S. 1 / Nr. 1 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 65 III 1

1. Entscheid vom 11. Januar 1939 i. S. Kronbichler.


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Regeste:
Abtretung von Masseansprüchen gemäss Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457
SchKG unter Ansetzung einer
Frist zur gerichtlichen Geltendmachung:
- Der Ablauf der Frist macht die Abtretung nicht ohne weiteres hinfällig. Der
Zessionar ist mangels Widerrufes der Abtretung nach wie vor zur Klage befugt.
Macht er von diesem Rechte Gebrauch, so kann ihm die Berechtigung nicht
nachträglich durch Widerruf der Abtretung entzogen werden. (Erw. 2).
- Die von der Konkursverwaltung gesetzte Frist ist wie eine durch Bundesgesetz
bestimmte Klagefrist eingehalten, wenn während ihres Laufes ein allenfalls
durch das kantonale Prozessrecht vorgesehener Aussöhnungsversuch anbegehrt
wird. Soll binnen der Frist die Klage rechtshängig gemacht werden so muss dies
ausdrücklich so verfügt sein. (Erw. 3).
- Der Dritte, gegen den sich die abgetretenen Ansprüche richten ist nicht
berechtigt, eine vom Zessionar erwirkte Feststellung des Fortbestandes der
Abtretung durch Beschwerde bezw. Rekurs anzufechten. (Erw. 1).
Cession des droits de la masse conformément d l'art. 260 LP avec fixation d'un
délai pour les faire valoir en justice.
L'expiration du délai n'emporte pas de soi péremption de Là cession. Tant que
celle-ci n'est pas révoquée, le cessionnaire peut, après comme avant le terme
fixé, exercer son action. S'il use de cette faculté, son droit d'action ne
peut lui être retiré après coup par la révocation de la cession. (Consid. 2).
Le délai imparti par l'administration de la faillite est, à l'instar d'un
délai d'action fixé par la loi fédérale, réputé observé si, avant son
expiration, le cessionnaire a recouru à la tentative de conciliation
éventuellement prévue par le droit cantonal.

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Si la demande elle-même doit être déposée dans le délai, l'acte de cession
doit le dire expressément. (Consid. 3).
Le tiers contre lequel se dirigent les prétentions cédées n'a pas qualité pour
attaquer par voie de plainte ou de recours la décision par laquelle le
cessionnaire a obtenu confirmation -que sa cession demeurait en force.
(Consid. 1).
Cessione delle pretese della massa conformemente all'art. 260 LEF con assegno
di un termine per farle valere giudizialmente.
- La scadenza del termino non comporta senz'altro la caducità della cessione.
Fino a tanto che la cessione non è revocata, il cessionario può promuovere la
sua azione. Se di tale diritto egli fa uso, non glielo si può togliere in
seguito revocando la cessione (consid. 2).
- Il termine assegnato dall'amministrazione del fallimento, come un termine
per promuovere azione fissato da una legge federale, si ritiene osservato se
durante il suo decorso è stato chiesto un tentativo di conciliazione
eventualmente previsto dal diritto cantonale. Se l'azione dev'essere
introdotta entro il termine, l'atto di cessione deve farne espressa menzione
(consid. 3).
- Il terzo, contro il quale sono dirette le pretese cedute, non può impugnare
mediante reclamo o ricorso la decisione con cui il cessionario ha ottenuto la
conferma che la cessione continuava a sussistere (consid. 1).

Das Konkursamt Ober-Toggenburg trat am 1. September 1938 drei Gläubigern
gemäss Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457
SchKG die streitigen Ansprüche der Masse gegen Walter
Kronbichler in Zürich ab, mit Frist «zur gerichtlichen Geltendmachung der
Klage» bis Ende September. Für den Fall der nicht fristgerechten Klageanhebung
behielt sich das Konkursamt gemäss Ziff. 6 des vorgeschriebenen Formulars Nr.
7 die «Annullierung» der Abtretung vor. Die drei klageberechtigten Gläubiger
liessen Walter Kronbichler am 17. September vor Friedensrichteramt Zürich 3
zum Aussöhnungsversuch vorladen. Dieser fand am 23. September erfolglos statt.
Gleichen Tages gaben die Kläger dem Konkursamt unter Hinweis auf eine
Bescheinigung des Friedensrichteramtes Zürich 3 davon Kenntnis, dass die Sache
binnen der gesetzten Frist gerichtlich geltend gemacht worden sei. Am 7.
Oktober reichten sie dann die Weisung beim Bezirksgericht Zürich ein. Das
Konkursamt hatte jene Mitteilung vom 23. September unbeantwortet gelassen. Am
9. November aber erklärte es nun die den Klägern erteilte Abtretung als
wirkungslos,

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weil die Klage nicht binnen der gesetzten Frist vor das erkennende Gericht
gebracht worden sei.
Die drei Kläger haben diesen Widerruf der Abtretung mit Erfolg bei der
kantonalen Aufsichtsbehörde angefochten. Deren Entscheid vom 20. Dezember 1938
zieht der Beklagte Walter Kronbichler, der zugleich Konkursgläubiger ist, an
das Bundesgericht weiter mit dem Antrag, den vom Konkursamt ausgesprochenen
Widerruf der Abtretung zu schützen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
1.- Als Dritter, gegen den sich die den drei Konkursgläubigern zur
Geltendmachung abgetretenen Ansprüche der Masse richten, ist Walter
Kronbichler nicht berechtigt, sich über zu lange Bemessung der Frist zur
Klageanhebung oder über ungebührliche Verlängerung dieser Frist zu beschweren
(BGE 63 III 72). Über diese Fristen ist im einzigen Interesse der
Konkursmasse, d. h. der Gesamtheit der beteiligten Gläubiger, zu verfügen.
Sowenig der Dritte darauf Anspruch hat, dass die Masse selbst binnen
bestimmter Frist klage, sowenig kann er hinsichtlich der Fristansetzung an
einzelne Gläubiger, die gemäss Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457
SchKG an Stelle der Masse gegen ihn
vorgehen wollen, irgendwelche Rechte geltend machen. Er kann nur verlangen,
dass die Kläger sich über eine noch zu Recht bestehende Abtretung ausweisen.
Demgemäss steht ihm auch die Weiterziehung eines von Klägerseite erwirkten
Beschwerdeentscheides, der die Abtretung als nach wie vor gültig erklärt,
nicht zu.
Soweit aber Walter Kronbichler als Konkursgläubiger auftritt, scheitert sein
Rekurs jedenfalls an der sachlichen Unhaltbarkeit seines Standpunktes.
2.- Mit Recht weist nämlich die kantonale Aufsichtsbehörde darauf hin, dass
die Abtretung bei unbenütztem Ablauf der angesetzten Frist keineswegs von
selbst dahinfällt, sondern aufrecht bleibt, solange sie nicht widerrufen

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wird. Das geht aus Ziff. 6 der Abtretungsbedingungen laut dem Formular Nr. 7
eindeutig hervor und ist auch schon wiederholt vom Bundesgericht bestätigt
worden (BGE 63 III 72, 64 III 110). Diese Ordnung trägt dem Umstand Rechnung,
dass die Konkursmasse nicht ohne weiteres ein Interesse hat, eine Abtretung
bei unbenutztem Ablauf der einmal gesetzten Frist dahinfallen zu lassen. Ist
aus dem Prozess gegen den Dritten kein Überschuss für die Masse im Sinne von
Art. 260 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457
SchKG zu erwarten, so kann ja der Konkurs unbekümmert um
diesen Prozess abgeschlossen werden (Art. 95 der Konkursverordnung). Läset
sich aber ein solcher Überschuss voraussehen, so ist der Konkursmasse oft mit
der Zubilligung einer Nachfrist an die Zessionare am besten gedient. Mit
dieser Ordnung verträgt es sich nicht, einen Widerruf mit Rückwirkung auf den
Zeitpunkt des Fristablaufes zuzulassen. Demgemäss kann, solange ein Widerruf
der Abtretung nicht ausgesprochen ist, der Masseanspruch durch den durch
Abtretung ausgewiesenen Gläubiger immer noch wirksam eingeklagt werden, und
wenn dies einmal geschehen ist, lässt sich dem Prozess nicht mehr durch
Widerruf der Abtretung hinterher die Grundlage entziehen. Demnach hat die
Abtretung auch hier als wirksam benützt und nunmehr unwiderruflich zu gelten,
auch wenn unter der gerichtlichen Geltendmachung gemäss der konkursamtlichen
Fristansetzung nicht schon die Anrufung des Friedensrichters, sondern erst die
am 7. Oktober erfolgte Begründung der Rechtshängigkeit (§ 121 der
zürcherischen ZPO) sollte anerkannt werden müssen.
3.- Das ist übrigens nicht der Fall. Bundesrechtliche Klagefristen sind nach
feststehender Rechtsprechung gewahrt, wenn binnen der Frist auch nur ein nach
der kantonalen Prozessordnung gültiges Aussöhnungsverfahren angehoben wird,
ohne Rücksicht darauf, ob es geradezu als Voraussetzung der weitern
Rechtsverfolgung vorgeschrieben ist oder gar damit schon die Rechtshängigkeit

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begründet wird (BGE 63 II 170 ff.). Bei den zwar nicht durch Gesetz
vorgeschriebenen, aber von der Konkursverwaltung kraft bundesrechtlicher
Bestimmung anzusetzenden Klagefristen an Konkursgläubiger, die sich
Masseansprüche gemäss Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457
SchKG abtreten lassen, ist ebenfalls davon
auszugehen. Dies wurde bereits in dem nicht veröffentlichten Entscheid i. S.
Kuhn vom 28. Januar 1938 ausgesprochen, entgegen der in BGE 42 III 371
bekundeten Auffassung, die in das Ermessen der Konkursverwaltung gestellte
Fristansetzung habe eine andere Bedeutung als eine gesetzlich festgelegte
Frist, insbesondere dürfe angesichts der Möglichkeit, die Frist entsprechend
lange anzusetzen und je nachdem auch nachträglich zu verlängern, füglich die
Begründung der Rechtshängigkeit binnen der Frist verlangt werden. Aus dieser
Freiheit des Verfügens lässt sich höchstens folgern, das Konkursamt könne
unter Umständen die Frist in diesem Sinne ansetzen und entsprechend bemessen.
Keineswegs braucht dagegen eine nicht eindeutig so getroffene Verfügung so
verstanden zu werden. Hier hatte das Konkursamt nach den Ausführungen der
Vorinstanz vermutlich zunächst die Meinung, die Anrufung des
Aussöhnungsrichters wahre die Frist, und scheint diese Meinung erst später
geändert zu haben. Jedenfalls lautet die Verfügung nicht deutlich in dem vom
Amte nun vertretenen Sinne. Abgesehen davon kann einem Konkursgläubiger
überhaupt nicht zugemutet werden, über die Willensmeinung des Konkursamtes
Betrachtungen anzustellen. Er muss wissen, woran er ist, und darf annehmen,
die ihm angesetzte Frist sei nicht anders aufzufassen als eine
bundesgesetzliche Frist, wenn eben nicht eindeutig etwas anderes angeordnet
ist. Die in anderer Hinsicht bedeutungsvolle Rechtshängigkeit spielt alsdann
für die Einhaltung der Klagefrist keine Rolle.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 65 III 1
Datum : 01. Januar 1938
Publiziert : 11. Januar 1939
Quelle : Bundesgericht
Status : 65 III 1
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Abtretung von Masseansprüchen gemäss Art. 260 SchKG unter Ansetzung einer Frist zur gerichtlichen...


Gesetzesregister
SchKG: 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457
BGE Register
42-III-371 • 63-II-167 • 63-III-70 • 64-III-107 • 65-III-1
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
frist • konkursamt • mass • klagefrist • termin • zessionar • konkursmasse • konkursverwaltung • bundesgericht • stelle • fälligkeit • verfahren • rechtsmittel • entscheid • wirksamkeit • begründung des entscheids • richterliche behörde • beklagter • weisung • weiler
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