S. 316 / Nr. 61 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 63 I 316

61. Urteil vom 21. Dezember 1937 i. S. Casino-Gesellschaft Basel gegen
Rekurskommission Basel-Stadt.


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Regeste:
Krisenabgabe: Ein Verein zum Betliebe eines Gesellschaftshauses hat keinen
Anspruch auf Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit.

A. - Die Casino-Gesellschaft Basel hat nach § 1 ihrer Statuten den Zweck, ihre
Gebäude und Liegenschaften (Stadtcasino und Sommercasino) zur Förderung des
geselligen Lebens und der musikalischen Bestrebungen der Stadt Basel zu
verwalten und diesem Zweck zu erhalten. Sie kann ihren Geschäftskreis auf
andere Unternehmungen ausdehnen, die ihr dienlich erscheinen, die
gesellschaftlichen und musikalischen Zwecke und Bestrebungen der Stadt Basel
zu fördern. - Ordentliche Mitglieder sind die Eigentümer von Anteilscheinen
(zu Fr. 400.- alte Währung, Fr. 500.- und 300.-), deren Zahl heute auf 1020
festgesetzt ist. Sie haben nach Massgabe des Nominalwertes der Anteilscheine
verhältnismässigen Anteil am Gesellschaftsvermögen, aber keinen Anspruch auf

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Verzinsung (§ 2 und 6); ausserordentliches Mitglied ist, wer als solches in
die Gesellschaft aufgenommen wird; er bezahlt einen Jahresbeitrag und ist, wie
die ordentlichen Mitglieder, zur Teilnahme an den Festlichkeiten der
Gesellschaft berechtigt (§ 7). Den Eigentümern von Anteilscheinen zu Fr. 400.-
a. W. und Fr. 500.- werden die Räumlichkeiten des Stadicasinos für ihre
Privatfestlichkeiten unentgeltlich zur Verfügung gestellt; sie haben nur die
Gebühren für Abwart, Heizung und Beleuchtung zu entrichten; Eigentümer von
Anteilscheinen zu Fr. 300.- geniessen einen Rabatt von 50% auf dem
reglementarischen Mietzins (§ 8). «Für die Benützung der Räumlichkeiten des
Stadtcasinogebäudes durch die Behörden sind die mit dem h. Stadtrat und der
hohen Regierung abgeschlossenen Verträge massgebend.-Die Benützung des
Musiksaales und seiner Dependenzen durch die Allgemeine Musikgesellschaft
(Kapellgesellschaft und Konzertgesellschaft), den Gesangverein, die
Liedertafel und den Männerchor, richtet sich nach dem Vertrag vom 21. Februar
1874.- für die Benützung der Orgel im Musiksaal gilt das zwischen der
Stadcasinogesellschaft, der Allgemeinen Musikgesellschaft und dem Basler
Gesangverein abgeschlossene Übereinkommen vom 18. November 1906.» (§ 9). «Die
Gesellschaft kann im Stadtcasino Konzerte und andere ihrem Zweck entsprechende
Unterhaltungen veranstalten. - Die Gesellschaft wird auch jährlich zwei Bälle
oder musikalische Abendunterhaltungen, zu welchen ausschliesslich die
Mitglieder mit ihren Angehörigen und die ausserordentlichen Mitglieder Zutritt
haben, veranstalten .....» (§ 10). «Die Wirtschaftsräume der beiden
Casino-Gebäude und andere Parterreräume des Stadtcasinos können an
Restaurateure oder auch zu andern Zwecken vermietet werden.» (§ 11).
B. - Für die I. Periode der eidgenössischen Krisenabgabe wurde das
Reinvermögen der Casino-Gesellschaft auf Fr. 943500.- und das massgebende
Vermögen auf Fr. 693000.- festgesetzt. Fr. 250000.- wurden als

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gemeinnützigen Zwecken dienend von der Besteuerung ausgenommen. Ein Antrag der
Gesellschaft auf vollständige Steuerbefreiung wurde von der kantonalen
Rekurskommission abgewiesen.
C. - Die Casino-Gesellschaft beschwert sich rechtzeitig. Sie sei gemeinnützig;
ihre Tätigkeit richte sich grundsätzlich nicht auf Wahrung eigener Interessen
oder von Sonderinteressen der Mitglieder, sondern auf die Hebung des
gesellschaftlichen Lebens der Stadt Basel. Sie verwirkliche ihren Zweck, indem
sie ihre Liegenschaft und ihre Räume zu musikalischen und gesellschaftlichen
Veranstaltungen günstig zur Verfügung stelle. Der Restaurationsbetrieb diene
ausschliesslich zur Aufbringung der hiezu erforderlichen Mittel. Rechte am
Vermögen der Gesellschaft ständen den Mitgliedern während ihres Bestehens
nicht zu, und da der Gesellschaftszweck dauernden Charakter habe, dürfe die
Liquidationsvorschrift nicht herangezogen werden bei der gegenwärtigen
Besteuerung. Die statutarischen Bestimmungen, wonach den Mitgliedern besondere
Vorteile bei Veranstaltungen der Gesellschaft und für ihre privaten Anlässe
zustehen, seien tatsächlich überholt und gegenstandslos geworden.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen
und zur Begründung ausgeführt:
1. - Die teilweise Befreiung von der Krisenabgabe, die der Rekurrentin
zuerkannt wurde im Hinblick auf ihren Zweck, die musikalischen Bestrebungen
der Stadt Basel zu fördern, ist im Verfahren vor Bundesgericht nicht
angefochten worden. Die eidgenössische Steuerverwaltung hat zwar bestritten,
dass der Förderung musikalischer Bestrebungen in der Form, wie sie die
Rekurrentin betreibt, gemeinnütziger Charakter im Sinne des Steuergesetzes
zukomme. Ein Antrag auf Aufhebung der Befreiung wurde aber nicht gestellt. Er
wäre wohl auch kaum begründet. Denn es liegt nahe, die Musikpflege, wie sie in
Basel von den grossen Konzertgesellschaften

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unter Inanspruchnahme der Konzertsäle der Rekurrentin betrieben wird, in einem
Zusammenhang, wo Unterrichtszwecke genannt werden, als gemeinnützig anzusehen.
Es kommt darauf an, ob die Rekurrentin dafür Opfer bringt. Nach der
Stellungnahme der Ortsbehörden, die auf amtlicher Kenntnis der Verhältnisse
beruht, ist anzunehmen, dass es der Fall sei. Die Akten geben darüber
allerdings keinen Aufschluss.
2. - Dagegen ist das Begehren weitergehender Befreiung unbegründet. Es ist der
Rekurrentin zwar zuzugehen, dass der Ausdruck Gemeinnützigkeit, in einem
weitesten Sinne verstanden, letzten Endes alle Unternehmungen und Bestrebungen
umfassen könnte, die in irgendeiner Weise der Allgemeinheit zugute kommen. Das
Gesetz hat aber die Steuerbefreiung nicht in diesem weiten Umfange angeordnet,
sondern ausdrücklich beschränkt auf «ausschliesslich» gemeinnützige
Institutionen. Die Praxis der Rekursbehörden hat bei der eidgenössischen
Kriegssteuer und den eidgenössischen Stempelabgaben, wo entsprechende
Vorschriften bestehen, der Klausel denn auch stets einen engeren Sinn
beigelegt, sie lediglich als eine Erweiterung der daneben besonders
aufgeführten Befreiungsgründe betrachtet und die Vergünstigung für kulturelle
Zwecke und für Fürsorge im Allgemeinen gewährt, soweit damit nicht ein
Erwerbszweck oder sonst eigene Interessen der Unternehmer verbunden waren (VSA
V (1924), S. 334: Verein für Ortsgeschichte und Erhaltung von Natur- und
Kunstdenkmälern; ebenda S. 15: Hagelversicherungsgesellschaft; VI (1926), S.
317 ff., VII (1926), S. 206 ff.; ferner XI (1930), S. 266 ff.: Stiftungen). Ob
die Beschränkung der Befreiung auf die genannten Zwecke in allen Fällen das
Richtige trifft, mag dahingestellt bleiben. Für die Beurteilung des
vorliegenden Falles genügt die Feststellung, dass nach Art. 16, Ziff. 3 KrisAB
Gemeinnützigkeit jedenfalls nicht im weitesten Sinne des Wortes verstanden
werden darf. Denn eine Unternehmung, deren Hauptzweck darin

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besteht, der Bevölkerung einer Stadt Räumlichkeiten für ihre
gesellschaftlichen Anlässe zur Verfügung zu stellen, könnte doch wohl nur
unter jenen weitesten, hier also nicht in Betracht kommenden Begriff der
Gemeinnützigkeit einbezogen werden. Während die Förderung künstlerischer
Vorführungen unter dem Gesichtspunkt der Kulturpflege zu steuerlichen
Vergünstigungen Anlass geben kann, wäre es sachlich nicht zu rechtfertigen,
eine Vergnügungsstätte von einer Abgabe auszunehmen, die der Staat zur Deckung
seines Notbedarfes zu erheben gezwungen ist. Darum war es richtig, der
Rekurrentin insoweit die Steuerbefreiung nicht zu gewähren, als ihr Vermögen
dem Betrieb eines Gesellschaftshauses dient.
Ist die Beschwerde schon unter dem Gesichtspunkt mangelnder Gemeinnützigkeit
des Zweckes der Rekurrentin abzuweisen, so kann dahingestellt bleiben, ob sich
ein Hindernis für die Steuerbefreiung aus den Vergünstigungen ergeben würde,
die die Statuten den Mitgliedern der Casino-Gesellschaft einräumen und die von
der Rekurrentin als durch die Entwicklung überholt, obsolet bezeichnet worden
sind. Ebenso braucht nicht erörtert zu werden, wie es sich in dieser Beziehung
mit den Rechten verhält, die den Gesellschaftern im Falle einer Liquidation
zustehen würden.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 63 I 316
Datum : 01. Januar 1936
Publiziert : 21. Dezember 1937
Quelle : Bundesgericht
Status : 63 I 316
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Krisenabgabe: Ein Verein zum Betliebe eines Gesellschaftshauses hat keinen Anspruch auf...


BGE Register
63-I-316
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