S. 72 / Nr. 21 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 65 III 72

21. Entscheid vom 19. Juni 1939 i. S. Kläsi.

Regeste:
Legitimation zur Beschwerdeführung, Art. 17 ff SchKG:
Besteht bei einer Handelsgesellschaft oder juristischen Person kollektive
Zeichnungsberechtigung, so kann einer der nur gemeinsam Zeichnungsberechtigten
zwar allein für die Gesellschaft Recht vorschlagen, aber nicht beim
Widerspruch des Andern namens der Gesellschaft Beschwerde führen oder einen
Beschwerdeentscheid weiterziehen;
- ausgenommen, wenn gegen den Widersprechenden ein gerichtliches Verfahren auf
Entzug der Vertretungsbefugnis eingeleitet ist.
Qualité pour porter plainte, Art. 17 et suiv. LP:
En matière de sociétés commerciales ou de personnes morales celui dont la
signature n'engage la société que collectivement avec un autre peut cependant
faire opposition valable au nom de la société. Mais il n'a pas qualité pour
porter plainte ou recourir au nom de la société contre la décision rendue sur
la plainte, si celui qui doit normalement signer avec lui s'y refuse;

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- à moins toutefois qu'une procédure judiciaire no soit engagée contre
l'opposant, tendante à lui faire retirer le pouvoir de représentation.
Qualità per interporre reclamo, art. 17 e seg. LEF:
Se una società commerciale o una persona morale è vincolata dalla firma
collettiva di due persone, una di queste da sola può validamente fare
opposizione in nome della società, ma non ha qualità per interporre reclamo o
ricorrere contro la decisione di un reclamo, se l'altra persona si rifiuta di
firmare, a meno che contro quest'ultima sia intentata una procedura
giudiziaria per far revocare la sua facoltà di rappresentanza.

A. - Als der Firma Sanar G.m.b.H., Zürich, die aus den kollektiv
zeichnungsberechtigten Gesellschaftern Sessler und Frischknecht besteht, in
der Betreibung des J. Kläsi der Zahlungsbefehl zugestellt wurde, erklärte
Sessler ohne Einverständnis des Mitgesellschafters den Rechtsvorschlag. Das
Betreibungsamt vermerkte diesen auf der Gläubigerausfertigung des
Zahlungsbefehles. Hierüber beschwerte sich der Gläubiger. Er verlangte, dass
der Rechtsvorschlag als unwirksam erklärt und seinem Fortsetzungsbegehren
Folge gegeben werde. Das Bezirksgericht Zürich schützte die Beschwerde. Gegen
seinen Entscheid rekurrierte Sessler an die obere kantonale Aufsichtsbehörde.
Er erklärte, im Namen der betriebenen Gesellschaft zu handeln, obwohl der
Mitgesellschafter Frischknecht dem Rekurs entgegentrat und auf Abweisung
desselben beantragte. Eventuell beanspruchte Sessler für sich das selbständige
Rekursrecht in der Eigenschaft als Nebenintervenient. Das Obergericht trat auf
den Rekurs ein, hiess ihn gut und wies die Beschwerde ab.
B. - Mit seinem Rekurs an das Bundesgericht wiederholt der Gläubiger den
Beschwerdeantrag.
Die Schuldbetreibungs- u Konkurskammer
zieht in Erwägung:
Obwohl dem Gesellschafter Sessler nur kollektiv mit dem Mitgesellschafter
Frischknecht die Zeichnungsberechtigung für die betriebene Gesellschaft
zukommt, war er gemäss Art. 65 SchKG befugt, den Zahlungsbefehl allein

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entgegenzunehmen. Wenn die Vorinstanz daraus folgert, dass er auch den
Rechtsvorschlag namens der Betriebenen allein erklären durfte, so befindet sie
sich im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung. Hieraus ergibt sich aber
nichts für die Frage, ob Sessler allein auch zum Rekurs gegen den seine
Rechtsvorschlagserklärung aufhebenden Beschwerdeentscheid der ersten Instanz
legitimiert gewesen sei. Nur der Schuldner selber kann gegen eine seine Rechte
verletzende Betreibungshandlung Beschwerde führen, und nur er allein auch
gegen einen ihn berührenden Beschwerdeentscheid den Rekurs an die obere
Aufsichtsbehörde ergreifen. Ist der Schuldner eine juristische Person, so
haben diese Rechtshandlungen folglich von ihren Vertretungsberechtigten
auszugehen. Dies sind im vorliegenden Fall die beiden kollektiv
zeichnungsberechtigten Gesellschafter zusammen (Art. 814 u . 718 OR). Einem von
ihnen allein könnte die Legitimation zum Rekurs nur zuerkannt werden, wenn dem
andern die Vertretungsbefugnis durch den Richter im Sinne von Art. 814 Abs. 2
und 565 OR entzogen oder wenigstens das Verfahren für diese Entziehung
eingeleitet wäre. Davon ist vorliegend nicht die Rede. Die Vorinstanz durfte
deshalb auf den Rekurs des einen Gesellschafters, dem der andere ausdrücklich
widersprach, nicht eintreten, da er nicht von der Schuldnerin ausging.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird gutgeheissen, der Beschluss des Obergerichtes des Kantons
Zürich vom 19. Mai 1939 aufgehoben und das Betreibungsamt Zürich 1 angewiesen,
dem Fortsetzungsbegehren des Rekurrenten Folge zu geben.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 65 III 72
Date : 01. Januar 1938
Published : 19. Juni 1939
Source : Bundesgericht
Status : 65 III 72
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : Legitimation zur Beschwerdeführung, Art. 17 ff SchKG:Besteht bei einer Handelsgesellschaft oder...


Legislation register
OR: 565  814  814u
SchKG: 17  65
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