S. 158 / Nr. 27 Sachenrecht (d)

BGE 73 II 158

27. Urteil der II. Zivilabteilung vom 25. September 1947 i. S. H. und A.
Bütler gegen Wwe Weibel.


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Regeste:
Vorkaufs- und Rückkaufsrecht, Vormerkung, Konventionalstrafe.
Jede zum voraus eingegangene Verpflichtung, die Vormerkung solcher Rechte nach
zehn Jahren (einmal oder wiederholt) erneuern zu lassen, ist ungültig, ebenso
eine für den Fall der Nichterneuerung vorgesehene Konventionalstrafe. Art. 681
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 681 - 1 Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteigerung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschlagen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertraglichen Vorkaufsrechte gelten.
1    Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteigerung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschlagen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertraglichen Vorkaufsrechte gelten.
2    Das Vorkaufsrecht entfällt, wenn das Grundstück an eine Person veräussert wird, der ein Vorkaufsrecht im gleichen oder in einem vorderen Rang zusteht.
3    Gesetzliche Vorkaufsrechte können weder vererbt noch abgetreten werden. Sie gehen den vertraglichen Vorkaufsrechten vor.

3 , 683 2 ZGB, 163 2 OR.
Droit de préemption et de réméré, annotation, clause pénale.
Toute stipulation par laquelle une partie s'est d'avance engagée à faire
renouveler (une ou plusieurs fois) l'annotation de ces droits à l'échéance du
délai légal de dix ans est nulle; il en est de même de la clause pénale prévue
pour le cas où ce renouvellement n'aurait pas lieu (art. 681 al. 3, 683 al. 2
CC, 163 al. 2 CO).
Diritto di prelazione e di ricupera, annotazione; pena convenzionale.
È nulla la clausola per cui una parte si è in anticipo obbligata a far
rinnovare (una o più volte) l'annotazione di questi diritti alla scadenza del
termine legale di dieci anni; pure nulla è la pena convenzionale prevista pel
caso in cui questo rinnovo non fosse fatto (art. 681, cp. 3; 683 cp. 2 CC;
163, cp. 2 CO).

A. ­ Durch Vertrag vom 13. Juni 1914 verkaufte Josef Bütler von seiner
Liegenschaft von 64 a 61 m2 dem Gottlieb Weibel eine Parzelle von 4 a 33 m2
mit einem Wohnhaus zum Preise von Fr. 9000.­. Dabei bedang er sich und seinen
Erben ein Rückkaufsrecht bzw. «Kaufsvorrecht» aus, gemäss folgender
Bestimmung:
3. Der Verkäufer oder dessen Erben, speziell aber seine Ehefrau hat nach dem
Tode von Gottl. Weibel und seiner jetzigen Ehefrau Verena geb. Lieb, oder auch
falls der Käufer das Kaufsobjekt früher wieder verkaufen will, das
Rückkaufsrecht für das gesamte Kaufobjekt für den Preis von Fr. 9000.­.
Wenn nach 10 Jahren das Rückkaufsrecht, bzw. Kaufsvorrecht des Verkäufers oder
seiner Erben erlischt (ZGB Art. 683), so ist der Käufer oder dessen Ehefrau
verpflichtet, dieses Recht neuerdings z. G. des Verkäufers oder dessen Erben
beim Grundbuchamt vormerken zu lassen.
Sollte der Käufer oder dessen Ehefrau sich weigern das zu tun, so hat er an
den Verkäufer oder seine Erben eine Entschädigung von 6000.­ Fr. zu zahlen.

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B. ­ Dieses Recht wurde am 25. Juni 1914 im Grundbuch vorgemerkt. Weibel liess
die Vormerkung noch zweimal, am 25. Juni 1924 und am 26. November 1934, für je
zehn weitere Jahre erneuern. Am 24. März 1939 verkaufte Bütler seine
Liegenschaft seinen Söhnen Hermann und Alfons, auf die laut einer
Vertragsklausel das Rückkaufsrecht gegen Weibel übergehen solle. Er starb am
28. Dezember 1940, beerbt von seinen sieben Kindern. Weibel seinerseits starb
am 6. Februar 1942 und hinterliess als Erben laut letztwilliger Verfügung die
Witwe Verena Weibel geb. Lieb sowie seine Schwester und drei Neffen. Die Witwe
erwarb die Hälfte zu Eigentum und an der andern Hälfte Nutzniessung.
C. ­ Hermann und Alfons Bütler, als Eigentümer der ihnen vom Vater verkauften
Liegenschaft, betrieben am 21. September 1944 die Witwe Weibel auf Zahlung von
Fr. 6000.­, mit der Erklärung: «Sobald das Vorkaufsrecht wieder für 10 Jahre
erneuert ist, soll das Betreibungsverfahren abgebrochen werden.» Da keine
Einigung zustande kam, verlangten die betreibenden Gläubiger provisorische
Rechtsöffnung. Diese wurde erteilt, und die Aberkennungsklage der Witwe Weibel
wurde in erster Instanz abgewiesen, vom Obergericht des Kantons Aargau dagegen
am 25. April 1947 gutgeheissen.
D. ­ Mit der vorliegenden Berufung halten die beiden Söhne Bütler an der
geltend gemachten Forderung fest und beantragen Abweisung der
Aberkennungsklage.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ­ Die erwähnte Vertragsbestimmung ist unklar. Indessen mag ungeprüft
bleiben, ob ein Vorkaufsrecht oder ein Rückkaufsrecht oder beides gemeint sei,
ferner, wie es sich mit der Aktiv- und der Passivlegitimation der Parteien
verhält, d. h. wem das in Frage stehende Recht nach dem Tode des Verkäufers
zustehen soll und gegen wen es sich nach dem Tode des Käufers richtet, und
endlich, ob die Erneuerungsverpflichtung als

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einmalige oder wiederholte, ja nach je zehn Jahren immer wieder zu erfüllende
vereinbart worden sei. Auf alle Fälle ist diese Verpflichtung ungültig, weil
gegen die gesetzliche Begrenzung solcher Vormerkungen auf höchstens zehn
verstossend (Art. 681 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 681 - 1 Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteigerung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschlagen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertraglichen Vorkaufsrechte gelten.
1    Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteigerung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschlagen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertraglichen Vorkaufsrechte gelten.
2    Das Vorkaufsrecht entfällt, wenn das Grundstück an eine Person veräussert wird, der ein Vorkaufsrecht im gleichen oder in einem vorderen Rang zusteht.
3    Gesetzliche Vorkaufsrechte können weder vererbt noch abgetreten werden. Sie gehen den vertraglichen Vorkaufsrechten vor.
und 683 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 683
ZGB). Diese Begrenzung ist um der
Öffentlichen Ordnung willen vom Gesetze festgelegt und darum unabdingbar (vgl.
die Erläuterungen zum Vorentwurf, Art. 681-683, und BGE 49 II 335). Daran
ändert es nichts, dass Vorkaufs-, Rückkaufs- und Kaufsrechte als rein
persönliche Ansprüche gültig auf längere Dauer vereinbart werden können (BGE
53 II 394, 71 II 158). Die sogenannte dingliche Wirkung, wie sie eben mit
einer Vormerkung erzielt wird, ist zwingend auf eine Maximaldauer von zehn
Jahren begrenzt. Lässt sich somit die Freiheit des Grundeigentümers nicht
gültig auf längere Dauer in solcher Weise beschränken, so ist auch jede zum
voraus eingegangene Verpflichtung zur Erneuerung der Vormerkung nach Ablauf
der gesetzlich begrenzten Dauer ungültig. Nur auf Grund einer neuen
Vereinbarung kann eine nochmalige Vormerkung derartiger Rechte stattfinden. Es
handelt sich dabei keinesfalls um die Verlängerung der frühern, sondern immer
um eine neue Vormerkung, die als selbständige zu betrachten ist und den Rang
einnimmt, der ihr nach den zur Zeit ihrer Einschreibung im Tagebuch
bestehenden Verhältnissen zukommt. Das entspricht der herrschenden Lehre (vgl.
LEEMANN, 2. Auflage, zu Art. 681 N. 27, und HAAB, dazu N. 24, ALLGÄUER,
Vorkaufs- Rückkaufs- und Kaufsrecht 88, SCHMID, Das Vorkaufsrecht 125). Die
Grundbuchbehörden nahmen gelegentlich eine Erneuerungsvereinbarung als
besondere Bedingung im Sinne von Art. 71 Abs. 2 der Grundbuchverordnung in die
Vormerkung auf, in der Meinung, deren Gültigkeit sei von den Gerichten zu
beurteilen (vgl. Zeitschrift für Beurkundungs-und Grundbuchrecht 2, 149, und
SCHMID, a.a.O., Anmerkung 13). Indessen wurde dann doch die Nichtigkeit
derartiger Vereinbarungen anerkannt (vgl. dieselbe

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Zeitschrift 9, 140, und 18, 192: Bericht des eidgenössischen Grundbuchamtes).
Die Erneuerungsklausel im Beispiel einer Vorkaufsrechtsvereinbarung bei
NUSSBAUM, Öffentliche Beurkundungen 289, wäre demnach auch nicht gültig. Auf
den Kaufvertrag vom 13. Juni 1914 liess sich schon die erste Erneuerung, vom
25. Juni 1924, nicht mehr stützen. Die bezügliche Anmeldung, und ebenso
diejenige vom Jahre 1934, hätte mangels eines Rechtsgrundausweises für die
nochmalige Vormerkung abgelehnt werden sollen.
2. ­ Konnte sich Weibel nicht gültig zur jeweiligen Erneuerung der Vormerkung
verpflichten (noch dazu, jeweilen zum Abschluss eines neuen
Vormerkungsvertrages auf weitere zehn Jahre Hand zu bieten), so ist auch die
diese Verpflichtung verstärkende Konventionalstrafe ungültig (vgl. von TUHR OR
§ 87; ROGER SECRETAN, Clause pénale 50 ff., 93). Die Konventionalstrafe hat
akzessorischen Charakter, was Art. 1227 des französischen Code civil
deutlicher zum Ausdruck bringt als Art. 163 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 163 - 1 Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden.
1    Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden.
2    Sie kann nicht gefordert werden, wenn sie ein widerrechtliches oder unsittliches Versprechen bekräftigen soll und, mangels anderer Abrede, wenn die Erfüllung durch einen vom Schuldner nicht zu vertretenden Umstand unmöglich geworden ist.
3    Übermässig hohe Konventionalstrafen hat der Richter nach seinem Ermessen herabzusetzen.
OR. Sie setzt freilich
nicht in jedem Fall eine klagbare Hauptverpflichtung voraus, sondern kann auch
zur Sicherung gewisser Naturalobligationen dienen, insbesondere von
Leistungen, an deren Erfüllung ein blosses Affektionsinteresse besteht (vgl.
von TUHR a.a.O.; OSER-SCHÖNENBERGER, zu Art. 159
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 159
OR Nr. 12; DERNBURG, System
des römischen Rechtes, 8. Auflage, 645). Eine Verpflichtung jedoch, die gegen
unabdingbare Freiheitsrechte verstösst und daher schlechthin ungültig ist,
lässt sich keinem, auch nicht psychischem Zwang unterstellen und daher nicht
durch Konventionalstrafe rechtsverbindlich sichern. Verhält es sich so bei
Verpflichtungen, die sich als unzulässige Freiheitsbeschränkung im Sinne von
Art. 27 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 27 - 1 Auf die Rechts- und Handlungsfähigkeit kann niemand ganz oder zum Teil verzichten.
1    Auf die Rechts- und Handlungsfähigkeit kann niemand ganz oder zum Teil verzichten.
2    Niemand kann sich seiner Freiheit entäussern oder sich in ihrem Gebrauch in einem das Recht oder die Sittlichkeit verletzenden Grade beschränken.
ZGB erweisen (BGE 48 II 439), so ist auch die vorliegende,
gegen die unantastbare Freiheit des Grundeigentums verstossende Vereinbarung
nicht tauglich, durch Konventionalstrafe verstärkt und gesichert zu werden.

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Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons
Aargau vom 25. April 1947 bestätigt.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 73 II 158
Date : 01. Januar 1947
Published : 24. September 1947
Source : Bundesgericht
Status : 73 II 158
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Vorkaufs- und Rückkaufsrecht, Vormerkung, Konventionalstrafe.Jede zum voraus eingegangene...


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