S. 94 / Nr. 22 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 70 I 94

22. Urteil vom 31. März 1944 i. S. O. S. gegen Rekurskommission des Kantons
Schwyz für das eidgenössische Wehropfer.

Regeste:
1. Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Neue, erst im Verfahren vor Bundesgericht
eingereichte Belege können berücksichtigt werden.
2. Wehropfer. a) Gegenüber einer schematischen Grundstücksbewertung auf Grund
der kantonalen Steuerschatzungen (Art. 14 ff. VBG) kann der Steuerpflichtige
eine individuelle Einschätzung verlangen.
b) Der Wehropferwert von Miethäusern darf in der Regel gemäss Art. 11 VBG auf
Grund des Bruttomietertrages festgesetzt werden.
1. Recours d e droit administratif. Le Tribunal fédéral peut prendre en
considération les documents nouveaux produits pour la première fois devant
lui.
2. Sacrifice pour la défense nationale. a) Le contribuable peut s'opposer à ce
que ses immeubles soient estimés selon les principes uniformes établis par le
fisc cantonal (Art. 14 ss. OEI) et demander qu'il soit procédé à une
estimation particulière.
b) En général, la valeur imposable des maisons d'habitation, s'agissant du
sacrifice pour la défense nationale, peut être fixée sur la base du rendement
locatif brut.
1. Ricorso di diritto amministrativo. Il Tribunale federale può prendere in
considerazione nuovi documenti prodotti per la prima volta davanti a lui.
2. Sacrificio per la difesa nazionale. a) Il contribuente può opporsi alla
stima dei suoi immobili fatta secondo i principi uniformi stabiliti dal fisco
cantonale (art. 14 e seg. OVI) e domandare una stima particolare.
b) In generale, il valore imponibile delle case d'abitazione ai fini del
sacrificio per la difesa nazionale può essere stabilito in base al reddito
locativo lordo.


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A. - Der Beschwerdeführer ist Stationsvorstand in X (Kanton Schwyz) und
Eigentümer einer Liegenschaft in Y (Aargau), deren kantonale Steuerschatzung
mit Fr. 48500.- und deren Steuerwert mit Fr. 34000.­ angegeben wird. Es
handelt sich um ein Wohnhaus mit Holzhaus und 7.69 a Gebäudeplatz und Garten.
Der Beschwerdeführer erklärt, er habe es 1927 gebaut in der Absicht, es selbst
zu bewohnen. Infolge einer dienstlichen Beförderung, mit der eine Versetzung
verbunden gewesen sei, könne er es nicht benützen und müsse es nun vermieten.
Bei der Einschätzung wurde der Steuerwert der Liegenschaft zunächst auf Fr.
48500.­ festgesetzt, entsprechend der kantonalen Steuerschatzung. Im
Einspracheentscheid wurde er um 10 % auf Fr. 43650.­ ermässigt gestützt auf
eine Auskunft der Wehropferverwaltung des Kantons Aargau, wonach im Kanton
Aargau der Wehropferwert der Liegenschaften mit 90 % der kantonalen
Steuerschatzung zu bemessen sei. Der Beschwerdeführer hatte sich in der
Einsprache auf Art. 11 VBG berufen; danach betrage der Wehropferwert der
Liegenschaft, bei Mietzinseinnahmen von Fr. 2020.­ im Jahr, Fr. 34000.­.
In seinem Rekurs an die kantonale Rekurskommission wiederholte der
Beschwerdeführer seinen Antrag. Er wurde aufgefordert, seine Beweismittel
einzureichen und legte daraufhin, mit einer Aufstellung über Mietzinseinnahmen
und über Ausgaben für das Haus, 43 Belege ein und ersuchte um Vorladung zur
Vorlage seiner Buchhaltung, falls die eingereichten Belege als ungenügend
befunden werden sollten.
Der Rekurs wurde abgewiesen. Art. 11 VBG sei nicht anwendbar, weil der
Beschwerdeführer die Mietverträge nicht beigebracht habe und sich aus den
Kontokorrentauszügen der Spar- und Leihkasse Muri der Ertrag der Liegenschaft
nicht mit genügender Sicherheit ergebe. Auch die weiteren Belege gäben keinen
Aufschluss über den Ertrags- und den Verkehrswert.
B. ­ Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt

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der Beschwerdeführer, den angefochtenen Entscheid aufzuheben. Der Entscheid
beruhe auf einer Verletzung von Art. 14 WOB und Art. 11 und 16 VBG. Er
wiederholt seine früheren Angaben über den Ertrag seiner Liegenschaft und legt
zwei Mietverträge und zwei Bescheinigungen ein. Die Mietverträge habe er im
kantonalen Rekursverfahren nicht eingelegt, weil er nur noch zwei besitze und
zudem angenommen habe, dass mit der eingereichten Kontokorrentrechnung der
erforderliche Ausweis erbracht werde. Die Rekurskommission habe die
Mietverträge nicht eingefordert.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde gutgeheissen
in Erwägung:
1. ­ Auf die Beweisverfügung der kantonalen Rekurskommission, durch die der
Beschwerdeführer ohne nähere Bezeichnung der gewünschten Belege ganz allgemein
aufgefordert wurde, «seine Beweismittel» vorzulegen, hat er seine Mieter
genannt, angegeben, was sie bezahlen, und Kontokorrentauszüge der Spar- und
Leihkasse Y eingereicht, in denen die monatlichen Zahlungen der drei Mieter
von Fr. 168.35 (35.­, 75.­ und 58.35) verzeichnet sind, was im Jahr die
angegebene Mietzinseinnahme von Fr. 2020.­ ergibt. Damit war der angegebene
Mietzins wenigstens glaubhaft gemacht. Wenn die Rekurskommission noch
spezielle Belege wünschte, so hatte sie sie einzufordern (Art. 73, Abs. 1
WOB). Sie durfte nicht ohne weiteres eine Ermessensschätzung vornehmen,
umsoweniger, als der Beschwerdeführer auch noch die Vorlage seiner Buchhaltung
angeboten hatte. Auf jeden Fall müssen bei dieser Sachlage die erst vor
Bundesgericht eingereichten Belege noch berücksichtigt werden. Sie bestätigen
übrigens eine Angabe, deren Richtigkeit schon auf Grund der Belege anzunehmen
war, die der Rekurskommission eingereicht worden waren.
2. ­ Die Liegenschaft des Beschwerdeführers ist laut Einspracheentscheid
veranlagt worden nach der in Art. 15,

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Abs. 3 VBG vorgesehenen Wegleitung des eidgenössischen Finanz- und
Zolldepartementes für die Grundstückeinschätzung im Kanton Aargau zu 90 % der
kantonalen Steuerschatzung. Demgegenüber konnte der Steuerpflichtige eine
individuelle Einschätzung verlangen (Art. 16 VBG und BGE 68 I S. 182). Er
hatte seine Liegenschaft in der Steuererklärung nach der Bewertungsvorschrift
in Art. 11 VBG eingesetzt und sein Begehren, auf dieser Grundlage eingeschätzt
zu werden, im Verfahren wiederholt.
Ob der Abgabewert nach Art. 11 VBG festgesetzt werden darf, hängt davon ab, ob
das Chalet ein Wohnhaus im Sinne dieser Bestimmung ist. Der Beschwerdeführer
hatte das Haus seinerzeit errichtet, um es selbst zu bewohnen, muss es aber
seit Jahren infolge seiner dienstlichen Versetzung nach X vermieten. Wäre das
Haus als Villa zu bewerten, so könnte Art. 11 VBG unter Umständen nicht
angewandt werden (BGE 69 I S. 110). Der Chaletbau ist aber heute ein Miethaus
und als solches zu bewerten. Umstände, die es ausschliessen würden, die
ordentlichen Bewertungsvorschriften für gewöhnliche Wohnhäuser anzuwenden,
sind nicht ersichtlich. Eine Bewertung auf dieser Grundlage entspricht-
offenbar dem heutigen Charakter des Hauses. Dann beträgt der Steuerwert des
Hauses etwa Fr. 34000.­, was zur Gutheissung der Beschwerde führt. Die
eidgenössische Steuerverwaltung schlägt im Hinblick auf den grossen
Unterschied zwischen dem Ergebnis der Bewertung auf Grand des Bruttoertrages
einer- und der kantonalen Grundsteuerschatzung anderseits eine Mittellösung
vor. Dafür, dass mit der Bewertung nach Art. 11 VBG der Verkehrswert
ungenügend berücksichtigt wäre, liegt aber nichts vor, weshalb es richtig ist,
es bei der Bewertung nach Art. 11 bewenden zu lassen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 70 I 94
Datum : 01. Januar 1943
Publiziert : 31. März 1944
Quelle : Bundesgericht
Status : 70 I 94
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : 1. Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Neue, erst im Verfahren vor Bundesgericht eingereichte Belege...


BGE Register
68-I-180 • 69-I-110 • 70-I-94
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
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