137 II 305
25. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Sicherheitsdirektion und Regierungsrat des Kantons Zürich (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) 2D_56/2010 vom 26. Mai 2011
Regeste (de):
Art. 83 lit. c Ziff. 2







Regeste (fr):
Art. 83 let. c ch. 2, 3 et 4 ainsi qu'art. 113 ss et 115 LTF; art. 66 et 83 al. 1 et 6 LEtr; voie de droit à disposition contre une décision cantonale sur les obstacles à l'exécution d'un renvoi. Seul le recours constitutionnel subsidiaire est ouvert contre les décisions cantonales de dernière instance rendues séparément sur la question des obstacles liés à l'exécution d'un renvoi. Comme la personne sous le coup d'une décision de renvoi ne dispose pas, en cas d'obstacles à son renvoi, d'un droit à ce que le canton demande une admission provisoire à l'Office fédéral qui est exclusivement compétent pour décider en cette matière, seule peut être invoquée la violation de droits constitutionnels spécifiques (protection de la vie humaine, protection contre les traitements cruels, inhumains ou dégradants, etc.) ou la violation de droits de parties dont le manquement équivaut à un déni de justice formel ("Star-Paxis"; consid. 1-3). Appréciation du cas particulier (consid. 4).
Regesto (it):
Art. 83 lett. c n. 2, 3 e 4 nonché art. 113 segg. e 115 LTF; art. 66 e 83 cpv. 1 e 6 LStr; rimedio di diritto esperibile contro una decisione cantonale concernente gli ostacoli all'esecuzione di un allontanamento. Contro le decisioni cantonali di ultima istanza emanate separatamente e concernenti gli ostacoli all'esecuzione di un allontanamento può essere proposto soltanto il ricorso sussidiario in materia costituzionale. Poiché la persona colpita da una decisione di allontanamento non ha alcun diritto, in presenza di ostacoli all'allontanamento, a che il Cantone proponga l'ammissione provvisoria all'Ufficio federale, solo competente in materia, è possibile far valere unicamente la violazione di specifici diritti costituzionali (protezione della vita umana, protezione contro i trattamenti crudeli, inumani o degradanti, ecc.) oppure la violazione di diritti di parte equivalente a un diniego di giustizia formale (cosiddetta "Star-Praxis"; consid. 1-3). Esame del caso concreto (consid. 4).
Sachverhalt ab Seite 306
BGE 137 II 305 S. 306
Die kosovarische Staatsangehörige X. (geb. 1984) heiratete Ende 2004 einen in der Schweiz niedergelassenen Landsmann, worauf ihr eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei diesem erteilt wurde. Im August 2007 trennten sich die Eheleute; am 5. März 2008 wurde die Ehe geschieden. Die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich verlängerte in der Folge am 5. September 2008 die Aufenthaltsbewilligung von X. nicht mehr. Die von dieser hiergegen ergriffenen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg (vgl. das Urteil 2D_23/2009 vom 24. Juli 2009). Am 4. März 2010 forderte die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich (Migrationsamt) X. auf, die Schweiz nunmehr bis zum 31. Mai 2010 zu verlassen. Der Regierungsrat des Kantons Zürich wies am 16. Juni 2010 den hiergegen gerichteten Rekurs ab, soweit er darauf eintrat. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung lehnte er mit der Begründung ab, dass die Eingabe
BGE 137 II 305 S. 307
aussichtslos gewesen sei. X. gelangte darauf an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, welches am 8. September 2010 ihre Beschwerde ebenfalls abwies, soweit es darauf eintrat. Das Gericht ging im Wesentlichen davon aus, dass keine Vollzugshindernisse gegen die Wegweisung "manifest" seien, weshalb es sich nicht rechtfertige, beim Bundesamt für Migration eine vorläufige Aufnahme zu beantragen oder "eine entsprechende Antragsstellung" anzuordnen. Bezüglich des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung liess es die Frage der Aussichtslosigkeit der Eingabe offen, da X. auf jeden Fall ihre Mittellosigkeit nicht hinreichend dargetan habe. Das Bundesgericht weist die von X. hiergegen eingereichte Beschwerde (mit substituierter Begründung bezüglich der unentgeltlichen Rechtspflege im Kanton) ab, soweit es darauf eintritt. (Zusammenfassung)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gegen Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts unzulässig, die Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundes- noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt (Art. 83 lit. c Ziff. 2

1.2 Die Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf eine Bewilligung mehr. Das Migrationsamt des Kantons Zürich hat sie am 4. März 2010 angehalten, die Schweiz zu verlassen, und das Vorliegen von Vollzugshindernissen verneint. Nur noch die Verfassungsmässigkeit dieses - durch das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich am 8. September 2010 bestätigten - Wegweisungsentscheids bildet Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Der Antrag, auch die Entscheide des
BGE 137 II 305 S. 308
Regierungsrats und der Sicherheitsdirektion aufzuheben, ist unzulässig, da diese kantonal nicht letztinstanzlich sind (vgl. Art. 113



2. Zur Verfassungsbeschwerde ist legitimiert, wer (lit. a) vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder zu Unrecht keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat und (lit. b) ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids dartun kann (Art. 115

3. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe in willkürlicher Weise verneint, dass bei ihr Wegweisungsvollzugshindernisse bestünden. Der Vollzug der Wegweisung sei ihr unzumutbar. Auf ihre Rüge und den damit verbundenen Antrag, den Kanton anzuhalten, beim Bundesamt für Migration um eine vorläufige Aufnahme nachzusuchen, ist mangels eines entsprechenden Rechtsanspruchs nicht einzutreten:
3.1 Ist der Vollzug der Weg- oder Ausweisung nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar, verfügt das Bundesamt für Migration
BGE 137 II 305 S. 309
die vorläufige Aufnahme (Art. 83 Abs. 1






3.2 Vollzugshindernisse können von jedem weggewiesenen Ausländer gegenüber jeder wegweisenden Behörde vorgebracht werden (ILLES, a.a.O., N. 6 zu Art. 83




BGE 137 II 305 S. 310
berücksichtigen. Zwar ist die vorläufige Aufnahme, über die das Bundesamt und auf Beschwerde hin das Bundesverwaltungsgericht definitiv entscheiden, eine Folge der Feststellung, dass der Vollzug der Weg- oder Ausweisung "nicht möglich", "nicht zulässig" oder "nicht zumutbar" ist, doch hat der Betroffene im ausländerrechtlichen Verfahren keinen Anspruch auf eine vorläufige Aufnahme: Art. 83 Abs. 6


3.3 Gegen den kantonalen Wegweisungsentscheid bzw. das Verneinen von Vollzugshindernissen durch die kantonalen Behörden kann mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde hingegen an das Bundesgericht gelangt werden, soweit sich die betroffene ausländische Person dabei auf besondere verfassungsmässige Rechte beruft, die ihr unmittelbar ein rechtlich geschütztes Interesse im Sinne von Art. 115 lit. b







BGE 137 II 305 S. 311
133 II 249 E. 1.4.2 S. 254, 396 E. 3.1 S. 399). Die Beschwerdeführerin beruft sich auf keines dieser Grundrechte; sie begründet auch nicht, weshalb und inwiefern ein solches durch den angefochtenen Entscheid verletzt würde.
4.
4.1 In formeller Hinsicht macht die Beschwerdeführerin geltend, ihr sei in verfassungswidriger Weise im kantonalen Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung verweigert worden. Hierzu ist sie im Rahmen der "Star"-Praxis legitimiert, doch erweist sich ihre Kritik im Resultat als unbegründet. Zutreffend ist der Einwand, das Verwaltungsgericht habe überspitzt formalistisch entschieden (vgl. BGE 120 V 413 E. 4b S. 417; BGE 115 Ia 12 E. 3b S. 17; je mit Hinweisen), wenn es davon ausgegangen sei, sie habe ihre Mittellosigkeit mangels Angaben zu ihrem (nicht bestehenden) Vermögen unzureichend dargetan. Indessen treffen die Ausführungen des Regierungsrats zu, dass ihre Eingaben gestützt auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine ernsthaften Aussichten auf Erfolg hatten.
4.2 Die kantonalen Behörden haben sich eingehend mit den Ausführungen der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt und zur Beurteilung ihrer Situation auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abgestellt, welche den von ihr ins Recht gelegten Bericht der Flüchtlingshilfe relativierte. Danach herrscht im Kosovo zurzeit "klarerweise" keine generell unsichere, von bewaffneten Konflikten oder jederzeit drohenden Unruhen geprägte Lage, aufgrund derer sich die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr in ihre Heimat einer konkreten Gefährdung ausgesetzt sähe (vgl. EMARK 2005 Nr. 24 E. 10.1 S. 215). Die Situation als geschiedene Frau dürfte die Beschwerdeführerin im Kosovo zwar vor Probleme stellen, doch scheint - wie die Vorinstanz zutreffend dargelegt hat - wenig glaubwürdig, dass sie von ihren Eltern bei einer Rückkehr in ihr Heimatland verstossen und überhaupt nicht mehr unterstützt würde, nachdem die entsprechenden verwandtschaftlichen Pflichten im Kosovo "sehr ausgeprägt" sind (Urteil des BVGer E-6301/2007 vom 11. August 2010 E. 4.2.2).
4.3 Hinsichtlich der geltend gemachten gesundheitlichen Probleme ist darauf hinzuweisen, dass wegen solcher nur dann auf eine Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs geschlossen werden dürfte, wenn eine notwendige medizinische Behandlung im Heimatland
BGE 137 II 305 S. 312
fehlte und die Rückkehr zu einer raschen und lebensgefährlichen Beeinträchtigung des Gesundheitszustands führen würde. Es geht dabei um jene medizinische Versorgung, die zur Gewährleistung einer menschenwürdigen Existenz absolut notwendig erscheint und ohne die eine erhebliche Verschlechterung der Gesundheitslage einträte (ILLES, a.a.O., N. 34 zu Art. 83
