141 III 241
34. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Versicherung B. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_25/2015 vom 29. Mai 2015
Regeste (de):
- Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
- Beansprucht eine arbeitslose Person Krankentaggelder und hat sie keinen Anspruch auf Taggelder der Arbeitslosenversicherung, so hat sie zum Beweis eines Erwerbsausfalls eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür nachzuweisen, dass sie ohne Krankheit eine Erwerbstätigkeit ausüben würde. War die versicherte Person im Zeitpunkt ihrer Erkrankung noch nicht arbeitslos, profitiert sie von der tatsächlichen Vermutung, dass sie ohne Krankheit erwerbstätig wäre (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 3).
Regeste (fr):
- Art. 8 CC; assurance d'indemnité journalière en cas de maladie; assurance contre les dommages; preuve de la perte de gain en cas de chômage.
- Une personne sans emploi, qui réclame des indemnités journalières pour cause de maladie sans avoir droit à des indemnités journalières de l'assurance-chômage, doit établir avec une vraisemblance prépondérante, pour prouver une perte de gain, qu'elle exercerait une activité lucrative si elle n'était pas malade. Si la personne assurée n'était pas déjà sans emploi lorsqu'elle est tombée malade, elle profite de la présomption de fait selon laquelle elle exercerait une activité lucrative sans sa maladie (précision de la jurisprudence; consid. 3).
Regesto (it):
- Art. 8 CC; assicurazione d'indennità giornaliere in caso di malattia; assicurazione contro i danni; prova della perdita di guadagno nel caso di disoccupazione.
- Per provare la perdita di guadagno una persona disoccupata, che pretende indennità giornaliere per malattia senza avere diritto a indennità giornaliere dell'assicurazione contro la disoccupazione, deve dimostrare con una verosimiglianza preponderante che essa, senza la malattia, eserciterebbe un'attività lucrativa. Se la persona assicurata non era disoccupata nel momento in cui si è ammalata, essa beneficia della presunzione di fatto secondo cui, senza la malattia, eserciterebbe un'attività lucrativa (precisazione della giurisprudenza; consid. 3).
Erwägungen ab Seite 242
BGE 141 III 241 S. 242
Aus den Erwägungen:
3. Die Beschwerdeführerin (Versicherte) rügt eine Verletzung von Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
3.1 Nach Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
BGE 141 III 241 S. 243
überwiegenden Wahrscheinlichkeit) zu beweisen, dass sie eine Erwerbstätigkeit ausüben würde, wenn sie nicht krank wäre. Daran ändert entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nichts, dass die Beschwerdegegnerin zunächst Taggelder ausbezahlt hat. Ändern sich die relevanten Umstände, so hat die Beschwerdeführerin zu beweisen, dass sie (weiterhin) Anspruch auf Taggelder wegen Erwerbsausfalls hat. Die Rüge der bundesrechtswidrigen Beweislastverteilung erweist sich damit als unbegründet.
3.2 Die Beweislastverteilung regelt die Folgen der Beweislosigkeit. Gelangt ein Gericht dagegen in Würdigung der Beweise zum Schluss, eine Tatsachenbehauptung sei bewiesen oder widerlegt, ist die Beweislastverteilung gegenstandslos (BGE 138 III 359 E. 6.3 S. 365; BGE 134 III 235 E. 4.3.4 S. 241; BGE 131 III 646 E. 2.1 S. 649; BGE 130 III 591 E. 5.4 S. 602). Tatsächliche Vermutungen lassen den Schluss auf das Vorhandensein oder das Fehlen bestimmter Tatsachen zu und bilden Teil der Beweiswürdigung (BGE 135 II 161 E. 3 S. 166; BGE 130 II 482 E. 3.2 S. 486; BGE 120 II 248 E. 2c S. 250). Dazu gehört auch die von der Beschwerdeführerin beanstandete Vermutung, wonach sie auch bei gesunder Verfassung keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre.
3.2.1 Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil die bundesgerichtliche Rechtsprechung wiedergegeben, wonach im Falle von Arbeitslosigkeit grundsätzlich zwei Fallkategorien zu unterscheiden sind: Verliert die versicherte Person ihre Stelle durch Kündigung zu einem Zeitpunkt, in welchem sie bereits zufolge Krankheit arbeitsunfähig ist, so gilt die Vermutung, dass sie - wie vor der Erkrankung - erwerbstätig wäre, wenn sie nicht erkrankt wäre. Erkrankt die versicherte Person demgegenüber erst, nachdem sie arbeitslos geworden ist, gilt nach der Rechtsprechung die Vermutung, dass die versicherte Person auch ohne Krankheit weiterhin keine Erwerbstätigkeit ausüben würde; diese Vermutung kann nach der Rechtsprechung durch den Nachweis widerlegt werden, dass die versicherte Person mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine konkret bezeichnete Stelle angetreten hätte, wenn sie nicht erkrankt wäre (Urteile 4A_138/2013 vom 27. Juni 2013 E. 4.1; 9C_311/2010 vom 2. August 2010 E. 1.3; 9C_332/2007 vom 29. Mai 2008 E. 2.1 und K 16/03 vom 8. Januar 2004 E. 2.3.2). Vorliegend ist die zweite Fallkategorie einschlägig, da die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt ihrer Erkrankung bereits arbeitslos war. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die soeben dargelegte
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(tatsächliche) Vermutung, wonach die versicherte Person ohne Krankheit weiterhin keine Erwerbstätigkeit ausüben würde. Sie macht geltend, eine solche Vermutung verletze in verschiedener Hinsicht Bundesrecht.
3.2.2 Die beweisbelastete Partei kann den ihr obliegenden Beweis unter Berufung auf eine tatsächliche Vermutung erbringen, denn diese mildert ihre konkrete Beweisführungslast. Gelingt jedoch dem Vermutungsgegner der Gegenbeweis, so greift die tatsächliche Vermutung nicht mehr und der Beweis ist gescheitert. Es liegt Beweislosigkeit vor und deren Folgen treffen die beweisbelastete Partei (vgl. BGE 135 II 161 E. 3 S. 166; HANS PETER WALTER, in: Berner Kommentar, 2012, N. 474 und 476 zu Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
3.2.3 Die Rechtsprechung ist daher wie folgt zu präzisieren: Beansprucht eine arbeitslose Person, die keinen Anspruch auf Taggelder der Arbeitslosenversicherung hat, Krankentaggelder, so obliegt ihr der Beweis eines Erwerbsausfalls. Die versicherte Person hat mithin eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür nachzuweisen, dass sie ohne Krankheit eine Erwerbstätigkeit ausüben würde. Dies gilt namentlich, wenn sie im Zeitpunkt ihrer Erkrankung bereits arbeitslos war. War die versicherte Person im Zeitpunkt ihrer Erkrankung noch nicht arbeitslos, so profitiert sie von der tatsächlichen Vermutung, dass sie ohne Krankheit erwerbstätig wäre; die Versicherung kann diesbezüglich den Gegenbeweis antreten, der sich gegen die Vermutungsbasis oder die Vermutungsfolge richten kann.
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3.2.4 Damit erübrigt sich eine nähere Prüfung der einzelnen Rügen der Beschwerdeführerin, die sich gegen die (aufgehobene) Vermutung richten.
3.2.5 Nach den dargelegten Grundsätzen hat die Beschwerdeführerin somit - da sie im Zeitpunkt ihrer Erkrankung bereits arbeitslos war - eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür nachzuweisen, dass sie ohne Krankheit eine Erwerbstätigkeit ausüben würde. Nachdem ihr dieser Beweis nicht gelungen ist, hat die Vorinstanz ihre Klage zu Recht abgewiesen.