsamt leistet, für ihn nach Art.
12 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 12 - 1 Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
1    Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
2    Die Schuld erlischt durch die Zahlung an das Betreibungsamt.
SchKG ebenfalls befreiende Wirkung. Dies gilt auch dann, wenn die
gepfändete bzw. arrestierte Forderung im Zeitpunkte der Pfändung bzw.
Arrestierung bereits in Betreibung gesetzt war, und zwar hat das
Betreibungsamt, das die Betreibung gegen den zahlenden Schuldner führt, die
Zahlung an das Betreibungsamt, das die Forderung pfändete bzw. arrestierte, in
gleicher Weise zu berücksichtigen wie eine bei ihm selber geleistete Zahlung,
sobald der Schuldner

Seite: 71
die Zahlung an das andere Amt nachweist oder dieses Amt ihm selber von der
Zahlung Kenntnis gibt, wie es hier geschehen ist. Der Schuldner, der infolge
Pfändung oder Arrestierung der Forderung, für die er betrieben wird,
rechtsgültig nur noch an das Betreibungsamt zahlen kann, das jene Verfügung
getroffen hat, darf nicht schlechter gestellt werden als der Schuldner, der
die Möglichkeit hat, an das Amt zu zahlen, bei dem die gegen ihn gerichtete
Betreibung hängig ist. Die Vorinstanz hat demnach mit Recht erklärt, dass die
Betreibung gegen Hartmann nach Zahlung der noch ausstehenden Kosten als
erloschen zu betrachten sei, m.a.W. dass sie nur noch für den Betrag dieser
Kosten weitergeführt werden dürfe, und auch dies nur solange, als der
Schuldner diesen Betrag nicht zahlt.
2. ­ Zahlt der Betriebene an das Betreibungsamt, das die Betreibung gegen ihn
führt, so hat dieses Anspruch auf die Inkassogebühr gemäss Art. 23 GebT. Diese
gehört zu den Betreibungskosten, die er gemäss Art. 68
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 68 - 1 Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
1    Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
2    Der Gläubiger ist berechtigt, von den Zahlungen des Schuldners die Betreibungskosten vorab zu erheben.
SchKG zu tragen hat.
Wird indessen die in Betreibung gesetzte Forderung gepfändet oder arrestiert,
und zahlt ihr Schuldner daraufhin an das Amt, das ihm die Anzeige gemäss Art.
99
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 99 - Bei der Pfändung von Forderungen oder Ansprüchen, für welche nicht eine an den Inhaber oder an Order lautende Urkunde besteht, wird dem Schuldner des Betriebenen angezeigt, dass er rechtsgültig nur noch an das Betreibungsamt leisten könne.
SchKG zugestellt hat, so kann das Amt, bei dem die Betreibung gegen ihn
hängig ist, die erwähnte Gebühr nicht verlangen, da es mit der Zahlung in
diesem Falle nichts zu tun hat. Das Amt, das die Zahlung nach Art. 99
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 99 - Bei der Pfändung von Forderungen oder Ansprüchen, für welche nicht eine an den Inhaber oder an Order lautende Urkunde besteht, wird dem Schuldner des Betriebenen angezeigt, dass er rechtsgültig nur noch an das Betreibungsamt leisten könne.
SchKG
entgegennimmt, kann zulasten desjenigen, bei dem die Forderung gepfändet oder
arrestiert worden ist, die (höhere) Gebühr gemäss Art. 36 GebT beziehen, da
die Zahlung der Forderung durch den Drittschuldner ihre Verwertung bedeutet.
Dem Gläubiger der gepfändeten bzw. arrestierten Forderung muss jedoch das
Recht zustehen, für den Betrag der Inkassogebühr, die in einem solchen Falle
nicht besonders erhoben wird, sondern in der Gebühr gemäss Art. 36 GebT
enthalten ist, auf seinen Schuldner zurückzugreifen, nachdem dieser aus der an
das Betreibungsamt geleisteten Zahlung den Nutzen ziehen will, das für ihn
zuständige Amt zur Aufhebung der gegen

Seite: 72
ihn gerichteten Betreibung zu veranlassen. Wer sich die Vorteile verschaffen
will, die mit der Zahlung an das bzw. ein Betreibungsamt verbunden sind, soll
auch die entsprechenden Kosten tragen. Die Schuld Hartmanns ist daher erst
erloschen, wenn er neben dem Forderungsbetrage samt Zins auch den Betrag der
Inkassogebühr gemäss Art. 23 GebT bezahlt hat. Solange das nicht geschehen
ist, kann die Betreibung für diesen Betrag gegen ihn weitergeführt werden,
gleichwie auch für die Summe der allfällig unbezahlt gebliebenen Kosten des
Zahlungsbefehls, der Pfändung und der Mitteilung des Verwertungsbegehrens.
Letzteres war der Rekurrent am 15. April 1947 zu stellen berechtigt, obwohl
nur noch Kosten ausstanden.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 73 III 69
Datum : 01. Januar 1947
Publiziert : 05. Juni 1947
Quelle : Bundesgericht
Status : 73 III 69
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Bei Pfändung oder Arrestierung einer in Betreibung gesetzten Forderung kam sich der Schuldner...


Gesetzesregister
SchKG: 12 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 12 - 1 Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
1    Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
2    Die Schuld erlischt durch die Zahlung an das Betreibungsamt.
23 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 23 - Die Kantone bezeichnen die richterlichen Behörden, welche für die in diesem Gesetze dem Richter zugewiesenen Entscheidungen zuständig sind.
36 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 36 - Eine Beschwerde, Weiterziehung oder Berufung hat nur auf besondere Anordnung der Behörde, an welche sie gerichtet ist, oder ihres Präsidenten aufschiebende Wirkung. Von einer solchen Anordnung ist den Parteien sofort Kenntnis zu geben.
68 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 68 - 1 Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
1    Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
2    Der Gläubiger ist berechtigt, von den Zahlungen des Schuldners die Betreibungskosten vorab zu erheben.
85 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 85 - Beweist der Betriebene durch Urkunden, dass die Schuld samt Zinsen und Kosten getilgt oder gestundet ist, so kann er jederzeit beim Gericht des Betreibungsortes im ersteren Fall die Aufhebung, im letzteren Fall die Einstellung der Betreibung verlangen.
99
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 99 - Bei der Pfändung von Forderungen oder Ansprüchen, für welche nicht eine an den Inhaber oder an Order lautende Urkunde besteht, wird dem Schuldner des Betriebenen angezeigt, dass er rechtsgültig nur noch an das Betreibungsamt leisten könne.
BGE Register
38-I-308 • 72-III-6 • 73-III-69
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
betreibungsamt • schuldner • zahl • wille • verwertungsbegehren • betreibungskosten • vorinstanz • zins • angewiesener • stelle • entscheid • kenntnis • bundesgericht • tag • ausstand • zahlungsbefehl • schuldbetreibungs- und konkursrecht • vorteil