S. 85 / Nr. 27 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 67 III 85

27. Entscheid vom 30. Mai 1041 i. S. Semler n. Gen.


Seite: 85
Regeste:
Konkurs, Abtretung bestrittener Rechtsansprüche gemäss Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457
SchKG:
Wird die Klage innert der von der Konkursverwaltung dafür gesetzten Frist,
aber bei einem unzuständigen Richter angehoben, so darf die Abtretung nicht
ohne weiteres widerrufen werden, weil jene Frist inzwischen abgelaufen sei.
Die Zessionare haben Anspruch auf eine Nachfrist zur Klaganhebung am
zutreffenden Gerichtsstand.
Die Abtretungsbedingungen gemäss Ziff. 6 des obligatorischen Formulars dürfen
nicht dahin abgeändert werden, dass die Abtretung bei unbenutztem Ablauf der
Frist von Rechts wegen dahinfalle.
Faillite, cession de droits litigieux selon l'art. 260 LP.
Lorsque l'action est introduite dans le délai fixé à cet effet par
l'administration de la faillite mais à un for incompétent, la cession ne peut
pas sans autre être révoquée du fait que le délai est expiré entre temps. Les
cessionnaires ont droit à un délai supplémentaire pour intenter l'action au
for compétent.
Les conditions de cession selon le chiffre 6 de la formule obligatoire ne
peuvent pas être modifiées en ce sens que la cession tombe de plein droit si
le délai n'est pas utilisé.
Fallimento, cessione di diritti litigiosi ai sensi dell'art. 260 LEF.
Se l'azione è promossa entro il termine fissato a tale scopo
dall'amministrazione del fallimento, ma ad un foro incompetente la cessione
non può essere senz'altro revocata pel fatto ché il termine è spirato nel
frattempo. I cessionari hanno diritto a un termine supplementare per
promuovere l'azione al foro competente. Le condizioni di cessione ai sensi
della cifra 6 del modulo obbligatorio non possono essere modificate nel senso
che la cessione diventa caduca ipso jure se il termine è lasciato trascorrere
infruttuosamente.

A. - Den Rekurrenten wurden am 20. November 1940 bestrittene Rechtsansprüche
der Konkursmasse «gegen ... in Zürich 1», gemäss Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457
SchKG abgetreten mit
folgender vom Text des obligatorischen Formulars abweichenden Fassung der
Bedingung Nr. 6: «Die Konkursverwaltung erklärt die Abtretung als annulliert,
falls nicht bis 31. Dezember 1940 gerichtliche Geltendmachung erfolgt».
Nachdem die Rekurrenten am 30. Dezember 1940 beim Friedensrichteramt Zürich 1
Klage eingeleitet hatten, jedoch durch eine vom Anspruchsgegner in der
Sühnverhandlung vom 13. Januar 1941 erhobene Unzuständigkeitseinrede
veranlasst worden waren, am 17. Januar ein neues Sühnverfahren beim

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Friedensrichteramt Zürich 2 anzuheben, ersuchten sie am 22. Januar die
Konkursverwaltung noch ausdrücklich um Fristverlängerung bis zum 20. Januar.
Sie wurden aber mit diesem Gesuch abgewiesen, weil es zu spät gestellt und
übrigens inzwischen die Konkursdividende ausbezahlt worden sei ohne Rücksicht
auf die dem Anspruchsgegner für den Fall der Gutheissung der gegen ihn
erhobenen Ansprüche zuerkannte Rückgriffsforderung gegen die Masse.
B. - Die Beschwerde der Rekurrenten mit dem Antrag, die den Hinfall der
Abtretung aussprechenden Verfügungen der Konkursverwaltung seien aufzuheben,
wurde von der untern Aufsichtsbehörde als verspätet erklärt, soweit sie sich
gegen die Art der Fristansetzung richte, und im übrigen abgewiesen. Mit ihrem
Rekurs gegen diesen Entscheid am 24. April 1941 von der obern kantonalen
Aufsichtsbehörde abgewiesen, erneuern die Beschwerdeführer ihren Antrag mit
dem vorliegenden Rekurs.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
Nach den vorgeschriebenen Abtretungsbedingungen (Formular Nr. 7) wird an den
unbenutzten Ablauf der allenfalls für die gerichtliche Geltendmachung
gesetzten Frist nicht ohne weiteres der Hinfall der Abtretung geknüpft,
sondern bloss deren Widerruflichkeit; die Zessionare können also auch nach
Ablauf der ihnen gesetzten Frist noch Klage einleiten, solange die Abtretung
nicht ausdrücklich widerrufen ist; soll doch mit solcher Fristansetzung nur
einer ungebührlichen Verschleppung des Konkursverfahrens vorgebeugt, nicht
auch dem Interesse der Konkursmasse bezw. der Konkursgläubiger, dass es
überhaupt zur Verwertung solcher Ansprüche komme, zuwidergehandelt werden (BGE
65 III 61). Angesichts dieser Ordnung kann nicht zugelassen werden, dass die
Konkursverwaltung eine noch binnen der gesetzten

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Frist, nur zunächst nicht beim zuständigen Richter, erfolgte Klagerhebung
einfach als ungeschehen betrachte und eine ungesäumte Verbesserung des
Vorgehens durch Widerruf der Abtretung verunmögliche. In dieser Hinsicht ist
ohne Belang, dass die Konkursverwaltung im vorliegenden Falle in übrigens
vorschriftswidriger Weise schon bei Vornahme der Abtretung deren Annullierung
für den Fall des unbenutzten Ablaufs der Frist erklärte. Die Frist ist eben,
wenn auch in mangelhafter Weise, benutzt worden, und das musste zur
vorläufigen Wahrung der aus der Abtretung hervorgehenden Rechte genügen.
Vermag doch die Klagerhebung bei einem unzuständigen Richter sogar den
Eintritt einer Verjährung zu hindern, allerdings nicht in dem Sinne, dass sie
als verjährungsunterbrechende Handlung zu gelten hätte, aber doch so, dass dem
Kläger eine Nachfrist von 60 Tagen zur Verfügung steht (Art. 139
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 139 - Haften mehrere Schuldner solidarisch, so verjährt der Regressanspruch jenes Schuldners, der den Gläubiger befriedigt hat, mit Ablauf von drei Jahren vom Tage an gerechnet, an welchem er den Gläubiger befriedigt hat und den Mitschuldner kennt.
OR), bei
freiwilliger Rücknahme der Klage zufolge anerkannter Unzuständigkeit des
angerufenen Richters natürlich ebenso wie bei gerichtlicher Rückweisung wegen
Unzuständigkeit. Zudem hat das Bundesgericht diesen Grundsatz analog auf
gesetzliche Klagefristen angewendet, insbesondere diejenige des Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1    Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
2    Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413
3    Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.
ZGB
(BGE 61 II 148). Es ist ohne Bedeutung, welcher Art die den Rekurrenten
abgetretenen Ansprüche sind, und welchen Einfluss die mangelhafte Klagerhebung
vom 30. Dezember 1940 inbezug auf die Wahrung dieser Masseansprüche gegenüber
dem Anspruchsgegner haben konnte. Jedenfalls war sie geeignet, einen Hinfall
der Abtretung auf den 31. Dezember 1940 zu verhüten. Eine den Zessionaren
allenfalls zu setzende Frist zur Ausübung der ihnen abgetretenen
Prozessführungsrechte der Masse ist nicht durch Gesetz oder Verordnung in
ihrer Dauer festgelegt; sie stellt nur eine Ordnungsmassnahme dar, die
angesichts des Zweckes, dem sie nach dem Ausgeführten dient, nicht so streng
gehandhabt werden darf, wie die Konkursverwaltung meint. Somit durfte den
Rekurrenten. die keineswegs in trölerischer

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Absicht, sondern aus einem nicht schlechthin unentschuldbaren Irrtum vorerst
einen unzuständigen Richter angerufen haben, die Benutzung einer Nachfrist
nicht verwehrt werden, und diese ist mit der schon vier Tage nach der ersten
Sühnverhandlung vom 13. Januar 1941 erhobenen neuen Klage eingehalten, auch
wenn sie nur kurz bemessen wird. Das übereilte Vorgehen der Konkursverwaltung
dürfte darauf zurückzuführen sein, dass sie, statt von den Zessionaren selbst
Berichte und Ausweise über eine erfolgte Klagerhebung zu verlangen, sich auf
eine vom Anspruchsgegner vorgelegte, vom 17. Januar 1941 datierte
Bescheinigung des Einzelrichteramtes Zürich verliess. In die Bemessung und
eine allfällige Erstreckung der Geltungsdauer einer im Sinne von Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457

SchKG vorgenommenen Abtretung hat sich der Anspruchsgegner nicht einzumischen;
der Verzicht der Konkursmasse, selbst Prozess zu führen, die Abtretung des
Prozessführungsrechtes an einzelne Konkursgläubiger wie auch der Widerruf
dieser Massnahme und allenfalls eine andere Art der Verwertung (vgl. Art. 79
der Konkursverordnung) sind innere Angelegenheiten des Konkursverfahrens (BGE
65 III 1).
Der Gutheissung des Rekurses steht nicht entgegen, dass die dem
Anspruchsgegner für die eventuelle Rückgriffsforderung zukommende
Konkursdividende nicht mehr zur Verfügung steht. Er mag im Prozesse mit dem
Dividendenanspruch als eventueller Gegenforderung verrechnen (vgl. BGE 41 III
240
).
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird gutgeheissen und das Konkursamt Zürich-Altstadt angewiesen,
die den Rekurrenten am 20. November 1940 ausgestellte Abtretung
aufrechtzuerhalten.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 67 III 85
Datum : 31. Dezember 1941
Publiziert : 30. Mai 1941
Quelle : Bundesgericht
Status : 67 III 85
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Konkurs, Abtretung bestrittener Rechtsansprüche gemäss Art. 260 SchKG:Wird die Klage innert der von...


Gesetzesregister
OR: 139
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 139 - Haften mehrere Schuldner solidarisch, so verjährt der Regressanspruch jenes Schuldners, der den Gläubiger befriedigt hat, mit Ablauf von drei Jahren vom Tage an gerechnet, an welchem er den Gläubiger befriedigt hat und den Mitschuldner kennt.
SchKG: 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457
ZGB: 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1    Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
2    Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413
3    Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.
BGE Register
41-III-240 • 61-II-148 • 65-III-1 • 65-III-61 • 67-III-85
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
konkursverwaltung • frist • termin • zessionar • konkursmasse • mass • tag • konkursverfahren • konkursdividende • weiler • fristerstreckung • entscheid • richterliche behörde • konkursamt • klagefrist • irrtum • mais • untere aufsichtsbehörde • bescheinigung • dauer
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