S. 67 / Nr. 19 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 72 III 67

19. Entscheid vom 20. August 1946 i.S. St. Gallische Kantonalbank.


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Regeste:
Nicht zu den Kosten der Pfandverwaltung (262 2 SchKG) gehören die
Kollokationsprozesskosten der Masse betreffend eine Hypothek (hier die
letzte). Unzulässig, diese Kosten vorweg dem auf vorgehende Pfandforderungen
entfallenden Pfanderlös zu entnehmen, unzulässig, für sie in den
Steigerungsbedingungen Barzahlung auf Rechnung des Preises (46 1 VZG) zu
verlangen.
Les frais du procès en contestation de l'état de collocation soutenu par la
masse au sujet d'une hypothèque (en l'espèce, en dernier rang) ne rentrent pas
dans les frais de l'administration du gage (art. 262 al. 2 LP). Il n'est pas
permis de prélever ces frais sur le produit de la réalisation afférent aux
créances hypothécaires de rang antérieur non plus que de stipuler dans les
conditions de vente qu'ils devront être payés en espèce à tant moins sur le
prix (art. 46 al. 1 ORI).
Le spese della causa di contestazione della graduatoria sostenuta dalla massa
a motivo d'un'ipoteca (nel fattispecie di ultimo grado) non fanno parte delle
spese di amministrazione del pegno (art. 262 cp. 2 LEF). Non è lecito
prelevare queste spese sul ricavo della realizzazione che spetta ai crediti
ipotecari di grado anteriore o stabilire nelle condizioni d'incanto ch'esse
dovranno essere pagate a contanti da computarsi sul prezzo di aggiudicazione
(art. 46 cp. 1 RRF).

A. ­ In dem vom Konkursamte Thun verwalteten Konkurs der Rosalie Gurtner in
Steffisburg bewilligte die bernische Aufsichtsbehörde am 19. März 1946 in
Anwendung von Art. 128 Abs. 2
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 128 - 1 Wenn nach den Einträgen im Grundbuch oder dem Ergebnis des öffentlichen Aufrufes (Art. 123 hiervor) Pfandrechte oder andere beschränkte dingliche Rechte an dem Grundstück geltend gemacht werden, so darf die Verwertung (Versteigerung oder Verkauf aus freier Hand), selbst im Falle der Dringlichkeit, erst stattfinden, nachdem das Kollokationsverfahren über diese Rechte durchgeführt und allfällige Kollokationsprozesse rechtskräftig erledigt sind.194
1    Wenn nach den Einträgen im Grundbuch oder dem Ergebnis des öffentlichen Aufrufes (Art. 123 hiervor) Pfandrechte oder andere beschränkte dingliche Rechte an dem Grundstück geltend gemacht werden, so darf die Verwertung (Versteigerung oder Verkauf aus freier Hand), selbst im Falle der Dringlichkeit, erst stattfinden, nachdem das Kollokationsverfahren über diese Rechte durchgeführt und allfällige Kollokationsprozesse rechtskräftig erledigt sind.194
2    Ausnahmsweise können die Aufsichtsbehörden die Versteigerung schon vorher bewilligen, wenn keine berechtigten Interessen verletzt werden. In diesem Falle ist in den Steigerungsbedingungen auf einen allfällig pendenten Prozess hinzuweisen und eine vorläufige Eintragung im Grundbuch (Art. 961 ZGB195) vorzumerken.
VZG die Verwertung einer Liegenschaft in
Jonschwil, Kanton St. Gallen, während der vom Gläubiger der IV. (letzten)
Hypothek gegen die Masse angehobene Kollokationsprozess bis auf weiteres
eingestellt ist. Das Bundesgericht wies den gegen diese Bewilligung
gerichteten Rekurs der Schuldnerin am 5. April 1946 ab (BGE 72 III 27). Die
kantonale Aufsichtsbehörde hatte das Konkursamt Thun angewiesen, in den
Steigerungsbedingungen «ausgewiesene Sicherheit in bar» für die der Masse
allenfalls erwachsenden Kosten des Kollokationsprozesses zu verlangen. Auf
Veranlassung des Konkursamtes Thun nahm dasjenige von Untertoggenburg in die
Steigerungsbedingungen folgende Ziff. 18 auf: «Zu den... auf Abrechnung an der
Kaufsumme bar zu

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bezahlenden Verwaltungskosten gehört... eine Sicherheit für die Kosten des von
R. Nüssli angestrengten Kollokationsprozesses von Fr. 3000.­, welcher Betrag
vom Ersteigerer endgültig zu bezahlen ist ohne Rücksicht auf den Ausgang des
Prozesses.»
B. ­ Die St. Gallische Kantonalbank, Gläubigerin der I. und der II. Hypothek,
focht die Steigerungsbedingung Ziff. 18 durch Beschwerde an, wurde aber von
der bernischen Aufsichtsbehörde am 1. Juli 1946 abgewiesen, im wesentlichen
aus folgenden Gründen: Auf den Erlös von Pfandgegenstandes dürfen im Konkurse
nur die Kosten ihrer Verwaltung und Verwertung verlegt werden (Art. 262 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 262 - 1 Sämtliche Kosten für Eröffnung und Durchführung des Konkurses sowie für die Aufnahme eines Güterverzeichnisses werden vorab gedeckt.
1    Sämtliche Kosten für Eröffnung und Durchführung des Konkurses sowie für die Aufnahme eines Güterverzeichnisses werden vorab gedeckt.
2    Aus dem Erlös von Pfandgegenständen werden nur die Kosten ihrer Inventur, Verwaltung und Verwertung gedeckt.

SchKG). Zur Verwaltung einer Liegenschaft gehört indessen auch die
gerichtliche Abklärung ihrer Lasten. Daher ist für die Kosten eines solchen
Kollokationsprozesses in den Steigerungsbedingungen Barzahlung auf Abrechnung
am Zuschlagspreise zu verlangen (Art. 46 Abs. 1
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 46 - 1 Auf Abrechnung am Zuschlagspreis ist in den Steigerungsbedingungen vom Ersteigerer Barzahlung zu verlangen für die fälligen, durch vertragliches oder gesetzliches Pfandrecht gesicherten Kapitalforderungen, die fälligen Kapitalzinse, inbegriffen Verzugszinse und Betreibungskosten, die Verwaltungskosten, soweit sie nicht aus den eingegangenen Erträgnissen Deckung finden, die Verwertungskosten und für den allfälligen, den Gesamtbetrag der pfandgesicherten Forderungen übersteigenden Mehrerlös.71
1    Auf Abrechnung am Zuschlagspreis ist in den Steigerungsbedingungen vom Ersteigerer Barzahlung zu verlangen für die fälligen, durch vertragliches oder gesetzliches Pfandrecht gesicherten Kapitalforderungen, die fälligen Kapitalzinse, inbegriffen Verzugszinse und Betreibungskosten, die Verwaltungskosten, soweit sie nicht aus den eingegangenen Erträgnissen Deckung finden, die Verwertungskosten und für den allfälligen, den Gesamtbetrag der pfandgesicherten Forderungen übersteigenden Mehrerlös.71
2    Als fällig sind diejenigen Kapital- und Zinsforderungen zu behandeln, die nach den Angaben im rechtskräftigen Lastenverzeichnis im Zeitpunkt der Versteigerung fällig sind, inbegriffen solche mit gesetzlichem Pfandrecht, sowie in Betreibung gesetzte Pfandforderungen, wenn ein Rechtsvorschlag nicht erfolgt oder gerichtlich aufgehoben worden ist.
3    Pfandforderungen, die nicht fällig sind, müssen dem Ersteigerer stets überbunden werden (Art. 45 Abs. 1 Buchst. a hiervor).
VZG). Wird ausnahmsweise die
Versteigerung vor Beendigung eines derartigen Streites durchgeführt, so muss
durch solche Barzahlung Sicherheit für die Masse beschafft werden, ansonst
diese die Prozesskosten unter Umständen gar nicht aufzubringen vermöchte. Der
Ersteigerer trägt dabei kein Risiko, denn die betreffende Barzahlung ist in
dem Steigerungspreis ein für allemal inbegriffen.
C. ­ Diesen Entscheid zieht die Beschwerdeführerin an das Bundesgericht
weiter. Sie lässt nicht gelten, dass die Kosten eines Kollokationsprozesses
Verwaltungskosten darstellen, und sieht in der Deckung solcher Kosten aus dem
Pfanderlös einen unzulässigen Eingriff in die Rechte der Pfandgläubiger.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1. ­ Die Rechtzeitigkeit der Beschwerde steht ausser Zweifel, da der kantonale
Entscheid über die Bewilligung der Verwertung, mit der erwähnten Weisung an
das

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Konkursamt, der Rekurrentin seinerzeit nicht eröffnet wurde. Ob jene Weisung,
die auf alle Fälle noch der näheren Ausgestaltung bedurfte und in den
Erwägungen mit keinem Worte begründet war, überhaupt Veranlassung zu einer
Beschwerde hätte bieten können, mag dahingestellt bleiben.
2. ­ Die Vorinstanz gibt nicht an, warum sie die Abklärung dinglicher Lasten
im Kollokationsprozesse zur Verwaltung der betreffenden Vermögensstücke
rechnet. Mit Verwaltung im eigentlichen Sinne hat man es dabei keineswegs zu
tun. Darunter verstehen Gesetz und Verordnungen nur die auf Erhaltung der
Substanz gerichteten Massnahmen, also den Unterhalt samt Reparaturen,
Bewachung und dergleichen (BGE 62 III 131). In einem weitern Sinne können dazu
Fertigstellung oder Veredlung von Fabrikaten sowie die Weiterführung eines
Geschäftes gerechnet werden, sofern diese Massnahmen im Interesse der
Pfandgläubiger getroffen werden, zumal wenn diese selbst sie anbegehrt haben
(BGE 57 III 88, 58 III 6). Das Kollokationsverfahren dagegen unterliegt
besondern Vorschriften und gehört nicht zu den Verwaltungshandlungen, auch
wenn es sich auf dingliche Rechte an verpfändetem Konkursvermögen bezieht. Ob
der Aufwand der Masse für die Verteidigung gegenüber solchen Ansprüchen analog
einem eigentlichen Verwaltungsaufwand behandelt werden könne, ist eine Frage
für sich. Jedenfalls ist der Grundsatz hochzuhalten, dass verpfändete
Vermögensstücke des Gemeinschuldners nur unter Vorbehalt des Vorzugsrechtes
der Pfandgläubiger zur Masse gezogen werden können (Art. 198
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 198 - Vermögensstücke, an denen Pfandrechte haften, werden, unter Vorbehalt des den Pfandgläubigern gesicherten Vorzugsrechtes, zur Konkursmasse gezogen.
, 232 Ziff. 4
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 232 - 1 Das Konkursamt macht die Eröffnung des Konkurses öffentlich bekannt, sobald feststeht, ob dieser im ordentlichen oder im summarischen Verfahren durchgeführt wird.424
1    Das Konkursamt macht die Eröffnung des Konkurses öffentlich bekannt, sobald feststeht, ob dieser im ordentlichen oder im summarischen Verfahren durchgeführt wird.424
2    Die Bekanntmachung enthält:
1  die Bezeichnung des Schuldners und seines Wohnortes sowie des Zeitpunktes der Konkurseröffnung;
2  die Aufforderung an die Gläubiger des Schuldners und an alle, die Ansprüche auf die in seinem Besitz befindlichen Vermögensstücke haben, ihre Forderungen oder Ansprüche samt Beweismitteln (Schuldscheine, Buchauszüge usw.) innert einem Monat nach der Bekanntmachung dem Konkursamt einzugeben;
3  die Aufforderung an die Schuldner des Konkursiten, sich innert der gleichen Frist beim Konkursamt zu melden, sowie den Hinweis auf die Straffolge bei Unterlassung (Art. 324 Ziff. 2 StGB427);
4  die Aufforderung an Personen, die Sachen des Schuldners als Pfandgläubiger oder aus anderen Gründen besitzen, diese Sachen innert der gleichen Frist dem Konkursamt zur Verfügung zu stellen, sowie den Hinweis auf die Straffolge bei Unterlassung (Art. 324 Ziff. 3 StGB) und darauf, dass das Vorzugsrecht erlischt, wenn die Meldung ungerechtfertigt unterbleibt;
5  die Einladung zu einer ersten Gläubigerversammlung, die spätestens 20 Tage nach der öffentlichen Bekanntmachung stattfinden muss und der auch Mitschuldner und Bürgen des Schuldners sowie Gewährspflichtige beiwohnen können;
6  den Hinweis, dass für Beteiligte, die im Ausland wohnen, das Konkursamt als Zustellungsort gilt, solange sie nicht einen anderen Zustellungsort in der Schweiz bezeichnen.

SchKG). Gerade diesen Grundsatz bringt auch Art. 262 Abs. 2 hinsichtlich der
Tragung des Konkursaufwandes zum Ausdruck. Es kann nun wohl in Frage kommen,
Aufwendungen, die auf Erhaltung und Mehrung wenn nicht der Substanz, so doch
des Liquidationswertes gerichtet sind, eigentlichen Verwaltungsmassnahmen
gleich zu achten. Unter diesen Gesichtspunkt fällt etwa die Verteidigung gegen
eine

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allen Hypotheken vorgehende Dienstbarkeitslast, die sich daher nicht ohnehin
nach Art. 812 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 812 - 1 Ein Verzicht des Eigentümers auf das Recht, weitere Lasten auf das verpfändete Grundstück zu legen, ist unverbindlich.
1    Ein Verzicht des Eigentümers auf das Recht, weitere Lasten auf das verpfändete Grundstück zu legen, ist unverbindlich.
2    Wird nach der Errichtung des Grundpfandrechtes eine Dienstbarkeit oder Grundlast auf das Grundstück gelegt, ohne dass der Pfandgläubiger zugestimmt hat, so geht das Grundpfandrecht der späteren Belastung vor, und diese wird gelöscht, sobald bei der Pfandverwertung ihr Bestand den vorgehenden Pfandgläubiger schädigt.
3    Der aus der Dienstbarkeit oder Grundlast Berechtigte hat jedoch gegenüber nachfolgenden Eingetragenen für den Wert der Belastung Anspruch auf vorgängige Befriedigung aus dem Erlöse.
ZGB bei der Verwertung ausschalten lässt. Die Abwehr
dinglicher Lasten, insbesondere auch Pfandlasten, darf aber niemals unter
Heranziehung des auf vorgehende Pfandforderungen entfallenden Erlöses
geschehen. Das wäre ein unzulässiger Eingriff in die Vorzugsrechte der
betreffenden Pfandgläubiger, die ja durch nachgehende Pfandlasten nicht
berührt werden.
Daran scheitert die angefochtene Steigerungsbedingung. Es kommt auch nicht in
Frage, sie zu Lasten nachgehender Hypotheken bestehen zu lassen, da solche
nicht vorhanden sind. Es kann offen bleiben, ob dies überhaupt anginge, ohne
Rücksicht darauf, ob die nachgehenden Pfandgläubiger der Prozessführung durch
die Masse zugestimmt hätten. Vollends verschlägt nichts die Andeutung der
Vorinstanz, es fehle vielleicht im unverpfändeten Massevermögen an den Mitteln
zur Begleichung dieses Prozessaufwandes. Es geht schlechterdings nicht an,
hiezu vorweg auf den den vorgehenden Pfandgläubigern zukommenden Pfanderlös zu
greifen. Der Kollokationsprozess liegt im ausschliesslichen Interesse der
Kurrentgläubiger; daher steht für diesen Aufwand nur der allfällige Überschuss
des Pfanderlöses zur Verfügung.
Demnach erkennt die Schulbetr.- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird gutgeheissen und die Steigerungsbedingung Ziff. 18 aufgehoben.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 72 III 67
Date : 01. Januar 1946
Published : 19. August 1946
Source : Bundesgericht
Status : 72 III 67
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : Nicht zu den Kosten der Pfandverwaltung (262 2 SchKG) gehören die Kollokationsprozesskosten der...


Legislation register
SchKG: 198  232  262
VZG: 46  128
ZGB: 812
BGE-register
57-III-88 • 58-III-6 • 62-III-131 • 72-III-27 • 72-III-67
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