S. 177 / Nr. 54 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (Zivilabteilungen) (d)

BGE 67 III 177

54. Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. Dezember 1941 i. S. Konkursamt Bern
gegen Witwe P. und M.

Regeste:
Vertretungsrecht des Konkursamtes (Art. 240 SchKG), auch im Nachkonkurs gemäss
Art. 269 SchKG. Das Fehlen eines Gläubigerbeschlusses kann dem Konkursamt im
Prozesse nicht entgegengehalten werden. (Erw. 2).
Rechte der Erbschafts-Konkursmasse: 1. die zur Erbschaft gehörenden Rechte,
persönliche wie dingliche; 2. Anfechtungsansprüche nach Art. 285 ff . SchKG; 3.
Ansprüche auf Haftung aus Vorempfängen nach Art. 579 ZGB, gleichgültig ob die
Erbschaft zufolge Ausschlagung (Art. 573 ZGB) oder zufolge amtlicher
Liquidation (Art. 597 ZGB) an das Konkursamt gelangt ist. Art. 193 SchKG.
(Erw. 4).
Ein Überschuss des Erbschaftsvermögens fällt an die Erben. Ein Überschuss des
Ergebnisses einer Anfechtungsklage nach Art. 285 ff . SchKG oder einer Klage
aus Art. 579 ZGB ist dagegen dem beklagten Empfänger der betreffenden
Zuwendung zurückzuerstatten. Den Erben bleibt die Erhebung erbrechtlicher
Ansprüche, insbesondere einer Herabsetzungsklage nach Art.

Seite: 178
522 ff. ZGB vorbehalten bezüglich solcher Vermögenswerte, die dem Zugriff der
Erbschafts-Konkursmasse nicht unterliegen oder sich für die
Erbschaftsliquidation als entbehrlich erweisen. (Erw. 4 und 5).
Personenversicherung: Der begünstigte Ehegatte oder Nachkomme haftet nicht im
Sinne von Art. 579 ZGB (arg. Art. 82 WG). (Erw. 6)
Auskunfts- und Editionspflicht gegenüber der Konkursmasse? Art der
Geltendmachung? Art. 222 u . 232 SchKG. (Erw. 6).
Droit de représentation de l'office (art. 240 LP). Il existe même dans le cas
prévu à l'art. 269 LP. L'absence d'une décision des créanciers ne saurait être
opposée à l'office au cours du procès (consid. 2).
Droits de la masse successorale en faillite. Ils comprennent: 1° les droits
tant personnels que réels appartenant à la succession, 2° les actions
révocatoires des art. 286 et suiv. LP, 3° les actions en responsabilité en
raison d'avances sujettes au rapport, suivant l'art. 579 CC; peu importe que
l'office des faillites ait eu à s'occuper de la Succession (art. 193 LP) à la
suite de répudiation (art. 573 CC) ou à la suite de liquidation officielle
(art. 597 CC) (consid. 4).
Excèdents. Si l'actif de la succession dépasse le passif, l'excédent revient
aux héritiers. Si le résultat d'une action révocatoire (art. 285 LP) ou d'une
action exercée en vertu de l'art. 579 CC laisse un excèdent, l'office le
restituera à ceux qui jusqu'alors en avaient bénéficié.
Demeure réservé dans ce dernier cas, le droit pour les héritiers de faire
valoir leurs prétentions successorales, en particulier l'action en réduction
des art. 522 et suiv. CC, relativement aux biens qui ne seraient pas soumis à
l'action de la masse successorale en faillite ou ne seraient pas nécessaires
pour la liquidation (consid. 4 et 5).
Assurance des personnes. L'époux ou le descendant désignés comme bénéficiaires
ne peuvent être recherchés en vertu de l'art. 579 CC (Arg.: art. 82 LCA)
(consid. 6).
La masse en faillite a-t-elle le droit de se faire renseigner et d'exiger la
production de documents? De quelle façon l'exercera-t-elle? Art. 222 et 232 LP
(consid. 6).
Diritto di rappresentanza dell'ufficio (art. 240 LEF). Esiste anche nel caso
previsto dall'art. 269 LEF. La mancanza di una decisione dei creditori non
potrebbe essere opposta all'ufficio nel corso del processo (Consid. 2).
Diritti della massa successoria in fallimento. Essi comprendono: 1) i diritti
sia personali sia reali appartenenti alla successione; 2) le azioni
revocatorie dogli art. 285 e seg. LEF; 3) le azioni di responsabilità a motivo
di anticipi sottoposti a collazione secondo l'art. 579 CC, nulla importa che
l'ufficio dei fallimenti abbia dovuto occuparsi della successione (art. 193
LEF) in seguito a rinuncia (art. 573 CC) od a liquidazione d'officio (art. 597
CC) (Consid. 4).
Eccedenze. Se l'attivo della successione supera il passivo, l'eccedenza spetta
agli eredi.

Seite: 179
Se il risultato d'un' azione revocatoria (art. 286 LEF) o di un' azione
promossa in virtù dell'art. 579 CC lascia un'eccedenza l'ufficio la restituirà
a coloro che ne avevano beneficiato sino allora.
Resta riservato in quest'ultimo caso il diritto per gli eredi di far valere le
loro pretese successorie, in particolare l'azione di riduzione a'sensi degli
art. 522 e seg. CC relativamente ai beni che non sono soggetti all'azione
della massa successoria in fallimento o non sono necessari per la liquidazione
(Consid. 4 e 5).
Assicurazione delle persone. Il coniuge o il discendente designati come
beneficiari non possono essere convenuti in virtù dell' art. 679 CC (Arg.:
art. 82 LCA) (Consid. 6).
La massa fallimentare ha il diritto di esigere informazioni e la produzione di
documenti? In quale modo eserciterà questo diritto? Art. 222 e 232 LEF
(Consid. 6).

A. - Über die Erbschaft des am 6. Januar 1934 gestorbenen P. in Bern wurde ein
öffentliches Inventar aufgenommen und am 1. Mai 19.34 auf Begehren seiner
Erben, nämlich der Witwe und des einzigen Sohnes, die amtliche Liquidation
angeordnet. Als sich ein in Deutschland gegen den Erblasser hängig gewordener
Prozess nicht günstig erledigen liess, legte der Regierungsstatthalter von
Bern als zuständige Behörde die Akten gemäss Art. 597 ZGB dem Konkursrichter
vor, und dieser eröffnete am 12. April 1938 den Erbschaftskonkurs. In dem
summarischen, schon am 7. Juni 1938 geschlossenen Konkursverfahren konnten an
die in vierter und fünfter Klasse mit je Fr. 22716.- zugelassene
Frauengutsforderung nur Fr. 1219.85 zugeteilt werden. In der fünften Klasse
kamen ausserdem Steuerforderungen von Staat und Gemeinde von zusammen Fr.
1046.85 zu Verlust, während die erwähnte deutsche Forderung von RM 20000 = Fr.
36000.- im Kollokationsplan abgewiesen worden war.
B. - Am 16. März 1939 erhob das Konkursamt Bern auf Grund von Art. 269 SchKG
gegen die Witwe des Erblassers und einen mit ihr schon zu Lebzeiten des
Erblassers bekannt gewesenen M. Klage auf Herausgabe der Erbschaft und der
daraus erlangten Gegenstände samt solchem Vermögen, das bereits der Erblasser
auf die Beklagten (oder einen von ihnen) übertragen hatte,

Seite: 180
oder das seit dessen Tod auf sie übergegangen war, ferner auf Herausgabe,
durch die Witwe, des Gegenwertes des Rückkaufswertes der
Versicherungsansprüche, die beim Tode des Erblassers durch Zahlung an sie
erledigt wurden, auch Herausgabe des Zuwachses, der Ersatzanschaffungen und
Vermehrungen neben den eingeklagten Vermögenswerten als solchen; sodann auf
Herabsetzung der allenfalls vom Erblasser zugunsten der Beklagten getroffenen
Verfügungen unter Lebenden mit Einschluss von Versicherungsbegünstigungen;
ausserdem auf Herausgabe des Inhalts der auf den Namen des Erblassers oder
eines der Beklagten oder mehrerer dieser Personen lautenden Schrankfächer, der
offenen oder verschlossenen Depots von Wertschriften, Gold, Briefen, Akten und
irgendwelchen Gegenständen, sowie der Guthaben bei den näher bezeichneten
Instituten oder Personen. Weitere Begehren gehen auf Verurteilung der
Beklagten zur Auskunftgabe und zu entsprechender Anweisung an die bezeichneten
Banken. Endlich wurde Ersatz für allen durch die Vorenthaltung verursachten
Schaden und für die bezogenen und versäumten Früchte, sowie Zahlung
gerichtlich zu bestimmender Beträge als Schadenersatz, eventuell aus
ungerechtfertigter Bereicherung beansprucht.
C. - Mit Urteil vom 19. September 1941 wies der Appellationshof des Kantons
Bern die Klage nach einer auf die Frage der Aktivlegitimation beschränkten
Verhandlung ab, immerhin teilweise nur zur Zeit, nämlich soweit sie sich auf
Gegenstände bezieht, die sich im Zeitpunkt des Todes des Erblassers in dessen
Eigentum befanden.
D. - Hiegegen richtet sich die Berufung des klagenden Konkursamtes an das
Bundesgericht mit dem Antrag auf Gutheissung der Klage, eventuell Rückweisung
der Sache zu neuer Entscheidung. Die Beklagten beantragen, auf die Berufung
sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen

Seite: 181
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
l. - Die Beklagtschaft bestreitet das Vorliegen eines Haupturteils, weil der
Appellationshof die Klage teilweise nur «zur Zeit» abgewiesen hat. Indessen
ist keineswegs die Fortsetzung des Prozesses hinsichtlich der betreffenden
Ansprüche vorbehalten, sondern nur die allfällige Anhebung einer neuen Klage,
die sich auf einen erst noch herzustellenden Sachverhalt, nämlich einen
Gläubigerbeschluss, stützen müsste. So, wie das Konkursamt «als amtliche
Konkursverwaltung des Nachlasses» das Klagerecht für sich in Anspruch nimmt,
als selbständiges, von keinem Gläubigerbeschluss abhängiges Recht, ist es im
kantonalen Urteil endgültig, im Sinne eines Haupturteils, verneint.
2.- Diese Verneinung hält nicht stand vor Art. 240 SchKG, wonach die (amtliche
oder auch ausseramtliche) Konkursverwaltung die Masse vor Gericht vertritt.
Angesichts dieser gesetzlichen Vertretungsmacht bedarf die Konkursverwaltung,
um namens der Konkursmasse Prozess zu führen, gar keines weitern Ausweises.
Damit muss es für den Prozessgegner und auch für das mit der Klage befasste
Gericht sein Bewenden haben. Es ist eine den Prozess nicht berührende innere
Angelegenheit des Konkursverfahrens, ob die Konkursgläubiger allenfalls darauf
Anspruch erheben können, der Führung eines bestimmten Prozesses durch die
Konkursverwaltung entgegenzutreten. Ein solcher verfahrensrechtlicher Anspruch
wäre mit einer Beschwerde gegen die Konkursverwaltung zu verfolgen (Art. 241
SchKG), wobei sich diese an die Weisungen der Aufsichtsbehörde zu halten hätte
(wie in dem spezielle Verhältnisse eines Kollokationsprozesses betreffenden
Falle BGE 60 III 59, woraus für den vorliegenden Fall nichts hergeleitet
werden kann). Die in Art. 240 SchKG vorgesehene Vertretungsmacht gilt auch im
Nachkonkurs nach Art. 269 SchKG, mit der Massgabe, dass sie nur dem Konkursamt
und nicht einer allenfalls

Seite: 182
vor dem Schluss des eigentlichen Konkursverfahrens tätig gewesenen sog.
ausseramtlichen Konkursverwaltung zukommt, was aus der vorbehaltlos auf das
Konkursamt hinweisenden Fassung von Art. 269 erhellt. Nur weil es hiebei der
Masse gewöhnlich an eigenen Mitteln zur Führung eines Prozesses fehlt, ist das
Konkursamt für die Geltendmachung zweifelhafter Rechtsansprüche im Nachkonkurs
in der Regel darauf angewiesen, an die Gläubiger zu gelangen und eine
Prozessführung durch die Masse selbst, statt der Abtretung an einzelne
Konkursgläubiger im Sinne von Art. 260 SchKG, von der Gewährung der dafür
aufzuwendenden Mittel abhängig zu machen. Sind aber einmal ausnahmsweise die
nötigen Mittel vorhanden - sei es, dass gleichzeitig mit zweifelhaften
Rechtsansprüchen auch noch Geld oder sonst ohne weiteres in Besitz zu nehmende
und verwertbare Vermögensstücke der Masse entdeckt werden, oder dass der Masse
Geld zur Verfügung gestellt wird, zumal mittelbar durch den Gemeinschuldner
selbst (hier durch einen im Hinblick auf den erwarteten Liquidationsüberschuss
ähnlich beteiligten Erben)-, so befindet sich das Konkursamt in gleicher Lage
wie seinerzeit vor dem Schluss des Konkurses bei entsprechend vorhandenen
Mitteln.
3.- Zu beurteilen bleibt somit nur das Klagerecht der Konkursmasse als
solcher, d. h. die Frage, wie weit sie zur Geltendmachung der einzelnen
eingeklagten Ansprüche aktiv legitimiert sei. Der grundsätzliche Einwand der
Beklagtschaft, die Klage sei mangels Interesses der Konkursmasse von
vornherein nach Art. 2 ZGB abzuweisen, ist nicht zutreffend. Freilich ist
Hauptgläubigerin gerade die Erstbeklagte, welche sich der Klage widersetzt.
Allein sie hat ihre Konkurseingabe nicht etwa zurückgezogen, und daher bleibt
ihre Forderung im Konkurse zu liquidieren, in jeder sich hiefür als möglich
erzeigenden Weise. Ob sie ein Interesse hätte, die Konkurseingabe
zurückzuziehen, mag angesichts der auf das Konkursverfahren beschränkten
Rechtskraft der Anerkennung

Seite: 183
ihrer Forderung im Kollokationsplan (BGE 65 III 30) zweifelhaft sein. Die
Klage geht im übrigen auch noch gegen eine andere Person, und das Konkursamt
darf sich bei Durchführung der ihm obliegenden Liquidation nicht dadurch
bestimmen lassen, dass die als Konkursgläubigerin beteiligte Erstbeklagte auch
das Vorgehen gegen den zweiten Beklagten nicht wünscht. Endlich sind aber als
Gläubiger noch Staat und Gemeinde mit gleichfalls kollozierten
Steuerforderungen beteiligt. Es mag sein, dass diese Gläubiger nicht bereit
wären, wegen ihrer Forderungen von wenig mehr als Fr. 1000.- einen Prozess auf
eigene Gefahr auf Grund einer Abtretung nach Art. 260 SchKG anzuheben. Das
beweist jedoch nichts gegen ihr Interesse an der von der Masse selbst
erhobenen Klage. Kann doch der Prozess bei entsprechendem Ausgang zu ihrer
Befriedigung führen, ohne dass sie dafür etwas hätten aufs Spiel setzen
müssen.
4.- Nach dem Gesagten muss die Klage zunächst insoweit einlässlich beurteilt
werden, als der Appellationshof bereits das Klagerecht der Masse bejaht und
lediglich mit Unrecht die Vertretungsmacht des Konkursamtes nicht anerkannt
hat: soweit nämlich die Klage Eigentumsrechte der Erbschaft geltend macht.
Diese Beurteilung kann nicht durch das Bundesgericht selbst geschehen, nachdem
die Verhandlung vor der kantonalen Instanz auf die Frage der Aktivlegitimation
beschränkt war. Vielmehr ist die Sache zur Fortsetzung und Beendigung des
Verfahrens an den Appellationshof zurückzuweisen
Die Rückweisung muss aber noch weitere Ansprüche der Klage erfassen. Mit
Unrecht beschränkt der Appellationshof das Klagerecht der Konkursmasse der
Erbschaft auf die in deren Eigentum stehenden Vermögensstücke, indem er
bezüglich der vom Erblasser bereits auf andere Personen, speziell die beiden
Beklagten, übertragenen Gegenstände bemerkt, sie «könnten zwar auf dem Wege
der Ausgleichung oder Herabsetzung zur Teilung unter den Erben.

Seite: 184
nicht aber zur Liquidationsmasse herangezogen werden. '> Ausser den mit Wissen
der Empfänger nur zum Schein vorgenommenen Übertragungen (wovon über Art. 6
der Klage hinaus im vorletzten Absatz von Art. 5 die Rede ist), fallen auch
die Übertragungen mit Rückübertragungsvorbehalt in Betracht; denn zur
Erbschaft gehören ausser dinglichen auch alle persönlichen Vermögensrechte des
Erblassers, soweit sie nicht als höchstpersönliche mit seinem Tode
untergegangen sind, und es ist nicht einzusehen, weshalb sich ein Vorbehalt,
eine Vermögensübertragung nach Belieben rückgängig zu machen, nicht vererben
könnte.
Ferner fallen Anfechtungsansprüche nach Art. 285 ff . SchKG in Betracht, soweit
die Klägerschaft eventuell solche erhebt. Ob die vorliegende Substanzierung
der Klage hiefür genügt oder das allenfalls Fehlende in der erst noch
bevorstehenden Verhandlung über die Hauptsache nachgeholt werden kann, wird
sich nach kantonalem Prozessrecht entscheiden. Da das Anfechtungsrecht erst
mit der am 12. April 1938 ausgesprochenen Konkurseröffnung entstehen konnte,
erfasste es allerdings angesichts der Frist des Art. 292 SchKG von vornherein
nur Rechtshandlungen, die der Erblasser in der Zeit vom 12. April 1933 bis zu
seinem Tode vorgenommen hatte, und im übrigen wird sich fragen, ob jene Frist
seit der Konkurseröffnung wirksam im Sinne von Art. 135 Ziff. 2 OR gegenüber
dem Anfechtungsgegner unterbrochen wurde.
Endlich kommt gegenüber der Witwe als Erbin Art. 579 ZGB in Betracht. Darnach
haftet ein ausschlagender Erbe eines zahlungsunfähigen Erblassers den
Erbschaftsgläubigern in gewissem Umfange aus Vorempfängen. Es ist in der
Rechtslehre bezweifelt worden, ob diese nur an den Fall der Ausschlagung
anknüpfende Bestimmung auch im Falle der amtlichen Liquidation anwendbar sei.
Dies ist jedoch zu bejahen. Wenn nach Art. 593 Abs. 3 ZGB die Erben bei der
amtlichen Liquidation nicht für die Schulden der Erbschaft haftbar werden, so
ist damit nur

Seite: 185
die Schuldenhaftung ausgeschlossen, die den Erben trifft, der die Erbschaft
vorbehaltlos oder unter öffentlichem Inventar annimmt (Art. 603 ZGB einer- und
Art. 589 ff. anderseits), die Haftung also, der sich der ausschlagende Erbe
gleichfalls entschlägt, indem die Ausschlagung gerade auch die
Erbschaftspassiven erfasst. Demgegenüber behält Art. 579 (ähnlich wie Art. 497
beim Erbverzicht) eine spezielle Haftung aus Vorempfängen vor, die sich daraus
rechtfertigt, dass die Vorempfänge eben von der Ausschlagung nicht betroffen
werden. Auch die amtliche Liquidation lässt die Vorempfänge als solche
bestehen. Nun kann es nicht Wille des Gesetzes sein, hiebei die Erben
gegenüber den Erbschaftsgläubigern noch weitergehend zu entlasten als bei der
Ausschlagung. Nur deshalb kommt bei der amtlichen Liquidation ein Vorgehen
nach Art. 579 nicht ohne weiteres in Frage, weil dieses Verfahren nicht
Zahlungsunfähigkeit des Erblassers voraussetzt. Gelangt aber die Erbschaft als
überschuldet nach Art. 597 zur Liquidation an das Konkursamt, so steht der
Konkursmasse wie im Falle der Ausschlagung zu, die Haftung nach Art. 579 in
Anspruch zu nehmen. Mit den Worten >>>>r dessen (d. h. des Erblassers)
Gläubigern ', gibt Art. 579 auch nicht etwa nur der Klage einzelner Gläubiger
Raum; vielmehr ist im Erbschaftskonkurs ein Klagerecht der eben durch das
Konkursamt (die Konkursverwaltung) vertretenen Konkursmasse anzuerkennen,
gleichwie bei der Anfechtungsklage nach Art. 285 ff . SchKG. Nur wenn es nicht
zum Erbschaftskonkurse kommt, sondern die Erbschaft trotz Zahlungsunfähigkeit
des Erblassers von den einen Erben angenommen und nur von einzelnen
ausgeschlagen wird, so ist es Sache des einzelnen Erbschaftsgläubigers, gegen
den ausschlagenden Erben aus Art. 579 ZGB zu klagen, sei es auch vielleicht
erst nach erfolgloser Belangung der annehmenden Erben. Immerhin kann sich
fragen, ob im vorliegenden Prozesse Ansprüche aus Art. 579 nicht dadurch
ausgeschlossen seien, dass die Klägerschaft selbst die Erbschaft nicht mehr
als

Seite: 186
überschuldet betrachtet. Indessen muss von der bei Konkurseröffnung
angenommenen Überschuldung ausgegangen werden, solange sie nicht durch das
Konkursergebnis widerlegt ist. Daher ist auch gegen die vorsorgliche
Geltendmachung solcher Ansprüche nichts einzuwenden. Es besteht angesichts der
Unsicherheit über das Konkursergebnis keine Veranlassung, die Klage insoweit
als verfrüht zurückzuweisen. Zu beachten bleibt aber, dass die Einbeziehung
fremden Vermögens in die Konkursmasse, sei es nach Art. 579 ZGB oder nach Art.
285 B. SchKG, sich nur als Ergänzung eines zur Tilgung der Erbschaftsschulden
nicht genügenden Erbschaftsvermögens versteht. Soweit es dessen nicht bedarf,
ist von solcher Rechtsverfolgung abzusehen, und wenn sie vorsorglich
unternommen wurde, hat die Konkursmasse das aus solchem Rechtstitel zuviel
Erlangte zurückzuerstatten. Es handelt sich nicht etwa um einen den Erben
insgesamt abzuliefernden Überschuss, als was vielmehr nur ein Überschuss des
Erbschaftsvermögens selbst zu gelten hat.
5.- Den Ansprüchen der Erben auf Einbeziehung von Vermögen, dessen sich der
Erblasser entäussert hatte, in die Erbteilung ist mit dem Gesagten nicht
vorgegriffen. Aber derartige Ansprüche, sei es gegenüber Miterben oder andern
Personen, im Sinne von Art. 626 ff . (Ausgleichung) oder Art. 522 ff . ZGB
(Herabsetzung) sind durch die berechtigten Erben selbst zu verfolgen. Der
Erbschaftskonkurs hat sich damit nicht zu befassen. Die Ansprüche der
Konkursmasse werden entgegen der Ansicht des Appellationshofes in keiner Weise
durch derartige erbrechtliche Ansprüche berührt. Jene Ansprüche gehen diesen
vor, d. h. den Erben kommt nur zu, was die Konkursmasse nicht zur Deckung der
Erbschaftspassiven zu beanspruchen hat. Hinsichtlich des Erbschaftsvermögens
selbst ergibt sich dies ohne weiteres aus dem Zweck der Liquidation, wonach
die Verpflichtungen des Erblassers zu erfüllen (und ausserdem allfällige
Vermächtnisse

Seite: 187
auszurichten) sind und nur ein Überschuss an die Erben fällt. Das ist in Art.
596 ZGB für die amtliche Liquidation so geordnet und entspricht auch dem bei
der Liquidation durch das Konkursamt anwendbaren Konkursrecht. Dass anderseits
auch im letztern Fall ein Überschuss den Erben abzuliefern ist, folgt daraus,
dass die Konkursmasse einen Überschuss notwendig herauszugeben hat und kein
Grund besteht, ihn jemand anderm als den Erben zukommen zu lassen, die ja bei
der amtlichen Liquidation als solche anerkannt bleiben und nur eben durch die
Ansprüche der Passivmasse zurückgedrängt, nicht schlechthin verdrängt werden;
das gilt umso mehr, als Entsprechendes nach Art. 573 Abs. 2 ZGB sogar zu
Gunsten ausschlagender Erben vorgesehen ist.- Wenn sodann das Gesetz der
Erbschaftskonkursmasse noch gewisse Ansprüche auf Einbeziehung fremden
Vermögens in die Liquidation zuerkennt (Art. 579 ZGB sowie Art. 285 ff .
SchKG), so geschieht auch dies in dem Sinne, dass Ansprüche von Erben auf
Einbeziehung solchen Vermögens in die Erbteilung nicht mit den Ansprüchen der
Erbschaftsgläubiger in Widerstreit treten dürfen. Der Erbteilung und damit der
Geltendmachung von Pflichtteilsrechten unterliegt überhaupt nur, was nicht
berechtigterweise von der Erbschafts-Konkursmasse beansprucht wird, sei es von
vornherein (indem es ausserhalb des Bereiches der Rechte der Konkursmasse
liegt) oder sobald gewisse Rechte als für die Deckung der Passivmasse
entbehrlich ausscheiden. Insoweit allerdings steht dann der Einbeziehung der
betreffenden Vermögenswerte in die einzig der Erbteilung unterliegende
Überschuss-Masse nichts mehr entgegen, nach Massgabe der für solche
erbrechtliche Ansprüche, insbesondere die Herabsetzungsklage, geltenden
Voraussetzungen. Hätte aber ein Erbe, etwa schon vor Eröffnung der amtlichen
Liquidation, mit einer Herabsetzungsklage Ansprüche auf Einbeziehung vor
Vermögen erhoben, das hernach die Erbschafts-Konkursmasse berechtigterweise
nach Art. 285 ff . SchKG

Seite: 188
oder Art. 579 ZGB in Anspruch nimmt, so erweist sich der erbrechtliche Erwerb
als ungerechtfertigt, weil er vor dem Anspruch der Erbschaftsgläubiger
zurückzutreten hat. Mit dieser Abgrenzung erledigen sich im wesentlichen die
in BGE 50 II 453 aufgeworfenen Fragen.
6.- Die Aktivlegitimation der Konkursmasse ist also, gleichwie wenn die
Erbschaft ausgeschlagen worden wäre, ohne jede Rücksicht auf erbrechtliche
Ansprüche zu bejahen, soweit die Klaganträge sich auf Rechte stützen, die
entweder zur Erbschaft selbst gehören oder der Konkursmasse nach Art. 285 ff .
SchKG oder 579 ZGB zustehen. Unter diesem Gesichtspunkte der Legitimation zur
Klage geben die Anträge 1, a-c und e, 5 und 6 keine Veranlassung zu besondern
Bemerkungen.
Zum Klagantrag 1, d betreffend Versicherungssummen, die beim Tode des
Erblassers an die Witwe bezahlt wurden: Ansprüche aus Personenversicherung zu
Gunsten des Ehegatten sind vorbehältlich allfälliger Pfandrechte der
Zwangsvollstreckung zu Gunsten der Gläubiger des Versicherungsnehmers entzogen
(Art. 80 VVG), auch bei Ausschlagung der Erbschaft (Art. 85 VVG). Nur die
Anfechtung nach Art. 285 ff . SchKG bleibt vorbehalten (Art. 82 VVG, vgl. BGE
64 III 85), womit weitergehende Ansprüche nach Art. 579 ZGB hinsichtlich
solcher Ansprüche ausgeschlossen sind. Dieser Antrag wird also nur als
Anfechtungsklage zu beurteilen sein, sofern er als solche genügend begründet
ist und aufrechterhalten wird.
Zum Klagantrag 2 (Herabsetzungsklage): Herabsetzungsansprüche im Sinne von
Art. 522 ff . ZGB stehen der Konkursmasse der Erbschaft nicht zu, und sie hat,
wie dargetan, auch keine Veranlassung, sich um die ihren Rechten nachgehenden
allfälligen Herabsetzangsansprüche des Sohnes des Erblassers zu kümmern.
Der Klagantrag 3 fällt in Betracht, soweit die damit geltend gemachten
Ansprüche im oben umrissenen Rahmen derjenigen Ansprüche liegen, die der
Konkursmasse überhaupt zustehen können. Soweit dieser Antrag nicht

Seite: 189
verwertbares Vermögen, sondern Briefe und Akten erwähnt, kann er als
Gegenstand einer Zivilklage nicht berücksichtigt werden. Dagegen kann sich das
Konkursamt einfach durch eine entsprechende Verfügung darauf stützen, dass
Geschäftspapiere des Gemeinschuldners, d. h. solche, die über seine
Vermögensverhältnisse Auskunft geben, dem Konkursamt (auch im Nachkonkurse)
nicht vorenthalten werden dürfen, was aus Art. 222 SchKG folgt (vgl. auch Art.
15 und 36 der Konkursverordnung). Ob neben der Auskunftspflicht nach
Konkursverfahrensrecht eine kantonalrechtliche Editionspflicht bestehe, hat
das Bundesgericht nicht zu prüfen.
Das soeben Ausgeführte hat auch Bedeutung gegenüber dem Klagantrag 4, der
Auskunft anstrebt über die Gegenstände der Klage, über das aus dem Vermögen
des Erblassers Erlangte und überhaupt über die Verhältnisse der Erbschaft,
ferner Entbindung der genannten Banken von der Geheimnispflicht und Auftrag an
sie zur Auskunftgabe über die Bankgeschäfte des Erblassers oder der Beklagten
seit dem 1. Januar 1931. Das Konkursamt kann nun weder die Auskunftspflicht in
Anspruch nehmen, die nach Art. 581 ZGB behufs Erstellung des öffentlichen
Inventars besteht-dieses Stadium ist im vorliegenden Erbfalle längst vorbei-,
noch die in Art. 610 Abs. 2 ZGB vorgesehene Auskunftspflicht der Miterben
unter einander, die übrigens keinesfalls gegenüber dem familienfremden und
nicht etwa zum Erben eingesetzten Zweitbeklagten geltend gemacht werden
könnte. Auf diese Rechtsbehelfe ist das Konkursamt als Organ der Gesamtheit
der Erbschaftsgläubiger denn auch nicht angewiesen, sondern es kann sich auf
Art. 222 , sei es Abs. 1 oder 2, allenfalls auch Art. 232 Ziff. 3 und 4 SchKG
stützen, worauf sich die Strafdrohungen von Art. 323 Ziff. 4 /5 und 324 StGB
beziehen. Ein mit Zivilklage zu verfolgender bundesrechtlicher Anspruch auf
Auskunftgabe steht dagegen der Konkursmasse nicht zu, auch nicht gegenüber
einem Anfechtungsbeklagten oder aus Art. 579 ZGB

Seite: 190
Belangten zur Ermöglichung oder Erleichterung einer solchen Klage.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, dass das Urteil des
Appellationshofes des Kantons Bern vom 19. September 1941 aufgehoben und die
Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an den Appellationshof
zurückgewiesen wird.
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 67 III 177
Date : 31 décembre 1941
Publié : 17 décembre 1941
Source : Tribunal fédéral
Statut : 67 III 177
Domaine : ATF - Droit des poursuites et de la faillite
Objet : Vertretungsrecht des Konkursamtes (Art. 240 SchKG), auch im Nachkonkurs gemäss Art. 269 SchKG. Das...


Répertoire des lois
CC: 2  522  573  579  581  593  596  597  603  610  626
CO: 135
CP: 323  324
LArm: 82
LCA: 80  82  85
LP: 193  222  222u  232  240  241  260  269  285  292
Répertoire ATF
50-II-450 • 60-III-59 • 64-III-85 • 65-III-28 • 67-III-177
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
abeille • action en contestation • action en réduction • administration de la faillite • allemagne • argent • assigné • assurance de personnes • autonomie • ayant droit • besoin • bien acquis en remploi • bien découvert après la clôture de la faillite • chose principale • commune • condamnation • conjoint • conscience • couverture • créance • de cujus • descendant • directive • dommage • dommages-intérêts • droit des poursuites et faillites • droit des successions • durée • décision • décision de renvoi • défendeur • délai • enrichissement illégitime • exécution forcée • hameau • hors • héritier • incombance • inventaire • lettre • liquidation officielle • masse en faillite • mesure de protection • mesure • mort • obligation de produire des pièces • obligation de renseigner • office des faillites • or • partage successoral • pouvoir de représentation • preneur d'assurance • procédure • procédure de faillite • propriété • pré • qualité pour agir et recourir • question • rapport entre • renonciation à succession • réserve • succession • sûretés • tiré • tribunal fédéral • veuve • volonté • état de collocation • état de fait