S. 55 / Nr. 16 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 60 III 55

16. Entscheid vom 27. April 1934 i. S. Aria.

Regeste:
Ist streitig, ob Lohnguthaben, welches das Existenzminimum nicht übersteigt,
wegen des Beitrages, den die gütergetrennte Ehefrau gemäss Art. 246
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 246 - Im Übrigen gelten die Bestimmungen über die Teilung von Miteigentum und die Durchführung der Erbteilung sinngemäss.
ZGB dem
Ehemanne zu leisten hat, doch pfändbar sei, so kann es nur als bestrittene
Forderung gepfändet werden - ausser bei einfachen Verhältnissen, die sich im
Beschwerdeverfahren unschwer abklären lassen.

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Débiteur marié. Salaire ne dépassant pas, en lui-même, le minimum d'existence.
Salaire néanmoins saisissable si ce minimum peut être dépassé grâce à la
contribution aux frais du ménage que le mari peut exiger de sa femme séparée
de biens, conformément à l'art. 246 CCS. La question de savoir s'il en est
ainsi en l'espèce ne peut être tranchée par les autorités de surveillance que
dans les cas tout à fait simples; sinon elle doit être réservée au juge, et le
salaire du mari ne peut être saisi que comme une prétention contestée.
Debitore sposato il cui salario non eccede il minimo necessario all'esistenza.
Malgrado ciò il salario è pignorabile se il minimo può essere sorpassato mercè
il contributo alle spese comuni che il marito può esigere, giusta il
prescritto dell'art. 246 Cc, dalla moglie separata di beni. L'autorità di
vigilanza può risolvere un quesito siffatto solo nei casi molto semplici; in
tutti gli altri casi la soluzione deve esserne riservata al giudice e il
salario del marito può essere pignorato solo come un credito contestato.

Die Rekurrentin betreibt den Rekursgegner, dessen gütergetrennte Ehefrau mit
einem ihr gehörenden Lastautomobil auf eigene Rechnung regelmässig Transporte
für die Migros A.-G. ausführt, wofür sie den Rekursgegner als Chauffeur
angestellt hat zu einem mit monatlich 300 Fr. zugestandenen Lohn. Obwohl das
Existenzminimum für die zahlreiche Familie auf 430 Fr. angenommen wird,
pfändete das Betreibungsamt am 11. November 1933 vom Monatslohn des
Rekursgegners je 100 Fr., indem es davon ausging, dass seine Ehefrau
erheblichen Geschäftsgewinn mache und an den Ehemann abliefern müsse. Auf
Beschwerde des Schuldners hin hat die Aufsichtsbehörde des Kantons Bern am 21.
Februar 1934 die Lohnpfändung aufgehoben gestützt auf das Gutachten eines
Autoexperten, dem zu entnehmen ist: «Flückiger verdient in Wirklichkeit mit
diesen Transporten mit dem Lastwagen rein gar nichts. Spitz gerechnet kostet
ihn der Fahrkilometer 54 Rappen, während er 50 Rappen vergütet bekommt. Zudem
ist die Zahl der vergüteten km kleiner als die der gefahrenen, da Umwege und
Leerfahrten nicht vergütet werden.» Diesen Entscheid hat die Rekurrentin, die
bisher noch nicht zum Worte gekommen war, ja eine

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Ausfertigung erst auf Beschwerde hin erhielt, an das Bundesgericht
weitergezogen mit den Anträgen auf Bestätigung der Lohnpfändung bezw. auf
Anordnung einer Lohnpfändung in neu zu bestimmender Höhe. Die Rekursbegründung
geht wesentlich dahin, die Feststellung der Vorinstanz, dass es der Ehefrau
des Rekursgegners nicht möglich sei, einen Beitrag an die ehelichen Lasten zu
leisten, bezw. dass aus ihrem Geschäftsbetrieb kein Gewinn resultiere, sei
vollkommen aktenwidrig, «indem eine Menge Anhaltspunkte dafür vorhanden sind,
dass die Feststellungen des Experten in keiner Weise richtig sind» (wird näher
ausgeführt).
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Dem Rekursgegner und seiner Familie ist nicht das ganze monatliche
Lohnguthaben von 300 Fr. unumgänglich notwendig, wenn er von seiner Ehefrau
zur Tragung der ehelichen Lasten einen Beitrag verlangen kann, der die
Differenz zwischen Lohn und Existenzminimum von monatlich 130 Fr. übersteigt
(Art. 246
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 246 - Im Übrigen gelten die Bestimmungen über die Teilung von Miteigentum und die Durchführung der Erbteilung sinngemäss.
ZGB). Voraussetzung hiefür ist, dass die Ehefrau aus dem in ihrem
Namen und auf ihre Rechnung betriebenen Automobiltransportgeschäft
entsprechende Geschäftsgewinne erziele. Dagegen ist gleichgültig, ob der
Anspruch des Ehemannes auf den Beitrag der Ehefrau ein höchstpersönliches
Recht und daher selbst unpfändbar sei, wie der Rekursgegner vorschützt, und es
könnte ihm auch nicht zugestanden werden, durch einen Verzicht auf den Beitrag
ein Lohnguthaben zum unumgänglich notwendigen und daher unpfändbaren zu
machen, das andernfalls nicht unumgänglich notwendig, sondern pfändbar wäre.
Bei einfachen Verhältnissen können die Betreibungsbehörden für sich in
Anspruch nehmen, über die Präjudizialfrage nach der Höhe des von der Ehefrau
zu leistenden Beitrages zu entscheiden (vgl. BGE 58 III S. 148). Indessen
stösst dies auf Schwierigkeiten in solchen Kantonen, wo es

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unverrückbarer Grundsatz ist, den betreibenden Gläubiger von der Teilnahme am
Verfahren über die Unpfändbarkeitsbeschwerden des Schuldners auszuschliessen
(ja ihm den die Beschwerde gutheissenden Entscheid vorzuenthalten, was schon
wiederholt als bundesrechtswidrig gerügt werden musste; vgl. BGE 47 III S. 79,
57 III S. 8). Darüber hinaus wird zuzugeben sein, dass sich das summarische
Beschwerdeverfahren im allgemeinen zur Beurteilung eines solchen Streites
nicht gut eignet, sobald einigermassen komplizierte Verhältnisse vorliegen.
Eine erschöpfende gerichtliche Beurteilung kann denn auch einfach dadurch
herbeigeführt werden, dass das Lohnguthaben in dem prima facie nicht als
unpfändbar erachteten Umfange gepfändet und als bestrittenes verwertet wird
(wenn immer möglich gemäss Art. 131 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 131 - 1 Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
1    Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
2    Sind alle pfändenden Gläubiger einverstanden, so können sie oder einzelne von ihnen, ohne Nachteil für ihre Rechte gegenüber dem betriebenen Schuldner, gepfändete Ansprüche im eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung und Gefahr geltend machen. Sie bedürfen dazu der Ermächtigung des Betreibungsamtes. Das Ergebnis dient zur Deckung der Auslagen und der Forderungen derjenigen Gläubiger, welche in dieser Weise vorgegangen sind. Ein Überschuss ist an das Betreibungsamt abzuliefern.262
SchKG). Gestützt hierauf wird der
Erwerber (betreibender Gläubiger) die Lohnforderung gegen die Ehefrau
einklagen können, wobei er jedoch nur durchdringt, wenn und soweit er ihr
einen Geschäftsgewinn nachweist, der einen Beitrag an die ehelichen Lasten in
der Höhe rechtfertigt, dass er zusammen mit dem als unpfändbar frei gelassenen
Teil des Lohnguthabens das Existenzminimum übersteigt. Als Vorzug dieser
Lösung darf es angesehen werden, dass die Streitfrage nach dem Geschäftsgewinn
gerade mit der Geschäftsinhaberin selbst ausgetragen werden kann.
Nur in diesem beschränkten Sinne kann dem Rekurs Folge gegeben werden. Dass
der angefochtene Entscheid auf aktenwidrigen Tatsachenfeststellungen beruhe,
lässt sich nämlich nicht sagen. Zwar ist das Gutachten über den
Geschäftsgewinn derart kurz und bündig abgefasst, dass es auf seine
Schlüssigkeit eigentlich kaum nachgeprüft werden kann. Allein die
verschiedenen Aktenwidrigkeitsrügen der Rekurrentin sind ebensowenig
schlüssig, ohne dass. dies im einzelnen begründet zu werden verdiente, nachdem
ausgeführt wurde, dass sich eine Streitsache von der Art der vorliegenden doch
nicht im Beschwerdeverfahren erledigen lasse, zumal nicht im Kanton Bern unter
Ausschluss des betreibenden Gläubigers.

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Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird dahin begründet erklärt, dass der angefochtene Entscheid
aufgehoben und das Betreibungsamt Bern-Land angewiesen wird, ein bestrittenes
Lohnguthaben von monatlich 100 Fr. zu pfänden.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 60 III 55
Date : 01. Januar 1934
Published : 27. April 1934
Source : Bundesgericht
Status : 60 III 55
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : Ist streitig, ob Lohnguthaben, welches das Existenzminimum nicht übersteigt, wegen des Beitrages...


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SchKG: 131
ZGB: 246
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