132 V 303
34. Auszug aus dem Urteil i.S. X. GmbH gegen santésuisse Zentralschweiz und Schiedsgericht in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich K 139/04 vom 27. März 2006
Regeste (de):
- Art. 89 Abs. 1 KVG: Zuständigkeit des Schiedsgerichts.
- Das Schiedsgericht ist zuständig für die Beurteilung von Streitigkeiten zwischen dem Kassenverband "santésuisse" und einem Leistungserbringer betreffend Verweigerung einer sog. Zahlstellen-Register-Nummer (ZSR-Nr.). (Erw. 4)
Regeste (fr):
- Art. 89 al. 1 LAMal : Compétence du tribunal arbitral.
- Le tribunal arbitral est compétent pour connaître de litiges entre l'association des assureurs-maladie "santé suisse" et un fournisseur de prestations concernant le refus de l'attribution d'un code au registre des comptes créances (RCC). (consid. 4)
Regesto (it):
- Art. 89 cpv. 1 LAMal: Competenza del tribunale arbitrale.
- Il tribunale arbitrale è competente per dirimere controversie tra l'associazione degli assicuratori malattia "santé suisse" e un fornitore di prestazioni in merito al rifiuto di attribuzione di un numero nel registro dei conti creditori. (consid. 4)
Erwägungen ab Seite 303
BGE 132 V 303 S. 303
Aus den Erwägungen:
4.
4.1 Gemäss Art. 89 Abs. 1 KVG entscheidet das kantonale Schiedsgericht "Streitigkeiten zwischen Versicherern und Leistungserbringern". Gesetz und Verordnung umschreiben nicht näher, was unter Streitigkeiten im Sinne der genannten Bestimmung zu verstehen ist. Nach der zum altrechtlichen Art. 25 Abs. 1 KUVG ergangenen und auch unter dem neuen Recht massgebenden Rechtsprechung ist von einer weiten Begriffsumschreibung auszugehen, indem die sachliche Zuständigkeit für alle Streitigkeiten zwischen Krankenversicherern und Leistungserbringern zu bejahen ist, wenn und soweit sie Rechtsbeziehungen zum Gegenstand haben, die sich aus dem KVG ergeben oder auf Grund des KVG eingegangen worden sind (BGE 131 V 193 Erw. 2, BGE 114 V 323 Erw. 3b, BGE 112 V 310 f. Erw. 3b). Des Weitern muss es sich um eine Streitigkeit zwischen Versicherungsträgern und leistungserbringenden Personen handeln, was sich danach bestimmt, welche Parteien einander in Wirklichkeit gegenüberstehen (RKUV 2004 Nr. KV 287 S. 301 Erw. 2.2 [Urteil vom 30. April 2004, K 124/02]). Der Streitgegenstand muss
BGE 132 V 303 S. 304
mit andern Worten die besondere Stellung der Versicherer oder Leistungserbringer im Rahmen des KVG betreffen. Liegen der Streitigkeit keine solchen Rechtsbeziehungen zu Grunde, ist sie nicht nach sozialversicherungsrechtlichen Kriterien zu beurteilen, mit der Folge, dass nicht die Schiedsgerichte, sondern allenfalls die Zivilgerichte zum Entscheid sachlich zuständig sind (zum Ganzen RKUV 2005 Nr. KV 330 S. 206 Erw. 2 [Urteil vom 18. April 2005, K 79/04], 2004 Nr. KV 286 S. 295 Erw. 3 und 4 [Urteil vom 26. April 2004, K 36/03], je mit Hinweisen).
4.2 Nach Auffassung der Vorinstanz fällt die sachliche Zuständigkeit des Schiedsgerichts nach Art. 89 KVG bereits deshalb ausser Betracht, weil es sich bei der Beschwerdegegnerin nicht um einen "Versicherer" handle. Die santésuisse (ehemals: Konkordat der Schweizerischen Krankenversicherer) fügt dem vernehmlassungsweise bei, die hier umstrittene Zuteilung einer Zahlstellen-Register-Nummer (ZSR-Nr.) stelle keinen rechtlichen Entscheid über die Zulassung eines Leistungserbringers zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung dar, welcher den Versicherern vorbehalten bleibe; die Erteilung einer ZSR-Nr. sei im KVG nicht vorgesehen und erfolge allein im Rahmen einer privatrechtlichen Rechtsbeziehung (Kassenverband - Leistungserbringer). Somit fehle es an einem das Klagerecht nach Art. 89 KVG begründenden krankenversicherungsrechtlichen Sachverhalt. Der Beschwerdeführer hält dem sinngemäss entgegen, mit der Erteilung einer ZSR-Nr. nehme die santésuisse gleichsam stellvertretend für die Versicherer - deren "Sprachrohr" sie sei - die Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung zur Kassenpraxis vor; indem sie ihre Mitglieder anweise, nur bei Vorlage einer solchen abzurechnen, stehe ihr Handeln in direktem Bezug zum KVG.
4.3 Bei der Beurteilung der Frage, ob die Streitigkeit über die Verweigerung einer ZSR-Nr. durch santésuisse in die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nach Art. 89 Abs. 1 KVG fällt, ist folgende Sach- und Rechtslage zu berücksichtigen:
4.3.1 Das KVG bezeichnet zwar die materiellen Voraussetzungen der Zulassung von Organisationen der spitalexternen Krankenpflege - um eine solche handelt es sich bei der Beschwerdeführerin - zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenversicherung (Art. 35 Abs. 2 lit. e und Art. 38 KVG in Verbindung mit Art. 51
SR 832.102 Ordinanza del 27 giugno 1995 sull'assicurazione malattie (OAMal) OAMal Art. 51 Organizzazioni di cure e d'aiuto a domicilio - Le organizzazioni di cure e d'aiuto a domicilio sono autorizzate se adempiono le seguenti condizioni: |
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a | essere autorizzate ai sensi della legislazione del Cantone nel quale esercitano la loro attività; |
b | avere delimitato il loro campo d'attività in relazione al luogo e all'orario degli interventi, alle prestazioni fornite e ai pazienti ai quali forniscono le prestazioni; |
c | disporre del necessario personale specializzato in possesso di una formazione che corrisponde al loro campo d'attività; |
d | disporre delle attrezzature necessarie alla fornitura delle prestazioni; |
e | dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell'articolo 58g. |
BGE 132 V 303 S. 305
der gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen - zu unterscheiden von der in den Gesundheitsgesetzgebungen der Kantone vorgesehenen, polizeilich motivierten Berufsausübungsbewilligung - obliegt hier grundsätzlich den Versicherern. Verweigern diese eine konkrete Kostenvergütung mit dem Argument, ein bestimmter Leistungserbringer erfülle die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenversicherung nicht, kann der Leistungserbringer diese Streitigkeit vor das Schiedsgericht nach Art. 89 KVG bringen (vgl. auch in RKUV 2005 Nr. KV 328 S. 186 nicht publizierte Erw. 1.1. des Urteils vom 18. März 2005 [K 97/03]; GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit Rz 413).
4.3.2 Santésuisse als Branchenverband der Krankenversicherer führt in Luzern (Geschäftsstelle "Abteilung Zulassungen"; neu: "Ressort ZSR") das - im KVG selbst nicht vorgesehene - Zahlstellenregister (ZSR-Register). Auf Gesuch hin erteilt sie einem Leistungserbringer gegen einmalige Gebühr die sogenannte ZSR-Nr. (Zahlstellen-Register-Nummer), sofern er die nach Gesetz, Verordnung, Gerichts- und Verwaltungspraxis (einschliesslich der Empfehlungen und Weisungen der Aufsichtsbehörde) erforderlichen Voraussetzungen der Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erfüllt und er zudem den gesetzlich vorgesehenen Beitritt zum (sachbezüglichen) Tarifvertrag (vgl. Art. 43 Abs. 1
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a | essere autorizzate ai sensi della legislazione del Cantone nel quale esercitano la loro attività; |
b | avere delimitato il loro campo d'attività in relazione al luogo e all'orario degli interventi, alle prestazioni fornite e ai pazienti ai quali forniscono le prestazioni; |
c | disporre del necessario personale specializzato in possesso di una formazione che corrisponde al loro campo d'attività; |
d | disporre delle attrezzature necessarie alla fornitura delle prestazioni; |
e | dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell'articolo 58g. |
BGE 132 V 303 S. 306
Einzelfall - sie wird in der Praxis nur noch bei Anhaltspunkten für Fehlerhaftigkeiten durchgeführt - und ermöglicht ihm aufgrund sofortiger Identifizierung des Leistungserbringers und dessen Bankadresse eine effiziente Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Der Leistungserbringer seinerseits profitiert von rascher und kosteneinsparender Geschäftserledigung und hat vor allem den Vorteil, dass er dem jeweiligen Versicherer nicht in jedem Fall neu das Vorhandensein der für die Zulassung als Leistungserbringer zur obligatorischen Krankenpflegeversicherung notwendigen Ausbildung, Bewilligungen, etc. nachweisen muss. Angesichts der erheblichen administrativen Erleichterungen und damit verbundenen Kosteneinsparungen enthalten die meisten Tarifverträge Bestimmungen, wonach der Leistungserbringer seine ZSR-Nr. in den Rechnungen, Kostengutsprache-Gesuchen und Verordnungen) aufführen muss; die dem Vertrag beigetretenen Leistungserbringer sind mit andern Worten verpflichtet, eine ZSR-Nr. zu führen. Entsprechend verfügen denn auch praktisch alle Leistungserbringer (ca. 99 %) über eine ZSR-Nr. (www.santesuisse.ch/de/kli_showall.html, "Kostengünstige und einfache Leistungsabwicklung dank der ZSR-Nr."; Eintrag vom 14. Mai 2003).
4.4
4.4.1 Nach dem Gesagten handelt es sich bei der Erteilung einer ZSR-Nr. durch santésuisse nicht um einen Zulassungsentscheid im Rechtssinne (vgl. auch Urteil vom 6. Oktober 2005 [K 119/04] Erw. 5); dieser bleibt formell- wie materiell-rechtlich letztlich den "Versicherern" als bundesrechtlich vorgesehenen Organen zur Durchführung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung vorbehalten, mithin den anerkannten Krankenkassen (Art. 11 lit. a
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c | disporre del necessario personale specializzato in possesso di una formazione che corrisponde al loro campo d'attività; |
d | disporre delle attrezzature necessarie alla fornitura delle prestazioni; |
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BGE 132 V 303 S. 307
4.4.2 Die Einrichtung eines Zahlstellenregisters ebenso wie die Befugnis der santésuisse zur Erteilung einer ZSR-Nr. gründet in einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Kassenverband als Privatrechtssubjekt und seinen mehrheitlich ebenfalls privatrechtlich organisierten Mitgliedern im Sinne von Art. 12 Abs. 1
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Mit dem Auftrag zur Erteilung einer ZSR-Nr. (siehe oben) haben die Mitglieder des Kassenverbandes ihre gesetzliche Verpflichtung zur Prüfung der Voraussetzungen der Zulassung eines Leistungserbringers zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung aus praktischen Gründen weitestgehend an den Verband delegiert. Dieser beurteilt materiell-rechtlich eingehend sämtliche gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen, sodass mit der Nummernvergabe deren Erfüllung zumindest vermutet werden kann und die Kasse nur noch bei ersichtlichen Ungereimtheiten im Einzelfall eine eigene Zulassungsprüfung vornehmen muss. Santésuisse nimmt damit - wenn auch mangels gesetzlicher
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Ermächtigungsgrundlage (theoretisch) nicht abschliessend - eine den Versicherern kraft öffentlichen Rechts obliegende Pflicht wahr bzw. übt in der Sache eine öffentlich-rechtliche, spezifisch sozialversicherungsrechtliche Funktion aus. Zu berücksichtigen ist sodann, dass die ZSR-Nr. nur auf "Gesuch" hin "erteilt" wird, und ihre Verweigerung keine vertraglichen Elemente im Sinne privatautonomer Gestaltung aufweist, sondern vielmehr einen einseitigen, mit hoheitlichen Zügen behafteten Akt darstellt. Des Weitern wurzeln die materiell-rechtlichen Voraussetzungen zur Erteilung der ZSR-Nr. allesamt im öffentlichen Recht, konkret: im KVG. Schliesslich verfolgt die Nummernvergabe in erster Linie öffentliche Interessen, namentlich das Interesse sämtlicher Akteure im System der obligatorischen Krankenpflegeversicherung - der Versicherer als bundesrechtlich vorgesehenen Durchführungsorganen ebenso wie der Versicherten und Leistungserbringer - an einer transparenten, effizienten und preisgünstigen Kostenabwicklung unter gleichzeitiger Wahrung der (zwingenden) öffentlich-rechtlichen Vorgaben. Vor diesem Hintergrund sprechen überwiegende Gründe dafür, die mittels Gesuch um eine ZSR-Nr. eingegangene Rechtsbeziehung zwischen einzelnen Leistungserbringern und santésuisse als öffentlich-rechtliches, im KVG fussendes Rechtsverhältnis einzustufen.
4.4.3 Der formal der santésuisse obliegende Entscheid über die ZSR-Nummernvergabe oder -verweigerung beeinflusst die Rechtsbeziehung zwischen Leistungserbringer und Versicherer sowohl tatsächlich wie rechtlich: Dem Leistungserbringer, dessen Gesuch um Zuteilung einer ZSR-Nr. abgelehnt wurde, bleibt es zwar theoretisch möglich, zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung tätig zu sein, zumal keine gesetzliche Pflicht zum Besitz einer ZSR-Nr. besteht. Er ist jedoch faktisch stark benachteiligt, indem er als Rechnungssteller im Einzelfall sämtliche für die Beurteilung der Zulassungsvoraussetzungen erforderlichen Unterlagen - verbunden mit einem mitunter erheblichen zeitlichen und administrativen Aufwand - beibringen muss und er im Übrigen mit einer erheblichen beruflichen und wirtschaftlichen Schlechterstellung zu rechnen hat. Selbst wenn aber der Leistungserbringer dem konkreten Versicherer fallspezifisch darzutun vermag, dass er die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, kann er mit Letzterem nicht ohne Weiteres eine Rechtsbeziehung eingehen und zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung abrechnen. Denn hierzu ist erforderlich, dass er nebst der grundsätzlichen
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Zulassung zur Kassenpraxis mit dem Versicherer bzw. dessen Verband einen Tarifvertrag nach Art. 46
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4.5 Aus den vorangehenden Erwägungen erhellt, dass die Erteilung oder Verweigerung einer ZSR-Nr. - im Unterschied etwa zu der in RKUV 2001 Nr. KV 166 S. 241 (Urteil vom 23. Januar 2001 [K 111/00]) beurteilten Konstellation - durchaus normative Wirkungen entfaltet, welche die besondere Stellung der Beschwerdeführerin als Leistungserbringerin gegenüber den Versicherern und ihre konkrete Tätigkeit im Rahmen des KVG betreffen. Die sachliche Zuständigkeit des kantonalen Schiedsgerichts zur Beurteilung von Streitigkeiten über den diesbezüglichen Entscheid der santésuisse ist daher zu bejahen. Da der Leistungserbringer im Übrigen an der Zuteilung einer ZSR-Nr. als solcher ein eminentes Interesse hat und er dann, wenn ein Versicherer im Einzelfall eine bestimmte Kostenvergütung unter Hinweis auf die fehlenden Zulassungsvoraussetzungen verneint, zwar gegen diesen auf Zahlung der konkreten Leistung (vgl. Erw. 4.3.1 hievor), nicht aber auf Erteilung einer ZSR-Nr. durch santésuisse klagen kann, ist auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse an der Prüfung der Rechtmässigkeit des Entscheids des Kassenverbandes zu bejahen.