S. 181 / Nr. 43 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 59 III 181

43. Entscheid vom 19. Juni 1933 i. S. Zahn.

Regeste:
Pfändung auf Grund eines nur der Ehefrau zugestellten Zahlungsbefehls: Will
der Ehemann geltend machen, die gepfändete Sache gehöre nicht zum Sondergut
der Ehefrau, so kann er nicht mit Beschwerde die Aufhebung der Pfändung,
sondern nur die Einleitung des Widerspruchsverfahrens (gemäss Art. 109 SchKG)
verlangen.
Saisie opérée sur la base d'un commandement de payer notifié seulement à la
femme: Le mari qui entend soutenir que le bien saisi ne fait pas partie des
biens réservés de la femme ne doit pas conclure par voie de plainte à
l'annulation de la saisie, mais demander l'ouverture de la procédure de
revendication prévue à l'art. 109 LP.

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Pignoramento eseguito in base ad un precetto esecutivo notificato solo alla
moglie: il marito che intende far valere che il bene pignorato non fa parte
dei beni riservati della maglie non deve chiedere l'annullamento del
pignoramento mediante - reclamo, ma domandare che venga iniziata la procedura
di rivendicazione prevista all'art. 109 LEF.

A. - In der Betreibung des J. Sulger gegen Frau Zahn-Market, in welcher dem
Ehemanne der Betriebenen keine Ausfertigung des Zahlungsbefehles zugestellt
worden war, pfändete das Betreibungsamt Speicher einen Schrankgramophon
«Adler» mittel-eichen, 108 cm hoch.
B. Mit der vorliegenden Beschwerde verlangen die Ehegatten Zahn-Market
Aufhebung der Pfändung aus dem Grunde, dass die gepfändete Sache nicht zum
Sondergut der Ehefrau gehöre.
C. - Die kantonale Aufsichtsbehörde hat am 6. Juni 1933 die Beschwerde in dem
Sinne geschützt, dass sie das Betreibungsamt anwies, das Verfahren nach Art.
106 SchKG einzuleiten.
D. - Diesen Entscheid haben die Beschwerdeführer an das Bundesgericht
weitergezogen mit dem Antrag, der gepfändete Schrankgramophon sei aus der
Pfändung zu entlassen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
Ist ein Zahlungsbefehl ausschliesslich an eine verheiratete Frau und nicht
ebenfalls an deren Ehemann zugestellt worden, so können gestützt darauf
freilich nur solche Vermögensstücke gepfändet werden, die zu ihrem Sondergute
gehören, dagegen nicht sonstiges Frauenvermögen, ausgenommen in dem hier nicht
zutreffenden Falle der im Güterrechtsregister des Wohnortes eingetragenen
Gütertrennung. Ob ein Vermögensstück zum Sondergut der Ehefrau gehöre und
nicht zu ihrem eingebrachten Gut (oder gar zum Mannesgut), ist nach den
Vorschriften der Art. 190 und 191 ZGB bezw. in Auslegung der hier

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vorgesehenen Rechtsgeschäfte zu beurteilen, also eine Frage des materiellen
Zivilrechtes, deren Entscheidung nicht von den Aufsichtsbehörden getroffen
werden kann, sondern den Zivilgerichten vorbehalten werden muss (BGE 53 III S.
1
; 56 III S. 128; 58 III S. 101, 184). Wird gegen die bereits vollzogene
Pfändung einer Sache Beschwerde geführt, sei es dass sie von der Ehefrau als
zu ihrem eingebrachten Gute gehörend bezeichnet oder vom Ehemann als zum
eingebrachten Frauengut gehörend beansprucht werde, so steht es daher den
Aufsichtsbehörden nicht zu, die Pfändung aufzuheben, sondern sie müssen sich
darauf beschränken, die Einleitung des Widerspruchsverfahrens anzuordnen,
sofern sie noch nicht stattgefunden hat (vgl. BGE a.a.O.). Zutreffend hat
somit die Vorinstanz der Beschwerde nur in diesem beschränkten Sinne Folge
gegeben. Unbehelflich ist der Einwand der Rekurrenten, die dem Ehemanne
zustehende Einrede, es handle sich nicht um eine Vollschuld, sondern um eine
Sondergutsschuld, sei nicht identisch mit der Frage des ehemännlichen
Nutzniessungsrechtes; denn die erstere Frage spielt hier keine Rolle, wo der
Gläubiger dem Ehemanne keine Ausfertigung des Zahlungsbefehles hat zustellen
lassen, was darauf hinausläuft, dass er gar nicht daran gedacht hat, eine
Vollschuld der Ehefrau geltend zu machen. Ebensowenig ist das Bedenken der
Rekurrenten begründet, auch im Falle des Obsiegens des Ehemannes im
Widerspruchsverfahren oder -prozess würde es zur Versteigerung der streitigen
Sache, freilich unter Vorbehalt seiner Rechte daran, kommen; denn die
Weiterdauer dieser Rechte wäre unvereinbar mit dem Ausscheiden der Sache aus
dem Frauengut, weil es sich dabei eben nicht um ein eigentliches
Nutzniessungsrecht handelt, wie die Rekurrenten zu meinen scheinen.
Bei der Anordnung des Widerspruchsverfahrens gemäss Art. 106 SchKG muss es das
Bewenden haben, weil die Rekurrenten auch nicht eventuell den Antrag gestellt
haben, es sei das Widerspruchsverfahren gemäss Art. 109

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SchKG einzuleiten, wie es nach BGE 58 III S. 4 richtig gewesen wäre.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 59 III 181
Datum : 01. Januar 1932
Publiziert : 19. Juni 1933
Quelle : Bundesgericht
Status : 59 III 181
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Pfändung auf Grund eines nur der Ehefrau zugestellten Zahlungsbefehls: Will der Ehemann geltend...


Gesetzesregister
SchKG: 106  109
ZGB: 190  191
BGE Register
53-III-1 • 58-III-3 • 59-III-181
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
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