S. 36 / Nr. 8 Strafgesetzbuch (d)

BGE 71 IV 36

8. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 2. Februar 1946 i.S.
Schneider gegen Schweizerische Vereinigung zur Wahrung der Gebirgsinteressen
und Kons.

Regeste:
Art. 173 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
3    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
4    Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
5    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
. StGB. Juristische Personen, und zwar auch Stiftungen haben eine
Ehre, deren Verletzung strafbar ist.
Art. 173 et ss CP. Les personnes morales, et même les fondations, ont un
honneur qui est protégé par la loi pénale.
Art. 173 ss. CP. Anche le persone giuridiche, comprese le fondazioni,
beneficiano della tutela penale della loro onorabilità.

Aus den Erwägungen:
Art. 177 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 177 - 1 Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
1    Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
2    Hat der Beschimpfte durch sein ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung unmittelbar Anlass gegeben, so kann das Gericht den Täter von Strafe befreien.
3    Ist die Beschimpfung unmittelbar mit einer Beschimpfung oder Tätlichkeit erwidert worden, so kann das Gericht einen oder beide Täter von Strafe befreien.
StGB erklärt strafbar, wer «jemanden» (in den romanischen
Texten wiedergegeben mit «autrui» bezw. «una persona») in seiner Ehre
angreift. Unter «jemand» ist jedermann zu verstehen, dem das Rechtsgut der
Ehre zusteht. Das sind nicht nur natürliche, sondern auch juristische
Personen. Dass auch solche eine Ehre haben, hat das Bundesgericht bereits in
seiner zivilrechtlichen Rechtsprechung anerkannt (BGE 31 II 246). Das
Strafgesetzbuch geht nicht von einer anderen Auffassung

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aus. Der üblen Nachrede (Art. 173), beziehungsweise der Verleumdung (Art.
174), welche es beide wie die Beschimpfung (Art. 177) als Vergehen gegen die
Ehre betrachtet (vgl. Überschrift zum dritten Titel und Randtitel zu Art. 173
ff.), erklärt es schuldig, «wer jemanden [im Falle der Verleumdung «wider
besseres Wissen»] bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer
Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder
verdächtigt». Eines unehrenhaften, ihren Ruf schädigenden Verhaltens fähig
sind nicht nur natürliche, sondern auch juristische Personen, wie auch andere
Tatsachen ihren Ruf in Mitleidenschaft ziehen können. Denn vom Verhalten ihrer
Organe und von anderen Tatsachen hängt es ab, ob ihnen die Menschen Achtung
zollen. Dieses Recht auf Achtung strafrechtlich zu schützen, ist der Zweck der
Art. 173 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
3    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
4    Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
5    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
. StGB. Wie Art. 177 gewähren auch Art. 173 und 174 diesen Schutz
durch Verwendung des allgemeinen Ausdruckes «jemanden» («une personne», «una
persona») einem jeden, welcher der Ehre fähig ist. Sie gewähren ihn
insbesondere auch den Stiftungen. Diese geniessen wie andere juristische und
wie natürliche Personen einen Ruf, dessen Schädigung für sie ökonomisch
nachteilig sein kann und der, auch soweit er mehr als ökonomische Bedeutung
hat (vgl. BGE 31 II 246), ein der juristischen Person als solcher zustehendes,
vom Rufe ihrer Mitglieder verschiedenes Rechtsgut ist und daher den Bestand
von Mitgliedern nicht voraussetzt.
Der «Schweizerischen Vereinigung zur Wahrung der Gebirgsinteressen» und dem
«Schweizerischen Gebirgshilfefonds» steht mithin eine Ehre zu, die verletzt
werden kann und deren Verletzung strafbar ist.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 71 IV 36
Datum : 01. Januar 1945
Publiziert : 02. Februar 1945
Quelle : Bundesgericht
Status : 71 IV 36
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Art. 173 ff. StGB. Juristische Personen, und zwar auch Stiftungen haben eine Ehre, deren Verletzung...


Gesetzesregister
StGB: 173 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
3    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
4    Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
5    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
177
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 177 - 1 Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
1    Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
2    Hat der Beschimpfte durch sein ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung unmittelbar Anlass gegeben, so kann das Gericht den Täter von Strafe befreien.
3    Ist die Beschimpfung unmittelbar mit einer Beschimpfung oder Tätlichkeit erwidert worden, so kann das Gericht einen oder beide Täter von Strafe befreien.
BGE Register
31-II-242 • 71-IV-36
Stichwortregister
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ehre • juristische person • verhalten • strafgesetzbuch • stiftung • beschuldigter • schaden • konsens • natürliche person • schneider • beschimpfung • kassationshof • bundesgericht