S. 118 / Nr. 30 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 73 III 118

30. Entscheid vom 6. Oktober 1947 i. S. Schneider.

Regeste:
Die Rechtshilfe eines andern Betreibungsamtes ist erforderlich für
Amtshandlungen in dessen Kreis;
­ nicht für Forderungspfändungen, Zustellungen und Anzeigen. Diese können vom
Betreibungsort aus auf postalischem Weg erfolgen.
Art. 34
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 34 - 1 Die Zustellung von Mitteilungen, Verfügungen und Entscheiden der Betreibungs- und Konkursämter sowie der Aufsichtsbehörden erfolgen durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung, sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
1    Die Zustellung von Mitteilungen, Verfügungen und Entscheiden der Betreibungs- und Konkursämter sowie der Aufsichtsbehörden erfolgen durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung, sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
2    Mit dem Einverständnis der betroffenen Person können Mitteilungen, Verfügungen und Entscheide elektronisch zugestellt werden. Sie sind mit einer elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201659 über die elektronische Signatur zu versehen. Der Bundesrat regelt:
a  die zu verwendende Signatur;
b  das Format der Mitteilungen, Verfügungen und Entscheide sowie ihrer Beilagen;
c  die Art und Weise der Übermittlung;
d  den Zeitpunkt, zu dem die Mitteilung, die Verfügung oder der Entscheid als zugestellt gilt.60
, 72
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 72 - 1 Die Zustellung geschieht durch den Betreibungsbeamten, einen Angestellten des Amtes oder durch die Post.138
1    Die Zustellung geschieht durch den Betreibungsbeamten, einen Angestellten des Amtes oder durch die Post.138
2    Bei der Abgabe hat der Überbringer auf beiden Ausfertigungen zu bescheinigen, an welchem Tage und an wen die Zustellung erfolgt ist.
, 89
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 89 - Unterliegt der Schuldner der Betreibung auf Pfändung, so hat das Betreibungsamt nach Empfang des Fortsetzungsbegehrens unverzüglich die Pfändung zu vollziehen oder durch das Betreibungsamt des Ortes, wo die zu pfändenden Vermögensstücke liegen, vollziehen zu lassen.
, 99
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 99 - Bei der Pfändung von Forderungen oder Ansprüchen, für welche nicht eine an den Inhaber oder an Order lautende Urkunde besteht, wird dem Schuldner des Betriebenen angezeigt, dass er rechtsgültig nur noch an das Betreibungsamt leisten könne.
SchKG.
Réquisitions d'un office à un autre: L'office qui a à procéder à un acte de
poursuite dans un autre arrondissement doit requérir l'assistance de l'office
de cet arrondissement
­ à moins qu'il De s'agisse que de saisir une créance, de notifier une pièce
ou de communiquer un avis, ces opérations pouvant se faire par voie postale.
Art. 34, 72, 89, 99 LP.

Seite: 119
Richieste d'un ufficio ad un altro ufficio: L'ufficio che deve procedere ad un
atto esecutivo in un altro circondario deve chiedere l'aiuto dell'ufficio (li
questo circondario,
­ a meno che si tratti soltanto di pignorare un eredito, di notificare un atto
o di comunicare un avviso, operazioni che si possono fare per posta.
Art. 34. 72. 89. 99 LEF.

A. ­ Gegen den Rekurrenten wurde, als er noch in Urdorf, Kanton Zürich,
wohnte, am 19. Oktober 1946 eine Lohnpfändung von monatlich Fr. 75.­ bis zum
Betrage von Fr. 850.­ vorgenommen. Nach viermonatigem Arbeitsunterbruch nahm
er Wohnsitz in Neuenhof, Kanton Aargau. Dem gegenwärtigen dortigen Arbeitgeber
zeigte das Betreibungsamt Urdorf die Lohnpfändung am 11. Juni 1947 unverändert
an.
B. ­ Darüber beschwerte sich der Schuldner, weil das Betreibungsamt Urdorf
nicht mehr zuständig sei, die Verhältnisse am neuen Wohnort andere seien und
ausserdem das Betreibungsamt Neuenhof eine anderweitige Lohnpfändung gegen ihn
angeordnet habe.
C. ­ Die untere Aufsichtsbehörde erklärte die angefochtene Anzeige als
nichtig, die obere dagegen liess sie mit Entscheid vom 9. September 1947
gelten und wies insoweit die Beschwerde des Schuldners ab; sie ordnete
lediglich die neue Festsetzung der pfändbaren Lohnquote auf Grund der
gegenwärtigen Verhältnisse des Schuldners an.
D. ­ Mit dem vorliegenden Rekurs hält der Schuldner an seiner Beschwerde fest.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
1. ­ Da der Schuldner zur Zeit der Pfändungsankündigung im Kreis Urdorf
wohnte, war das dortige Betreibungsamt zum Vollzug der Pfändung zuständig und
ist für die Durchführung und Beendigung der betreffenden Betreibung zuständig
geblieben (Art. 53
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 53 - Verändert der Schuldner seinen Wohnsitz, nachdem ihm die Pfändung angekündigt oder nachdem ihm die Konkursandrohung oder der Zahlungsbefehl zur Wechselbetreibung zugestellt worden ist, so wird die Betreibung am bisherigen Orte fortgesetzt.
SchKG). Das haben auch die beiden Vorinstanzen angenommen.
Während aber

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die erste fand, die Anzeige an den neuen Arbeitgeber müsse requisitionsweise
durch das Betreibungsamt Neuenhof besorgt werden, ist die zweite der
Auffassung, es bedürfe keiner Rechtshilfe, da die Anzeige an den
Drittschuldner nicht als wesentlicher Bestandteil der Pfändung selbst, m.a.W.
nicht als eigentliche Vollzugshandlung erscheine. Damit stellt sich die obere
Aufsichtsbehörde in Gegensatz zu der bisherigen zürcherischen Rechtsprechung,
die dahin ging, das die Betreibung führende Betreibungsamt habe jedenfalls
dann die Vornahme einer neuen Pfändung von Lohnguthaben beim Betreibungsamt
des neuen Wohnsitzes des Schuldners nachzusuchen, wenn dieser in einem andern
Kanton Wohnsitz genommen hat (so laut einer Entscheidung vom 10. März 1925:
Blätter für zürcherische Rechtsprechung 25 N. 92 = Schweiz. Juristenzeitung 23
S. 13). Die hier angefochtene Entscheidung ist jedoch zutreffend, und zwar
gleichgültig, ob in der vorgeschriebenen Anzeige an den Drittschuldner nach
Art. 99
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 99 - Bei der Pfändung von Forderungen oder Ansprüchen, für welche nicht eine an den Inhaber oder an Order lautende Urkunde besteht, wird dem Schuldner des Betriebenen angezeigt, dass er rechtsgültig nur noch an das Betreibungsamt leisten könne.
SchKG ein wesentlicher Bestandteil des Pfändungsvollzuges zu sehen sei
(wozu vgl. BGE 50 III 47). Freilich «befindet» sich die jetzt in Frage
stehende Lohnforderung nicht im Kreis Urdorf, sondern im Kreis Neuenhof als
dem gegenwärtigen Wohnort des betriebenen Schuldners (während der Wohnort des
Arbeitgebers, allgemein des Drittschuldners, entgegen der Auffassung der
untern Aufsichtsbehörde nur dann massgebend wäre, wenn der Schuldner selbst
keinen Wohnsitz in der Schweiz hätte). Allein dies ruft keiner
requisitionsweisen Pfändung durch das Betreibungsamt Neuenhof. Eine Pfändung
auf dem Wege der Rechtshilfe ist nach richtiger Auslegung von Art. 89
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 89 - Unterliegt der Schuldner der Betreibung auf Pfändung, so hat das Betreibungsamt nach Empfang des Fortsetzungsbegehrens unverzüglich die Pfändung zu vollziehen oder durch das Betreibungsamt des Ortes, wo die zu pfändenden Vermögensstücke liegen, vollziehen zu lassen.
SchKG
nur dann nötig, wenn in einem andern Kreis als demjenigen des die Betreibung
führenden Amtes Amtshandlungen vorgenommen werden müssen. Das trifft zu bei
Pfändung körperlicher Vermögensstücke, deren Vorhandensein an Ort und Stelle
amtlich festzustellen ist und die gegebenenfalls in amtliche Verwahrung zu
nehmen sind. Forderungen, ausser solchen, die in Wertpapieren

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verkörpert sind, können jedoch ohne derartige Massnahmen gepfändet werden. Die
Pfändung ist ohne weiteres am Betreibungsorte möglich, somit kann das die
Betreibung führende Amt selbst sie vornehmen. Insbesondere kann es auch die
Anzeige an den Drittschuldner unmittelbar versenden. Es bedarf dazu keiner
Mitwirkung eines andern Betreibungsamtes, weder desjenigen am Zustellungsorte
noch desjenigen am (allenfalls davon verschiedenen) Wohnorte des Schuldners.
Können doch sogar förmliche Zustellungen, wie sie für Zahlungsbefehl und
Konkursandrohung vorgeschrieben sind, durch das die Betreibung führende Amt
unmittelbar auf postalischem Wege veranlasst werden; um so mehr eine Anzeige
nach Art. 99
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 99 - Bei der Pfändung von Forderungen oder Ansprüchen, für welche nicht eine an den Inhaber oder an Order lautende Urkunde besteht, wird dem Schuldner des Betriebenen angezeigt, dass er rechtsgültig nur noch an das Betreibungsamt leisten könne.
SchKG, wofür ein eingeschriebener Brief genügt (Art. 34
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 34 - 1 Die Zustellung von Mitteilungen, Verfügungen und Entscheiden der Betreibungs- und Konkursämter sowie der Aufsichtsbehörden erfolgen durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung, sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
1    Die Zustellung von Mitteilungen, Verfügungen und Entscheiden der Betreibungs- und Konkursämter sowie der Aufsichtsbehörden erfolgen durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung, sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
2    Mit dem Einverständnis der betroffenen Person können Mitteilungen, Verfügungen und Entscheide elektronisch zugestellt werden. Sie sind mit einer elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201659 über die elektronische Signatur zu versehen. Der Bundesrat regelt:
a  die zu verwendende Signatur;
b  das Format der Mitteilungen, Verfügungen und Entscheide sowie ihrer Beilagen;
c  die Art und Weise der Übermittlung;
d  den Zeitpunkt, zu dem die Mitteilung, die Verfügung oder der Entscheid als zugestellt gilt.60
SchKG).
Es mag im einzelnen Falle Grund bestehen, ein anderes Betreibungsamt, sei es
dasjenige des Wohnortes des Schuldners oder des Wohnortes des Arbeitgebers, um
Aufschluss anzufragen oder um Erhebungen in seinem Kreise anzugehen (sofern
dies unerlässlich erscheint). Die eigentliche Pfändung der Forderung aber samt
der Anzeige an den Drittschuldner kann stets vom Betreibungsort aus erfolgen,
wohin auch immer es zu geschehen hat, sogar ins Ausland, sofern Anzeigen
dorthin ohne Vermittlung der ausländischen Behörden zulässig sind (vgl. BGE 52
III 1
, 73 III 84).
Hätte es somit keiner Rechtshilfe bedurft, selbst wenn der Schuldner zwar nach
der Pfändungsankündigung, aber bereits vor dem Vollzug der Lohnpfändung als
solcher nach Neuenhof verzogen wäre, so bedarf es dessen um so weniger für die
blosse Anzeige an einen neuen Arbeitgeber im Rahmen jener einheitlichen
Lohnpfändung.
2. ­ Aus der seit dem Wohnsitzwechsel vom Betreibungsamt Neuenhof
vorgenommenen anderweitigen Lohnpfändung folgt nichts gegen die Fortsetzung
der Lohnpfändung von Urdorf. Diese geht als die frühere vor; sofern und
solange sie den pfändbaren Lohn ganz ausschöpft. kann sich die spätere
Lohnpfändung gar nicht

Seite: 122
auswirken (BGE 55 III 101). Das wird das Betreibungsamt Neuenhof, ohne dass
seine Pfändung revidiert werden müsste, einfach klarzustellen haben.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 73 III 118
Datum : 01. Januar 1947
Publiziert : 06. Oktober 1947
Quelle : Bundesgericht
Status : 73 III 118
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Die Rechtshilfe eines andern Betreibungsamtes ist erforderlich für Amtshandlungen in dessen Kreis;­...


Gesetzesregister
SchKG: 34 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 34 - 1 Die Zustellung von Mitteilungen, Verfügungen und Entscheiden der Betreibungs- und Konkursämter sowie der Aufsichtsbehörden erfolgen durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung, sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
1    Die Zustellung von Mitteilungen, Verfügungen und Entscheiden der Betreibungs- und Konkursämter sowie der Aufsichtsbehörden erfolgen durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung, sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
2    Mit dem Einverständnis der betroffenen Person können Mitteilungen, Verfügungen und Entscheide elektronisch zugestellt werden. Sie sind mit einer elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201659 über die elektronische Signatur zu versehen. Der Bundesrat regelt:
a  die zu verwendende Signatur;
b  das Format der Mitteilungen, Verfügungen und Entscheide sowie ihrer Beilagen;
c  die Art und Weise der Übermittlung;
d  den Zeitpunkt, zu dem die Mitteilung, die Verfügung oder der Entscheid als zugestellt gilt.60
53 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 53 - Verändert der Schuldner seinen Wohnsitz, nachdem ihm die Pfändung angekündigt oder nachdem ihm die Konkursandrohung oder der Zahlungsbefehl zur Wechselbetreibung zugestellt worden ist, so wird die Betreibung am bisherigen Orte fortgesetzt.
72 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 72 - 1 Die Zustellung geschieht durch den Betreibungsbeamten, einen Angestellten des Amtes oder durch die Post.138
1    Die Zustellung geschieht durch den Betreibungsbeamten, einen Angestellten des Amtes oder durch die Post.138
2    Bei der Abgabe hat der Überbringer auf beiden Ausfertigungen zu bescheinigen, an welchem Tage und an wen die Zustellung erfolgt ist.
89 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 89 - Unterliegt der Schuldner der Betreibung auf Pfändung, so hat das Betreibungsamt nach Empfang des Fortsetzungsbegehrens unverzüglich die Pfändung zu vollziehen oder durch das Betreibungsamt des Ortes, wo die zu pfändenden Vermögensstücke liegen, vollziehen zu lassen.
99
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 99 - Bei der Pfändung von Forderungen oder Ansprüchen, für welche nicht eine an den Inhaber oder an Order lautende Urkunde besteht, wird dem Schuldner des Betriebenen angezeigt, dass er rechtsgültig nur noch an das Betreibungsamt leisten könne.
BGE Register
50-III-47 • 52-III-1 • 55-III-101 • 73-III-118 • 73-III-84
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
betreibungsamt • schuldner • kreis • arbeitgeber • betreibungsort • bestandteil • untere aufsichtsbehörde • stelle • kommunikation • berechnung • ausführung • frage • schuldbetreibungs- und konkursrecht • monat • vorinstanz • aargau • brief • vermittler • lohn • wiese
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