122 I 267
36. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. Oktober 1996 i.S. V.S. sowie deren Kinder L. und A. gegen Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
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- Ausschluss der Verwaltungsgerichtsbeschwerde in der Hauptsache und damit auch für die Frage der unentgeltlichen Prozessführung; Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde im Hinblick auf den Anspruch auf unentgeltliche Prozessführung als Parteirecht (E. 1).
- Voraussetzungen des aus Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
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- Beurteilung der Aussichtslosigkeit einer Beschwerde im Zusammenhang mit einem Bewilligungsverfahren, in der die zuständige Behörde über freies Ermessen verfügte (E. 3).
Regeste (fr):
- Art. 4 Cst.; Art. 84 al. 2, 88 et 100 let. b ch. 3 OJ, art. 4 et 17 al. 2 LSEE; droit à l'assistance judiciaire dans la procédure de refus d'autorisation de séjour d'une étrangère et de ses enfants, qui ont réussi à entrer en Suisse en vue d'un regroupement familial et qui vivent désormais séparés de leur époux et père.
- Le recours de droit administratif n'est pas ouvert sur le fond; il est dès lors également irrecevable contre la décision relative à l'assistance judiciaire; recevabilité du recours de droit public à l'égard du refus de l'assistance judiciaire, considérée comme un droit d'une partie (consid. 1).
- Conditions du droit, découlant de l'art. 4 Cst., à l'assistance judiciaire et à un avocat d'office (consid. 2).
- En l'espèce, le recours déposé contre le refus d'une autorisation de séjour, sur lequel l'autorité compétente pouvait statuer librement, était dénué de chances de succès (consid. 3).
Regesto (it):
- Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
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- Siccome il ricorso di diritto amministrativo è escluso sul merito, lo è anche per quanto concerne la questione dell'assistenza giudiziaria. Ammissibilità del ricorso di diritto pubblico contro il rifiuto dell'assistenza giudiziaria, considerata quale diritto di parte (consid. 1).
- Presupposti per potere beneficiare del diritto, sgorgante dall'art. 4 Cost., all'assistenza giudiziaria e alla nomina di un avvocato d'ufficio (consid. 2).
- Nel caso concreto, il ricorso esperito contro il rifiuto del permesso di dimora, in merito al quale l'autorità competente si pronuncia con piena cognizione, era sprovvisto di possibilità di esito favorevole (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 268
BGE 122 I 267 S. 268
V.S., geboren 1961, und ihre beiden Kinder L., geboren 1982, und A., geboren 1984, aus Mazedonien stammend, kamen im Juli 1992 im Familiennachzug in die Schweiz. Der Ehemann von V.S., I.S., war seit 1988 als Saisonnier hier tätig. V.S. arbeitet als Service-Angestellte in einem Tea-Room. Die Familie lebte bis Mitte März 1995 gemeinsam in der ehelichen Wohnung in H./BE. Nach ihrer Darstellung war V.S. aufgrund von ehelichen Spannungen gezwungen, die gemeinsame Wohnung zu verlassen. Am 3. April 1995 kam es zu einer Auseinandersetzung, in deren Verlauf I.S. den heutigen Freund seiner Ehefrau mit einem Messer verletzte. Er wurde darauf in Untersuchungshaft genommen. Mit Verfügung vom 9. Juni 1995 verweigerte die Fremdenpolizei des Kantons Bern V.S. und ihren beiden Kindern die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, da die eheliche Gemeinschaft nicht mehr bestehe. Die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern wies eine Beschwerde
BGE 122 I 267 S. 269
gegen diese Verfügung mit Entscheid vom 26. März 1996 ab. Dabei wies sie auch ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wegen Aussichtslosigkeit ab und auferlegte V.S. Verfahrenskosten in Höhe von Fr. 350.--. Gegen diesen Entscheid haben V.S. und ihre beiden Kinder mit Eingabe vom 24. April 1996 staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragen, den angefochtenen Entscheid insoweit aufzuheben, als die unentgeltliche Prozessführung verweigert worden sei. Die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern schliesst in ihrer Vernehmlassung auf Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab
Erwägungen
aus folgenden Erwägungen:
1. a) Die Beschwerdeführer gehen zutreffend davon aus, dass hinsichtlich der Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung weder die Verwaltungsgerichtsbeschwerde noch die staatsrechtliche Beschwerde gegeben ist. Auf dem Gebiet der Fremdenpolizei ist nach Art. 100 lit. b Ziff. 3
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BGE 122 I 267 S. 270
Dauer der Untersuchungshaft und allenfalls des Strafvollzugs als fortbestehend gilt; überdies würde es an der weiteren Anspruchsvoraussetzung fehlen, dass die Ehegatten zusammen wohnen. Besteht kein Anspruch auf Aufenthaltsbewilligung, was die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausschliesst, käme zwar subsidiär die staatsrechtliche Beschwerde in Betracht (Art. 84 Abs. 2
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c) Der kantonale Instanzenzug ist ausgeschöpft (Art. 86
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BGE 122 I 267 S. 271
Militärdirektion endgültig, sofern nicht die Beschwerde an das Verwaltungsgericht gegeben ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn auch die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht offensteht (Art. 76 Abs. 2 des bernischen Gesetzes vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege, VRPG). Für die unentgeltliche Rechtspflege gilt der gleiche Rechtsweg wie in der Sache (Art. 112 Abs. 2 VRPG). Ist im vorliegenden Fall die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht ausgeschlossen, trifft dies somit auch für diejenige an das kantonale Verwaltungsgericht zu.
2. a) Art. 4
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3. a) Bei rein ausländischen Ehen hängt - im Unterschied zu Ehen von Ausländern mit Schweizern - der gesetzliche Anspruch auf eine
BGE 122 I 267 S. 272
Aufenthaltsbewilligung an den Gatten eines Niedergelassenen nicht nur vom formellen Bestand der Ehe, sondern ebenfalls davon ab, dass diese intakt ist (vgl. die unterschiedlichen Formulierungen in Art. 7 Abs. 1
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b) Das freie Ermessen im Sinne von Art. 4
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BGE 122 I 267 S. 273
für Ausländerfragen (Ziff. 643.3), wonach in gewissen Fällen nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft die Aufenthaltsbewilligung verlängert werden könne, wobei folgende Umstände massgebend seien: Dauer der Anwesenheit, persönliche Beziehungen zur Schweiz (insbesondere wenn Kinder vorhanden sind), berufliche Situation, Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage, Verhalten, Integrationsgrad. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte erachtete die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern die Erneuerung der Bewilligung als nicht angezeigt. Die Hauptbeschwerdeführerin sei erst seit drei Jahren in der Schweiz. Sie pflege zwar Kontakte zur schweizerischen Bevölkerung und sei an ihrer Arbeitsstelle sehr geschätzt. In Anbetracht der nicht sehr langen Aufenthaltsdauer könne indessen nicht von einer tiefen Verwurzelung in der Schweiz ausgegangen werden. Der Umstand, dass sie eine neue Beziehung zu einem Schweizer geknüpft habe und sich mit Heiratsabsichten trage, spiele keine Rolle, da sie noch mit ihrem Ehegatten verheiratet sei. Die Kinder besuchten hier die Schule, sprächen fliessend Berndeutsch und seien problemlos integriert. Eine Rückkehr nach Mazedonien sei aber angesichts des Alters der Kinder und weil sie mehrere Jahre dort gelebt und auch bereits die Schule besucht hätten, nicht mit grösseren Schwierigkeiten verbunden. Es werde nicht verkannt, dass die Mutter und die Kinder im vergangenen Jahr viel durchgemacht hätten, gleichzeitig dürfe aber nicht vergessen werden, dass der Aufenthalt in der Schweiz nur ermöglicht worden sei, damit die Familie hier zusammenleben könne. Es könne nicht Aufgabe des Fremdenpolizeirechts sein, familiäre Streitigkeiten zu bereinigen oder kulturelle Unterschiede auszugleichen, indem den betroffenen Personen der Aufenthalt in der Schweiz ermöglicht werde. c) Der Umstand, dass die kantonale Rekursinstanz im Rahmen des ihr zustehenden freien Ermessens theoretisch jedes Gesuch um Aufenthaltsbewilligung gutheissen könnte (soweit nicht bundesrechtliche Vorschriften entgegenstehen), bedeutet nicht, dass jeder Beschwerde in diesem Bereich Aussicht auf Erfolg zuerkannt werden müsste mit der Folge, dass die unentgeltliche Rechtspflege in solchen Fällen stets zu gewähren wäre. Auch darf das Bundesgericht bei der Beurteilung der Prozessaussichten nicht sein Ermessen an die Stelle jenes der Rekursinstanz setzen, d.h. es hat nicht zu prüfen, wie es entscheiden würde, wenn es selber und zwar nach freiem Ermessen über die Beschwerde zu befinden hätte. Ist - wie im
BGE 122 I 267 S. 274
vorliegenden Fall - davon auszugehen, dass die Erneuerung der im Familiennachzug erteilten Bewilligung nach der Praxis des entsprechenden Kantons regelmässig verweigert wird, wenn das eheliche Zusammenleben nicht mehr fortbesteht und die Aufenthaltsdauer relativ kurz war, fehlt es - besondere Umstände ausgenommen - auch an der erforderlichen Erfolgsaussicht für die Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege, wenn gegen den erstinstanzlichen Entscheid Beschwerde erhoben wird. Daran vermag nichts zu ändern, dass nicht mittellose Ausländer in vergleichbarer Lage meist ebenfalls Beschwerde erheben würden, hängt dies doch häufig weniger vom Kostenrisiko ab als von der Möglichkeit, dank der regelmässig mit einem Rechtsmittel verbundenen oder gewährten Verzögerung der Ausreise länger in der Schweiz bleiben zu können. Im vorliegenden Fall stand der Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Fällung des angefochtenen Entscheids wegen Gewalttätigkeiten in Strafuntersuchung. Unabhängig davon, ob dies zu einer strafrechtlichen Verurteilung geführt hat oder noch führen wird und er allenfalls aus der Schweiz ausgewiesen wird, ist es indessen nicht der Sinn des Instituts der Aufenthaltsbewilligung, den Beschwerdeführern zu einem Ausweg aus ihren familiären Problemen zu verhelfen und sie vor ihrem gewalttätigen Ehemann bzw. Vater zu schützen (unveröffentlichtes Urteil vom 3. Mai 1995 i.S. B.). Ebensowenig ist im fremdenpolizeilichen Verfahren zu entscheiden, welcher der beiden Ehegatten das Scheitern der Ehe verschuldet bzw. die Aufhebung des gemeinsamen Haushalts durch sein Verhalten veranlasst hat; das hat um so mehr zu gelten, als das Verschuldensprinzip auch in der Praxis des Scheidungsrechts zunehmend in den Hintergrund tritt (vgl. die Botschaft des Bundesrates vom 15. November 1995 zu einem neuen Scheidungsrecht, in BBl 1996 I 1, insb. S. 27 ff.). d) Gemessen an diesen Grundsätzen und unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles - wie namentlich der erst relativ kurzen Anwesenheitsdauer der Beschwerdeführer in der Schweiz - ergibt sich, dass die Gewinnaussichten im Verfahren über die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern als erheblich geringer eingestuft werden durften als die Verlustgefahren. Die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung verletzt daher Art. 4
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