S. 176 / Nr. 32 Bundesrechtliche Abgaben (d)
BGE 66 I 176
32. Urteil vom 13. Juni 1940 i. S. Krisenabgabeverwaltung des Kantons Bern
gegen Philanthropische Gesellschaft «Union».
Regeste:
Krisenabgabe.
1. Art. 15, Ziff. 3 KrisAB ordnet Steuerfreiheit an für gemeinnützige
Einrichtungen. Ein Hilfswerk, das als Selbsthilfeorganisation eines Verbandes
zum Wohle der Mitglieder organisiert ist und weder nach der Art der
Aufbringung der Mittel, noch nach der Abgrenzung des begünstigten
Personenkreises das interne Interessenfeld des Vereins überschreitet und nicht
Wohltätigkeit eigentlich gemeinnütziger Art ausübt, ist nicht steuerfrei.
2. Art. 15, Ziff. 4 KrisAB ordnet Steuerbefreiung an für Versicherungskassen.
Unterstützungsfonds, die eine wirtschaftliche Sicherung in anderer Form als
der Versicherung gewähren fallen nicht darunter.
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Contribution fédérale de crise.
1. L'art. 15 ch. 3 ACC exonère les établissements d'utilité publique. La
caisse de secours d'une association ne peut prétendre à ce privilège
lorsqu'elle travaille pour le bien exclusif des membres et s'en tient au
cercle de ceux-ci par la manière dont elle se procure des fonds ou par le
choix des personnes qu'elle assiste, de telle sorte que son activité n'est pas
à proprement parler d'utilité publique.
2. L'art. 15 ch. 4 ACC exonère les caisses d'assurance. Les fonds de secours
qui garantissent une aide pécuniaire sous une autre forme que celle de
l'assurance ne sont pas au bénéfice de cette disposition.
Contribuzione federale di crisi.
1. L'art. 15 cp. 3 DCC esonera gli istituti d'utilità pubblica. La cassa di
soccorso di un'associazione non può pretendere di godere di tale privilegio
qualora essa lavori a vantaggio esclusivo dei membri e non esca dalla cerchia
di questi ultimi sia per quanto riguarda il modo di procurarsi i mezzi, sia
per ciò che concerne la scelta delle persone soccorse, cosicchè la sua
attività non è, propriamente parlando, di pubblica utilità.
2. L'art. 15 cp. 4 DCC esonera le casse di assicurazione. I fondi di soccorso
che garantiscono un aiuto pecuniario sotto altra forma che quella
dell'assicurazione non beneficiano di questo disposto.
A. - Die philanthropische Gesellschaft «Union» mit Sitz in Pruntrut hat als
Ziele: Die Erstrebung und Übung des Wahren und Guten und die Pflege der
Freundschaft und Solidarität (Art. 1 d. Regl.). Die Mitglieder bezahlen
Eintrittsgelder und Jahresbeiträge (Art. 71, 73). Der Verein besitzt folgende
Wohlfahrtseinrichtungen zu Gunsten der Mitglieder:
1) die Krankenversicherung,
2) die Sterbeversicherung,
3) die Hilfswerke.
Die beiden Versicherungen werden auf versicherungstechnischer Grundlage
betrieben. Für jede besteht ein Fonds, für beide zusammen ein Reservefonds.
Für die Hilfswerke bestehen zwei Fonds: der Unheilbaren- und Invalidenfonds
und der Witwen- und Waisenfonds. In ihnen sind die verfügbaren
Vermögensbestandteile der Gesellschaft enthalten. Es werden ihnen die
Überschüsse der Gewinn- und Verlustrechnung überwiesen, soweit sie nicht zur
Aeufnung des Versicherungsreservefonds beansprucht werden (Art. 99). Aus ihnen
werden Beiträge an bedürftige Mitglieder und Witwen und Waisen verstorbener
Mitglieder ausgerichtet (Art. 53 ff.).
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B. - Bei der eidgenössischen Krisenabgabe, I. und II. Periode, stellte sich
die Frage, ob und wie weit die UNION nach Art. 15, Zif. 3 u. 4, KrisAB
steuerfrei sei. Die bernische kantonale Rekurskommission hat die
Steuerfreiheit anerkannt für das gesamte Vermögen und Einkommen, d. h. die
beiden Versicherungskassen und die Hilfswerke. Sie nimmt an, die Hilfswerke
seien Fürsorgeeinrichtungen im Sinne von Art. 15, Ziff. 3 KrisAB.
C. - Gegen diesen Entscheid hat die kantonale Krisenabgabeverwaltung die
verwaltungsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Antrag:
«Es sei der Entscheid der kantonalen Rekurskommission vom 29. Dezember 1939
aufzuheben, das Einkommen und Vermögen der Hilfswerke der «Union»
grundsätzlich als abgabepflichtig zu erklären und die Beschwerde zur
Feststellung des abgabepflichtigen Vermögens und Einkommens an die kantonale
Beschwerdeinstanz zurückzuweisen»
Die Abgabefreiheit sei nicht gegeben, weil es sich bei den Hilfswerken nicht
um allgemeine Fürsorge handle, sondern um Hilfen zu Gunsten der Mitglieder und
ihrer Angehörigen, worauf sich Art. 15, Ziff. 3 KrisAB nicht beziehe.
D. - Die Rekurskommission hat die Abweisung der Beschwerde beantragt:
«Streitig ist nur noch die Abgabepflicht für die sog. Hilfswerke. Unser
Entscheid stützt sich auf den Wortlaut des Krisenabgabebeschlusses. Da andere
kantonale Behörden anders entschieden haben, ist eine Ablärung voll
gerechtfertigt.»
E. - Die UNION hat die Abweisung der Beschwerde beantragt:
Es wird auf die Entstehungsgeschichte des Art. 15, Ziff. 3 verwiesen. Mit dem
Zusatz in Art. 17, Ziff. 3 des Kriegssteuerbeschlusses von 1920 «oder andern
ausschliesslich gemeinnützigen Zwecken» sei eine Erweiterung der Abgabefreiung
beabsichtigt gewesen, nicht eine Beschränkung einer Befreiung, die nach dem
Kriegssteuerbeschluss von 1915 gegeben gewesen wäre. Es sei aber anzunehmen,
dass die Hilfswerke der UNION unter
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dem Kriegssteuerbeschluss von 1915 Abgabefreiheit genossen hätten.
Wesentliches Kriterium für die Abgabefreiheit nach Art. 15, Ziff. 3 von
Vermögen und Einkommen, das Kultus- und Unterrichtszwecken und der Fürsorge
für Arme u. s. w. diene, sei nicht die ausschliessliche Gemeinnützigkeit der
Einrichtung, sondern dass es sich um eine Aufgabe handle, die im öffentlichen
Interesse liege, was z. B. bei einer Familienstiftung nicht zutreffe. Es
genüge Gemeinnützigkeit in einem weitern Sinne (BGE 64 I Nr. 61; 56 I Nr. 46).
Bei den Hilfswerken der UNION sei die Gemeinnützigkeit in diesem Sinne
vorhanden. Man müsste hier sogar die ausschliessliche Gemeinnützigkeit
bejahen. Der Invaliditätsfonds werde allerdings für Mitglieder verwendet,
nicht aber der Witwen- und Waisenfonds, da hier die unterstützten Personen
alles Nichtmitglieder seien. Jede Fürsorgeeinrichtung beschränke irgendwie den
Kreis der Destinatäre. Auch die Voraussetzung, dass der Vermögensinhaber Opfer
bringe, liege hier vor, da die wenigsten der Mitglieder, aus deren Beiträgen
die Hilfswerke bestritten werden, damit rechnen, dass ihnen oder ihren Witwen
und Waisen aus diesem Fonds etwas zukommen werde. In dieser Hinsicht
verfolgten somit die Mitglieder nicht private Zwecke. Die Leistungen der Fonds
- jährlich Fr. 16-19000 an die Invaliden, und Fr. 45-52000 an die Witwen und
Waisen - seien eine Ergänzung und Erleichterung der öffentlichen Armenpflege.
Eventuell wären die Fürsorgekassen der UNION bei wirtschaftlicher
Betrachtungsweise gemäss Art. 15, Ziff. 4 abgabefrei. Ihre Funktionen seien
teilweise die gleichen wie diejenigen der beiden Versicherungskassen (Regl.
Art. 57, 59). Krankengelder dürften denn auch nicht gleichzeitig bezogen
werden mit Leistungen aus dem Hilfsfonds (Art. 58). Die Unterstützungen seien
wirtschaftlich und sozial auf die gleiche Stufe zu stellen wie die Leistungen
der Versicherung. Es handle sich im
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Grunde um eigentliche Versicherungskassen. Dass hier die
versicherungstechnische Grundlage fehle, könne nicht entscheidend sein. Die
gesamten Mittel des Hilfsfonds seien bestimmt, für soziale Zwecke verausgabt
zu werden. Es wäre stossend, wenn die eigentlichen Versicherungskassen
abgabefrei wären, die Hilfskassen dagegen nicht.
Das Bundesgericht hat die Steuerbefreiung der Hilfswerke der UNION abgelehnt
und den Rekurs der kantonalen Krisenabgabeverwaltung gutgeheissen
in Erwägung:
1.- Nach Art. 15, Ziff. 3 KrisAB sind von der Abgabepflicht ausgenommen das
Vermögen und Einkommen von Korporationen und Anstalten, das Kultus- oder
Unterrichtszwecken, der Fürsorge für Arme und Kranke, für Alter und
Invalidität oder andern ausschliesslich gemeinnützigen Zwecken dient. Die
allgemeine Klausel am Schlusse der Bestimmung fehlte noch im
Kriegssteuerbeschluss vom 22. Dezember 1915, Art. 3 d , wo nur die Kultus- und
Unterrichtszwecke und die Fürsorge für Arme und Kranke erwähnt sind. Sie
findet sich aber bereits im Kriegssteuerbeschluss vom 28. September 1920,
dessen Art. 17, Ziff. 3 wesentlich gleich lautet wie Art. 16, Ziff. 3 KrisAB.
Von «andern gemeinnützigen», neben besondern Zwecken, ist auch die Rede in
Art. 17, Abs. 2 Stempelgesetz.
Die Generalklausel ist eine Erweiterung der speziell genannten Zwecke, die bei
einer Korporation (oder Anstalt) die Abgabefreiheit begründen. Die
Gemeinnützigkeit darf dabei nicht in dem weitesten Sinne verstanden werden,
der jede Betätigung oder Bestrebung umfassen würde, die sich für die
Allgemeinheit wirtschaftlich oder sozial günstig auswirkt. Wesentlich ist
vielmehr, dass es sich seitens der Korporation und ihrer Mitglieder um eine
uneigennützige Wirksamkeit handle. So ist die Gemeinnützigkeit als
Steuerexemptionsgrund jeweilen aufgefasst worden bei der eidgenössischen
Kriegs- und Krisensteuer,
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wie auch bei der eidgenössischen Stempelabgabe (BGE 63 I 319; 64 I 332 ff; VSA
7 S. 206, 9 S. 31; Stempelabgabe: VSA 4 S. 367; 6 S. 257, 7 S. 150. S. auch
GEERING, Gemeinnützigkeit als Befreiungsgrund bei kantonalen und
eidgenössischen Steuern, VSA 8 S. 296 ff.). Diese engere Bedeutung des
Begriffes der Gemeinnützigkeit im steuerrechtlichen Sinne kommt darin zum
Ausdruck, dass Art. 15, Ziff. 3 von ausschliesslich gemeinnützigen Zwecken
spricht.
Es fragt sich, ob aus der Fassung der allgemeinen Klausel nicht ein
Rückschluss in Hinsicht auf die besondern befreienden Zwecke zu ziehen sei,
dahingehend, dass auch bei ihnen, insbesondere beim Unterricht und der
Fürsorge, jenes Moment der Gemeinnützigkeit vorhanden sein muss. Der Text der
Bestimmung spricht hiefür. Durch das Wort «andere» werden die ausschliesslich
gemeinnützigen Zwecke in Beziehung gesetzt zu den vorher genannten
Einzelzwecken, und es wird dadurch angedeutet, dass der ausschliesslich
gemeinnützige Charakter ein gemeinsames Merkmal der Befreiungsfälle des Art.
15, Ziff. 3 ist, das auch bei den Sonderzwecken vorausgesetzt ist. Aber auch
sachliche Erwägungen führen zu dieser Auslegung. Die Ausnahme von der
Abgabepflicht nach der genannten Bestimmung erklärt und rechtfertigt sich doch
nur durch die Gemeinnützigkeit des Zweckes, der eine Einrichtung dient. Sie
wäre nicht begründet, wenn Erwerbs- oder andere nicht gemeinnützige Zwecke
verfolgt werden. Abzulehnen ist auch die von der UNION vertretene Auffassung,
dass bei den Unterrichts- und Fürsorgezwecken ein weiterer Begriff von
Gemeinnützigkeit, nämlich das «öffentliche Interesse» genüge. In ihr liegt
zwar die zutreffende Erkenntnis, dass der blosse Betrieb von Unterricht oder
Fürsorge (eine Korporation betreibt z. B., ohne Erwerbsabsichten, für
bemittelte Kreise eine Privatschule, eine Klinik) die Abgabefreiheit noch
nicht zur Folge hat. Sobald aber feststeht, dass Gemeinnützigkeit vorliegen
muss, so ist
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nicht einzusehen, weshalb dann nicht massgebend sei deren Begriff, wie er sich
steuerrechtlich herausgebildet hat und wie er auch der Formulierung und
Anknüpfung der allgemeinen Klausel in Art. 15, Ziff. 3 entspricht.
In dieser Weise wurde schon die entsprechende Bestimmung des
Kriegssteuerbeschlusses von 1920 verstanden (VSA 7 S. 206). Und es liegt darin
auch keine Einschränkung der Abgabefreiheit, wie sie nach dem
Kriegssteuerbeschluss von 1915 bestand; denn es ist anzunehmen, dass hier, bei
den Unterrichts- und Fürsorgezwecken, für die Befreiung die Gemeinnützigkeit
in der erwähnten steuerrechtlichen Bedeutung unterstellt werde. Das
Bundesgericht hat auch nicht etwa in BGE 63 I 319 etwas anderes ausgesprochen;
dort wurde lediglich gesagt, dass die «andern ausschliesslich gemeinnützigen
Zwecke» eine Erweiterung der daneben besonders aufgeführten Befreiungsgründe
bilden, und es wurde in diesem Zusammenhange auch auf die Schranken der
Gemeinnützigkeit hingewiesen.
2.- Die Hilfswerke der UNION dienen der Fürsorge für Bedürftige Mitglieder bei
unheilbarer Krankheit, Invalidität und Altersgebrechen oder einer
unverschuldeten Notlage, ferner der Fürsorge für bedürftige Witwen und Waisen
von verstorbenen Mitgliedern. Darüber, ob und welche Unterstützungen zu
leisten seien, entscheiden die Vereinsorgane im Rahmen des Reglements und der
vorhandenen Mittel. Diese fliessen aus den Eintrittsgeldern und jährlichen
Beiträgen der Mitglieder, soweit sie nicht durch den Bedarf der
Versicherungskassen in Anspruch genommen sind.
Die Abgabefreiheit der UNION für diese Hilfswerke hängt davon ab, ob sie das
Merkmal der ausschliesslichen Gemeinnützigkeit aufweisen. Es fragt sich, ob
bei ihnen der altruistische Charakter vorliegt, der, wie bereits bemerkt,
Kriterium der Gemeinnützigkeit ist.
Ob die Einrichtung eigen- oder uneigennützig sei, ist zu beurteilen vom
Standpunkt des Vereins und seiner
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Mitglieder aus. Bei Unterstützungen, die aus Pflichtbeiträgen der Mitglieder
stattfinden und auf den Kreis der Mitglieder beschränkt sind, fehlt das
altruistische Ziel. Sie verfolgen Sonderinteressen des Vereins und der
Mitglieder im Gegensatz zu finanziellen Opfern, die für Dritte gemacht werden.
Da bei der UNION nur bedürftige Personen unterstützt werden, wird freilich
jeweilen bloss ein kleinerer Teil der Mitglieder begünstigt sein; die Mehrzahl
trägt an die Hilfsfonds bei, ohne daraus Bezüge zu machen. Allein jedes
Mitglied kann schliesslich in die Lage kommen, dass es unterstützt werden
muss. Alle sind daher virtuell Destinatäre der Fürsorgewerke. Insofern ist das
Moment des gegenseitigen Interesses doch auch vorhanden und fehlt bei allen
Mitgliedern das charitative Motiv. Richtig ist ferner, dass die Personen, die
unterstützt werden, zum Teil, nämlich die Witwen und Waisen, dem Verein nicht
angehören. Allein die Hilfe geschieht ausschliesslich wegen des engen
familiären Zusammenhanges mit einem verstorbenen Mitglied. Das persönliche
Interesse des Mitglieds umfasst auch das Wohl der Hinterbliebenen, und der
Verein betrachtet bei dieser Leistung die Hinterbliebenen als noch in seine
Sphäre gehörend. Auch in dieser Hinsicht fehlt es daher beim Verein wie bei
den Mitgliedern an der wirklich selbstlosen Zwecksetzung zum Besten Dritter.
Die Hilfswerke der UNION sind eine Selbsthilfeorganisation des Verbandes zum
Wohle der Mitglieder, die weder nach der Art der Aufbringung der Mittel, noch
nach der Abgrenzung des begünstigten Personenkreises das interne
Interessenfeld des Vereins überschreitet und eine Wohltätigkeit eigentlich
gemeinnütziger Art ausübt. Für die Tätigkeit solcher Selbstschutzverbände,
möge es sich um wirtschaftliche oder Fürsorgezwecke handeln, ist die Ausnahme
von der Abgabepflicht bei der Kriegs- und Krisensteuer und auch bei der
Stempelabgabe in der Praxis der eigenössischen Instanzen jeweilen verneint
worden, indem entscheidend darauf abgestellt wurde, dass
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die Mitglieder statutarische Aufwendungen machen, die ihnen in irgend einer
Form wieder zu Gute kommen oder zu Gute kommen können, nicht aber Opfer für
Dritte bringen (VSA 4 S. 367, 6 S. 257, 7 S. 150, 9 S. 328) Diese Praxis
scheint nach dem Gesagten als wohl begründet, das Bundesgericht hat keine
Veranlassung, ihr nicht zu folgen.
Selbsthilfeeinrichtungen, nicht korporativer, aber anstaltlicher Natur sind
auch die Familienstiftungen, wenn ihre Fürsorge sich (im Wesentlichen) auf
Angehörige der Familie beschränkt, also keine über die familiäre
Interessensphäre hinausgehenden Aufwendungen gemacht werden. Deshalb wird auch
ihnen gegenüber die Abgabefreiheit mangels Gemeinnützigkeit verneint (VSA 7 S.
206; ASA 8 245 ff). Auf diesen grundsätzlichen Boden hat sich auch das
Bundesgericht in BGE 56 I Nr. 46 gestellt; wenn in diesem Urteil die
Abgabefreiheit der Familienstiftung S. anerkannt wurde, so geschah es nur
deshalb, weil diese zufolge ihres hohen Alters und des nicht mehr vorhandenen
familiären Zusammenhanges der sehr zahlreichen Destinatäre die Natur der
eigentlichen Familienstiftung verloren hatte und mehr zu einer
Armenpflegeeinrichtung geworden ist.
Wo bei Selbsthilfeverbänden die Abgabefreiheit ausnahmsweise angenommen wurde,
war es in Würdigung besonderer Umstände. So wurde das altruistische Moment
bejaht für eine Bürgschaftsgenossenschaft, bei der die grössere Zahl der
Mitglieder aus rein uneigennützigen Motiven dem Verein angehörte und nur der
kleinere Teil als begünstigt überhaupt in Betracht kommen konnte (VSA 4 S.
367), und ferner für die Unterstützungskasse zu Gunsten der Mitglieder eines
Vereins, die nicht durch Pflichtbeiträge der Mitglieder, sondern durch
freiwillige Gaben, Vermächtnisse, Kollekten und dgl. gespeist wurde (VSA 9 S.
31, auch erwähnt BGE 63 I 319). Ob diese Lösungen das richtige treffen, soll
nicht weiter untersucht werden. Was bei ihnen als entscheidend angenommen
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wurde, die Art und Weise, wie die Mittel für den internen Vereinszweck
aufgebracht werden, findet sich nicht im Tatbestand der Hilfswerke der UNION.
3.- Die Union beansprucht für ihre Hilfswerke die Steuerfreiheit eventuell
nach Art. 15, Ziff. 4, welche Bestimmung von der Abgabepflicht ausnimmt die
der Arbeitslosen-, Kranken-, Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenen-
Versicherung dienenden Kassen. Nach dieser Vorschrift, die im Verhältnis zum
Kriegssteuerbeschluss von 1920 neu ist, geniesst die UNION Steuerfreiheit für
ihre beiden Versicherungskassen. Die Hilfsfonds können indessen nicht als
Versicherungskassen angesprochen werden. Abgesehen davon, dass alle
versicherungstechnischen Grundlagen fehlen (im Gegensatz zu den beiden
Versicherungskassen, Regl. Art. 97/9), ist hiefür wesentlich, dass die
Statuten keine festen Ansprüche auf Unterstützung gewähren, sondern lediglich
die Organe ermächtigen, beim Vorliegen der Bedürftigkeit gemäss den Statuten
und im Rahmen der vorhandenen Mittel nach ihrem Ermessen Hilfe zu leisten.
Wenn der Krisenabgabebeschluss von Versicherungskassen spricht, so können
damit blosse Unterstützungsfonds solcher Art nicht gemeint sein, die zwar auch
eine gewisse wirtschaftliche Sicherung von Personen verfolgen, aber nicht in
Form von Versicherung, sondern von Unterstützung.
Die Hilfswerke der UNION sind auch nicht eine blosse Nebenfunktion der
Versicherungskassen und können auch nicht etwa aus diesem Gesichtspunkt die
Abgabeexemption in Anspruch nehmen. Sie sind nach Aufgabe und Organisation
selbständig; daran ändert auch nichts, dass bei der Krankenunterstützung auf
die Krankenversicherung insofern Rücksicht genommen wird, dass sie nicht neben
dem Krankengeld bezogen werden kann (Regl. Art. 68).
Nicht zu bestreiten ist, dass die Versicherungskassen das Kennzeichen der
Gemeinnützigkeit noch weniger aufweisen als die Hilfswerke, weil bei ihnen die
Bedürftigkeit
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der Bezüger keine Rolle spielt. Nach Art. 15 , Ziff. 3 könnte denn auch für sie
die Abgabefreiheit nicht gewährt werden (VSA 9 S. 31, wo von der eidgen.
Rekurskommission festgestellt wurde, dass für analoge Versicherungskassen
eines Vereins eine Befreiung nach Art. 17, Ziff. 3 Kriegs-StB von 1920 nicht
gegeben sei). Die Befreiung folgt vielmehr aus der positiven Vorschrift von
Art. 15, Ziff. 4, welche die genannten Kassen ausnimmt ohne Rücksicht auf das
Merkmal der Gemeinnützigkeit, wie es nach Art. 15, Ziff. 3 massgebend ist.
Ziffer 4 ist eine Sondervorschrift zu Gunsten bestimmt gearteter
Selbsthilfeeinrichtungen, die nach Ziffer 3 nicht frei wären. Will man darin
einen gewissen innern Widerspruch erblichen, so liegt er eben in der
gesetzlichen Ordnung selber, und er kann von den zur Anwendung berufenen
Behörden nicht ausgeglichen werden. Für Zwecke, die nicht unter Ziffer 4
fallen, kann keine Befreiung beansprucht werden, die über die unverändert aus
dem Krieg-StB. von 1920 übernommene Regelung der Ziffer 3 hinausgehen würde.