S. 387 / Nr. 63 Personenrecht (d)

BGE 60 II 387

63. Urteil der II. Zivilabteilung vom 22. November 1934 i. S. Dedual gegen
Dedual.


Seite: 387
Regeste:
Gerichtliche Anfechtung der Namensänderung gemäss Art. 30
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 30 - 1 Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.46
1    Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.46
2    ...47
3    Wer durch Namensänderung verletzt wird, kann sie binnen Jahresfrist, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, gerichtlich anfechten.
ZGB:
1. Gerichtsstand am Heimatort des Beklagten; doch ist Prorogation möglich
(Erw. 1).
2. Formulierung des Klagantrages (Erw. 1 und 3).
3. Voraussetzungen der Namensrechtsverletzung (Erw. 2).

A. - Der Kleine Rat des Kantons Graubünden hat am 2. März 1932 den Beklagten,
die Bürger von Cazis sind und in Elgg, Winterthur, Zürich und bezw. Romanshorn
wohnen, die Bewilligung erteilt, den Familiennamen Dual in Dedual abzuändern.
Mit der vorliegenden, auf Bestimmung des Obergerichts des Kantons Zürich hin
beim Friedensrichteramt Winterthur erhobenen Klage verlangt der Kläger, der
Bürger von Präsanz ist und in Chur wohnt, die Aufhebung dieses
Regierungsratsbeschlusses.
An der Sühneverhandlung unterzog sich der in Romanshorn wohnende Beklagte
Walter D. dem Gerichtsstand Winterthur.
Vor den kantonalen Instanzen verhandelten die Beklagten widerspruchslos zur
Hauptsache.
B. - Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 16. Juni 1934 den Beklagten das
durch den Kleinen Rat des Kantons Graubünden zuerkannte Recht auf die Führung
des Namens Dedual anstelle des Namens Dual aberkannt.
C. - Gegen dieses Urteil haben die Beklagten die Berufung an das Bundesgericht
erklärt mit dem Antrag auf Aufhebung desselben und Abweisung der Klage.

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Der Kläger hat sich der Berufung angeschlossen mit dem Antrag, die Klage sei
in vollem Umfang gutzuheissen und der Regierungsratsbeschluss gänzlich
aufzuheben.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Nur weil alle Beklagten bis auf einen im gleichen Kanton wohnen und der
letztere sich zu einer Prorogation herbeigelassen hat, war es dem Kläger
möglich, sein Ziel mit einer einzigen anderswo als am Heimatort der Beklagten
erhobenen Klage zu verfolgen. Hieraus ergibt sich die Wünschbarkeit der
gesetzlichen Anordnung eines einheitlichen Gerichtsstandes für die auf Art. 30
Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 30 - 1 Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.46
1    Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.46
2    ...47
3    Wer durch Namensänderung verletzt wird, kann sie binnen Jahresfrist, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, gerichtlich anfechten.
ZGB gestützte Klage. Indessen herrschte bei der Ausarbeitung des ZGB
keine einheitliche Meinung über diesen Gerichtsstand (vgl. Protokoll der
Expertenkommission I S. 17 ff.), so dass unmöglich gesagt werden könnte, aus
der Natur dieser Klage ergebe sich ein einheitlicher Gerichtsstand, und
insbesondere welches dieser Gerichtsstand wäre (weil nämlich auch derjenige am
Wohnort des Klägers in Betracht gezogen werden könnte). Doch ist auch ohne
einen solchen aus dem ZGB heraus zu lesenden Gerichtsstand auszukommen, weil
sich die erwünschte Lösung aus dem ZivrVerhG entnehmen lässt, dessen
Gerichtsstandsvorschriften nach wie vor gelten, soweit sie nicht durch solche
des ZGB ersetzt worden sind (Art. 59
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 59 - 1 Für die öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Körperschaften und Anstalten bleibt das öffentliche Recht des Bundes und der Kantone vorbehalten.
1    Für die öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Körperschaften und Anstalten bleibt das öffentliche Recht des Bundes und der Kantone vorbehalten.
2    Personenverbindungen, die einen wirtschaftlichen Zweck verfolgen, stehen unter den Bestimmungen über die Gesellschaften und Genossenschaften.
3    Allmendgenossenschaften und ähnliche Körperschaften verbleiben unter den Bestimmungen des kantonalen Rechtes.
, ursprünglich 61, des Schlusstitels des
ZGB; BGE 42 II 309; 55 II 325). Insbesondere ist, freilich vor der Herrschaft
des ZGB, jedoch mit nach wie vor zutreffender Begründung, entschieden worden,
dass für die Namensänderung Art. 8 ZivrVerhG gilt, wonach der Familienstand
(état civil) einer Person (sich nach dem heimatlichen Recht bestimmt und) der
Gerichtsbarkeit der Heimat unterliegt (BGE 33 I 776; vgl. auch BGE 36 I 391).
Hieran ist festzuhalten ungeachtet des Art. 30 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 30 - 1 Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.46
1    Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.46
2    ...47
3    Wer durch Namensänderung verletzt wird, kann sie binnen Jahresfrist, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, gerichtlich anfechten.
ZGB, wonach die
Namensänderung keine Veränderung des Personenstandes (condition) bewirkt.
Durch diese Vorschrift, die ja gerade auch die Eintragung der

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Namensänderung im Zivilstandsregister anordnet, wird keineswegs verneint, dass
die Namensänderung, welche gemäss Art. 161 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 161 - Jeder Ehegatte behält sein Kantons- und Gemeindebürgerrecht.
und 270
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 270 - 1 Sind die Eltern miteinander verheiratet und tragen sie verschiedene Namen, so erhält das Kind denjenigen ihrer Ledignamen, den sie bei der Eheschliessung zum Namen ihrer gemeinsamen Kinder bestimmt haben.
1    Sind die Eltern miteinander verheiratet und tragen sie verschiedene Namen, so erhält das Kind denjenigen ihrer Ledignamen, den sie bei der Eheschliessung zum Namen ihrer gemeinsamen Kinder bestimmt haben.
2    Die Eltern können innerhalb eines Jahres seit der Geburt des ersten Kindes gemeinsam verlangen, dass das Kind den Ledignamen des andern Elternteils trägt.
3    Tragen die Eltern einen gemeinsamen Familiennamen, so erhält das Kind diesen Namen.
ZGB notwendigerweise
eine ganze - engere - Familie (sofern sie vorhanden ist) ergreift, den
Familienstand, état civil, betrifft. Vielmehr bringt Art. 30 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 30 - 1 Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.46
1    Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.46
2    ...47
3    Wer durch Namensänderung verletzt wird, kann sie binnen Jahresfrist, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, gerichtlich anfechten.
ZGB nur
zum Ausdruck, was übrigens selbstverständlich ist, dass durch die
Namensänderung keine familienrechtlichen Beziehungen gelöst oder umgekehrt
geschaffen werden. Art. 8 ZivrVerhG führt somit die natürlich erscheinende
Übereinstimmung in der örtlichen Zuständigkeit zur Bewilligung der
Namensänderung und zur Beurteilung der Anfechtung der Namensänderung herbei.
Freilich ist diese Übereinstimmung nicht etwa deshalb unerlässlich, weil der
die Namensänderung bewilligende Beschluss des Regierungsrates nur durch die
Gerichte des eigenen Kantons aufgehoben werden könnte. Die gerichtliche
Anfechtung der Namensänderung braucht nicht geradezu auf die Aufhebung des sie
bewilligenden Regierungsratsbeschlusses gerichtet zu sein, sondern sie bringt
nur ein privates Namensrecht zur Geltung gegenüber der Verleihung des gleichen
Namens an einen dritten Nichtberechtigten, welche ohne Rücksicht auf
allfällige entgegenstehende private Namensrechte und daher unter
stillschweigendem Vorbehalt solcher Rechte stattgefunden hat. Auch ohne dass
der Regierungsratsbeschluss ausdrücklich aufgehoben wird, kann dem
gerichtlichen Urteil Nachachtung verschafft werden durch die von Art. 126 und
130 ff. der Verordnung über den Zivilstandsdienst vorgeschriebene Mitteilung
an die Zivilstandsämter des Heimatortes und des Wohnortes des Beklagten und
Behandlung dieser Mitteilung, wodurch die gemäss Art. 127 l. c. gemachte
Mitteilung über die Namensänderungsbewilligung überholt wird. Ausserdem wird
das Gericht zum gleichen Zweck die Veröffentlichung seines Urteils anordnen
können. Indessen liegt im vorliegenden Falle kein genügender Anlass dafür vor,
von Amtes wegen die Bekanntmachung des

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Regierungsratsbeschlusses im Amtsblatt des vom Wohnsitzkanton verschiedenen
Heimatkantons der Beklagten durch eine nicht besonders beantragte neue
Bekanntmachung im gleichen Blatt zu entkräften.
Hieraus ergibt sich auch, dass das Verhältnis der Klage auf Anfechtung der
Namensänderung zur regierungsrätlichen Bewilligung der Namensänderung einer
Prorogation nicht entgegensteht. Sind die von Art. 8 ZivrVerhG geordneten
Gerichtsstände zwar im allgemeinen der Verfügung der Parteien entzogene, sog.
ausschliessliche, so hat dies seinen Grund darin, dass öffentliche Interessen
die willkürliche Verschiebung des Gerichtsstandes verbieten. Mit der
gerichtlichen Anfechtung der Namensänderung werden aber gerade nur private
Interessen des Klägers geltend gemacht, weshalb nicht einzusehen ist, warum
sich die Parteien nicht sollten darüber frei verständigen können, wo jene
Interessen zum Austrag gebracht werden sollen. Nun haben sich die Beklagten
nicht nur vorbehaltlos auf die in Winterthur erhobene Klage eingelassen,
sondern ihr Anwalt hat sich zu einer ausdrücklichen Prorogation bezüglich des
Beklagten Walter D. herbeigelassen, weshalb ihre Einlassung umsoeher als für
eine allgemeine Prorogation konkludentes Verhalten angesehen werden darf.
Demzufolge waren ausnahmsweise die zürcherischen Gerichte anstelle der grau
bündnerischen zur Beurteilung der vorliegenden Klage zuständig.
2.- Die seit langem in gehobener sozialer Position stehende (weitere) Familie
des Klägers ist nicht stark verzweigt, und sonstige Träger des gleichen Namens
sind ebenfalls nicht viele vorhanden. In Anlehung an BGE 52 II 102 kann unter
diesen Umständen dem Kläger nicht das Recht abgesprochen werden, vom Gebrauch
seines Namens Dritte auszuschliessen, welche für die Aufgabe des bisherigen
und die Annahme gerade dieses Namens keinen andern Grund vorbringen können als
eine im Widerspruch zu den Einträgen in den

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Zivilstandsregistern stehende Anmassung, die dem Kläger wegen der Entfernung
der Wohnorte früher verborgen geblieben sein wird. (Aus dem auf den Namen
Dedual lautenden geistlichen Trauschein des (Ur-) Grossvaters können sich die
Beklagten nämlich ebensowenig berufen, wie es andere Nachkommen desselben
getan haben, die nichtsdestoweniger am Namen Dual festhielten.) An der
unbefugten Anmassung würde entgegen der nicht näher begründeten Ansicht der
Vorinstanz nichts geändert, selbst wenn nicht bloss ganz unbestimmt behauptet,
sondern einigermassen wahrscheinlich gemacht worden wäre, dass der
(Ur-)Grossvater von einem Träger des Namens Dedual ausserehelich erzeugt
worden sei.
3.- Dass der Anschlussberufung keine Folge gegeben werden kann, noch muss,
ergibt sich aus dem bereits in Erwägung 1 Gesagten.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Haupt- und Anschlussberufung werden abgewiesen und das Urteil des Obergerichts
des Kantons Zürich vom 16. Juni 1934 bestätigt.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 60 II 387
Date : 01. Januar 1934
Published : 22. November 1934
Source : Bundesgericht
Status : 60 II 387
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Gerichtliche Anfechtung der Namensänderung gemäss Art. 30 ZGB:1. Gerichtsstand am Heimatort des...


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ZGB: 30  59  161  270
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33-I-770 • 36-I-391 • 42-II-309 • 52-II-100 • 55-II-323 • 60-II-387
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