S. 189 / Nr. 48 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 60 III 189

48. Entscheid vom 12. Oktober 1934 i. S. Immobiliengenossenschaft Flurhof und
Thalmann.

Regeste:
Wird gegen die nach Stellung des Verwertungsbegehrens im
Grundpfandverwertungs- (oder Pfändungs-) verfahren vorgenommene Schätzung
Beschwerde mit dem Antrag auf Neuschätzung durch Sachverständige geführt, so
darf sich die Aufsichtsbehörde nicht auf die Nachprüfung der
betreibungsamtlichen (Sachverständigen-) Schätzung beschränken. Art. 9 Abs. 2
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 9 - 1 Die Schätzung soll den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Pfandforderungen sind summarisch anzugeben, jedoch ist zu ihrer Feststellung ein Widerspruchsverfahren nicht einzuleiten.
1    Die Schätzung soll den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Pfandforderungen sind summarisch anzugeben, jedoch ist zu ihrer Feststellung ein Widerspruchsverfahren nicht einzuleiten.
2    Jeder Beteiligte ist berechtigt, innerhalb der Frist zur Beschwerde gegen die Pfändung (Art. 17 Abs. 2 SchKG) bei der Aufsichtsbehörde gegen Vorschuss der Kosten eine neue Schätzung durch Sachverständige zu verlangen. Hat ein Gläubiger die Schätzung beantragt, so kann er Ersatz der Kosten vom Schuldner nur dann beanspruchen, wenn die frühere Schätzung des Betreibungsamtes wesentlich abgeändert wurde. Streitigkeiten über die Höhe der Schätzung werden endgültig durch die kantonale Aufsichtsbehörde beurteilt.17
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33
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 33 - Nach Ablauf der Anmeldungsfrist (Art. 138 Abs. 2 Ziff. 3 SchKG) hat das Betreibungsamt das Lastenverzeichnis anzufertigen, und zwar so rechtzeitig, dass es mit den Steigerungsbedingungen (Art. 134 Abs. 2 SchKG) aufgelegt werden kann.
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SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 99 - 1 Nach der Mitteilung des Verwertungsbegehrens an den Schuldner und gegebenenfalls den Dritteigentümer des Grundpfandes (Art. 155 Abs. 2 SchKG) fordert das Betreibungsamt einen Auszug aus dem Grundbuch über das zu versteigernde Grundstück ein (Art. 28 und 73 hiervor) und ordnet die Schätzung an (Art. 9 Abs. 1 und 23 hiervor).
1    Nach der Mitteilung des Verwertungsbegehrens an den Schuldner und gegebenenfalls den Dritteigentümer des Grundpfandes (Art. 155 Abs. 2 SchKG) fordert das Betreibungsamt einen Auszug aus dem Grundbuch über das zu versteigernde Grundstück ein (Art. 28 und 73 hiervor) und ordnet die Schätzung an (Art. 9 Abs. 1 und 23 hiervor).
2    Das Ergebnis der Schätzung ist, wenn es nicht in die Steigerungspublikation nach Artikel 29 hiervor aufgenommen wird, dem Gläubiger, der die Verwertung verlangt, sowie dem Schuldner und einem allfälligen Dritteigentümer mit der Anzeige mitzuteilen, dass sie innerhalb der Beschwerdefrist bei der Aufsichtsbehörde eine neue Schätzung durch Sachverständige im Sinne des Artikels 9 Absatz 2 hiervor verlangen können.
, 102
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 102 - Auf die Vorbereitung und Durchführung der Verwertung sind die Artikel 13, 28 Absatz 2, 29-42, 43 Absatz 1, 44-53, 54 Absatz 2, 56-70 und 72, im Falle der Verwertung eines Miteigentumsanteils die Artikel 73-73i sowie 74-78 hiervor entsprechend anwendbar; ausserdem gelten dafür die nachstehenden besonderen Vorschriften.
VZG
Soit dans la poursuite en réalisation de gage, soit dans la poursuite par voie
de saisie, la loi réserve aux intéressés le droit de

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porter plainte contre l'estimation qui a été faite de l'immeuble après le
dépôt de la réquisition de vente et de demander une nouvelle estimation par
des experts. L'autorité de surveillance qui est saisie d'une telle plainte ne
doit pas se contenter de contrôler la première estimation, même si l'office
l'avait déjà fait faire par des experts. Art. 9 al. 2, 23, 99 et 102 ORI.
Sia nell'esecuzione in via di realizzazione del pegno che in quella in via di
pignoramento, gli interessati hanno il diritto di impugnare la stima del fondo
fatta dopo la domanda di realizzazione e di domandare una nuova stima a mezzo
di periti. In questo caso l'autorità di vigilanza non può limitarsi a
riesaminare essa stessa la stima anteriore, anche se già fatta da periti. Art.
9 cap. 2, 23, 99 e 102 RRF.

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Gemäss Art. 99 bezw. 102 in Verbindung mit 33 der Verordnung über die
Zwangsverwertung von Grundstücken ist auf die Schätzung im
Grundpfandverwertungsverfahren der Art. 9 Abs. 2 der genannten Verordnung
anwendbar. Danach ist jeder Beteiligte berechtigt, innerhalb der Frist zur
Beschwerde über die Pfändung (hier: gegen die Schätzung bezw. deren
Bekanntgabe) bei der Aufsichtsbehörde gegen Vorschuss der Kosten eine neue
Schätzung durch Sachverständige zu verlangen. Dieses Recht kann nicht durch
eigene Nachprüfung der Schätzung des Betreibungsamtes oder des vom
Betreibungsamt beigezogenen Sachverständigen seitens der Aufsichtsbehörde
verkümmert werden. Ebensowenig ist die Ausübung dieses Rechtes davon abhängig,
dass der Kostenvorschuss, dessen Höhe der Beschwerdeführer ja zunächst gar
nicht kennen kann, sofort mit der Beschwerde geleistet werde; sondern es ist
hiefür eine kurze, immerhin angemessene Frist mit Androhung der
Verwirkungsfolge zu setzen. Somit hätte die Vorinstanz den Entscheid der
unteren Aufsichtsbehörde aufheben und die Sache zu neuer Behandlung im
angedeuteten Sinn an die untere Aufsichtsbehörde zurückweisen sollen, und ist
ihr anders lautender Entscheid wegen Verletzung des Art. 9 Abs. 2
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 9 - 1 Die Schätzung soll den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Pfandforderungen sind summarisch anzugeben, jedoch ist zu ihrer Feststellung ein Widerspruchsverfahren nicht einzuleiten.
1    Die Schätzung soll den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Pfandforderungen sind summarisch anzugeben, jedoch ist zu ihrer Feststellung ein Widerspruchsverfahren nicht einzuleiten.
2    Jeder Beteiligte ist berechtigt, innerhalb der Frist zur Beschwerde gegen die Pfändung (Art. 17 Abs. 2 SchKG) bei der Aufsichtsbehörde gegen Vorschuss der Kosten eine neue Schätzung durch Sachverständige zu verlangen. Hat ein Gläubiger die Schätzung beantragt, so kann er Ersatz der Kosten vom Schuldner nur dann beanspruchen, wenn die frühere Schätzung des Betreibungsamtes wesentlich abgeändert wurde. Streitigkeiten über die Höhe der Schätzung werden endgültig durch die kantonale Aufsichtsbehörde beurteilt.17


Seite: 191
VZG aufzuheben. Indessen kann das Bundesgericht den Sachverständigenbeweis
nicht etwa selbst erheben, weil nach der angeführten Vorschrift Streitigkeiten
über die Höhe der Schätzung endgültig durch die kantonale Aufsichtsbehörde
beurteilt werden. Vielmehr muss es seine Beurteilung auf den Beschwerdepunkt
beschränken, der nicht die eigentliche Bewertung des Grundpfandes betrifft,
sondern das bei solchen Streitigkeiten einzuschlagende Verfahren, und kann es
daher nur auf Rückweisung erkennen.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird dahin begründet erklärt, dass der angefochtene Entscheid
aufgehoben und die Sache zurückgewiesen wird.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 60 III 189
Datum : 01. Januar 1934
Publiziert : 12. Oktober 1934
Quelle : Bundesgericht
Status : 60 III 189
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Wird gegen die nach Stellung des Verwertungsbegehrens im Grundpfandverwertungs- (oder Pfändungs-)...


Gesetzesregister
VZG: 9 
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 9 - 1 Die Schätzung soll den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Pfandforderungen sind summarisch anzugeben, jedoch ist zu ihrer Feststellung ein Widerspruchsverfahren nicht einzuleiten.
1    Die Schätzung soll den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Pfandforderungen sind summarisch anzugeben, jedoch ist zu ihrer Feststellung ein Widerspruchsverfahren nicht einzuleiten.
2    Jeder Beteiligte ist berechtigt, innerhalb der Frist zur Beschwerde gegen die Pfändung (Art. 17 Abs. 2 SchKG) bei der Aufsichtsbehörde gegen Vorschuss der Kosten eine neue Schätzung durch Sachverständige zu verlangen. Hat ein Gläubiger die Schätzung beantragt, so kann er Ersatz der Kosten vom Schuldner nur dann beanspruchen, wenn die frühere Schätzung des Betreibungsamtes wesentlich abgeändert wurde. Streitigkeiten über die Höhe der Schätzung werden endgültig durch die kantonale Aufsichtsbehörde beurteilt.17
33 
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 33 - Nach Ablauf der Anmeldungsfrist (Art. 138 Abs. 2 Ziff. 3 SchKG) hat das Betreibungsamt das Lastenverzeichnis anzufertigen, und zwar so rechtzeitig, dass es mit den Steigerungsbedingungen (Art. 134 Abs. 2 SchKG) aufgelegt werden kann.
99 
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 99 - 1 Nach der Mitteilung des Verwertungsbegehrens an den Schuldner und gegebenenfalls den Dritteigentümer des Grundpfandes (Art. 155 Abs. 2 SchKG) fordert das Betreibungsamt einen Auszug aus dem Grundbuch über das zu versteigernde Grundstück ein (Art. 28 und 73 hiervor) und ordnet die Schätzung an (Art. 9 Abs. 1 und 23 hiervor).
1    Nach der Mitteilung des Verwertungsbegehrens an den Schuldner und gegebenenfalls den Dritteigentümer des Grundpfandes (Art. 155 Abs. 2 SchKG) fordert das Betreibungsamt einen Auszug aus dem Grundbuch über das zu versteigernde Grundstück ein (Art. 28 und 73 hiervor) und ordnet die Schätzung an (Art. 9 Abs. 1 und 23 hiervor).
2    Das Ergebnis der Schätzung ist, wenn es nicht in die Steigerungspublikation nach Artikel 29 hiervor aufgenommen wird, dem Gläubiger, der die Verwertung verlangt, sowie dem Schuldner und einem allfälligen Dritteigentümer mit der Anzeige mitzuteilen, dass sie innerhalb der Beschwerdefrist bei der Aufsichtsbehörde eine neue Schätzung durch Sachverständige im Sinne des Artikels 9 Absatz 2 hiervor verlangen können.
102
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 102 - Auf die Vorbereitung und Durchführung der Verwertung sind die Artikel 13, 28 Absatz 2, 29-42, 43 Absatz 1, 44-53, 54 Absatz 2, 56-70 und 72, im Falle der Verwertung eines Miteigentumsanteils die Artikel 73-73i sowie 74-78 hiervor entsprechend anwendbar; ausserdem gelten dafür die nachstehenden besonderen Vorschriften.
BGE Register
60-III-189
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
betreibungsamt • untere aufsichtsbehörde • kostenvorschuss • sicherstellung • requisition • grundpfand • angemessene frist • innerhalb • schuldbetreibungs- und konkursrecht • bundesgericht • vorinstanz • frist • verwertungsbegehren • weiler