S. 212 / Nr. 34 Obligationenrecht (d)

BGE 68 II 212

34. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 10. November 1942 i.S.
Pfister gegen Schweiz. Eidgenossenschaft.

Regeste:
Für durch Aktivdienst (Interniertenbewachungsdienst) entstandene Schäden
haftet der Bund nur, wenn das öffentliche Recht eine Haftung ausdrücklich
vorsieht. Keine subsidiäre Anwendung zivilen Haftpflichtrechtes. Analoge
Anwendung von Art. 27 /28 MO und Haftung nach Billigkeit in casu verneint.
La Confédération ne répond des dommages causés par le service actif (garde des
internés) que lorsque le droit public institue expressément cette
responsabilité. Les règles du droit civil sur la responsabilité ne sont pas
applicables à titre suppletif. Pas d'application analogique des art. 27 et 28
OM et pas de responsabilité par motif d'équité en l'espèce.

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La Confederazione risponde del danno causato dal servizio attivo (sorveglianza
degli internati) soltanto se il diritto pubblico prevede espressamente una
siffatta responsabilità. Le norme del diritto civile sulla responsabilità non
sono applicabili a titolo suppletorio. Applicazione analogetica degli art. 27
e 28 OM e responsabilità per motivi di equità escluse nel fattispecie.

Aus dem Tatbestand:
A. - Der Kläger Pfister ist Landwirt in Kerzers. Im Jahre 1941 waren dort
französische Spahis mit ihren Pferden interniert. Sie wurden von einer
Dragoner-Einheit bewacht. Ein Teil der Pferde befand sich in der Stallung der
Wirtschaft zur «Krone». Am Vormittag des 29. Januar 1941 sollten die Spahis
samt den Pferden nach Frankreich zurückkehren. Die Bewachungstruppe hatte
deshalb am Vortag eine Revision der Pferde vorgenommen und besorgte am andern
Morgen den Verlad auf dem Bahnhof Kerzers.
In der Nacht vom 28. auf den 29. Januar begab sich Luginbühl, der Knecht des
Klägers, heimlich in die Stallung der «Krone», nahm dort ein
Interniertenpferd, einen Schimmelwallach, heraus und führte das Tier in den
Stall seines Meisters. Hier nahm er die trächtige Schimmelstute des Klägers
weg und verbrachte sie in den Stall der «Krone» an den Platz des
Interniertenpferdes. Er wechselte auch beiden Tieren die Halftern aus.
Die Bewachungstruppe bemerkte den Tausch nicht, sodass die Stute des Klägers
am 29. Januar mit den Interniertenpferden nach Frankreich geschafft wurde.
Der Kläger meldete die Verwechslung am 30. Januar dem Oberamt Murten.
Luginbühl will den Tausch vorgenommen haben, weil er die Schimmelstute des
Meisters nicht leiden konnte und er zudem an jenem Abend angeheitert war. Er
wurde am 24. Mai 1941 vom Territorialgericht 2 A wegen Diebstahls des
Interniertenpferdes zum Vorteil seines Meisters zu 14 Tagen Gefängnis
verurteilt.
Der Kläger überliess das in seinen Stall gestellte, für seine Zwecke nicht
brauchbare Spahipferd dem

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Interniertenkommando. Der Bund verkaufte es am 11. März 1941 für Fr. 680.-.
B. - Eine Zurückbringung des nach Frankreich geschafften Pferdes des Klägers
kam nicht in Frage...
C. -Pfister hat die Eidgenossenschaft beim Bundesgericht eingeklagt auf
Zahlung von Schadenersatz im Betrag von Fr. 4100.- nebst Zins zu 5% ab 1. Juni
1942 eventuell auf Stellung eines Ersatzpferdes gleichen Wertes und Alters
zuzüglich Ersatz des entgangenen Mietgeldes für das Pferd von monatlich Fr.
150.-, subeventuell auf Zahlung des von der Beklagten für das umgetauschte
Interniertenpferd erzielten Erlöses von Fr. 680.- nebst Zins zu 5 % ab 1. Juni
1942.
Die Beklagte hat beantragt, es sei auf die Klage nicht einzutreten, eventuell
sei die Klage wegen Eintrittes der Verjährung für die den Betrag von Fr.
3500.- übersteigende Summe abzuweisen, subeventuell sei die Klage, falls auf
sie eingetreten und die Verjährungseinrede abgewiesen werde, als unbegründet
abzuweisen.
Aus den Erwägungen:
1.- Streitigkeiten über Schadenersatzansprüche gegen den Bund wegen
unerlaubten Handlungen von Bundesorganen gelten nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtes als zivilrechtliche im Sinne von Art. 48 OG, auch wenn auf sie
nicht Zivilrecht anwendbar ist (BGE 49 II 414, 58 II 472 ff., 62 II 296,63 II
49
f.). Für die Beurteilung des eingeklagten Anspruches ist daher das
Bundesgericht zuständig, sofern der in Art. 48 Ziff. 2 OG verlangte Streitwert
von Fr. 4000.- gegeben ist. Da der Kläger Fr. 4100.- fordert, trifft dies
entgegen der Auffassung der Beklagten zu. Der Streitwert richtet sich gemäss
Art. 53 OG nach dem klägerischen Rechtsbegehren, sodass die Verjährungseinrede
der Beklagten für den Fr. 3500.- übersteigenden Betrag am Streitwert nichts
ändert...
2.- Der Kläger führt den Verlust seines Pferdes auf die behauptete mangelhafte
Kontrolle der Spahipferde

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durch die Bewachungstruppe zurück. Diese Kontrolle bildete eine Teilaufgabe
der Interniertenbewachung, die der Bund als völkerrechtliche Pflicht
übernehmen musste und wegen ihres unmittelbaren Zusammenhanges mit der
Landesverteidigung und der Wahrung der Neutralität von der Armee durchführen
liess. Wenn bei der Erfüllung einer solchen hoheitlichen Zwecken dienenden
Aufgabe des Bundes ein Schaden entsteht, so beurteilt sich die Frage der
Ersatzpflicht des Bundes gemäss feststehender Rechtsanschauung ausschliesslich
nach öffentlichem Recht (Art. 59
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 59 - 1 Für die öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Körperschaften und Anstalten bleibt das öffentliche Recht des Bundes und der Kantone vorbehalten.
1    Für die öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Körperschaften und Anstalten bleibt das öffentliche Recht des Bundes und der Kantone vorbehalten.
2    Personenverbindungen, die einen wirtschaftlichen Zweck verfolgen, stehen unter den Bestimmungen über die Gesellschaften und Genossenschaften.
3    Allmendgenossenschaften und ähnliche Körperschaften verbleiben unter den Bestimmungen des kantonalen Rechtes.
ZGB; BGE 47 II 179, 47 II 502 ff.). Die
unmittelbare Anwendung der zivilrechtlichen Haftungsgrundsätze, insbesondere
von Art. 41
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
und 55
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 55 - 1 Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
1    Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
2    Der Geschäftsherr kann auf denjenigen, der den Schaden gestiftet hat, insoweit Rückgriff nehmen, als dieser selbst schadenersatzpflichtig ist.
OR, auf die sich der Kläger beruft, ist ausgeschlossen.
Art. 55
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 55 - 1 Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
1    Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
2    Der Geschäftsherr kann auf denjenigen, der den Schaden gestiftet hat, insoweit Rückgriff nehmen, als dieser selbst schadenersatzpflichtig ist.
OR fällt auch schon deshalb ausser Betracht, weil die
Interniertenbewachung nicht gewerblichen Zwecken dient und der Bund nicht als
«Geschäftsherr» von im Aktivdienst stehenden Truppenteilen aufgefasst werden
kann.
Das öffentliche Recht kennt keinen allgemeinen Grundsatz, wonach der Staat für
jeden bei Ausübung der Staatsgewalt entstandenen Schaden unmittelbar haftet.
Nach ständiger Rechtsprechung und behördlicher Praxis versteht sich eine
solche Haftung nicht von selbst, sondern besteht nur insoweit, als das
positive Recht sie ausdrücklich vorsieht (BGE 3 147, 12 230, 18 393, 47 II
505
, 47 II 49 11 298, BURCKHARDT, Bundesrecht, Nr. 553 I, FLEINER,
Bundesstaatsrecht 1923, S. 236, 266 ff.). Diesen Grundsatz hat das
Bundesgericht insbesondere festgehalten gegenüber Schadenersatzansprüchen, die
an den Bund wegen dienstlichen Handlungen von Militärpersonen gestellt wurden
(BGE 47 II 71, 47 II 504 ff., insbesondere 511, 522 ff., 554 ff.). Bei diesen
zum Teil den Aktivdienst 1914/18 betreffenden Fällen leisteten die Angehörigen
der Armee, für deren Handlungen der Bund verantwortlich gemacht werden wollte,
nicht eigentlichen Grenzbesetzungsdienst, sondern Polizeidienst zur
Unterstützung von Zollorganen oder Ordnungsdienst im Landesinnern oder
freiwilligen

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Bewachungsdienst. Die Interniertenbewachung ist diesen Dienstarten ähnlich,
sodass auf sie der erwähnte Grundsatz ebenfalls anwendbar ist.
Die dargestellte Rechtslage wurde entgegen der Auffassung des Klägers durch
das eidgenössische Beamtengesetz vom 30. Juni 1927 nicht geändert. Selbst wenn
dieses Gesetz unmittelbar oder analog auf Militärpersonen anwendbar sein
sollte, wäre ihm für den vorliegenden Fall keine Regel zu entnehmen, weil es
nicht die Haftung des Bundes nach aussen, sondern nur die Haftung des Beamten
gegenüber dem Bund ordnet. Das Gesetz sieht übrigens ein Rückgriffsrecht des
Bundes ausdrücklich nur dann vor, wenn der Bund nach den besondern
bundesrechtlichen Bestimmungen gegenüber Dritten haftet. Damit bestätigt es
den in der Rechtsanschauung gebildeten Grundsatz, wonach die Haftung des
Bundes nach aussen nur auf einer positiven bundesrechtlichen Norm beruhen
kann.
Solche Haftungsbestimmungen des öffentlichen Rechtes, die für den vorliegenden
Fall in Betracht kommen, sind in der Militärorganisation (Art. 33/203 Abs. 2
und Art. 27/28) und im Bundesratsbeschluss vom 29. März 1940 über die
Erledigung von Forderungen für Unfallschäden während des Aktivdienstes
enthalten. Allein diese Bestimmungen sehen eine Haftung des Bundes nur vor für
besondere, eindeutig umschriebene Tatbestände, nämlich für Unfallschäden an
Zivilpersonen und Sachen während des Aktivdienstes und für Sachschäden, die
infolge Inanspruchnahme von privatem Eigentum durch die Truppenführung oder
die Militärbehörden für Armeezwecke entstanden sind. Ein solcher Schaden liegt
beim Kläger nicht vor; namentlich kann nicht von einer Requisition seines
Pferdes gesprochen werden. Denn das Pferd wurde weder zu militärischen Zwecken
in den Gewahrsam der Armee gebracht, noch wurde es überhaupt von der Truppe
angefordert; auch die formellen Voraussetzungen der Requisition wurden nicht
erfüllt.
Es fehlt auch jeder Anlass dafür, die erwähnten

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Haftungsbestimmungen auf den vorliegenden Fall analog anzuwenden. Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtes begründen nämlich selbst Art. 27 /28 MO eine
Haftung des Bundes für Unfallschäden nur dann, wenn der Unfall auf eine wegen
militärischen Vorkehren erhöhte Gefährdung zurückzuführen ist (BGE 68 I 37 ff.
und dort angeführte Entscheide). Diese Bestimmungen liessen sich daher
höchstens dann auf den vorliegenden Fall analog anwenden, wenn der behauptete
Schaden wegen einer infolge des Interniertenbewachungsdienstes erhöhten Gefahr
eingetreten wäre. Davon kann aber nicht die Rede sein. Die Unterbringung von
Interniertenpferden am Wohnort des Klägers und ihre Rückführung nach
Frankreich hat an sich den Kläger im Besitze seines Pferdes nicht im
geringsten gefährdet.
3.- Da im öffentlichen Recht kein Haftungsgrund zu finden ist, ist schon die
Ansicht vertreten worden, das öffentliche Recht regle Schadensfälle von der
Art des vorliegenden gar nicht und es seien daher die Haftungsbestimmungen des
Zivilrechtes subsidiär anzuwenden. Allein ganz abgesehen davon, dass die
Verhältnisse im Aktivdienst ganz andere sind als im bürgerlichen Verkehr und
die zivilrechtlichen Grundsätze ihnen nicht gerecht würden, muss angenommen
werden, das öffentliche Recht des Bundes schliesse die subsidiäre Geltung des
Zivilrechtes für die Frage der Haftung des Bundes bei Handlungen von
Militärpersonen aus. Dies ergibt sich aus dem Verantwortlichkeitsgesetz vom 9.
Dezember 1850, das die Haftung der eidgenössischen Beamten und Behörden unter
Ausschluss des Zivilrechtes regelt. Wie das Bundesgericht festgestellt hat,
treffen die Gründe, die zu dieser öffentlichrechtlichen Sonderregelung geführt
haben, in verstärktem Masse für das militärische Dienstverhältnis zu. Deshalb
kann die Haftung der Militärpersonen und des Bundes jedenfalls keine
weitergehende sein als diejenige aus den Amtsverrichtungen der Beamten und
Angestellten (BGE 47 II 504). Nun sieht aber das Verantwortlichkeitsgesetz
eine unmittelbare

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Haftung des Bundes nur in einem bestimmten Ausnahmefall vor, der von der
Bundesversammlung gewählte Behörden und Beamte betrifft. Dagegen kennt es
keine Haftung des Bundes für andere Beamte oder Angestellte. Diese muss als
bewusst ausgeschlossen gelten. Umsoweniger kann sie nach dem Gesagten bei
Militärpersonen bejaht werden, sofern eben nicht eine positive Rechtsnorm die
Entschädigungspflicht des Bundes ausdrücklich anordnet und regelt.
4.- Es liesse sich weiter fragen, ob der Bund trotz dem Fehlen eines
gesetzlichen Haftungsgrundes nicht aus Gründen der Billigkeit für den
eingeklagten Schaden haftbar erklärt werden sollte. Allein das Bundesgericht
hat es bis jetzt abgelehnt, eine Entschädigungspflicht des Staates einzig
gestützt auf die allgemeinen Gesichtspunkte der Billigkeit und
Rechtsgleichheit anzuerkennen (BGE 31 II 543 ff., 47 II 81 ff., 516). Eine
derartige Begründung der Staatshaftung ist jedenfalls nur dann ernsthaft zu
erwägen, wenn ein Bürger durch die Ausübung der Staatsgewalt einen
unverhältnismässig grössern Nachteil erlitten hat als die andern Bürger. Diese
Voraussetzung fehlt aber beim Kläger vollständig. Hätte nicht der Knecht des
Klägers von sich aus ein für die Bewachungstruppe nicht voraussehbares
Vergehen begangen, so wäre dem Kläger aus dem Interniertendienst kein Nachteil
entstanden. Der ganz überwiegende Anteil des Knechtes Luginbühl an der
Verursachung des Schadens ist offensichtlich. Er war es, der dem Kläger das
Pferd aus dem Stall führte und in den Stall der Interniertenpferde verbrachte.
Als das Pferd in den Gewahrsam der Truppe kam, war der Schaden für den Kläger
schon eingetreten. Die Truppe hätte höchstens zu verantworten, dass der
Schaden nicht früher entdeckt wurde und deshalb nicht wieder rückgängig
gemacht werden konnte. Allein die rechtzeitige Entdeckung des Schadens hat
ebenfalls der Knecht des Klägers absichtlich erschwert, wenn nicht
verunmöglicht, indem er den Tausch in der Nacht nach der Revision der Pferde
vornahm und

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den Tieren ausserdem die Halftern vertauschte. Wenn der Schaden in so
ausschlaggebender Weise durch das Verhalten eines unabhängig von der Truppe
und rechtswidrig handelnden Dritten herbeigeführt wird, so ist jedenfalls kein
Platz mehr für die Auffassung, der Geschädigte sei im besonderen Masse das
Opfer militärischer Vorkehren geworden. Damit fällt auch jeder Grund dahin,
den Bund aus Billigkeitsrücksichten haftbar zu erklären. Vielmehr erscheint es
als billig, dass derjenige den Schaden trägt, der den Schadensstifter
eingestellt und das Opfer seiner Unzuverlässigkeit geworden ist. Es
rechtfertigt sich überdies umso weniger, dem Kläger wegen der behaupteten
Unachtsamkeit der Truppe eine Entschädigung zuzusprechen, als ihm selbst die
gleiche Unaufmerksamkeit unterlief und er weder die Entführung seines Pferdes
bemerkte noch rechtzeitig auf den vollzogenen Tausch aufmerksam wurde.
5.- Aus den angeführten Gründen sind das Haupt- und das erste Eventualbegehren
abzuweisen, ohne dass das Verschulden der Truppe, das Mitverschulden des
Klägers und die klägerische Schadensberechnung näher geprüft zu werden
brauchen. Seinen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, der Gegenstand
des zweiten Eventualbegehrens bildet, hat der Kläger rechtlich nicht
begründet, die Beklagte aber auch nicht mit Rechtsgründen bestritten. Die
Beklagte hat im Gegenteil dem Kläger den von ihr für das vertauschte
Spahipferd gelösten Betrag von Fr. 680.- angeboten unter Abzug des von ihr
ausgelegten Pflegegeldes von Fr. 195.-. Der Anspruch des Klägers kann somit im
Betrag von Fr. 485.- als anerkannt gelten.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger Fr. 485.- nebst Zins zu 5 % seit 1. Juni
1942 zu bezahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 68 II 212
Datum : 31. Dezember 1942
Publiziert : 10. November 1942
Quelle : Bundesgericht
Status : 68 II 212
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Für durch Aktivdienst (Interniertenbewachungsdienst) entstandene Schäden haftet der Bund nur, wenn...


Gesetzesregister
MO: 27  28
OG: 48  53
OR: 41 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
55
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 55 - 1 Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
1    Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
2    Der Geschäftsherr kann auf denjenigen, der den Schaden gestiftet hat, insoweit Rückgriff nehmen, als dieser selbst schadenersatzpflichtig ist.
ZGB: 59
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 59 - 1 Für die öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Körperschaften und Anstalten bleibt das öffentliche Recht des Bundes und der Kantone vorbehalten.
1    Für die öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Körperschaften und Anstalten bleibt das öffentliche Recht des Bundes und der Kantone vorbehalten.
2    Personenverbindungen, die einen wirtschaftlichen Zweck verfolgen, stehen unter den Bestimmungen über die Gesellschaften und Genossenschaften.
3    Allmendgenossenschaften und ähnliche Körperschaften verbleiben unter den Bestimmungen des kantonalen Rechtes.
BGE Register
31-II-543 • 47-II-176 • 47-II-48 • 47-II-497 • 47-II-71 • 49-II-404 • 58-II-463 • 62-II-291 • 63-II-46 • 68-I-37 • 68-II-212
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
pferd • schaden • bundesgericht • beklagter • stall • tausch • frage • frankreich • weiler • zins • streitwert • eidgenossenschaft • nacht • norm • staatshaftung • mass • opfer • verantwortlichkeitsgesetz • requisition • rechtsbegehren
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